Wenn ich paraphrasieren darf, was Sie in dieser Woche zum Koalitionsvertrag gesagt haben – es ist eine Paraphrase; das gebe ich zu –: Wenn die Ministerpräsidentin mich, den Wirtschaftsminister, gefragt hätte bei der Abfassung ihrer Rede vom 29. Januar 2015, dann wäre diese Rede nicht so gehalten worden. – Das ist doch die Antwort, die Sie durch diese Rede hier gegeben haben.
Sie haben sich also von der Ministerpräsidentin distanziert und versuchen, das kunstvoll ein wenig zu kaschieren, indem Sie unseren Antrag für überflüssig und zum Rohrkrepierer erklären. Das ist aber auch leider nicht mehr als Rhetorik.
Wenn das alles, Herr Minister, für die Landesregierung gar nicht so wichtig wäre: Warum haben Sie dann auch noch eine Presseerklärung dazu abgegeben und hat der Finanzminister uns das auch noch in eine Vorlage geschrieben, dass die Europäische Investitionsbank sogar im Kabinett erschienen ist und dass Sie die NRW.BANK ins Kabinett geholt haben? Das ist dann eben nicht marginal.
Wenn Sie jetzt erklären, Herr Minister, dass Sie noch nicht wissen, ob das Juncker-Investitionspaket vielleicht doch ein Rohrkrepierer wird, hätte ich mir schon ein bisschen mehr Einsatz dafür gewünscht, dass Nordrhein-Westfalen davon profitiert.
Kollegin Dr. Beisheim hat eben die Frage gestellt, ob wir es denn alle im Blick hätten, dass es zum Beispiel um Rückabsicherung, Rückgarantien gehe und dass das alles gar nicht so sei, wie es unser Antrag suggeriert oder wie es auch unser Fraktionsvorsitzender formuliert hätte. Da sage ich der Kollegin nur: Ich glaube, es wäre hilfreich, wenn Sie mal den Versuch unternähmen, der Ministerpräsidentin exakt das zu erklären, was wir wohl schon verstanden haben.
Ein letztes Argument, das dem Herrn Minister deutlich macht, warum es in Nordrhein-Westfalen nicht vorwärtsgeht. Sie haben gesagt, das Autobahnprojekt in Baden-Württemberg lag eigentlich schon fertig in der Schublade. – Es gab mal eine Zeit, da hatten alle Bundesländer fertige Pläne in den Schubladen, um, wenn Geld irgendwo ankommt und es etwa eine besonders günstige Refinanzierungsmöglichkeit
gibt, zu sagen: Liebe Leute, wir haben das fertig und können das vorziehen. – Auch das Vorziehen hat einen ökonomischen Effekt.
Wenn Sie aber nichts in der Schublade haben und es kommt Geld vorbei, werden Sie auch keinen finden,
der Sie noch mal fragt. Sie sind der organisierte Stillstand in Nordrhein-Westfalen zum Schaden der Menschen.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Optendrenk. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.
sodass wir direkt über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/11899 abstimmen. Ich darf fragen, wer dem CDU-Antrag seine Zustimmung geben
möchte. – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Piratenfraktion. Enthält sich jemand der Stimme? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 16/11899 abgelehnt.
Spielbankensektors forcieren und das staatliche Glücksspielwesen auf den Prüfstand stellen – Streit im Landeskabinett darf die ergebnisoffene Prüfung aller Optionen nicht länger torpedieren
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende FDP-Fraktion Herrn Kollegen Witzel das Wort. Bitte, Herr Kollege.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in den letzten Wochen Chaostage in diesem Landeskabinett erlebt. Der Wirtschaftsminister fordert eine Strukturdebatte zur Zukunft der chronisch defizitären Staatskasinos bis hin zur Privatisierungsoption. Finanzminister und Grüne bremsen ihn postwendend krachend aus und untersagen ihm sogar die ergebnisoffene Begutachtung, die der Wirtschaftsminister selbst gerade proaktiv ankündigt hat. Leider hat er vor wenigen Sekunden den Raum und die Regierungsbank verlassen. Sonst wäre die Debatte sicherlich noch etwas lebendiger.
Gutachten vorliegen, da dies über Nacht nun gar keines mehr sein darf, sondern nur noch eine interne Expertise. Diese peinliche Wortklauberei offenbart den Schlingerkurs und die großen Differenzen in dieser Landesregierung, die zur Handlungsunfähigkeit führen.
Sie verhindern, dass die besten Lösungen für unser Land und den Steuerzahler gefunden werden. Herr Kollege, wie groß müssen die Befürchtungen dieser Regierung eigentlich sein, welche Erkenntnisse da ans Tageslicht kommen können, wenn mit aller Macht bereits eine ergebnisoffene Überprüfung untersagt wird?
So wird Ihre Politik letztlich beratungsresistent. Dabei liefern die WestSpiel-Staatscasinos genügend Gründe, viele Vorkommnisse infrage zu stellen.
