wenn innerhalb der Zeit nicht entschieden worden ist. Wir müssen auch sagen: Ja zum Eigentumserwerb! Denn Eigentumserwerb bedeutet ja nicht nur Monokapitalismus. Das ist der Stolz einer Familie, der Familie eine Heimat bieten zu können.
Es ist erwähnt worden, dass Rot-Grün sagt, der Wertekanon hätte sich geändert: weg vom Eigentum. – Ja, er hat sich geändert unter Rot-Grün. Wir von Schwarz-Gelb und ich als Gelber sagen eindeutig Ja zum Eigentum, Ja zur privaten Vorsorge, Ja zur Wohnung vor Ort als Alterssicherung, Ja zu einem vernünftigen Wohnungsbau. Dazu sagen wir Ja. Wir sagen Nein zu Ihrem Antrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Mitbewohner in Nordrhein-Westfalen! Vor uns liegt ein weiteres Beispiel eines Oppositionsantrages, der von einer regierungstragenden Fraktion gestellt wurde. Darum müssen wir uns also mit dem Antrag auseinandersetzen. Was bringt er uns? Das tl;dr lautet traurig, aber kurz: nichts.
Daher ein Fachdebattenbeitrag zum Antrag: Der Antrag versucht vor allem, die viel zu lange Trägheit der Landesregierung zu entschuldigen. Immerhin passiert ganz langsam etwas, auch wenn noch mehr und anderes passieren müsste.
Ja, der Druck auf die Wohnungsmärkte setzt gerade auf lokaler Ebene alle Beteiligten unter Zugzwang. Aber nur wer früher an die Heiligkeit von Zahlenspielereien geglaubt hat, kann davon überrascht sein. Gestern noch wurde den Ruhrgebietsstädten ein baldiges Ende prophezeit. So wie damals in Großbritannien in dunkelsten Blair-Zeiten die Losung im Raum stand „Close Liverpool down“, wurde von der damaligen rot-grünen Bundesregierung die Raumordnung
waidwund geschossen. Es wurde die Stärkung der Kerne propagiert. Es wurde das politische Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse geopfert zugunsten einer vermeintlichen Mobilisierung von Produktivitätskräften.
Das hört sich kompliziert an, ist es aber gar nicht. Während der Schröder/Fischer-Regierung wurden die raumordnungspolitischen Grundlagen dafür gelegt, dass das Leben auf dem Land massiv an Attraktivität verloren hat. Der Verlust von Infrastruktur ist nämlich mitnichten ein Ergebnis des sogenannten demografischen Wandels, den uns Vizekanzler Müntefering fürchten gelehrt hat. Der Verlust von Infrastruktur ist vor allem das Ergebnis einer von RotGrün konsequenter als von der schwarz-gelben Regierung betriebenen Spar- und Privatisierungspolitik, einer Politik, die bereit war, sich den Prozessen und Bedingungen eines sich wild gerierenden Marktes unterzuordnen. Und heute wundert man sich dann über heiß laufende Wohnungsmärkte in den Zentren.
Dann muss ganz schnell eine neue Sau durchs Dorf gejagt werden und die hört heute auf den köstlichen Namen „Schwarmverhalten“. Der Schwarm ist schuld. Aber hat jetzt die Politik gar nichts damit zu tun? Repariert etwa die Politik in aller Unschuld nur die unangenehmen Effekte der anderswo und irgendwie anders verursachten Entwicklung? Diesen Eindruck kann man beim Lesen des Antrags in der Tat gewinnen. Aber es ist falsch und vor allem feige.
Also, wenn sich Politik zur Reparaturkolonne von Entwicklungen macht, auf die sie selbst wohl irgendwie keinen Einfluss nimmt, dann können wir eigentlich nur noch hinterherrennen.
Bleiben wir mal kurz bei dem momentan sehr beliebten Begriff des Schwarmverhaltens bzw. der Schwarmstädte, der ja auch im Prosatext des Antrags steht! Dazu ist zu sagen, dass die empirische Basis sehr dünn ist und keineswegs ausreicht, um darauf Politik aufzubauen. Mit dem außerordentlich vielfältigen und keineswegs widerspruchsfreien Begriff verzerren wir Wirklichkeit. Politik ist nämlich nicht nur Opfer einer Bewegung von außen. Politik ist Verursacher dieser Bewegung.
