Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

Wir sollten dabei die Ärzteschaft einbeziehen, aber auch die Krankenkassen mitnehmen, die an Impftermine erinnern könnten. Wir brauchen auch mehr valide Daten zum erreichten Impfschutz der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen. Dazu sollten wir landesweite Impfziele festlegen und diese regelmäßig überprüfen.

Doch was macht unser Gesundheitsministerium? – Das niedrigschwellige und aufsuchende Angebot über das Impfmobil wurde 2013 eingestellt.

(Ministerin Barbara Steffens: Das wurde ja nicht genutzt!)

In der Antwort zu meiner Kleinen Anfrage stellten Sie den Impftag und den Impf-Parcours-Koffer als zentrale Maßnahmen dar. Diese wurden 2005 bzw. 2008 eingeführt. Bekanntlich stellten in den Jahren CDU und FDP die Landesregierung. Letztlich ist das eine Sammlung von Selbstverständlichkeiten und seit Jahren laufenden Maßnahmen. Von eigenen positiven Akzenten ist keine Spur zu finden.

Ein besonderes Trauerspiel ist das Zusammenwirken von öffentlichem Gesundheitsdienst und Krankenkassen im Hinblick auf eine vereinfachte Erstattung von Sachkosten bei aufsuchenden Impfaktionen. Dazu sollte eine entsprechende Rahmenverein

barung abgeschlossen werden. Wir haben das bereits 2013 gefordert. Anfang letzten Jahres sind aber die Verhandlungen gescheitert.

Eine weitere Klarstellung zur Streitfrage der Einzelabrechnungen erfolgte dann durch das im Juni 2015 verabschiedete Präventionsgesetz. Aber erst jetzt erwägt das Ministerium, doch noch einmal zu einer Neuaufnahme der Verhandlungen einzuladen. Das ist einfach zu wenig. Da sollten Sie die Verhandlungen viel aktiver moderieren.

Mit unserem Antrag wollen wir die Landesregierung antreiben, damit wir mit den guten Impfstoffen, die in diesem Land zur Verfügung stehen, einen besseren Impfschutz erreichen. Denn mit Globuli kommen wir hier nicht weiter. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der FDP und den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schneider. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Lück.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Antrag bringt die FDPFraktion zum wiederholten Mal ein wichtiges gesundheitspolitisches Thema in die parlamentarische Beratung ein. Viele Krankheiten kommen aufgrund umfangreicher Impfprogramme in Deutschland glücklicherweise nur noch selten vor. Daher gewinnen aber manche Menschen den Eindruck, eine Impfung sei überflüssig.

Aber was würde passieren, wenn man sich zum Beispiel auf Reisen eine Infektionskrankheit einfängt und eine Kinderlähmung die Folge ist? Diese Erkrankungen kommen in Afrika und Asien zum Teil noch vor. So könnten sie wieder nach Deutschland gelangen. Wenn hier viele Menschen ohne Impfschutz wären, könnte sich die Krankheit auch hier wieder ausbreiten. Infektionskrankheiten sind so mobil wie die Menschen, die sie verbreiten können.

Deshalb ist es wichtig, dass auch in Deutschland weiter gegen diese Krankheiten geimpft wird. Die Impfung bietet den besten verfügbaren Schutz.

Fast alle Eltern in Deutschland entscheiden sich heutzutage, ihr Kind impfen zu lassen. Dies zeigen auch die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen. Rund 95 % der Erstklässler haben die wesentlichen Grundimpfungen erhalten. Allerdings lassen noch zu wenige Eltern ihren Kindern die zweite Impfung beispielsweise gegen Masern, Mumps und Röteln geben. Daher ist es, um einen sicheren Impfschutz zu erreichen, nötig, diese noch einmal zu informieren und aufzufordern.

Bereits vor ungefähr zwei Jahren haben wir uns hier ausgiebig mit dem Antrag der FDP mit dem Titel „Masernerkrankungen verhindern, Aufklärung und Impfschutz für alle Generationen verbessern!“ beschäftigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns in der Ausschussarbeit, aber auch in einer Expertenanhörung damit befasst und können deshalb auch heute noch einmal deutlich machen, was in NordrheinWestfalen bereits unternommen wird, um die Impfbereitschaft zu steigern.

