Protokoll der Sitzung vom 08.06.2016

Meine Damen und Herren, wir haben – ich habe darauf hingewiesen – vor ungefähr einem Jahr beim, wenn ich mich richtig erinnere, letzten beschlossenen Antrag vor der Sommerpause fraktionsübergreifend ein Bekenntnis für die Weser abgelegt. Damals haben wir eine ganze Reihe von technischen Maßnahmen beim Produzenten vor Ort hier miteinander beschlossen und vorher natürlich auch diskutiert.

Deswegen freut es unsere Fraktion, die beiden Koalitionsfraktionen und mich persönlich sehr, dass sich eine ganze Reihe der Maßnahmen, die wir in Nordrhein-Westfalen gemeinsam beschlossen haben, im Masterplan Salzreduzierung wiederfindet. Das sind Maßnahmen wie – der Kollege Berghahn hat davon auch schon gesprochen – die Haldenabdeckung, damit gar nicht erst dort, wo produziert wird, in Thüringen und in Hessen, durch Niederschläge – wir sind im Moment ja gebeutelt von Niederschlägen – große Mengen an Salzwasser in die Weser bzw. in Thüringen in die Werra eingespült werden.

Bei solchen Vor-Ort-Maßnahmen handelt es sich um praktische Ansätze, die dem dienen, was wir in der Umweltpolitik ohnehin zum bestimmenden Maßstab unseres politischen Handels machen müssen. Dabei geht es darum, das Verursacherprinzip anzuwenden. Es kann nicht sein, dass diejenigen, die für die Schäden gar nicht verantwortlich sind, am Ende die Zeche für diejenigen zahlen, die die Gewinne dadurch erzielt haben, dass sie die natürlichen Güter unserer Kinder und Kindeskinder verschmutzt haben. Das werden wir nicht akzeptieren. Darum ist das Verursacherprinzip zugleich ein Beitrag zur Umweltgerechtigkeit.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns den Blick nach vorne richten. Mit diesem Antrag stellen wir auch klar, dass wir weiterhin Vor-Ort-Maßnahmen fordern. Dazu gehört, wie wir in dem Antrag noch einmal formuliert haben, die Etablierung eines Systems, um möglichst viele von den entstehenden Salzabwässern vor Ort technisch einzufangen oder zu vernichten, damit sie gar nicht erst eingelagert werden müssen und schon gar nicht in die Oberflächengewässer gelangen.

Welche Verfahren werden das am Ende sein? Um die richtigen auszuwählen, gibt es sicherlich noch einen guten Wettbewerb. Da gibt es das K-UTEC

Verfahren. Es gibt auch bestimmte Membrantechnologien, die man übrigens auch hier in NordrheinWestfalen beispielsweise an der Fachhochschule Köln erforscht. Da müssen wir schnell Fortschritte machen, damit wir diese Maßnahmen auch vor Ort einsetzen können.

Was wir aber keinesfalls – da komme ich noch einmal auf die Passage von eben zurück – zulassen werden, ist, dass wir einen Bypass, eine Pipeline in die Weser oder Oberweser legen, um die Weser dann doch sozusagen schleichend in einen Abwasserkanal zu verwandeln. Dem werden wir uns entschieden entgegenstellen. Deswegen heißt es in unserem Antrag:

„Jedwede andere Form einer Oberweserpipeline, die den Zielwert für Boffzen von 300 mg Cl/l (90- Perzentil) in Frage stellt,... werden wir verhindern.“

(Beifall von den GRÜNEN)

Das gilt. Das bekräftigen wir hier noch einmal. Das bin ich und das sind wir, liebe Sigrid Beer, unserer ostwestfälischen Heimat schuldig.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deswegen werden wir weiter entschieden an der Seite der Bürgerinitiativen und der Lokalpolitik dafür kämpfen, dass die Weser ein wirklich lebenswerter Fluss wird und dass die Angler dort in Zukunft weiterhin Süßwasserfische fangen können und nicht den Hering herausziehen.

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Der Hering ist ein Schwarmfisch und lebt in offenen Gewässern, nicht in Flüssen!)

