Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

Nordrhein-Westfalen beteiligt sich sowohl finanziell als auch ideell an den bundesweiten Aktivitäten, vor allem bei der Mitfinanzierung der Geschäftsstelle der Nationalen Impfkonferenz. Diese ist zwar im bayerischen Gesundheitsministerium eingegliedert; aber NRW beteiligt sich nach dem Königsteiner Schlüssel finanziell an dieser bundesweiten Initiative.

Vieles ist schon auf den Weg gebracht, einiges ist noch zu tun. Darüber können wir im Fachausschuss ausführlich diskutieren. Wir stimmen der Überweisung des Antrags in den Fachausschuss zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Ünal. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Düngel.

Meine Damen und Herren! Wir reden über das Impfen. Man könnte sagen: Täglich grüßt das Murmeltier. Aber ich möchte das keinesfalls negativ verstanden wissen – häufig bringt man das ja in einem negativen Kontext.

Ich bin sehr dankbar, liebe Susanne Schneider, dass wir dieses Thema heute im Plenum und auch in den kommenden Ausschusssitzungen noch einmal beraten werden. Es ist ein wichtiges Thema.

Zuletzt wurde Ende 2013 ein entsprechender Antrag eingereicht; 2014 haben wir dazu eine Expertenanhörung durchgeführt. Die Sachverhalte und Ausgangslagen sind klar: Alle Experten quer durch die Bank sprechen sich selbstverständlich für eine konsequente Durchimpfung aus.

Die Kollegin hatte das gerade schon mit dem Bild der „Schirmchen“ so nett dargestellt: Es geht eben nicht

nur um den Schutz des Einzelnen, sondern um den sogenannten Herdenschutz. Dann, wenn eine konsequente Durchimpfung von über 95 % erfolgt, genießen auch die Wenigen einen Schutz, die selbst nicht geimpft sind.

Zu den Vorteilen ist ausreichend ausgeführt worden. Mein Eindruck ist, dass die Landesregierung eigentlich den grundsätzlichen Nutzen des Impfens sieht. Was allerdings nicht ausreichend passiert, ist, entsprechende Maßnahmen einzuleiten, um eine weitere Verbesserung der Impfsituation in unserem Land voranzutreiben.

Es gäbe dafür verschiedene Möglichkeiten, die auch zum Teil in der Expertenanhörung vor zwei Jahren bereits genannt worden sind. Dabei wurde über Möglichkeiten diskutiert, in Einrichtungen, in denen sich für gewöhnlich junge Menschen befinden, den Impfstatus abzufragen – zum Beispiel beim Eintritt in die Kita oder bei der Einschulung.

(Inge Howe [SPD]: Das wird doch gemacht! Bei den ganzen Kitas wird das gemacht!)

Es gibt Möglichkeiten, die Öffentlichkeitsarbeit wesentlich zu verstärken. Eben ist schon erwähnt worden, dass das Projekt „Impfmobil“ eingestellt worden ist. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Ministerin Steffens das so kommentiert: Es wurde ja nicht genutzt.

Da ist doch das Problem, das wir analysieren müssen. Möglicherweise mag ja das Impfmobil das falsche Mittel sein, aber das gilt es zu analysieren, und es gilt, entsprechende Fortentwicklungen eines Öffentlichkeitsarbeitskonzeptes vorzunehmen und zu schauen: Ist dieses Impfmobil vielleicht gut, aber falsch eingesetzt worden? Ist es vielleicht auch nicht ausreichend beworben worden? All diese Fragen müssen gestellt und letzten Endes konsequent beantwortet werden.

Es gibt viele weitere Ideen und Kampagnen: in der Berufsschule, beim Freiwilligen Sozialen Jahr, beim Erste-Hilfe-Kurs etc. Wir können uns auch darüber Gedanken machen, ob wir andere Veranstaltungen oder Gelegenheiten in Nordrhein-Westfalen nutzen, um auf die Problematik des Impfens aufmerksam zu machen.

Wieso zum Beispiel nutzen wir nicht die in NordrheinWestfalen – gerade in Nordrhein-Westfalen! – flächendeckend verbreiteten Fußballereignisse? Es gilt zu überdenken, ob wir nicht mit unseren nordrheinwestfälischen Fußballvereinen über Kooperationen sprechen können, damit die Vereine aktiv in eine Öffentlichkeitsarbeit für das Impfen eingreifen können.

Der Fantasie, meine Damen und Herren, sind hier letzten Endes keine Grenzen gesetzt. Ich bin gespannt, über welche Dinge wir uns noch im Ausschuss unterhalten werden.

Die Frage ist auch: Was ist mittlerweile mit der Rahmenvereinbarung zwischen Krankenkassen und Gesundheitsdienst? Vielleicht kann Frau Ministerin Steffens dazu nachher auch noch etwas sagen.