Nehmen wir die wenigen Befunde zum Schwarmverhalten aber mal kurz zur Kenntnis! Mit den Zahlen von Empirikern lernen wir, dass unter den 30 Städten mit den größten Wachstumstendenzen und dem ausgeprägtesten Schwarmverhalten, also den
Schwarmstädten in Deutschland, nur vier in NRW auftauchen, nämlich auf den Plätzen elf, zwölf und 13 sind das Düsseldorf, Münster und Köln, und auf Platz 22 folgt Bonn. Die anderen großen Städte in Nordrhein-Westfalen sind keine Schwarmstädte. Im Gegenteil, sie sind bezogen auf die Kernschwarmgruppe, nämlich 20- bis 34-Jährige, nach wie vor schlecht aufgestellt.
Der „Schwarm“ steht bei Ihnen im Antrag. Glauben Sie mir, das Wort „Schwarmverhalten“ habe ich als Pirat natürlich auch an anderer Stelle schon in vielen Formen und zu vielen Anlässen gehört. Dabei will ich es mal versuchsweise ernst nehmen und dies in der gebotenen Konsequenz tun.
Aus dem Befundpapier von Empirikern: Die Politik des Bundes und der Länder sollte dieser demografischen Spaltung des Landes entgegenwirken. Derzeit liegt der Fokus viel zu stark auf den Schwarmstädten und verstärkt damit das Schwarmverhalten. Eine entsprechende schwarmverstärkende Wirkung hat grundsätzlich auch jede wie auch immer ausformulierte Förderung des Neubaus, soweit dieser über die in den Schwarmstädten selbst entstehende Wohnungsnachfrage hinausgeht.
Die grundlegende Strategie des Bundes und der Länder muss es jetzt vielmehr sein, in den ausblutenden Regionen lebendige Zentren zu erhalten, die der gewachsenen Bedeutung der Wohnattraktivität gerecht werden. Auf diese ist die Aufmerksamkeit zu fokussieren, sind Fördermittel zu konzentrieren und öffentliche wie private Investitionen zu lenken, sodass dort die hinreichende Dichte an jungen Menschen und Angeboten entsteht.
Von dieser regional ausgleichenden Politik ist unsere Landesregierung allerdings Lichtjahre entfernt. Ihr fällt tatsächlich nichts Besseres ein, als dem Markt sozusagen hinterherzuhecheln.
Aber gut, es bleibt trotzdem wahr. Viele unserer Städte wachsen wieder. Weil dieser Wachstumsdruck zumindest kurz- und mittelfristig nicht wegzubekommen ist, muss man auch politisch darauf reagieren.
An dieser Stelle sind wir natürlich bei den Antragstellern. Herrn Ellerbrock fällt dazu nur ein, über die Mietpreisbremse herzuziehen und den Eigentumserwerb zu referieren. Gestiegene Grunderwerbsteuern, hohe und weiterhin steigende Grundsteuern sowie Kostensteigerungen im Wohnungsbau wirken auch nicht gerade als Impuls für mehr Wohnungsbau.
Wir sehen, aktuell tut die Landesregierung ihr Möglichstes. Das sei jetzt ausdrücklich betont. Auch ist zu bemerken, dass Nordrhein-Westfalen mit seiner Wohnungsmarktpolitik anderen Bundesländern
durchaus voraus ist. Man blickt manchmal auch mit einem bisschen Neid auf die Wohnungspolitik in Nordrhein-Westfalen. Das kommt außerhalb der Wohnungspolitik selten genug vor.
Aber auch wenn die Landesregierung einige richtige Entscheidungen getroffen hat, auch wenn es unter den gegebenen Verwertungsbedingungen mit niedrigen Zinsen und steigenden Mieten, also unter Marktbedingungen, außerordentlich schwierig ist, Geld zu
Mietpreisbindungen zu tauschen, so muss sich die Landesregierung doch sagen lassen, dass sie an dieser Stelle zu sehr auf private Akteure setzt und mit viel zu wenigen Instrumenten zu regeln versucht, wo eigentlich starke öffentliche Akteure nötig sind.
Ich nehme zur Kenntnis, dass durchaus eben in Worten angesprochen wurde, dass man das ändern möchte. Leider wird nicht gehandelt. Die privaten Vermieter, die übrigens gestern noch gescholtene internationale Großvermieter waren, sind nämlich in Goldgräberstimmung. Angesichts enger Wohnungsmärkte sind plötzlich auch solche Wohnungen marktgängig, die gestern noch die Bilanz vermiesten.
Dass diese Wohnungsunternehmen vom Minister auch noch hofiert werden, ist einerseits vor dem Hintergrund der wohnungspolitischen Not verständlich, andererseits aber auch ein Offenbarungseid einer sich von solchen Privatinteressen eigentlich emanzipierenden Wohnungspolitik.