Obwohl der Regelsatz der Spielbankenabgabe von einst 80 % auf nunmehr 30 % mehr als halbiert worden ist, stand WestSpiel 2014 kurz vor der Insolvenz. Fast das gesamte Eigenkapital ist bis dahin kontinuierlich aufgezehrt worden. Nur durch den bundesweit und teilweise sogar international kritisierten Notverkauf der Warhol-Exponate hat WestSpiel wieder eine Finanzspritze zum Überleben erhalten, von der ein staatlicher Millionenbetrag binnen Jahresfrist ebenfalls wieder aufgebraucht worden ist. Wie viel genau haben Finanzminister und WestSpiel-Verantwortliche bislang trotz mehrfacher Nachfrage öffentlich verschwiegen.
Die personelle Restrukturierung erfordert nicht nur Betriebsausgaben in Millionenhöhe, sie betrifft ausdrücklich auch die Allgemeinheit, da beispielweise das Frühverrentungsprogramm zu einem wesentlichen Bestandteil von der Arbeitsagentur, also aus den Kassen aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, finanziert wird.
Zugleich fällt Westspiel regelmäßig durch ein Finanzgebaren auf, das die WestSpiel-Vergangenheit kulturell nicht verleugnen kann. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Da werden wenige Tage nach dem Warhol-Verkauf rauschende Partys gefeiert. Da werden über den Einzelfall hinaus luxuriöse Abfindungen an missliebige Arbeitnehmer bezahlt oder diese fünf Jahre lang mit arbeitslosem Einkommen alimentiert – neuer Dienstwagen mit Tankkarte für alle Freizeitaktivitäten inklusive.
Das ist nicht die Kultur, die man, meine sehr geehrten Damen und Herren, von einem öffentlichen Unternehmen erwarten darf, das mit dem Rücken an der Wand steht.
Der Finanzminister selbst hat dieses Finanzgebaren öffentlich kritisiert. Aber er zieht nicht die gebotenen, notwendigen Schlussfolgerungen daraus. Kein an
derer Anteilseigner würde akzeptieren, was hier vorgefallen ist. Es ist also notwendig, dass sich bei WestSpiel endlich zahlreiche Dinge strukturell ändern.
Regierungen anderer Bundesländer – ausdrücklich auch mit Regierungsbeteiligung von SPD und Grünen – haben deshalb eine andere Struktur für die Kasinolandschaft gefunden – private Expertise mit einbezogen – und fahren gut damit.
Nicht für gute Betriebsergebnisse, aber für die sinnvolle Erwirtschaftung von Destinatärsabgaben oder den notwendigen Spielerschutz ist es völlig unerheblich, wer wirtschaftlicher Betreiber ist. Das hängt von den gesetzlichen Vorgaben und ihrer konsequenten Kontrolle ab, die für alle in gleicher Weise gelten.
In Nordrhein-Westfalen verhindern jedoch bei RotGrün ideologische Scheuklappen die notwendige Kurskorrektur. Das Chaos in der Landesregierung bei WestSpiel zeigt einmal mehr: Der Wirtschaftsminister hat für seinen berechtigten Vorstoß in Kabinett und Koalition keinerlei politische Rückendeckung.
Dieser Regierung fehlt jede Kraft, notwendige strukturelle Probleme des Landes noch bis zur Landtagswahl zu lösen. Minister Duins offenbar erzwungene öffentliche Selbstkorrektur ist ein peinlicher Beleg dafür, welchen Stellenwert sinnvolle ökonomische Überlegungen bei Rot-Grün haben, nämlich gar keinen. Sie wollen die Probleme bis zur Landtagswahl aussitzen. Diesen falschen Weg werden wir nicht mitgehen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Zimkeit das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte macht zum einen besonders deutlich, dass entgegen der Signale, die es zwischenzeitlich in dieser Legislatur einmal gegeben hat, die FDP an ihrer gescheiterten Politik „Privat vor Staat“ festhält und diesbezüglich an ideologischen Scheuklappen – um diesen Begriff aufzunehmen – nicht mehr zu überbieten ist.
Sie macht zum anderen in beeindruckender Art und Weise klar, in wessen Interesse die FDP und Sie, Herr Witzel, Politik machen. Die Gewerkschaften haben das so zusammengefasst, dass sie dies für einen Feldzug für das private Glücksspiel hielten. Das trifft es auf den Punkt.
Dieser Feldzug, den Sie im Interesse des privaten Glücksspiels führen, schadet dem Land. Er schadet den betroffenen Kommunen; die Kolleginnen und Kollegen der FDP in Köln sehen bei dieser Frage Vieles vollkommen anders als Sie. Er schadet auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei WestSpiel, und insbesondere schadet er der Stiftung Wohlfahrtspflege und vielen Projekten, die dort mit auf dem Weg sind.