Das ist ja quasi eine Never-ending Story. Hierzu kenne ich die Aussage der Landesregierung, man gehe eigentlich davon aus, dass jetzt alle Voraussetzungen erfüllt seien und dass es zu dieser Rahmenvereinbarung kommen könne. – Da würde mich dann ganz speziell, Frau Ministerin Steffens, interessieren, welche Anstrengungen die Landesregierung vornimmt, damit es eben zu dieser Rahmenvereinbarung kommt.

Ich fasse zusammen: Es gibt einen großen Handlungsbedarf. Wir sind hier nicht in einer katastrophalen Situation oder so etwas, dass die Impfsituation in Nordrhein-Westfalen schlecht ist. Davon sind wir glücklicherweise weit entfernt. Aber es gibt eben Möglichkeiten, die Durchimpfung zu verbessern.

Hier gibt es Handlungsbedarf. Die Landesregierung hat entsprechenden Handlungsspielraum. Im Haushalt 2016 ist für diesen Bereich mehr Geld eingestellt worden. Es wird dann auch zu untersuchen sein, wohin die Gelder geflossen sind oder wohin sie noch fließen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Ich komme zum Ende, Herr Präsident.

Hier muss man einfach noch einmal hinterfragen, ob es ausreicht, wenn hier die beteiligten Ministerien oder die Ministerinnen – ich nenne Frau Steffens, Frau Löhrmann, aber auch Frau Kampmann, wenn ich an den frühkindlichen Bildungsbereich denke – nur die NRW-Fahne der kommunalen Selbstverwaltung hochhalten. Sie sollten eben auch mit gutem Beispiel vorangehen, entsprechende Projektideen und Kampagnen fördern und nach vorne bringen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Düngel. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Steffens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Schneider, manchmal wäre es wirklich gut – Sie sagen, Sie hörten von mir nicht, was wir in dem Bereich machen –, wenn man einfach miteinander redet. Sie haben immer die Möglichkeit, im Ausschuss Berichte dazu abzufragen. Dann würden die einen oder anderen Irrtümer, die sich bei Ihnen irgendwie festsetzen, frühzeitig beseitigt werden können.

Ich will damit einsteigen, weil ich glaube, dass das wichtig ist: Sie haben bei der Nationalen Lenkungsgruppe Impfen gefordert, das Land solle sich beteiligen, das wäre eine Initiative eines Bundeslandes.

Nein, das ist völlig falsch. Diese Nationale Lenkungsgruppe ist gemeinsam von Bund und Ländern auf den Weg gebracht worden. Das ist eine gemeinsame Initiative aller Länder und des Bundes. Die Teilnehmer dieser Nationalen Lenkungsgruppe Impfen sind auch in der AOLG per Beschluss festgelegt worden.

Der Irrtum mag sich deswegen bei Ihnen eingeschlichen haben, weil auch das Land der nächsten NIK, das Land der letzten NIK und das GMK-Vorsitzland beteiligt sind und nach einem festen Schlüssel festgelegt ist, welche Länder denn in dem Gremium. Dementsprechend ist es nicht so, dass sich die Länder melden, die sich beteiligen wollen, sondern es ist selbstverständlich festgelegt, wer darin ist. Und es sind alle Bundesländer darin eingebunden.

Es gibt eine weitere große Reihe von Punkten, die Sie letztendlich in Ihrem Antrag nicht angesprochen bzw. ausgeblendet haben. Kollege Herr Düngel hat eben „mehr Geld im Landeshaushalt“ erwähnt.

Das ist natürlich für die Geschäftsstelle Nationaler Impfplan auch vorgesehen gewesen – darüber haben wir auch im Ausschuss berichtet –, weil sich das Land natürlich in all den Bundesprozessen und in all den Bereichen gemeinsame Ziele auf die Fahne geschrieben hat. Und die Ziele sind in der 88. Gesundheitsministerkonferenz gemeinsam von allen Ländern, nämlich in dem Aktionsplan, ganz klar festgelegt worden. Da ist das Land Nordrhein-Westfalen wie alle anderen beteiligt.

Aber wir stehen nicht genauso wie alle anderen da. Wenn man sich den bundesweiten Durchimpfungsgrad anguckt, der bei der zweiten Masernimpfung bei 92,8 % liegt, dann ist Nordrhein-Westfalen mit dem Durchimpfungsgrad bei der zweiten Impfung ganz weit oben. Wir haben nämlich einen anderen Durchimpfungsgrad.

