„Gemeinsam leben, gemeinsam lernen“, Herr Heinemann, der genau das illustrierte, der sagte, all die Vorwürfe, die Inklusion wäre übereilt und zu schnell, könne man sieben Jahre nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention nicht mehr halten; es wäre gut, dass Kinder endlich gemeinsam aufwachsen und dass sich Kinder nicht mehr beurteilen nach behindert sein oder nicht behindert sein, sondern nach ihren Eigenschaften.
Nicht nur die Kinder profitieren von unserem Inklusionsprozess, sondern auch Lehrer und Eltern. Umgang mit Heterogenität gehört heute zu den verpflichtenden und normalen Aufgaben des gemeinsamen Lernens. Und nicht nur die behinderten Kinder profitieren von dieser Art und Weise des Unterrichts, sondern auch die nicht behinderten Kinder, die gleichermaßen individuell gefördert werden wie Kinder mit Beeinträchtigungen.
In fast allen Stellungnahmen kam zum Ausdruck, dass Inklusion nicht pauschal zu verdammen oder zu begrüßen sei, sondern dass wir mit der Inklusion einen Prozess gestartet haben – übrigens den größten Umstellungsprozess, den wir seit Bestehen des Landes Nordrhein-Westfalen haben –, der uns vor große und wichtige Aufgaben stellt. Dass eine solche Umstellung nicht ohne Probleme geht, das ist jedem, der eine solche Aufgabe betrachtet, völlig klar.
Insofern sollten wir die Anhörung auswerten und dazu nutzen, gemeinsam die Inhalte zu diskutieren und zu überlegen, wie wir das, was von allen insgesamt als ein positiver Prozess bezeichnet wurde, verbessern können.
Natürlich gab es in dieser Anhörung auch Kritik, Kritik, die uns als Abgeordneten, die wir in die Schulen gehen, die wir uns mit den Eltern unterhalten, natürlich auch nicht verborgen bleibt. Aber auch da muss ich sagen: Wir haben einen solchen Prozess erstmals eingeleitet, einen Prozess, der sicherlich nicht mit einfachem Hebelumlegen zu gestalten ist, sondern der ein lernender Prozess ist, bei dem man sagen muss, dass man manchmal Annahmen trifft, die sich in der Realität so nicht bestätigen.
Das haben wir vor allen Dingen dort festgestellt, wo wir ein Budget zugrunde gelegt haben. Bei dem Budget sind wir von sinkenden Schülerzahlen ausgegangen. Die Entwicklung hat sich aber vollkommen anders dargestellt, sodass man sagen kann: Wenn die Realität, auf der die Annahme basiert, sich anders entwickelt, dann müssen wir selbstverständlich auch wieder über die Annahme nachdenken.
Eine weitere Annahme, nämlich dass die Anzahl der Förderschulen relativ schnell abnehmen würde, hat sich auch nicht in dem Maß vollzogen, wie wir zunächst angenommen haben. Das zeigt uns, dass wir in diesem Prozess immer wieder Annahmen treffen, in der Realität durchführen und überprüfen müssen.
Insofern halte ich das, was wir zurzeit machen, überhaupt nicht für befremdlich, sondern vielmehr für verpflichtend. Es macht den Prozess gut, dass wir zwischendurch immer wieder analysieren, ob das, was wir getan haben, richtig ist.
Sicherlich lassen sich an dieser Stelle noch einige andere Merkmale anführen, bei denen wir noch einmal genauer hinschauen müssen, und das werde ich tun. Ich bin aber sicher, wir werden im Folgenden auch noch von den Oppositionsparteien hören, wo auch negative Aspekte im Inklusionsprozess liegen.
Ich möchte an dieser Stelle noch Folgendes sagen: Lassen Sie uns das Vorbild der Experten in der Anhörung aufnehmen, lassen Sie uns kritisch, aber konstruktiv gemeinsam in den Dialog treten.
