Protokoll der Sitzung vom 08.06.2016

Deswegen haben wir immer dafür gerungen, dass Frau Nahles das fortsetzt. Das hat auch die SPD, obwohl sie die eigene Parteikollegin angegriffen hat, hier immer mitgetragen, dass wir das in Bundesratsanträgen einbringen. Das ist glaubwürdiger Kampf um die richtige Sache, lieber Herr Laschet.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die BAföG-Mittel – das haben wir Ihnen in den verschiedenen Ausschüssen doch nun mehrfach dargelegt – haben wir sowohl für die Kitas als auch für die Hochschule als auch für Inklusion zum Beispiel bei den Mitteln genutzt, die wir dann den Kommunen gegeben haben. Das haben wir mehrfach kompensiert, und da haben wir zusätzlich viel mehr ausgegeben, als durch die BAföG-Mittel freigeworden ist.

(Zustimmung von Ministerpräsidentin Han- nelore Kraft – Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich habe also gerne die Gelegenheit genutzt, das hier noch einmal im Zusammenhang darzustellen, lieber Herr Laschet,

Und unsere Regierung hat diese 1.400 Schulsozialarbeitsstellen nach BuT, Bildungs- und Teilhabegesetz, zu zwei Dritteln finanziert; ein Drittel haben die Kommunen dazugegeben. Und die Kommunen sprechen sich auch dafür aus, dass das eigentlich der Bund finanzieren müsste.

(Zurufe von der SPD: So ist das!)

So weit meine Antwort zu Ihrer Zwischenfrage, Herr Kollege Laschet.

Ich möchte aber noch einmal auf den Schulbereich und die Werteorientierung zurückkommen, was Herr Professor Dr. Sternberg zu Recht angesprochen hat.

Mir ist der stattfindende Fachunterricht ein hohes Anliegen. Was den Religionsunterricht angeht – auch mit Unterstützung der Union, was den islamischen Religionsunterricht angeht –, hat diese Regierung hier die entscheidenden Weichen gestellt. Ich hoffe, Sie haben zur Kenntnis genommen, dass es letzte Woche gelungen ist, für alle Glaubens- und Religionsgemeinschaften – Muslime, Juden, Christen verschiedener Konfessionen, Alewiten – eine gemeinsame Erklärung zu erarbeiten und zu unterzeichnen.

Damit machen wir deutlich: Der Religionsunterricht leistet einen wichtigen Beitrag. Er soll stattfinden; diese Erklärung ist ein Friedenszeichen in diesen unruhigen Zeiten und stärkt sozusagen die Auseinandersetzung um unsere Grundrechte.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Wir trennen die Kinder in verschiedene Klassen, und das ist dann ein Friedenszeichen!)

Aber es geht doch in der Bildung viel weiter: Es geht nämlich darum, dass es gut ist, dass Schulen fachübergreifend, projektübergreifend Projekte machen, dass sie zum Beispiel nach Auschwitz fahren, dass sie Demokratieprojekte in den Schulen mit Unterstützung der Stiftungen machen, dass die Kinder selbst nicht nur im Kopf etwas lernen, sondern dass sie Zuversicht entwickeln – was unser Bundespräsident immer so schön und richtig formuliert –, dass es einen Unterschied macht, ob sie sich so oder anders verhalten.

Was ich da in den Schulen erlebe und was wir tatkräftig unterstützen, ist beispielgebend, und es ist sehr gut, damit sehr früh anzufangen: Das sind die buddY-Konzepte, das sind Konzepte bezüglich des Grundrechts von Kindern – Grundrechtecharta –; das sind die Maßnahmen, die weit über das hinausgehen, was einzelne Fächer alleine leisten können. Das müssen wir stärken. Dafür müssen wir uns vor Ort einsetzen, meine Damen und Herren. Dafür werbe ich ausdrücklich.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die anderen Kolleginnen und Kollegen könnten auch noch einmal intensiv dazu beitragen. Und Sie tun diesem Konzept Unrecht, wenn Sie glauben, das wäre fertig. Vielmehr ist das eine Zusammenstellung mit Getanem und Fortgeschriebenem und dem, was noch zu tun ist.

Und wir alle tun gut daran, daran mitzuwirken, dass dieses Konzept mit Leben gefüllt wird: vor Ort, in den Ausschüssen, in den Gremien, mit der Zivilgesellschaft. So leisten wir einen systematischen Beitrag

dazu, dass wir Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Fremdenfeindlichkeit in diesem Land bekämpfen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Löhrmann. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Müller-Witt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem integrierten Handlungskonzept wird im Zuständigkeitsbereich der Landeszentrale für politische Bildung eine umfassende Kampagne gestartet, die sich im Kern mit der Vermittlung unserer demokratischen Grundwerte befasst.