Es gibt Maßnahmen zur Erhöhung der Impfraten. Zum einen geschieht dies durch die Förderung der Aufmerksamkeit für das Impfen unter den Ärztinnen und Ärzten durch den bereits etablierten Impftag in Nordrhein-Westfalen, der als eine Fachtagung im öffentlichen Gesundheitsdienst durchgeführt wird.

Ferner finden sich Beiträge des Landeszentrums Gesundheit in den Ärzteblättern und erfolgt die Einbindung von Impfthemen in den Schulunterricht mit der Bereitstellung der entsprechenden Unterrichtsmaterialien.

Frau Schneider, Sie stellen das hier immer so ein bisschen als lächerlich hin. Aber ich denke, das ist eine gute Maßnahme, gerade den Schülerinnen und Schülern in der achten Jahrgangsstufe noch einmal deutlich zu machen, welche Notwendigkeit für Impfungen weiterhin besteht.

Es gibt den erleichterten Zugang zu Impfungen für besondere Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel die Impfangebote für Flüchtlinge und Asylsuchende, die ja durch unser Gesundheitsministerium im vergangenen Jahr eingeführt worden sind, die Auffrischungskurse „Impfen“ für Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern in Nordrhein-Westfalen und natürlich die Erfassung von Impfquoten im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen gemäß Infektionsschutzgesetz.

Viele Hausärzte beteiligen sich auch an dem bundesweit zurzeit laufenden Projekt „Deutschland sucht den Impfpass“. Viele Hausärzte sprechen ihre Patientinnen und Patienten an, um auch diesen noch einmal aufzuzeigen, wie wichtig ein ausreichender Impfschutz ist.

Auf der Bundesebene haben wir mit dem neuen Präventionsgesetz zusätzliche Maßnahmen bekommen, um das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Bedeutung der eigenen Gesundheit und in diesem Zusammenhang den Impfschutz zu stärken.

Der Überweisung in den Fachausschuss stimmen wir selbstverständlich zu. Wir wollen uns da intensiv damit befassen, wie wir den Impfschutz der Menschen in Nordrhein-Westfalen verbessern können. Ob es allerdings die Maßnahmen sind, die die FDP in ihrem Antrag heute fordert, müssen wir sicherlich

noch erörtern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Lück. – Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Birkhahn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kollegen und Kolleginnen! Meine Herren, meine Damen! Der Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefährdungen ist eine der vornehmsten und wichtigsten Aufgaben staatlicher Gesundheitspolitik. Und dazu gehört auch in ganz entscheidender Weise die Eliminierung von Infektionskrankheiten.

Die Vorrednerinnen haben sehr deutlich gemacht, in welchen Bereichen man aktiv ist, wie dringend das Impfen ist. Aber ich möchte an einer bestimmten Stelle noch einmal nachfassen, um deutlich zu machen, wie wichtig dieses Thema Impfen ist, weil es uns alle angeht und uns alle betrifft.

Nehmen wir das Beispiel der Masern, dieser schrecklichen Infektionskrankheit, die hoch ansteckend ist, Komplikationen hat und auch tödlichen Ausgang zeitigen kann. Das muss man ganz klar sehen. Das ist keine Kinderkrankheit, sondern etwas, was uns stark beschäftigt.

Wir können natürlich sagen: Wir haben ja eine gute Impfquote. Wir haben eine Durchimpfungsquote von 94,9 %. Das ist doch schon recht gut. – Aber wir müssen der Redlichkeit halber auch sagen: Immer wieder erleben wir den Ausbruch von Masernepidemien in einem begrenzten Raum. Deswegen muss man ganz klar feststellen: Die bereits erreichte Quote ist nicht ausreichend. Das Risiko bleibt.