Einzelnen Punkten aus dem Antrag der Piraten können wir in dieser Form nicht zustimmen. Einige sind noch nicht so ausgeführt, wie es unserer Meinung nach notwendig wäre. Nichtsdestotrotz würde ich sie gern als Grundlage der Diskussion, die wir dann alle gemeinsam konstruktiv miteinander führen werden, verstehen. In diesem Sinne freue ich mich auf die weiteren Beratungen zu dem wichtigen Thema „Inklusion“ und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn ich Sie jetzt enttäuschen muss, Frau Voigt-Küppers, muss ich Ihnen sagen, dass ich in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit und der Tatsache, dass wir diesen Antrag bereits am heutigen Morgen im Schulausschuss miteinander diskutiert haben, nicht noch einmal die gesamte Kritik der CDU-Fraktion am vorliegenden Inklusionsgesetz wiederholen werde.
Wir haben uns hier schon mehrfach dazu ausgetauscht. Sie kennen unsere Stellungnahme dazu. Sie haben sie quasi noch einmal eingefordert, aber im Zweifel können Sie noch einmal im Protokoll des heutigen Morgens nachlesen.
Wir glauben auch, dass dringender Handlungsbedarf besteht, umzusteuern. Daher hatten wir den Piraten schon signalisiert, dass wir viele wichtige Punkte in ihrem Antrag gesehen haben, die zu einer Verbesserung der Situation an unseren Schulen führen könnten.
Unsere Kritik haben wir heute Morgen jedoch schon dahin gehend vorgebracht, dass wir gesagt haben: Für uns ist es einfach ein Paket, das zu breit aufgeschnürt ist. Schließlich müssen wir auch an unsere Ressourcen denken. Daher steht für uns im Raum, noch einmal Schwerpunkte zu bilden und auch die Frage zu erörtern, die die FDP aufgeworfen hat: Ist es überhaupt vertretbar, inklusiven Unterricht zu machen, wenn die Rahmenbedingungen in keiner Weise gegeben sind? In dieser Hinsicht würden wir uns eher der Auffassung der FDP-Fraktion anschließen und sagen, dass wir das nicht für verantwortungsvoll halten.
Aus diesem Grund werden wir uns, wie am heutigen Morgen, zu dem vorliegenden Antrag enthalten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Trotz später Stunde werde ich meinen Redebeitrag halten. Ich bin der Auffassung, dass es sich hierbei um ein so grundlegendes gesellschaftliches Thema handelt, dass ich, auch wenn ich die Fürsorge für uns verstehen kann, den Redebeitrag trotzdem vortragen möchte.
Meine Damen und Herren, viele Jahre haben Eltern für das Recht ihrer Kinder mit Beeinträchtigung auf Teilhabe am Unterricht gekämpft. Ende 2010 hat der Landtag mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen den Beschluss zur Umsetzung der UNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung an den Schulen NRWs gefasst und damit den Rechtsanspruch auf Teilhabe in den allgemeinbildenden Schulen beschlossen.
Damit hat sich NRW auf den Weg gemacht zu einer inklusiven Schule. Das ist, wie zu erwarten war, ein Prozess, der sich über viele Jahre erstreckt. Inklusion ist eine Generationenaufgabe. Überstürzt kann man diese Entscheidung nun wirklich nicht nennen.
In der Debatte um die Inklusion gibt es Hinweise, wo es ruckelt. Wir sind viel im Land unterwegs, und wir nehmen diese Hinweise auf. Das Nachsteuern dieses Prozesses ist dialogorientiert zu führen, und zwar gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort.
Da Schulen unterschiedlich weit auf dem Weg sind, sind auch die Unterstützungs- und Steuerungsbedarfe verschieden. Deshalb ist ein generell von oben verordnetes Konzept nicht zielführend. Wenn wir selbstständige Schulen wollen, dann brauchen diese auch den Raum, ihre Konzepte eigenständig zu entwickeln.
