Protokoll der Sitzung vom 09.06.2016

Also müssen wir jetzt um der Redlichkeit willen einen Weg definieren, wie wir aus dieser Mengenlehre ein praktisches kleines Einmaleins für die Bauwirtschaft und für die Menschen, die Wohnraum suchen, machen können.

Herr Minister Groschek, Entschuldigung! Aber das war vielleicht die richtige Stelle, um in Ihre Atempause hineinzugehen. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage bei Herrn Kollegen Schemmer.

(Minister Michael Groschek nickt.)

Herr Minister, Sie haben uns nun ja vorgetragen, dass bereits in 2014 – eigentlich abweichend von den Positionen der Bundesregierung – Konsens darüber bestand – ich sage das einmal so –, von der EnEV 2014, insbesondere aber von der EnEV 2016 abzuweichen. Wenn ich weiter richtig verstanden habe, hätte Sie lediglich das Hören auf die Bundeskanzlerin abgehalten, das auch zu tun. Also sonst hören Sie auch nicht so sehr auf die Bundeskanzlerin. Deswegen kann das nicht so sein.

Also meine Frage lautet: Was hindert Sie – abgesehen vom Koalitionspartner – noch daran, die hier vorgeschlagene unbürokratische Befreiung wie in Hessen auch in Nordrhein-Westfalen vorzunehmen?

Diese Befreiung ist ja eine rein fiktive. Herr Schemmer, ich war ja gerade dabei, zu erklären, vor welchem Hintergrund wir uns jetzt redlich miteinander bewegen sollten.

Sie haben ja jetzt noch einmal die vorletzte Länderbauministerkonferenz zitiert. Da haben wir die Schlacht geschlagen. Wir haben dann anstelle des Moratoriums – was aus Sicht des Bundes völlig er

folglos war – erreicht, für diesen Sommer eine Sonderbauministerkonferenz einzuberufen und eine neue Weichenstellung bei der Energieeinsparverordnung vorzunehmen. Das war die Zusage der Bundesbau- und Umweltministerin. Das ist die Zusage, die der Bundeswirtschaftsminister den Bauministern – jedenfalls den schreibenden – aufgegeben hat. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir in diesem Jahr eine grundlegend andere Systematik als die vornehmen können, die jetzt herrscht.

Grundlegend anders muss auch die Betrachtung der Einzelimmobilie werden. Des Weiteren geht es um die Abschaffung des „Prinzips Thermoskanne“. Auch muss die baukulturell-architektonische Perspektive einer fensterlosen Festung – um des Prinzips des Bauens und des Klimaschutzes willen – grundsätzlich anders werden. Es gibt intelligentere Konzepte. Der Kollege Hausmann, die Kollegin Philipp und der Kollege Klocke haben solche ja angesprochen.

In der Tat wäre es gewinnbringender für Umwelt, Mieterinnen und Mieter sowie für das Erreichen der Klimaschutzziele, wenn wir uns stärker dem Bestand zuwenden würden. Das machen wir in NordrheinWestfalen ganz praktisch. Warum? – Weil wir im Ruhrgebiet mit der Wohnungswirtschaft jetzt initiativ sechs Klimaquartiere umbauen: Bestandsquartiere. Wir machen das, weil wir zusammen mit dem Initiativkreis Ruhr – also der Ruhrgebietswirtschaft – und InnovationCity Bottrop das gute Know-how von InnovationCity Bottrop quer durchs Ruhrgebiet ausrollen werden. An 20 Standorten werden Klimaquartiere entwickelt. Das sind Hinweise, wie statt EnEV-Systematik nachhaltiger Klimaschutz Bauwirklichkeit werden kann.

Sie können mich an Reden, die ich bei Verbänden halte, politisch immer messen, weil ich zu den Zielen, die ich formuliere, auch im Alltag stehe. Die Verbände der Wohnungswirtschaft haben beispielsweise auf der Immobilienmesse in München darauf hingewiesen, dass es Nordrhein-Westfalen zu danken sei, dass es endlich Licht am Ende des EnEVTunnels gebe. Diesen Dank teile ich gerne mit Frau Stapelfeldt, Herrn Hermann und Herrn Dulig aus Sachsen, weil wir vier zusammen – stellvertretend für die Bauministerkonferenz der Länder – es übernommen haben, praktische Erfolge in die Tat umzusetzen. Wir wollen uns nicht im Resolutionieren erschöpfen. Es wäre schön, wenn wir Menschen der Tat – und nicht der Resolutionen – bleiben würden.