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Ver- einzelt Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Markert. – Für die dritte antragstellende Fraktion, die Piraten, spricht Herr Kollege Rohwedder.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir haben uns bereits mehrfach im Plenum und im zuständigen Ausschuss sowie in einer großen Anhörung mit der Salzproblematik in Weser und Werra befassen müssen.

Die Antwort auf meine Frage an die Vertreter der Betreiber in der Anhörung, ob sie sich zukünftig an geltendes Recht halten wollten, fiel ebenso angesäuert wie unbefriedigend aus.

Das steht im schönsten Einklang mit der Schilderung in der Antragsbegründung: Das Unternehmen K+S AG habe im Dezember 2015 beim zuständigen Regierungspräsidium Kassel die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens zum Bau einer Pipeline zur Oberweser beantragt. – Dass wir die nicht wollen, hat Herr Markert eben dargelegt. – Damit verweigere es sich der Kooperation und negiere das Verursacherprinzip, ja, es erwäge sogar eine Klage gegen den Masterplan.

Das zeigt, dass man ihnen allzu lange alles Mögliche hat durchgehen lassen. Die haben sich daran gewöhnt, tun und lassen zu können, was sie wollen, und sind immer noch nicht im dritten Jahrtausend angekommen, zumindest an den Standorten in Deutschland nicht. Anderswo hält der weltweit tätige Konzern sehr wohl strengere Regeln als in Deutschland ein. Es geht also – nur nicht freiwillig.

Ganz besonders gilt dies für andere Standorte in der EU. Überall gilt nämlich die Wasserrahmenrichtlinie; überall muss der gute ökologische Zustand der Gewässer wiederhergestellt werden.

Wir hoffen, dass der Masterplan und die weiteren im Antrag geschilderten Maßnahmen umgesetzt werden und zum Erfolg führen. Wer weiß: Vielleicht kann Bremen dann auch wieder Trinkwasser aus der Weser gewinnen, was aufgrund der von K+S verursachten Versalzung seit den 1960er-Jahren nicht mehr möglich war.

Wenn ein Verursacher von Schäden gegen geltendes Recht verstößt und meint, er könne in alle Ewigkeit so weitermachen, obwohl er die technischen und finanziellen Möglichkeiten zur Abhilfe hat, dann ist das eine echte Unverschämtheit und muss gestoppt werden. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke, Herr Kollege Rohwedder. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Fehring.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorgelegte Antrag zum jetzigen Zeitpunkt ist sehr irritierend und wirft die Frage auf: Bedarf das von Herrn Minister Remmel am 18. März dieses Jahres mit verabschiedete Maßnahmenprogramm für die Flussgebietsgemeinschaft Weser schon nach knapp drei Monaten einer erneuten Beratung und Beschlussfassung? Ist Ihnen jetzt aufgefallen, dass die mit viel Jubel bedachte Einigung auf tönernen Füßen steht?

(Beifall von der CDU)

Der niedersächsische Umweltminister hat schon am 4. April 2016, also nur 14 Tage nach dem gemeinsamen Beschluss der Anrainerländer, der von Hessen

und K+S ins Spiel gebrachten Pipeline- und BypassLösung zulasten der Oberweser eine klare Absage erteilt und damit seine vorherige Zustimmung ad absurdum geführt.

Der verabschiedete Bewirtschaftungsplan Weser fand zwar die Zustimmung der grünen Landesministerinnen und -minister, herbeigeführt von Frau Siegesmund aus Thüringen, nicht aber die Zustimmung der am Fluss lebenden Menschen, noch das Wohlwollen der Umweltverbände.

(Walter Kern [CDU]: So ist es!)

Viele Betroffene haben sich verwundert die Augen gerieben ob der Zustimmung der Grünen zu einem Pakt mit dem Kalihersteller, der vor Fragezeichen nur so strotzt. Herr Markert hat gerade noch darauf hingewiesen.

Nicht ohne Grund haben deshalb die Bewohner an der Oberweser zur Bildung einer Menschenkette im Bereich des geplanten Speicherbeckens und der Einleitung aufgerufen. Alle, die sich dazu bewogen fühlen, können am 18. Juni dort in Gieselwerder mitdemonstrieren.