Die FDP spricht davon, dass die Umsetzung der Inklusion qualitätslos begonnen habe und die Unterstützung vollkommen unzureichend sei. Sie erweckt den Eindruck, den Ausbau in der jetzigen Konstellation nicht fortsetzen zu wollen. Die Generalität dieser durchgehend negativen Kritik lehnen wir ab; denn sie trifft nicht den Stand der Entwicklung hin zur Inklusion in der Schule und negiert die gute Arbeit derer, die diese Arbeit tagtäglich in unseren Schulen umsetzen.
Wollen Sie eigentlich ein negatives Szenario aufmachen, oder wollen wir einen konstruktiven Prozess? Eine derart negative Beurteilung der Situation tut ihr nicht gut. Ja, sie belastet doch das gemeinsame Interesse, Inklusion voranzubringen.
Thomas Heinemann, Vertreter des Elternvereins „Gemeinsam leben, gemeinsam lernen“, hat uns in der Anhörung am 24. Februar deutlich gemacht, dass diese Art der Auseinandersetzung der Aufgabe „Inklusion“ mehr schadet als nützt.
Die Anhörung hat ein differenziertes Bild der Erfahrungen aufgezeigt. Herausforderungen aus der Sicht der Einzelnen wurden klar benannt. Aber auch Beispiele, wie Schulen und Schulträger wirksame Konzepte entwickelt haben, Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen in ihren Schulen zu begleiten und individuell zu fördern.
Eine wesentliche Unterstützung, nicht nur für Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch für alle für Schule Verantwortlichen in den Kommunen und Kreisen ist die Fortbildung. Bereits seit 2011 werden Multiplikatoren fortgebildet, die die Schulen in ihrer Region beraten und die jeweiligen Prozesse begleiten. Bis heute wurden bereits über 400 Multiplikatoren geschult.
Die Forderung des barrierefreien Zugangs zu Schulgebäuden zu stellen, ist richtig. Aber ein Schulgebäude muss nicht von Anfang an mit einer Rampe ausgestattet sein, wenn noch kein Kind im Rollstuhl diese Schule besucht.
Wir haben ein Inklusionsleistungsgesetz auf den Weg gebracht, das dem Schulträger bei der Ausstattung der Schule hilft und auch personelle Unterstützung leistet.
Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, mit besonderem Förderbedarf in der emotionalen und sozialen Entwicklung, gelten als die Kinder, die Lehrerinnen und Lehrern die meisten Sorgen machen. Hier ist die sonderpädagogische Kompetenz eine wichtige Unterstützung der Lehrkräfte. Aber nicht immer ist die Doppelbesetzung mit Regellehrkraft und Sonderpädagogen zwingend notwendig.
Erforderlich ist aber die systemische Unterstützung für das lernende System. Changemanagement, Inklusionsfachberatung, auch Inklusionsbegleitung
Bei allen Diskussionen aber gilt, dass die Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigung in erster Linie Kinder und Jugendliche sind, bei denen die Beeinträchtigung nur ein Aspekt ihrer Persönlichkeit ist und die ein Recht auf individuelle Förderung haben wie jedes Kind.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gerne auf meine beiden Vorrednerinnen eingehen. Es ist schon spannend, wenn man diese beiden Beiträge miteinander vergleicht. Ich habe das heute Morgen schon erlebt, und die Pressemitteilungen spiegeln das auch wider.
Ich muss sagen: Bei der SPD erkenne ich Einsicht. Da habe ich Hoffnung, dass sich an dem etwas tut, was wir kritisieren. Sie, Frau Voigt-Küppers, haben es hier und Sie, Frau Stotz, haben es in der Pressemitteilung zum Ausdruck gebracht. Bei den Grünen erkenne ich das nicht. Das muss ich jetzt auch nach dem Beitrag von Frau Schmitt-Promny ganz deutlich sagen.
Ja, wir haben von „qualitätslos“ gesprochen, das ist richtig. Aber ich bin ja dankbar, wenn Sie das Thema Qualität hier noch einmal ansprechen. Denn wir wollen ja Qualität haben. Es ist ja richtig und wichtig, dass diese Qualität endlich einzieht und dass Sie erkennen, dass wir diese Qualitätsstandards endlich brauchen, damit vor Ort die Lehrer nicht verbrannt werden.