Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

Das ist eigentlich schade, denn ich würde den Kollegen Nettelstroth gerne noch fragen, wie er denn glaubt, sich vor einer Wahl zusammenschließen zu können, wie er es gestern vorgeschlagen hat: Dann schließen Sie sich doch einfach mit anderen Parteien zusammen, dann kommen Sie über die Hürde! – Meine Damen und Herren, die einzigen, die es schaffen, sich zusammenzuschließen, um über die Hürde zu kommen, kommen vom rechten Rand. Und das sind genau die, die wir nicht haben wollen.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Kollege Marsching, jetzt sind die fünf Minuten rum.

Ich sehe, dass meine Redezeit zu Ende ist. Das ist sehr schade, denn jede Sekunde, die ich hier reden konnte, um dieses Gesetz vielleicht noch zu verhindern, haben mir persönlich gut getan. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Marsching. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.

Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diesen Gesetzentwurf in zwei großen Runden sehr intensiv erörtert. Er hat im Parlament viel Zuspruch gefunden. Ich glaube, dass die den Gesetzentwurf tragenden Fraktionen sehr verantwortungsbewusst auch mit

der verfassungsrechtlichen Situation in Bezug auf Sperrklauseln umgegangen sind.

Ich finde, man sollte den Expertinnen und Experten aus der Anhörung danken, die viele Anregungen für diesen Gesetzentwurf in die Diskussion eingebracht haben. 17 Jahre nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichtes glaube ich, dass mit dieser 2,5-%Sperrklausel eine moderate und verfassungskonforme Regel gefunden worden ist. Ich glaube, das Parlament kann diesem Gesetzentwurf heute mit gutem Gewissen zustimmen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – An dieser Stelle schließe ich jetzt die Aussprache zur dritten Lesung des Gesetzentwurfs.

Wir kommen zur Abstimmung. Noch einmal zur Erläuterung: Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf Drucksache 16/9795 in der Fassung nach der zweiten Lesung. Und da das Beratungsverfahren hiermit abgeschlossen wird, handelt es sich demzufolge um eine Schlussabstimmung gemäß § 76 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung.

Ich weise noch einmal darauf hin, dass nach Art. 69 Abs. 2 unserer Landesverfassung für eine Verfassungsänderung die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der gesetzlichen Mitglieder des Landtages – das heißt von mindestens 158 Abgeordneten – erforderlich ist. Dazu führen wir jetzt gemäß § 44 unserer Geschäftsordnung auf Antrag der Fraktion der Piraten eine namentliche Abstimmung durch.

Die Regeln der namentlichen Abstimmung kennen Sie, aber ich will sie der guten Ordnung halber noch einmal vortragen: Nach Abs. 2 des § 44 erfolgt die namentliche Abstimmung durch Aufruf der Namen der Abgeordneten. Die Abstimmenden haben bei Namensaufruf mit „Ja“ oder „Nein“ zu antworten oder zu erklären, dass sie sich der Stimme enthalten.

Den Namensaufruf wird gleich Frau Kollegin KoppHerr vornehmen. Ich bitte ganz herzlich darum, den beiden Schriftführern die Arbeit dadurch zu erleichtern, dass Sie erstens laut reden und zweitens der Geräuschpegel im Haus so niedrig bleibt, dass man Sie auch gut verstehen kann.

Damit, Frau Kopp-Herr, können Sie mit dem Namensaufruf beginnen.

(Der Namensaufruf erfolgt. [Abstimmungsliste siehe Anlage])

Bevor ich frage, ob zwischenzeitlich noch Kolleginnen und Kollegen in den Raum gekommen sind, Frau Kopp-Herr, schauen Sie doch noch einmal auf die Seite mit D, weil ich den Hinweis bekommen habe, dass zumindest Frau Düker eben übersehen worden ist.

(Schriftführerin Regina Kopp-Herr: Bei mir stand Frau Düker als entschuldigt; es tut mir leid! – Sigrid Beer [GRÜNE]: Ab 13 Uhr!)

Frau Düker hat mit Ja gestimmt.

Zwischenzeitlich sind in den Saal gekommen: Frau Kollegin Asch, Herr Kollege Bombis. Das sind die beiden, die ich gesehen habe.

Haben noch weitere Kolleginnen oder Kollegen den Saal während der Abstimmung betreten? Schauen Sie noch einmal rechts und links Ihren Nachbarn an, und vergewissern Sie sich. – Wenn jetzt alle Kolleginnen und Kollegen ihre Stimme in der namentlichen Abstimmung abgegeben haben, dann schließe ich die namentliche Abstimmung.

Ich bitte die Schriftführer, die Auszählung vorzunehmen. Da das erfahrungsgemäß schnell geht, liebe Kolleginnen und Kollegen, bleiben Sie einfach im Raum.

(Die Auszählung erfolgt.)

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben gesehen: Die Schriftführerinnen und der Schriftführer sind wieder hereingekommen. Demzufolge haben wir jetzt ein Abstimmungsergebnis, das ich Ihnen verkünden möchte.

An der namentlichen Abstimmung beteiligt und damit ihre Stimme abgegeben haben sich 211 Abgeordnete. Mit Ja haben gestimmt 180 Abgeordnete. Mit Nein haben gestimmt 15 Abgeordnete. 16 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Damit – Sie erinnern sich, dass für eine Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl des Landtags erforderlich ist, also die Zustimmung von 158 Abgeordneten – wurde mit den 180 Jastimmen das notwendige Quorum erreicht.

