Protokoll der Sitzung vom 08.06.2016

freuen wir uns auf die Beratungen im Ausschuss. Dort werden wir das miteinander besprechen. Vielleicht gibt es bis dahin neue Erkenntnisse. Ansonsten halte ich den Antrag zum jetzigen Zeitpunkt für entbehrlich, weil wir das alles schon mehrfach hier beschlossen haben. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Markert. – Für die FDP-Fraktion nimmt nun Herr Kollege Brockes Stellung.

(Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Das geht doch wieder schief!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem vorliegenden Antrag der Piraten wurde ja bereits das meiste gesagt. Daher möchte ich mich kurzfassen.

(Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Hurra!)

Nicht zu früh freuen, Herr Kollege Schmalenbach! Denn: Die Piraten versuchen mit diesem Antrag erneut, mit den Ängsten der Menschen beim Thema „Kernenergie“ Politik zu machen. Herr Kollege Schmalenbach, wenn dies das Einzige ist, was den Piraten noch einfällt, dann ist das ehrlich gesagt ein Trauerspiel.

(Beifall von Karlheinz Busen [FDP])

Da die Antiatominitiative am 21. Mai ihren Aktionstag gegen Castortransporte von Jülich nach Ahaus hatte, ist es insofern verständlich, dass Sie diesen Antrag hier stellen. Aber es ist meines Erachtens ein durchsichtiges Unterfangen, und es ist nicht die Art und Weise, wie man Politik machen sollte, nämlich mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger.

Denken Sie zum Beispiel auch an die Sitzung des Umweltausschusses in der nächsten Woche. Die Piraten haben allen Ernstes den Tagesordnungspunkt – ich zitiere die Überschrift – „Nuklearunfall in Niedersachsen mit radioaktivem Ausstoß“ beantragt. Meine Damen und Herren, wohlwissend, dass es einen solchen Unfall nie gab, sondern es um eine Bund-Länder-Übung für den Worst Case geht, wählen Sie diese Überschrift. Sie suggerieren damit diesen Unfall. Das ist ebenfalls absolut unwürdig.

Meine Damen und Herren, ich komme zur eigentlichen Sache. In Jülich lagern bekanntlich die Brennelemente aus dem Betrieb des AVR in 152 Castoren. Inzwischen ist die Aufbewahrungsgenehmigung abgelaufen. Seit zwei Jahren findet das in einem quasi rechtsfreien Raum statt. Es ist skandalös, dass die Landesregierung hier tatenlos zuschaut.

(Beifall von der CDU)

Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten, wie zu verfahren ist – das wurde bereits genannt –: Erstens. Zwischenlagerung weiterhin in Jülich in einem neuen Lager. Das muss dann aber erst noch genehmigt und gebaut werden. Schätzungen zufolge würde der Neubau mindestens acht oder neun Jahre dauern und 40 Millionen € kosten. Zweitens. Verbringung der Castoren in die USA, was zunehmend unrealistisch wird. Drittens. Die Behälter nach Ahaus transportieren.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung betont stets, dass sie sich jede Option offenhalte. Aber genau darin liegt das Problem. Wer sich Optionen offenhält, entscheidet nicht. Aber die Landesregierung ist in der Verantwortung, endlich zu reagieren, endlich zu entscheiden, um diese rechtsfreie Situation endlich aufzulösen.

Die rot-grüne Landesregierung hat die Frage, wie mit den in Jülich zwischengelagerten Brennelementekugeln in Zukunft verfahren werden soll, von Anfang an absolut dilettantisch behandelt. Der Landtag hat sich Ende 2011 mit den Brennelementen beschäftigt. Seitdem hat Rot-Grün nichts zu Wege gebracht. Castortransporte wurden kategorisch ausgeschlossen, weil man natürlich seine eigene Wählerklientel nicht verprellen will, obwohl dies im Vergleich zu anderen Wegen die absolut günstigste Lösung gewesen wäre.

Stattdessen haben Sie sich mit unrealistischen Verbringungen in die USA beschäftigt und sind damit Luftschlössern hinterhergelaufen.

Meine Damen und Herren, Rot-Grün muss endlich aufhören, den Leuten Sand in die Augen zu streuen, indem behauptet wird, die Castoren könnten langfristig weiter in Jülich lagern.

(Vereinzelt Beifall von der FDP)

Rot-Grün hat bis heute kein realistisches Konzept für den Verbleib der Brennelemente in Jülich vorgelegt. Das ist, ehrlich gesagt, skandalös. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall von der FDP und der CDU)

Danke, Herr Brockes. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Schulze in Vertretung von Herrn Minister Duin. Bitte schön, Frau Ministerin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche heute in Vertretung meines Kollegen Herrn Minister Duin. Sein Ressort ist als Landesatomaufsicht unter anderem für die atomrechtliche Aufsicht über das AVR-Behälterlager in Jülich zuständig.

Kurz zur Erinnerung: Im Sommer 2014 wurde durch das Wirtschaftsministerium die unverzügliche Entfernung der Kernbrennstoffe aus dem AVR

Behälterlager in Jülich angeordnet.

Sehr geehrter Herr Wirtz, „unverzüglich“ bedeutet in diesem Zusammenhang: Die Betreiberin des Lagers hat dieser Räumungsanordnung ohne schuldhaftes Verzögern nachzukommen. Dazu hat die Betreiberin – seinerzeit das Forschungszentrum Jülich GmbH, nun die Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen – ein Konzept vorgelegt.