Die Impfpraxis in unserem Land muss verbessert werden. Da hilft wirklich nur Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung. Das ist nichts, was einmal geschieht, sondern etwas, an dem man dranbleiben muss. Frau Lück hat auf die guten Ansätze hingewiesen, aber wir müssen kontinuierlich weiter am Ball bleiben.

Und bei dieser Aufklärung müssen wir uns auch den Diskussionen und Fragen stellen, die da lauten: Ist Impfen sinnvoll? Ist Impfen gefährlich? Wir müssen das Misstrauen auflösen, das immer noch in vielen Kreisen vorhanden ist. Und wir müssen die Wirksamkeit wirklich explizit herausstellen.

Wir müssen auch bei manchen vorhandene Fehlinformationen relativieren, dass kleine Kinder doch gar nicht geimpft zu werden bräuchten, dass sie noch diesen sogenannten Nestschutz hätten. Da muss man differenziert deutlich machen, dass das für ein bestimmtes Alter, für eine bestimmte Art von Krankheiten gilt, aber dass das kein genereller Schutz ist.

Das Ziel unserer Aufklärung, denke ich, ist in mehrfacher Hinsicht festzumachen, nämlich darin, zum einen die Impfraten zu erhöhen, aber auf der anderen Seite auch deutlich zu machen, dass die Eigenverantwortung das entscheidende Moment ist. Es kann nicht sein, eine Impfpflicht zu fordern, sondern das Individuum, der Einzelne, die Einzelne muss erkennen: Das ist meine Verantwortung, und ich setze mich entsprechend ein.

(Beifall von der CDU)

Die zweite Schwachstelle, um die es geht, sind die Impflücken. Sie gilt es zu vermeiden. Einmal geimpft heißt noch lange nicht, dass es einen lebenslangen Schutz gibt, sondern man muss auf die Auffrischungsimpfungen achten. Da ist ganz deutlich, dass wir ein System schaffen müssen, das die Vergesslichkeit der Menschen auslöschen kann und wirklich dazu führt, dass man an diese Termine denkt.

Von daher kann der Anschluss an die Arbeit der Lenkungsgruppe sehr hilfreich sein, damit die einzelnen Aspekte – die Kooperation, die Aufklärung, das Warmhalten des Themas, das Arbeiten mit dem Thema – wirklich gut bearbeitet werden können.

Meine Herren, meine Damen, Impfen ist keine Privatangelegenheit. Wir müssen das Bewusstsein in der Gesellschaft schärfen, dass wir eine Verantwortung für den Schutz der uns Anvertrauten, für unsere Kinder, für die Menschen, die mit uns leben, haben. Wir müssen das Bewusstsein dafür schärfen, dass wir auch für den Schutz der Gesellschaft verantwortlich sind.

Mir ist einmal ein schönes Beispiel erzählt worden, was Impfen eigentlich bedeutet. Dann nämlich gilt das Motto: Wenn ich geimpft bin, habe ich einen Schutzschirm, den ich aufspannen kann. Wenn jeder Geimpfte seinen Schutzschirm mit sich trägt, dann können wir auch die schützen, die aus gesundheitlichen Gründen oder aus Unverträglichkeitsgründen nicht geimpft werden können. Die können wir durch den gesamten Schutz, durch unsere Schirmchen, schützen. Wenn wir allerdings keine Schirme haben, weil wir der Meinung sind, impfen lohne nicht und deshalb lasse man es sein, dann gefährden wir unsere Nachbarn, dann gefährden wir die Menschen, die mit uns leben. Deswegen ist es wichtig, dass das Bewusstsein wächst: Impfen kann schützen.

Wir haben Maßnahmen im Land, die angewandt werden und die auch wirksam sind. Aber es ist nicht die Zeit, sich zurückzulehnen und zu sagen „das ist genug“, sondern die Intensivierung der Maßnahmen ist angezeigt.

