Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/12111 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht folgen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor ich den Tagesordnungspunkt 3 aufrufe, muss ich im Nachgang zu der letzten, der 115. Plenarsitzung am 9. Juni 2016 eine nichtförmliche Rüge aussprechen. Sie betrifft Herrn Abgeordneten Michele Marsching von der Fraktion der Piraten. Herr Marsching hat sich in der Plenarsitzung mit einem Zwischenruf während der Rede des Herrn Abgeordneten Klaus Kaiser, CDU, zu Tagesordnungspunkt 1, der Aktuellen Stunde zum Thema „Grundschulen“, unparlamentarisch verhalten. Die in der Sitzung verwendete Formulierung werde ich nicht wiederholen. Herr Kollege, ich ermahne Sie und bitte Sie, derartige Ausdrücke zukünftig zu unterlassen. Andernfalls müssen Sie mit einer förmlichen Rüge rechnen.
Herr Kollege Marsching ist im Moment nicht da. Aber er wird es sicherlich durch seine Fraktionsfreundinnen und -freunde erfahren und auch dem Protokoll entnehmen.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Eine Debatte über die Kinderrechte, ihre Achtung und Umsetzung bedarf aus unserer Sicht keines besonderen Anlasses wie etwa Weltkindertag. Dieses Thema steht immer im Fokus der Kinder- und Jugendpolitikerinnen und -politiker. Ich denke, dies ist auch in allen Fraktionen in diesem Hause der Fall.
In der Vergangenheit thematisierten wir hier im Parlament immer wieder unterschiedliche Anträge, die mit unterschiedlichen Instrumenten die zentralen Elemente der Kinderrechte zu verbessern suchten: Schutz, Förderung und Beteiligung.
Wir, die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, legen nun einen umfassenden Antrag vor, der sowohl die rechtlichen Grundlagen und damit die Ausgangslage als auch die bisherigen Maßnahmen zur Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland und NRW aufführt. Und wir benennen weitere notwendige Handlungsschritte für unser Bundesland und bundesweit.
An den Bund richten wir, um nur ein Beispiel zu nennen, zum wiederholten Male die Forderung, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern.
Hier in NRW – das ist bekannt – haben die Kinderrechte seit 2002 Verfassungsrang. Ein entsprechendes Bekenntnis auf Bundesebene wäre wirklich ein starkes Signal, vor allem aber wäre es die Schaffung eines Grundrechts für die ganz eigene Lebenssituation von Kindern.
Was haben wir bisher erreicht? – Meine Damen und Herren, beginnend bei der frühen Bildung haben wir in § 13 Abs. 6 Kinderbildungsgesetz die Beteiligungs- und Beschwerderechte des Kindes ebenso wie die Verpflichtung der Träger und der Fachkräfte, diese nicht nur zu achten, sondern aktiv und altersangemessen zu fördern, ausdrücklich dargelegt.
Im schulischen Bereich stellten SPD und Grüne bereits 2010 die Drittelparität in den Schulkonferenzen
der weiterführenden Schulen wieder her – eine deutliche Stärkung der Mitbestimmungsrechte von Schülerinnen und Schülern.
Für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor Ort, also in den Kommunen unseres Landes, gilt, sie ist so vielfältig wie NRW und wird in ganz unterschiedlichen Formen durchgeführt und, wie wir wissen, nicht immer zur Zufriedenheit der Kinder und Jugendlichen. Hier leistet die Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung NRW wichtige – und das ist zu betonen –, nicht nur ideelle, sondern mit Ressourcen verbundene Unterstützung.
Ein weiterer wichtiger Fortschritt für die Umsetzung der Kinderrechte – vor allem des Beschwerderechts – ist die Förderung der Ombudschaft Jugendhilfe NRW, die nun nach einer Projektprobezeit – so will ich es nennen – mit Landesmitteln arbeiten kann.
In mehrerlei Hinsicht ist der Kinder- und Jugendförderplan, den Rot-Grün mit deutlich mehr Mitteln ausgestattet hat, relevant für die Kinder- und Jugendrechte. In Verbänden, in Jugendzentren, in der offenen Arbeit und an vielen anderen Stellen leben und erleben Kinder und Jugendliche Beteiligung. Sie entwickeln eigene Interessen und erarbeiten ihre Umsetzung.