Herr Minister Groschek, es gibt noch einmal den Wunsch nach einer Zwischenfrage, diesmal bei Herrn Kollegen Klocke.

Bitte.

Danke, Frau Präsidentin. Danke, Herr Minister. – Ich will die Diskussion nicht unnötig in die Länge ziehen.

(Heiterkeit bei den Fraktionen – Zuruf: Das ge- lingt jetzt!)

Nein, ich habe mich ja eben – im Gegensatz zu anderen – an die Redezeit gehalten.

Ich habe eine rechtliche Frage, um das Ganze, was wir hier seit nahezu einer Dreiviertelstunde veranstalten, ein bisschen aufzuhellen. Ist Ihnen bekannt, ob das, was CDU und FDP in ihrem Antrag beantragen – nämlich eine Umwandlung von Ausnahmen dieser Rechtsverordnung des Bundes –, auf Länderebene durchzusetzen ist? Denn Kollege Schemmer hat uns in seiner Inbrunst eben mitgeteilt, dass es allein an den Grünen scheitern würde, obwohl ja die CDU/CSU Hauptkoalitionspartner in Berlin ist und in der Bundesregierung wahrscheinlich alles durchsetzen könnte, was sie uns, den Grünen, unterzuschieben versuchen.

Meine Frage ist also: Ist es rechtlich auf Länderebene möglich, das zu machen, was CDU und FDP hier beantragen, also eine Aussetzung der EnEV auf Länderebene?

Herr Kollege Klocke, das würde nach meinem Verständnis mindestens eine Freistaatlichkeit, wenn nicht eine Nationalisierung des Status des Bundeslandes NRW voraussetzen. Man könnte darüber reden, wenn man die Benachteiligungen vielerorts sieht. Das ist aber im Moment nicht Thema, und deshalb will ich auch nicht abschweifen und über dieses Thema sprechen. Ich könnte!

(Beifall von der SPD – Heiterkeit von den Frak- tionen)

Vielen Dank, Herr Minister Groschek. – Ich würde die Aussprache an dieser Stelle gerne schließen.

(Zurufe: Oh!)

Ja, ich will aber der guten Ordnung halber darauf hinweisen, dass die Piraten, die SPD und Bündnis 90/Die Grünen aus der ersten Redezeitüberziehung von Herrn Minister Groschek noch 2:46 Minuten Redezeit haben. Alle fünf im Haus vertretenen Fraktionen könnten wegen der der zweiten Redezeitüberziehung von Herrn Minister Groschek nochmals zusätzlich 2:33 Minuten in Anspruch nehmen. Möchte noch jemand reden? – Nein.

Dann schließe ich an dieser Stelle die Aussprache, und wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellen

den Fraktionen von CDU und SPD haben direkte Abstimmung beantragt. Die führen wir jetzt durch, und zwar über den Inhalt des Antrages Drucksache 16/12114, über den debattiert wurde. Wer möchte diesem Antrag seine Zustimmung geben? – Das sind CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Piraten. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 16/12114 abgelehnt.

Dann schließe ich nach dieser überaus munteren Debatte den Tagesordnungspunkt 11 und rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf, der vormals Tagesordnungspunkt 13 war:

12 Landesregierung muss dem Gesetz zur Ein

stufung der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten im Bundesrat zustimmen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/12125

Die Aussprache wird eröffnet. Dann hat jetzt der Kollege Kuper das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die CDU spricht sich mit diesem Antrag sehr ausdrücklich für die Einstufung der Maghrebstaaten zu sicheren Herkunftsländern aus. Meine Damen und Herren, es ist ein Baustein von vielen, zum Beispiel neben dem Personalaufbau im BAMF, dem Asylpaket I und II, dem Datenaustauschverbesserungsgesetz, dem Umbau im BAMF zu einem integrierten Flüchtlingsmanagement, dem Integrationsgesetz, EUMaßnahmen und all den anderen Dingen, die zu einer Verfahrensbeschleunigung und zu einer beschleunigten Rückführung beitragen können.

Aber die Frage hier und heute ist nun: Wie geht NRW mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung um? Wie verhalten Sie sich? Da erwarten wir ganz klar Ihre Zustimmung.

Da ich davon ausgehe, dass Sie den sehr wohlformulierten Antrag in allen Einzelheiten gut gelesen haben, brauche ich diesbezüglich auch nicht näher darauf einzugehen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Wo ist der wohlformu- lierte Antrag?)