Die erneute Diskussion im Ausschuss wird die Notwendigkeit dieser Auseinandersetzung deutlich machen. Ich denke, das wird eine sehr fachbezogene

und hoffentlich auch ergebnisorientierte Diskussion. – Heute danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und Dietmar Brockes [FDP] Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Birkhahn. – Für die Fraktion Die Grü- nen spricht Herr Ünal. Arif Ünal (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Impfschutz haben wir im Landtag bereits mehrfach beraten. Wie schon bei den letzten Beratungen können wir auch heute feststellen, dass NRW bei der Erreichung der Impfquote zu den führenden Bundesländern gehört.

Nach den Zahlen des Robert Koch-Instituts können wir sagen: Bei einer Durchimpfungsquote von 97,8 % bei den ersten Impfungen und 94,6 % bei der zweiten Masernimpfung könnte diese Quote nach unseren Beratungen sogar noch um einen halben Prozentpunkt erhöht werden. Das heißt: Seit 2013 haben wir die Durchimpfungsquote erhöhen können.

Die von der Weltgesundheitsorganisation zur Elimination, also dem weitgehenden Verschwinden der Masern genannte Durchimpfungsquote von 95 % ist fast erreicht. Damit liegen wir im Vergleich der Bundesländer ziemlich an der Spitze. Durchschnittlich liegt die Quote in den westdeutschen Bundesländern bei 92,6 % und in den neuen Bundesländern bei 93,8 %. So gesehen liegen wir bei den alten Bundesländern an der Spitze. Das heißt, unsere Maßnahmen in NRW zeigen schon Wirkung.

Trotz dieser erfreulichen Entwicklungen müssen wir natürlich davon ausgehen, dass nicht alle Bevölkerungsgruppen durchgängig einen umfassenden Impfschutz aufweisen. Deshalb existiert in NRW seit mehreren Jahren eine Reihe von Projekten zur Erhöhung der Durchimpfungsrate. Beispiele finden sich in erster Linie bei der Primär- und der Sekundärprävention.

Zu den Maßnahmen zählen unter anderem Fachtagungen in öffentlichen Gesundheitsdiensten oder Schulungen der Ärztinnen und Ärzte seitens der Kassenärztlichen Vereinigungen. Hier ist man sehr aktiv. Ein weiteres Ziel ist es, den Impfschutz in den Schulen zu einem Thema zu machen. Das alles sind wirksame Maßnahmen, die wir bereits erfolgreich durchführen.

Zudem müssen die Akteure sicher auch ein bisschen angeschoben werden. Das hat die Landesregierung 2013 getan, indem nämlich eine Diskussion mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Krankenkassen über Rahmenvereinbarungen begonnen wurde.

Ich muss ehrlich zugeben, dass bis heute noch kein Ergebnis vorliegt, aber dafür sind letztlich die kommunalen Spitzenverbände und die Krankenkassen verantwortlich. Ein solches Ergebnis kann nicht die Landesregierung oder das Parlament vorschreiben. Jedoch müssen wir den Beteiligten deutlich machen, dass wir eine solche Rahmenvereinbarung zum Impfschutz in NRW brauchen und dass sie auf ein Ergebnis hinwirken mögen.

Zur Durchsetzung des Impfschutzes wurden im Nationalen Impfplan 2012 Ziele formuliert. Die Akteure der Nationalen Impfkonferenz überprüfen, ob diese Ziele in Deutschland eingehalten werden. Ich glaube, dass mit der im Mai 2016 gegründeten „Nationalen Lenkungsgruppe Impfen“ ein guter Ansprechpartner und ein wichtiges Koordinierungsgremium zur Verfügung steht. Das ist eine richtige Maßnahme, um auf Bundesebene sämtliche Maßnahmen koordinieren und vernetzen zu können und daraus wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen.

Nordrhein-Westfalen beteiligt sich sowohl finanziell als auch ideell an den bundesweiten Aktivitäten, vor allem bei der Mitfinanzierung der Geschäftsstelle der Nationalen Impfkonferenz. Diese ist zwar im bayerischen Gesundheitsministerium eingegliedert; aber NRW beteiligt sich nach dem Königsteiner Schlüssel finanziell an dieser bundesweiten Initiative.