Während des Kommunalwahlkampfes in Hessen im vergangenen März wurde – welche Verlogenheit der Hessen! – das Raumordnungsverfahren für die Oberweserpipeline, die immer schon Bestandteil der von der hessischen Ministerin mit Kali+Salz verabredeten Gewässerentsorgung ab 2021 war, ausgesetzt. Jetzt wird wieder geplant mit der Maßgabe, dass 2018 die Entscheidung für oder gegen die Oberweserpipeline fallen soll. Nachhaltiges und vorausschauendes Handeln sieht, denke ich, anders aus.

(Beifall von der CDU)

Herr Minister Remmel, hier haben Sie nordrheinwestfälische, hier haben Sie die Interessen der Menschen, die in Ostwestfalen-Lippe an und mit der Weser leben, schlecht vertreten bzw. Ihrer grünen Kollegin in Hessen geopfert.

(Walter Kern [CDU]: So ist das!)

Unsere frühere gemeinsame Linie – das ist auch schon angesprochen worden – haben Sie zudem durch das allzu lange Festhalten an der Nordseepipeline aufgegeben. Noch im Herbst 2014 musste Ihr Staatssekretär Herr Knitsch den Regionalrat in Detmold auf die Nordseepipeline einstimmen, obwohl seitens der Betroffenen am Jadebusen und des Landes Niedersachsen eine heftige und nachvollziehbare Ablehnung geäußert wurde.

(Walter Kern [CDU]: Das ist die Wahrheit!)

Die hessische Landesregierung hatte sich ebenfalls gegen die Abwasserleitung zur Nordsee ausgesprochen.

Durch unsere Gespräche mit Kali+Salz in Kassel, die Teilnahme an der Anhörung im Landtag zu Niedersachsen und auch hier im Haus sowie die zwei Treffen mit Herrn Dr. Marx von der K-UTEC AG haben wir uns sehr ernsthaft mit den Problemen der Kaliproduktionsabwässer beschäftigt.

Ergebnis unserer Überlegungen war schon im Juni 2014 – in den nächsten Tagen ist das zwei Jahre her – der Antrag mit der Nummer 16/6135 mit dem Titel „Rohstoffgewinnung ist sinnvoller als der SalzPipelinebau zur Nordsee“. Im Dezember desselben Jahres gab es dann auch noch einen Entschließungsantrag, bei dem uns die Kollegen der Piraten mit unterstützt haben, unter der Überschrift „Nachhaltiges Konzept zur Vermeidung von Salzeinleitungen in Werra und Weser“. Wir haben deutlich eine technische Lösung gefordert. Herr Markert hat eben eine ganze Reihe von Punkten aufgezählt, die sinnvoll sind. Die kann ich nur unterstützen.

Leider haben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von FDP, SPD und Grünen, damals unseren Antrag nicht unterstützen können oder wollen. Sie haben das Gemeinsame ausgeschlagen.

Der nun von den regierungstragenden Fraktionen und den Piraten vorgelegte Antrag hebt sich – das finde ich durchaus bemerkenswert – endlich vom Zickzackkurs der Landesregierung ab. – Der Minister zieht die Stirn kraus. Er wird sich sicherlich dann gleich dazu äußern.

Sie wollen offensichtlich – damit meine ich die Regierungsfraktionen – die Mängel der bisherigen Vorgehensweise mindern und setzen mit ihren Forderungen an die Landesregierung richtige Akzente. Eine verspätete Einsicht ist allemal besser als keine Einsicht.

(Beifall von der CDU)

Da wir uns eine echte Verbesserung der Wasserqualität in der Weser, verbunden mit einer zusätzlichen Rohstoffrückgewinnung aus den Produktionsabwässern wünschen, werden wir den Antrag nicht ablehnen. Unsere Enthaltung dürfen Sie durchaus als Geste im Hinblick auf das gemeinsame Ziel werten.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Fehring. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Höne das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen! Ich möchte Sie eingangs gerne an den Antrag Drucksache 16/7546 erinnern; das ist der Antrag, den der Kollege Markert eben auch schon einmal angesprochen hatte, nämlich ein gemeinsamer Antrag der koalitionstragenden

Fraktionen und der Freien Demokraten, der auf Ende 2014 datiert. Da haben wir uns gemeinsam für eine nachhaltige Lösung zum Schutz der Umwelt ausgesprochen.