JEN, also die Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen, ist zu 100 % in Verantwortung des Bundes. Nordrhein-Westfalen hat die atomrechtliche Aufsicht. – So viel vielleicht zu der Aufgabenteilung.

Die JEN muss ein Konzept vorlegen. Das hat sie auch getan. Dieses Konzept sieht drei Optionen vor: erstens die Beförderung der Kernbrennstoffe in ein neu zu errichtendes Zwischenlager auf dem Forschungsgelände in Jülich; zweitens die Beförderung der Kernbrennstoffe in das Transportbehälterlager Ahaus und drittens die Verbringung der Kernbrennstoffe in ihr Herkunftsland USA.

Es ist noch nicht absehbar, für welche der drei Räumungsvarianten sich die Jülicher Entsorgungsgesellschaft entscheiden wird. Es muss uns klar sein: Die Entscheidung wird nicht durch die Landesregierung getroffen, sondern fällt in Jülich. Die Frage, was die Landesregierung favorisiert, stellt sich also nicht.

Als Landesregierung ist es unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass Jülich alle notwendigen behördlichen Auflagen einhält, um die Sicherheit zu gewährleisten. Insofern ist die Landesatomaufsicht im intensiven und ständigen Kontakt sowohl mit der Betreiberin als auch mit der Genehmigungsbehörde, dem Bundesamt für Strahlenschutz. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Schulze. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir können abstimmen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/12105 an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Wer stimmt dem so zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist alles nicht der Fall. Damit ist der Antrag einstimmig so überwiesen.

Ich rufe auf:

9 Seveso-III mit Augenmaß umsetzen: Umwelt

schützen, Stadtentwicklung ermöglichen, Industrie Bestandsschutz und Entwicklungsmöglichkeiten geben

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/10244

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk Drucksache 16/12131

Ich darf darauf hinweisen, dass der Antrag der CDUFraktion zurückkommt. Gemäß § 82 Abs. 2b unserer Geschäftsordnung ist er vom Plenum an den Ausschuss überwiesen, dort beraten und dann hier wieder vorgelegt worden. Deshalb spricht jetzt auch nicht der Antragsteller, sondern der Kollege von der SPD, Herr von den Berg – nein, van den Berg! Sie haben das Wort. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. Man muss immer aufpassen mit meinem Namen. Wenn ich geadelt werde, habe ich in der SPDFraktion wenig Zukunft. Deswegen passe ich immer auf, dass das nicht geschieht.

(Heiterkeit – Dietmar Brockes [FDP]: Egal, in Deutschland gibt es keinen Adel!)

Keine Sorge, Herr Brockes!

Wir haben ein ernstes Thema. 1976 ist der italienische Ort Seveso weltweit bekannt geworden durch ein großes Chemieunglück. Seitdem ist die Frage, wie man den Schutz von Wohnbebauung hin zu Industrieanlagen regeln sollte, in der öffentlichen Diskussion ein fester Bestandteil.

Es hat zwei EU-Richtlinien dazu gegeben, wie man das Thema anpacken kann. Dabei ist immer im Blick

zu behalten einerseits die Sicherheit der Bevölkerung, aber auch die Planungssicherheit der Industrie. Insoweit ist es lobenswert, dass, als jetzt die dritte Richtlinie zu Seveso auf europäischer Ebene gekommen ist, die CDU-Fraktion hier einen Antrag eingebracht hat.

Man muss aber deutlich sagen: Seither ist viel passiert und viel erreicht worden. Es ist ein weitgehend guter Ausgleich beim Störungsfall zwischen dem rechtlich sinnvollem Schutz der Anwohner, dem industriepolitisch gewünschten Bestandsschutz und der Bestandspflege der Unternehmen gefunden worden.

Ich will die wesentlichen drei Punkte, die seit dem Kabinettsbeschluss auf Bundesebene – ich glaube, am 24. Februar war es – gefunden worden sind, benennen:

Der § 50 Bundes-Immissionsschutzgesetz bleibt unverändert. Das ist einer der wesentlichen Punkte, die am ersten Entwurf kritisiert worden waren. Es gibt eine Klarstellung, dass Aus- und Umbauten der entsprechenden Betriebe weiterhin möglich sind.

Der § 48 Bundes-Immissionsschutzgesetz wird um eine Technische Anleitung Abstand ergänzt, die vielfach von der Industrie als handlungsanleitend gefordert worden ist.

Zudem gibt es einen Entwurf einer zwölften Verordnung zum Gesetz, die wiederum sicherstellt, dass die Einhaltung der Sicherheitsabstände keine Betreiberpflicht ist. Auch das war ein Punkt im ersten Gesetzentwurf, der massiv kritisiert worden ist.

Deswegen ist der vorliegende Gesetzentwurf auf Bundesebene in zentralen Forderungen unserer Beratung gerade im NRW-Wirtschaftsausschuss entgegengekommen und, man kann sagen, in zentralen Themen auch uneingeschränkt umgesetzt worden und der CDU-Antrag in der heutigen Fassung, wie er von der CDU-Fraktion nach wie vor vorgelegt worden ist, wirklich überholt.

Was im Augenblick stattfindet, ist der Feinschliff im Deutschen Bundestag wie aber auch im Bundesrat. Dabei gilt es natürlich auch, die Feinheiten im Auge zu behalten.