67 Jahre nach Verabschiedung des Grundgesetzes ist festzustellen, dass die im Grundgesetz festgehaltenen Werte unserer Demokratie oftmals nicht mehr ausreichend im Bewusstsein der hier lebenden Menschen verankert sind. Mancher Umstand erweckt sogar den Eindruck, dass einer wachsenden Zahl an Menschen die Grundrechte als ein loses Angebot erscheinen, auf das man sich nach Gusto berufen, danach leben kann – oder auch nicht.

Nicht anders ist es zu erklären, dass jene Menschen, die aus ihrem rechtsextremistischen Weltbild heraus den demokratischen Rechtsstaat weitgehend ablehnen, einige Grundwerte hochhalten, andere schlichtweg ignorieren oder offen infrage stellen. Während Art. 1 – die Würde des Menschen ist unantastbar – entweder ignoriert oder lediglich einem bestimmten Personenkreis zugestanden wird, wird zum Beispiel Art. 16 – das Recht auf Asyl – grundsätzlich zur Disposition gestellt.

Hier ist eine umfassende politische Bildungsoffensive gefordert. Politische Bildung im weitesten Sinne! Deshalb baut das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus auf der bereits heute schon in Nordrhein-Westfalen gut ausgebauten Infrastruktur zur Demokratieförderung auf.

Die zahlreichen Akteure dieser Infrastruktur sind heute mehr denn je gefordert. Denn die herkömmlichen Ansätze der Vermittlung allgemeiner gesellschaftlicher Werte und politischer Bildung sind durch die überaus dynamische Entwicklung der Kommunikationsmedien teilweise überholt. So spielen in Zeiten der sozialen Medien sich frei organisierende Plattformen eine wesentlich bedeutendere Rolle bei der Entwicklung des individuellen Werteverständnisses als früher Presse oder Rundfunk und Fernsehen.

Deshalb sind heute neben den traditionellen Bildungsmittlern auch vermehrt Vereine und Organisationen eingebunden, um niedrigschwellig als Wertemittler zu fungieren. Dass dies aber längst nicht ausreichend ist, zeigen die Entwicklungen der letzten

Jahre, in denen trotz Kampagnen wie „Mach‘ meinen Kumpel nicht an!“ oder „Nein zu Rassismus“ „Rechtsextremismus und Rassismus“ massiv zugenommen haben. Erstellung und Umsetzung des Handlungskonzeptes war und ist mehr denn je ein dringend erforderlicher Schritt, um Strategien und Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Rassismus nachhaltig zu fördern.

Gerade aus der jüngsten Vergangenheit sind uns vor allem noch die menschenverachtenden Morde der rechtsextremen Terrorzelle NSU im Gedächtnis geblieben, die unsere demokratische Gesellschaft erschütterten. Doch auch in der Gegenwart mehren sich rassistische und rechtsextremistische Straftaten – seien es die schändlichen Übergriffe auf wehrlose Menschen in Flüchtlingsheimen, die hilfesuchend zu uns kamen, oder spontane Übergriffe auf Menschen, nur weil sie anders aussehen, einen anderen Glauben haben.

Diese Beispiele verdeutlichen, auf welch schreckliche Art und Weise die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rassismus zwingend notwendig ist – in Form dieses integrierten Handlungskonzeptes. Die gezielte präventive Arbeit in allen gesellschaftlichen Bereichen soll dem stetigen Anwachsen von Rechtsextremismus und Rassismus Einhalt gebieten und zu einer allgemeinen Sensibilisierung für rechtsextremistische und rassistische Äußerungen und Taten führen. Die bereits vorhandenen zahlreichen Akteure gegen rechts sollen zum einen gestärkt und unterstützt und zum andern in die Lage versetzt werden, durch Vernetzung vermehrt Synergieeffekte zu nutzen.

Das, Herr Stamp, haben Sie offensichtlich nicht erkannt.

Hierbei spielt insbesondere die Landeskoordinierungsstelle eine bedeutende Rolle. Angesichts der zunehmenden Etablierung einer rechtsextremen Parallelgesellschaft mit eigenen Kommunikationswegen sind die gemeinsamen politischen Handlungsschwerpunkte von Staat einerseits und Zivilgesellschaft andererseits als Präventionsstrategie gegen Rechtsextremismus und Rassismus die Antwort der demokratischen Mehrheitsgesellschaft, um frühzeitig – im besten Fall präventiv – diesen Tendenzen eines unserem Grundgesetz widersprechenden Menschenrechts- und Demokratieverständnisses zu begegnen.

Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass auch der Arbeitskreis der mobilen Beratungsstellen als dauerhaftes Netzwerk angelegt ist, um eine verlässliche Rückkopplung aus der Zivilgesellschaft zu sichern. Wie gut, dass die Landesförderung für die mobile Beratung von 2013 bis heute mehr als verdoppelt wurde.

Neben der Landeszentrale für politische Bildung wird auch die interministerielle Arbeitsgruppe mit dem

Schwerpunkt Rechtsextremismus und Rassismus als dauerhafte Einrichtung ihre Arbeit fortsetzen.

Das zeigt, dass die Umsetzung des Handlungskonzepts nicht allein in der Verantwortung eines Hauses stehen kann. Angesichts der Gefährdung der unterschiedlichsten Lebensbereiche durch rechtsextreme Diskriminierung bedarf es der Einbindung aller Ministerien, um dieser komplexen Herausforderung zu begegnen.

All diesen Anforderungen wird im Handlungskonzept Rechnung getragen, und damit nimmt NordrheinWestfalen bundesweit eine Vorreiterrolle ein.

Dies funktioniert nicht ohne die erforderliche finanzielle Ausstattung. So begrüßt es die SPD-Fraktion nachdrücklich, dass zur Unterstützung der Akteure vor Ort bereits im laufenden Haushalt zusätzlich 2,3 Millionen € bereitgestellt wurden. Es werden im Folgenden auch die Kreise und kreisfreien Städte gefordert sein, sich verstärkt mit einzubringen. Nur durch das Engagement aller staatlichen Ebenen kann das angestrebte intensive Zusammenwirken von Staat und Zivilgesellschaft wirklich erfolgreich sein.

Insgesamt handelt es sich um ein ambitioniertes Handlungskonzept, das den Anforderungen angesichts des zunehmenden Rechtsextremismus und Rassismus und insbesondere der besorgniserregend wachsenden Zahl an Straftaten aus diesem Umfeld gerecht wird. Umso wichtiger ist die regelmäßige Evaluierung des Konzepts.

Die SPD-Fraktion begrüßt, dass mit diesem Handlungskonzept von Nordrhein-Westfalen ein klares Signal gegen Rechtsextremismus und Rassismus ausgeht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Müller-Witt. – Für die FDP-Fraktion spricht noch einmal Dr. Stamp.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frau Ministerpräsidentin sagte gerade so nett zu mir: Er schreibt noch. – Dann will ich auch auf die verschiedenen Zurufe aus der Debatte eingehen. Um keinen zu vergessen – das passiert schnell –, habe ich mir Notizen gemacht.

Ich fange mit Frau Müller-Witt an. Ich finde es sehr einfach zu sagen: „Sie haben da etwas nicht verstanden“, ohne auch nur auf ein einziges meiner Argumente einzugehen. Das ist zu wenig.

(Beifall von der FDP)

Ich habe gesagt, im Wesentlichen fehlen Ansätze zu den zentralen Punkten. Das ist ein Riesenthema – Frau Löhrmann, Sie haben es gerade selber noch

mal angesprochen –, ob es Shitstorm ist, ob es beleidigende Briefe sind wie auch die von einem Herrn „Professor Doktor“ oder wie auch immer. Aber gerade weil das Thema diese Dimension angenommen hat, muss ich hier etwas anderes vorlegen als das, was offenbar in vier Jahren in Workshops erarbeitet

(Nadja Lüders [SPD]: Nein!)

und möglicherweise nicht anständig zusammengefasst worden ist.

Frau Lüders, Sie beschwören hier wieder zu Recht die Zusammenarbeit von staatlicher Ebene und Zivilgesellschaft. Die Zivilgesellschaft hat getagt und ihre Dinge vorgetragen. Offenbar waren Sie nicht in der Lage, das hier anständig zu einem Konzept zusammenzufassen.

(Beifall von der FDP – Weiterer Zuruf von Nadja Lüders [SPD])

Wenn es darum geht – damit bin ich bei der Kollegin Schäffer –, solche Prozesse zu moderieren und dann auch zu einem vernünftigen Ergebnis zusammenzufassen, ist erkennbar – wir müssen die Qualität entsprechender Konzepte nur vergleichen –, dass die Bertelsmann Stiftung sicher deutlich kompetenter als das gewesen wäre, was Sie uns hier – das gilt für andere Stiftungen ebenso; ich könnte auch die Friedrich-Naumann-Stiftung nennen – vorgelegt haben.