Wenn man dann noch einmal mehr ins Detail schaut und sich das bei den Schuleingangsuntersuchungen städtespezifisch anschaut, dann sieht man, dass man das Thema nicht nur als ein Landesthema sehen kann, weil es Aufgabe des ÖGD ist, das heißt der kommunalen Gesundheitsverantwortlichen und der Gesundheitsämter vor Ort.

Da ist es sehr unterschiedlich. Wir haben nämlich selbst bei der zweiten Durchimpfungsrate Kommunen, Kreise und kreisfreie Städte, in denen wir bei 97,3 % selbst bei der zweiten Impfung liegen.

Wenn wir genau ins Detail gucken, ist es falsch, immer die Gruppe derjenigen, die keinen Impfschutz haben, sozusagen in den Fokus zu nehmen und als Impfschmarotzer darzustellen. Nein, es gibt Menschen, die einfach ihre Kinder nicht impfen lassen

können, weil sie aus gesundheitlichen Gründen diese Impfung auch nicht bekommen können, und die diese bewusste Entscheidung treffen.

Das WHO-Ziel – um in dem Bild der Schirme zu bleiben – besagt: 95 % brauchen einen Schirm. – Bei unseren Erstimpfungen in Nordrhein-Westfalen haben wir 97,8 %, das heißt 97,8 % haben einen Schirm.

Deswegen ist es notwendig zu sagen – wer A sagt, muss auch B sagen –: Wer die erste Impfung schon durchgeführt hat, der hat nicht einen grundlegenden Grund gegen bzw. grundlegende Probleme oder Bedenken gegenüber der Impfung, sondern der ist einfach nachlässig und hat es vergessen. Und deswegen kann und sollte sich die Gruppe, die sich bewusst für die erste Impfung entschieden hat, genauso bewusst für die zweite Impfung entscheiden. Diese Impflücke muss geschlossen werden.

Und welche Adresse ist die Adresse dafür? – Das ist der Arzt und die Ärztin; denn das sind diejenigen, die die erste Impfung durchgeführt haben und die auch immer wieder die Kinder und Jugendlichen in ihrer Arztpraxis haben. Wir müssen also genau an der Stelle gemeinsam mit den Ärzten überlegen, welches zusätzliche Material wir brauchen, um den Menschen, die heute immer noch in dem Irrglauben sind, die eine Impfung reiche, klarzumachen: Wer die erste Impfung hat, braucht auch die zweite.

Zum zweiten Irrtum, der immer wieder hier im Raum steht, und zwar querdurch, das Land würde an der Stelle nichts tun. Herr Düngel hat wieder das Impfmobil genannt. Herr Düngel, ja, das Impfmobil ist von den Kommunen vor Ort nicht mehr eingesetzt worden. Es nützt nichts, ein Auto zu haben, das auf Landesebene irgendwo herumsteht, um es dann immer schön mit in den Maßnahmenkatalog zu schreiben, sondern es ist nicht mehr zeitgemäß.

Deswegen machen wir andere Maßnahmen. Wir haben sowohl das Innenministerium unterstützt, damit der Impferlass für die Flüchtlinge umgesetzt werden kann, als auch finanzieren wir selbst Impfstoff in Kommunen für Projekte, womit wir EU-Bürger, die keine andere Kostenfinanzierung haben, unterstützen. Das heißt, der Maßnahmenkatalog der einzelnen Bausteine, die wir zielgerichtet zur Unterstützung der Kommunen machen, ist sehr groß.

Letzter Punkt – auch das steht als Vorwurf im Raum –: die Rahmenvereinbarung. Wir sind kein Vertragspartner. Deswegen können wir an der Stelle nur moderieren. Es gab lange Zeit großen Dissens bezüglich der Abrechnungsproblematik: Ist nur der Impfstoff abrechenbar? Sind auch die Personalkosten abrechenbar? Es müsste eigentlich zu einer Klärung kommen.

Deswegen haben wir gesagt: Wenn sich die Vertragspartner nicht allein verständigen, dann laden wir

sie ein und moderieren. Aber letztendlich können wir nichts anderes als moderieren an der Stelle, weil es nicht unsere Aufgabe ist. Und hier sollte man auch den ÖGD nicht aus der Pflicht lassen; das klang an der einen oder anderen Stelle so durch.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss, vielleicht können wir dann viele der Informationslücken oder Missverständnisse ausräumen, damit Sie auch sehen, dass Nordrhein-Westfalen hier ganz weit oben steht bezüglich des Impfschutzes bundesweit. – Herzlichen Dank

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesregierung ihre Redezeit um eine Minute überschritten hat. Aber auch die Piratenfraktion und die Fraktion der FDP haben ihre Redezeit bereits überschritten.

(Zuruf von den PIRATEN: Auf gar keinen Fall!)

Möchte noch jemand das Wort haben? – Das sehe ich nicht. Damit sind wir am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/12111 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht folgen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.