Aber ich möchte meinen Wortbeitrag hier mit Erlaubnis der Präsidentin mit einem Zitat aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ von heute beenden, wo es nämlich im Kommentar von Herrn Altenbockum heißt:

„Es hilft im Streit über das Asylrecht leider gar nicht, die Grünen mit dem Hinweis auf die Wirklichkeit überzeugen zu wollen. Bevor Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden, sieht die so aus: Nur einem winzigen Teil der Antragsteller aus diesen Staaten wird Asyl zugesprochen; die Verfahren sind aber so lang, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass auch die Bewerber bleiben, die keinen Anspruch darauf haben. So ist es im Fall der Maghrebstaaten.

Was läge näher, die Verfahren zu verkürzen, die Möglichkeiten der Rückführung zu verbessern, aber jenem winzigen Teil die Aussicht auf Anerkennung nicht zu rauben? Denn auch wer aus einem sicheren Herkunftsland kommt, kann „sein“ Recht auf Asyl durchsetzen. Das alles ist mit bürokratischer Hilfe verbunden, ihr darf aber ein Staat nicht ausweichen, der einen weltweiten Sog auf Flüchtlinge aller Art entwickelt. Die Grünen verfolgen das Gegenteil. Sie unterstützen den Sog, wollen keine Härte und wundern sich, dass die Legitimität des Asylrechts leidet. Die dürfen andere schützen – unter Buh-Rufen entrückter Grüner.“

Meine Damen und Herren, mehr braucht man dazu nicht zu sagen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kuper. – Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Körfges jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss sagen, ich bin einigermaßen überrascht.

(Zuruf von André Kuper [CDU])

Der Antrag als solcher ist ja sehr vorhersehbar gewesen, wenig originell, nicht überraschend und geleitet unter einem gewissen Tunnelblick, den einige Kolleginnen und Kollegen aus den Oppositionsfraktionen dieser Seite haben, wenn es um die Rückführung von Menschen und deren Beschleunigung geht.

(Zuruf von Michele Marsching [PIRATEN])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist sehr originell gewesen, dass Sie uns von Ihren eigenen Gedanken abgelenkt haben, indem Sie hier ein breites Zitat vorgetragen haben. Auf der anderen Seite kann ich nur sagen: Das, was Sie hier versuchen, ist durchschaubar, oppositionsmäßig in Ordnung. Sie wollen den einen Teil der regierungstragenden Koalitionspartner gegen den anderen Teil ausspielen. Das wird Ihnen nicht gelingen. Ich darf Ihnen das Ergebnis verraten. Wir werden Ihren Antrag ablehnen. Und womit? – Mit Recht.

(Beifall von der SPD – Michele Marsching [PIRATEN]: Mit Recht! Jawohl!)

Ich darf sagen, dass ich in der Tat weniger Probleme – das heißt nicht, überhaupt keine – mit der Einstufung zu sicheren Herkunftsländern habe, als das Kolleginnen und Kollegen des Koalitionspartners haben. Gebe ich hier offen zu. Nur wer so tut, als würde damit dann ein Universalwerkzeug zur schnellen Bearbeitung von Asylverfahren oder gar zur Rückführung gewonnen worden sein, der führt ganz bewusst die Menschen in unserem Land hinter die Fichte.

(Beifall von der SPD – Zuruf von André Kuper [CDU])

Ich will nur das, was der Bundesrat dem Bundestag in der Frage vorgelegt hat, nachdem es da zu Mehrheitsbefassung gekommen ist, in einigen Punkten aufrufen.

Erstens. Wie entlastet man Kommunen am besten? – Indem man endlich damit beginnt – ich sehe erste Ansätze –, zügige Verfahren, wo die Leute schnell einen Antrag stellen können, der dann auch zügig und ordentlich behandelt wird, durchzuziehen.

Zweitens. Diese absolute Sicherheit – ein bisschen Gesetzeskenntnis hilft immer bei der Rechtsfindung, wenn man das Gesetz anschaut –, dass eine Einstufung als sicheres Herkunftsland tatsächlich gesetzeskonform ist, gibt nicht nur die Frage her, wie viele Asylverfahren erfolgreich waren. Man muss sich mit der realen Situation in diesen Ländern dann leider noch einmal intensiv auseinandersetzen. Da hat der Bundesrat eine Reihe von interessanten Fragen gestellt, die leider nicht zutreffend oder überhaupt nicht richtig beantwortet worden sind.