Protokoll der Sitzung vom 12.05.2016

Wenn keine schnelle bundesweite Lösung in Sicht ist, bleibt uns allerdings die Möglichkeit, durch eine

Rechtsverordnung gemäß § 19 Abs. 4 des Landesjagdgesetzes das Verbot des § 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c des Bundesjagdgesetzes entsprechend einzuschränken. Das würde die Situation zumindest für Nordrhein-Westfalen schnell klären.

Ich hoffe auf eine konstruktive Zusammenarbeit aller Fraktionen und einen schnellen Beschluss nach entsprechender fachlicher Beratung im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Busen. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Meesters.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist der zweite Antrag zur Jagd, zum Jagdgesetz, den wir heute von der FDP hören. Gestern gab es den ersten Jagdantrag, der ziemlich daneben war. Ich kann es mir nicht verkneifen, eben noch einmal kurz nachzuhaken, weil wir gestern mit den Jägern zusammensaßen. Es ging um den Wolf im Jagdgesetz, und die Jäger haben nochmals erzählt, sie würden das gar nicht wollen und seien eindeutig dagegen.

(Zuruf von der FDP: Das sehen die aber ganz anders!)

Mein Rat hinsichtlich Ihrer Anträge ist, erst einmal die Betroffenen zu fragen, sie sozusagen zu Beteiligten zu machen; die Anträge werden dann auch besser.

Dieser Antrag ist besser; das muss ich schon sagen. Sie sprechen in der Überschrift von „Tierschutz bei der Jagd stärken“. Ich halte diese Überschrift, diesen Titel jedoch für falsch, denn wir sprechen hier nicht in erster Linie von Tierschutz, sondern über ein wichtiges Sachproblem, das Sie auch richtig skizziert haben. Allerdings halte ich die Schlussfolgerung, die Sie gezogen haben, für falsch.

Worum geht es? – Sie haben es gerade gesagt: Das Bundesverwaltungsgericht hat im März 2016 verboten, diese halbautomatischen Waffen, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass Magazine verwendet werden, die mehr als zwei Schuss Munition aufnehmen können, bei der Jagd einzusetzen.

Die Jagdverbände kritisieren zu Recht diesen Beschluss, weil das Gericht die bisher geübte Praxis als nicht rechtens erklärt hat. Diese Waffen sind nun für Jäger nicht mehr erlaubt. Das haben Sie gerade dargestellt. Für die Haltung der Jäger haben wir Verständnis.

Nach bisheriger Meinung handelt es sich bei dem Verbot um eine Auflage an das Verhalten des Jägers, bei der Jagd ausschließlich Magazine mit einer Kapazität von zwei Patronen zu verwenden. Dies gilt

nun nicht mehr. Ich stimme Ihnen zu: Darauf muss Politik in der Tat reagieren.

Nun hat der FDP-Antrag zwei Forderungen an die Landesregierung formuliert. Die erste Forderung betrifft die von Ihnen gerade angesprochene Bundesratsinitiative. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich halte das für falsch. Die Sachlage ist doch die: Bundesminister Christian Schmidt hat wörtlich gesagt – ich zitiere –:

„Mein Ministerium wird prüfen, ob und welche Änderungen im Bundesjagdgesetz vorgenommen werden können, um den jagdlichen Notwendigkeiten gerecht zu werden und für die Zukunft Rechtsklarheit zu schaffen.“

Eine Bundesratsinitiative ist nicht nötig, wenn der Bund eigentlich schon so handeln will und dies auch öffentlich erklärt.

Die zweite Forderung heißt, keine Erlasse zu veröffentlichen, welche vorerst jede Eintragung von halbautomatischen Waffen in die Waffenbesitzkarte untersagen oder rückwirkend bestehende Eintragungen für unwirksam erklären. – Sie sehen, ich habe Ihren Antrag gelesen.

Es wäre die Aufgabe des für das Waffenrecht zuständigen Bundesinnenministeriums, durch entsprechende Verwaltungsanordnungen dafür zu sorgen, dass die örtlich zuständigen Waffenbehörden bis zu einer bundesrechtlichen Klärung des zulässigen Einsatzes von halbautomatischen Waffen bei der Jagd abwarten.

Für die SPD-Fraktion sage ich deutlich: Wir in Nordrhein-Westfalen wollen für diese Übergangszeit keine solchen Erlasse. Ich denke auch, dass es diese nicht geben wird.

Was sagen die betroffenen Jäger in Nordrhein-Westfalen? – Der Landesjagdverband sagt, dass die anstehende Novellierung des Bundesjagdgesetzes die zeitnahe Gelegenheit bietet, die entsprechenden Änderungen des Wortlautes – da ist § 19 Bundesjagdgesetz angesprochen – klarzustellen. Danach ist nach dem Willen des Gesetzgebers und entsprechend der bisherigen Rechts- und Verwaltungspraxis der Einsatz einer halbautomatischen Langwaffe bei der Schussabgabe auf Wild nur dann unzulässig, wenn dies unter Verwendung eines Magazins geschieht, das mehr als zwei Patronen aufnehmen kann. Das sagt der Landesjagdverband. Das kann man vom Grundsatz her so unterstützen.