Im Antrag steht darüber nichts. Darüber ist aber auch dringend zu reden. Die Handlungsempfehlungen der Enquetekommission „Wohnungswirtschaftlicher Wandel“ liegen vor. Einige davon könnten jetzt aktiviert werden. Das denkbare Spektrum probater politischer Initiativen reicht von einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit über eine Landeswohnungsgesellschaft, von der Reduzierung der Umlagefähigkeit und von Modernisierung und energetischen Ertüchtigungsmaßnahmen bis hin zur Weiterentwicklung der Grundsteuer zu einer Flächenverbrauchssteuer und viel weiter.
Politik muss – wie immer – an dieser Stelle nur wollen. Will die Landesregierung? Die Frage richte ich jetzt an Herrn Groschek. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich beginne einmal mit dem offensichtlichen Unterschreiten des Niveaus eines Pappschildes. Herr Hausmann, das, was Sie hier als Verleumdungsrhetorik gegenüber der Ministerpräsidentin vorgetragen haben, ist kaum noch zu unterbieten. Das war auf einem Niveau, das man sich noch nicht einmal in der heißen Wahlkampfphase wünscht.
In der Wohnungsbaupolitik ist dramatisch, dass Ihre plumpe Verleumdung auch das Bündnis für Wohnen trifft und damit Haus und Grund, die wohnungswirt
schaftlichen Verbände, die Förderbank und die Architektenkammer. Dass Sie sich auf ein solches Niveau herablassen, spricht Bände.
Herr Klocke hat zu Recht beschrieben, was auf uns zukommt. Wir wissen, wo die Schwerpunkte von Wohnungsbaudruck entstehen. Wir wissen, dass Klimawandel in Nordrhein-Westfalen getötet hat. Zwei Tote in Münster sind Beispiele dafür, dass Klimawandel längst keine Fiktion mehr ist, sondern Realität auch in unserem Land.
Deshalb ist es verständlich, wenn wir Konflikte über Flächennutzung haben. Diese Konflikte können wir eben nicht mit einem Machtwort lösen; denn unser aller Söhne und Enkeltöchter sind längst alle dem Prinzip „Wolf und Wald wählen“ anheimgefallen. Deshalb müssen wir mehr Dialektik und argumentative Kraft aufwenden, um dafür zu sorgen, dass Konflikte minimiert werden können, ohne dass man sie wegharmonisieren kann.
Das eine Prinzip ist, wir müssen höher bauen. Ich kenne die reflexartigen Hinweise auf Chorweiler, Wulfen, das Märkische Viertel Berlin und die Neue Heimat pauschal. Das würde niemand mehr neu bauen. Aber es gibt inzwischen Formate, die klug und intelligent in der Vertikalen Probleme lösen, die wir ansonsten nur mit enormen Flächenverbrauchen lösen könnten. Deshalb werden wir in diesem Jahr eine Sommerakademie zum Bauen in der Vertikalen mit der Fachhochschule Düsseldorf und anderen Akteuren durchführen, die eben keine Renditejäger und -tiger sind, sondern die eine soziale Rendite verwirklichen wollen und glauben, das in der Vertikalen möglich machen zu können. Es geht also nicht darum, zu denunzieren, sondern darum, offen miteinander zu diskutieren.
Zweiter Punkt: Wir müssen weiter bauen, das heißt regional bauen. Wir haben längst die Städte identifiziert, die das Prinzip Schermbeck auf die Spitze getrieben haben: möglichst keinen sozialen Wohnungsbau und keinen sozialen Sprengstoff. – Es gibt Städte im Speckgürtel von Düsseldorf, die stolz darauf sind, dass sie zehn Jahre lang nichts anderes als Eigentumsförderung bei Bebauungsplänen gemacht haben.
Wir brauchen den Speckgürtel auch als Baulandperspektive für die Schwarmstädte. Da gehen wir dran. Es gibt Bewegung, die ganz erstaunlich ist. Niemand will inzwischen als jemand geoutet werden, der sich der neuen Wohnungsbaunotwendigkeit verweigert.
Letzte Bemerkung: Wir haben im Grunde genommen eine tolle Erfolgsstory geschrieben. Warum? RotGrün hat zunächst einmal die Nerven behalten. Wir sind in diesem schluchtartigen Zinstal nicht gleich in ein Jammertal verfallen, sondern haben gesagt, wir werden jetzt kein gutes Fördergeld an kontraproduktiven Stellen investieren.
Wir werden keine Neubaugebiete für Einfamilienhäuser ausweisen, wo heute schon auf dem platten Land Einfamilienhäuser leer stehen und die Handwerker nicht wissen, wie sie in den Schlaf kommen sollen.