(Beifall von der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Im Einvernehmen mit den Schriftführern stelle ich jetzt gemäß § 46 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung ausdrücklich fest, dass die Zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl des Landtags erreicht und damit der Gesetzentwurf Drucksache 16/9795 in dritter Lesung angenommen wurde. Damit ist das Gesetz verabschiedet. Somit wurden die Landesverfassung und das Kommunalwahlgesetz geändert.

Ich rufe auf:

2 Impfen schützt – Strategien zur Verbesserung

des Impfschutzes in NRW

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/12111

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat Frau Kollegin Schneider für die FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Immer wieder berichten die Medien von Todesfällen aufgrund fehlender Impfungen. Das darf in einem hochentwickelten Industrieland wie unserem nicht passieren.

Denn objektiv betrachtet ist die Schutzimpfung eine der wirksamsten vorbeugenden Gesundheitsmaßnahmen. Wer aus ideologischen Gründen Impfungen ablehnt, ist ein Impfschmarotzer, denn er spekuliert auf den Impfschutz seiner Mitmenschen.

Eine Verbesserung des Impfschutzes sowie eine Erhöhung der Impfraten sollten daher auch ein vorrangiges Ziel der Gesundheitspolitik darstellen. Das haben auch viele Akteure erkannt. So sind auf Bundesebene durch das Präventionsgesetz zum Beispiel Nachweise über eine Impfberatung bei Aufnahme in die Kita, der Ausschluss ungeimpfter Kinder beim Auftreten von Masernausbrüchen oder Bonusleistungen der Krankenkassen eingeführt worden.

Auf Ebene der Länder hat die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern die „Nationale Lenkungsgruppe Impfen“ gegründet.

(Widerspruch von Ministerin Barbara Steffens)

Da wird gehandelt. Aber was hört man von unserer Gesundheitsministerin? – Praktisch nichts.

(Ministerin Barbara Steffens: Sie können ja mal fragen!)

Dabei ist der Handlungsbedarf immer noch groß. Dies zeigt unter anderem der internationale Vergleich hinsichtlich der Eliminierung von Masern und Röteln. So hat die RVC – das ist die Verifizierungskommission der Europäischen Region für die Eliminierung der Masern und Röteln in der WHO – festgestellt, dass es zwar in 32 Ländern gelungen sei, die Übertragung von Masern und Röteln zu unterbrechen. Das ist mehr als die Hälfte der Länder der europäischen Region der Weltgesundheitsorganisation. In Deutschland allerdings kommen beide Infektionskrankheiten weiter endemisch vor.

Dies zeigt unter anderem der massive Masernausbruch vor einem Jahr in Berlin mit einem Todesfall oder bei uns in NRW der Ausbruch 2013 im RheinErft-Kreis. Im letzten Jahr gab es mit 2.580 festgestellten Masernfällen den höchsten Stand seit über zehn Jahren. Gerade vor einer Woche erschienen wieder Meldungen über einen neuen Ausbruch in den letzten Wochen.

(Ministerin Barbara Steffens: Aber nicht hier!)

Die Ursache für diese Entwicklung liegt darin, dass immer noch viel zu wenige Menschen geimpft sind.

Für eine Eliminierung von Masern wird eine Durchimpfungsquote von über 95 % vorausgesetzt, um diese Übertragungswege unterbrechen zu können.

Nach der Analyse aller kassenärztlichen Vereinigungen wurden 2014 in Nordrhein-Westfalen zu diesem Zeitpunkt bei der ersten Dosis nur eine Impfquote von 89 % und bei der zweiten Dosis sogar nur eine Impfquote von 77 % erreicht. Selbst bei der Einschulung werden die geforderten 95 % noch knapp verfehlt.

Es werden also nicht nur zu wenige Kinder geimpft, sondern es wird häufig auch viel zu spät geimpft.

Noch schlechter als bei den Kindern sieht es bei Jugendlichen und Erwachsenen aus. Sie werden von Impfaktionen nicht mehr erreicht. Es bestehen große Impflücken aufgrund fehlender Auffrischungen des Impfstatus. So sind zum Beispiel fast 30 % aller Erwachsenen ohne aktuellen Impfschutz gegen Tetanus und über 40 % ohne aktuellen Schutz gegen Diphterie. Nach einer aktuellen Insa-Umfrage überprüfen nur 43 % der Deutschen regelmäßig ihren Impfstatus.

Diese Zahlen sollten uns zum Handeln aufrufen. Wir brauchen mehr Aufklärung, um die Eigenverantwortung der Menschen zu fördern, um Wissenslücken zu schließen, um Misstrauen gegenüber Impfungen zu reduzieren und um die Motivation fürs Impfen zu steigern.

(Beifall von der FDP)

Wir sollten dabei die Ärzteschaft einbeziehen, aber auch die Krankenkassen mitnehmen, die an Impftermine erinnern könnten. Wir brauchen auch mehr valide Daten zum erreichten Impfschutz der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen. Dazu sollten wir landesweite Impfziele festlegen und diese regelmäßig überprüfen.