Ich ziehe mein Fazit: Derzeit werten das für das Waffenrecht zuständige Bundesministerium des Innern und das für das Jagdrecht zuständige Bundesministerium für Landwirtschaft das Urteil aus. Im Hinblick auf die jagdrechtlichen Fragen ist es unserer Auffassung nach ratsam, zunächst den Ausgang der Abstimmung auf der zuständigen Bundesebene abzuwarten – das auch vor dem Hintergrund der von mir

zitierten Aussage des Bundeslandwirtschaftsministers.

Die fachpolitischen Vertreter der SPD im Bund unterstützen – ich habe mich mit ihnen in Verbindung gesetzt – eine Präzisierung der gesetzlichen Vorschriften des § 19 Bundesjagdgesetz, wie sie auch der Jagdverband Nordrhein-Westfalen vorschlägt. Das ist gut so.

Notwendig ist aus unserer Sicht auch eine Klarstellung bezüglich des Besitzes der Waffen, da sie viele Jägerinnen und Jäger im Vertrauen auf geltendes Recht gekauft haben.

Die Diskussion im Ausschuss gibt uns Gelegenheit zu erörtern, ob und wenn überhaupt welche Lösungsmöglichkeiten wir für die Übergangsphase in Nordrhein-Westfalen finden können. Das können wir gemeinsam diskutieren. Ich freue mich auf die Diskussion. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Meesters. – Es spricht als Nächster für die CDUFraktion Herr Fehring.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mal wieder wird Volkes Meinung, vor Gericht und auf hoher See bist du in Gottes Hand, durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt.

Das Gericht – meine Vorredner haben schon mehrfach darauf hingewiesen – hat sich zu einer Rechtsfrage, die 40 Jahre lang völlig unumstritten war und auf die es in den aktuellen Verfahren gar nicht ankam, mit einer Meinung geäußert, die bisher nicht vertreten wurde.

Das Urteil hat nun für erhebliche Verunsicherung bei den Besitzern von halbautomatischen Jagdwaffen mit Wechselmagazin gesorgt. Verunsichert sind neben den Jägern aber auch die Waffenbehörden, die Polizei und andere staatlichen Stellen. Die Meinungen, wie mit dem Urteil umzugehen sei, gehen weit auseinander. Es bleibt zu hoffen, dass die beteiligten Behörden jetzt von vorschnellen Entscheidungen absehen und die von Jägern legal erworbenen halbautomatischen Waffen nicht voreilig kriminalisieren, indem sie die erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse widerrufen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die große Mehrheit der Jäger hat zu den halbautomatischen Waffen allerdings ein eher distanziertes Verhältnis. Als ich vor 45 Jahren den Jagdschein erworben habe, kamen als technische Innovationen der Jagdwaffenhersteller die ersten Halbautomaten auf den deutschen Markt, mit denen mehr als zwei Schüsse in Folge möglich waren.

Jagdgenossen, Jagdfreunde mit solchen Ausrüstungen waren seinerzeit – und das gilt auch heute noch – nicht sonderlich beliebt und nicht gern gesehene Jagdgäste. Deshalb ist längst das Einlegen von nur zwei Patronen bzw. die Abgabe von maximal zwei Schüssen gängige Praxis auch bei denen, deren Waffen über größere Magazine verfügen.

Aus Sicht des Tierschutzes kann allerdings der schnelle Schuss, ohne durch das manuelle Repetieren der Waffe Zeit zu verlieren, sinnvoll sein. Karlheinz Busen hat darauf hingewiesen. Bei Bewegungsjagden ist das durchaus der Fall, weil die Schusszeit bei einer Bewegungsjagd relativ kurz ist. Anders als bei der Pirschjagd, wo ich ansitze und in Ruhe das Wild erlegen kann, ist es da sicherlich von Vorteil. Auch bei der Jagd auf Gänse und Enten kann der sogenannte dritte Schuss, die dritte Patrone, hilfreich sein und auch Tierleid verhindern.

Oberstes Ziel bleibt aber immer, einen sauberen Schuss anzutragen, um allen Ansprüchen der Waidgerechtigkeit zu genügen.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag beschreibt das durch die Urteile entstandene Dilemma ausreichend. Das können wir dann gerne noch im Ausschuss vertiefen, lieber Karlheinz.

Wir begrüßen es ferner, dass die von der CDU/CSUgeführte Bundesregierung bereits an einer bundeseinheitlichen Regelung im Bundesjagdgesetz arbeitet. Herr Meesters hat das auch schon angesprochen. Er sprach von einer Übergangszeit. Vielleicht kann man diese Übergangszeit für diejenigen, die solche halb- oder vollautomatischen Waffen besitzen, dadurch etwas erträglicher machen, dass das Land vielleicht von der von Herrn Busen vorgetragenen Möglichkeit Gebrauch macht, nämlich § 19 Abs. 4 – Sachliche Verbote – im Landesjagdgesetz entsprechend zu ändern. Damit würden wir eine schnellere Rechtssicherheit bekommen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Im zuständigen Ausschuss sollten wir dann ganz schnell für positive Abschlüsse sorgen, damit die Jäger nicht mit dem Problem allein gelassen werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Fehring. – Und nun spricht für die grüne Fraktion Herr Rüße.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Busen, ich kann mich in der Tat Herrn Meesters anschließen. Aus Ihrem Paket „Parlamentarischer Jägerabend 2016“ ist das – im Vergleich zu dem, den Sie gestern gestellt haben – bei Weitem der bessere Antrag. Deshalb kann

ich hier schon einmal sagen, dass wir uns auf die Beratung im Ausschuss freuen.

Sie haben ein aktuelles Problem der Jagd richtig benannt. Auch wir sind der Meinung, dass sich die Jägerinnen und Jäger zu Recht darüber ärgern und dass das so eben nicht praktikabel ist. Die Ursache – auch das ist jetzt schon mehrfach gesagt worden – ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, dass eben keine Waffen mehr benutzt werden dürfen, die Magazine mit mehr als zwei Patronen aufnehmen können. Das heißt natürlich für viele Jägerinnen und Jäger, dass sie ihre Waffen im Schrank lassen müssen.

Wir finden die jagdgesetzliche Regelung, dass man Waffen mit einem Zwei-Schuss-Magazin verwenden kann, richtig, weil sie in der Tat – das steht auch in Ihrer Überschrift – mehr Tierschutz ermöglichen.

Allerdings sind wir der Meinung, Sie hätten den Titel Ihres Antrages etwas erweitern sollen. Denn uns ist auch ein zweiter Punkt noch wichtig. Es geht nicht nur um mehr Tierschutz, der erreicht werden kann, wenn man noch einmal schnell nachschießen kann, wenn der erste Schuss nicht richtig getroffen hat, sondern es geht auch darum, dass Jagd effektiv betrieben werden kann. Deshalb hätte ich es gut gefunden, wenn Sie das mit aufgenommen hätten.

Manche Jäger tun sich damit immer noch schwer. Herr Fehring hat angedeutet, dass viele Jäger sagen, es sei nicht waidgerecht, wenn man noch einmal halbautomatisch nachlädt und schnell schießen kann. Da habe das Wild – das sagt man aus alter Tradition heraus – gewissermaßen keine faire Chance.

Ich glaube, wir sollten uns einmal vor Augen halten, wie der Wildbesatz gerade bei Rotwild in NordrheinWestfalen ist. Wir sollten darüber einmal einen Moment nachdenken. Das haben wir schon ein paarmal diskutiert. Ich spreche über die Situation in Ostwestfalen und im Paderborner Land. Man muss wissen, dass wir in den Rotwildbezirken einen Rotwildbesatz haben, der dreimal so hoch ist wie das, was eigentlich sein sollte. Wir haben in Nordrhein-Westfalen anstatt 5.000 Stück Rotwild 15.000 Stück.

Allein deshalb sind wir schon der Meinung, dass es richtig ist, dass diese Waffen auch weiterhin eingesetzt werden können. Denn ein dermaßen überhöhter Rotwildbesatz verursacht – das muss man sich einmal in Kleinenberg ansehen – massive Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen sowie an Wäldern. Es entstehen Schälschäden: Die Bäume werden bis auf zwei Meter Höhe geschält. Das können wir alle nicht wollen.

Deshalb wollen wir eine effektive Jagd. Das ist auch das Ziel des neuen Jagdgesetzes. Wir möchten,

dass sich Wälder wieder von selbst verjüngen können. All das geht nur bei angepassten Wildbeständen.

Deshalb gebe ich – Herr Busen, ich kann verstehen, dass Sie das in Ihrem Antrag stehen haben – dazu noch einen kleinen Hinweis: Die Bewegungsjagden sind kein besonderes Hobby bzw. keine Spezialität unseres Landesumweltministers, sondern es ist in der Fachwelt unumstritten, dass sie bei dermaßen überhöhten Wildbeständen das Mittel der Wahl sind. Ich glaube, von daher können wir alle einheitlich der Meinung sein: Es ist richtig, Bewegungsjagden durchzuführen. Dazu gehört eben auch – wie Sie es geschrieben haben – die Möglichkeit des Gebrauchs dieser Waffe.