In den vergangenen Jahren ist zudem mit dem Kinder- und Jugendförderplan die Beachtung der queeren Jugendarbeit deutlich gewachsen und – auch das ist wichtig – mit finanzieller Förderung ausgestattet worden.
All diese Fortschritte, liebe Kolleginnen und Kollegen – ich habe nur einige Beispiele genannt –, sind das Ergebnis eines tatsächlich größeren Bewusstseins für die Rechte von Kindern und Jugendlichen und für daraus folgende verbindliche und wirksame Maßnahmen.
Die spätestens seit 2015 große Herausforderung, eine Vielzahl von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten nicht nur aufzunehmen, sondern ihnen auch die notwendige und gesetzlich zu Recht vorgeschriebene Versorgung und Betreuung zuteilwerden zu lassen, führte zu einem sehr zügigen Gesetzgebungsprozess für das Fünfte Ausführungsgesetz zum KJHG.
Auch damit wurde den Rechten von Kindern und Jugendlichen schnellstmöglich Rechnung getragen, indem die wenigen zuvor sehr belasteten Jugendämter ihrer Aufgabe nun wieder angemessen nachkommen können.
und Jugendhilfe, nicht nur der Bildungseinrichtungen, sondern aller, die Einfluss auf die wirtschaftliche Lage von Familien nehmen.
Wir sprachen vor Kurzem hier mit sehr unterschiedlichen Auffassungen über die Bekämpfung der Kinderarmut. Unser Antrag legt dazu nochmals unsere Positionen und auch Maßnahmen dar.
Was bleibt zu tun? – Außer der Fortsetzung der erläuterten Maßnahmen betrachten wir zwei Dinge als besonders vordringlich:
Um Rechte wahrnehmen zu können, bedarf es der Information darüber. Das gilt für alle Lebensbereiche – auch für die Rechte von Kindern und Jugendlichen. Wir wollen diese Kenntnisse bei allen Beteiligten deutlich verbessern: bei den Kindern und Jugendlichen selbst, bei den Eltern, bei den Fachkräften und allen weiteren Beteiligten
Meine Damen und Herren, in den vergangenen Monaten ist durch die aktuelle Situation in unserem Land häufig von Werten die Rede, von unseren Werten, und von Regeln, an die sich alle zu halten haben.
Ich will ganz deutlich sagen: Die Kinderrechte sind ein großartiges Instrument, um diesen Werten Geltung zu verschaffen. Warum? – Mit der Achtung, der Wahrung und der Umsetzung dieser Rechte gelingt es doch von Anfang an, Demokratie zu lernen. Nichts Geringeres erreichen wir, wenn Kinder und Jugendliche ihre Rechte kennen, wenn sie erfahren, dass Beteiligung möglich ist und auch wirkt, und wenn sie Aushandlungsprozesse gestalten können und Positionen und Meinungen erarbeiten.
Noch einmal: Kinderrechte sind nicht nettes Beiwerk, nicht, wie man Neudeutsch sagt, nice to have. Sie sind eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu engagierten und in der Demokratie beheimateten Erwachsenen. Das ist ein ganz wichtiger Anhaltspunkt.
Ich möchte damit schließen und denke, wir werden dieses wichtige Thema im Ausschuss noch weiter vertiefen können. – Vielen Dank.
gleich an Würde und Rechten geboren. So steht es in Art. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Es war von historischer Bedeutung, als 1992 – spät genug – mit der UN-Kinderrechtskonvention deutlich gemacht wurde, dass auch Kinder Träger von Rechten sind. Es war längst überfällig, die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte für Kinder damit zu konkretisieren. Denn das Kind muss nicht erst Mensch werden, es ist schon einer. Das hat der große Kinderfreund Janusz Korczak gesagt, der gemeinsam mit vielen Kindern, mit seinen Schutzbefohlenen von den Nazis ermordet wurde.
Heute noch sind Kinder die ersten Opfer von Krieg, von Umwelt- und Hungerkatastrophen. In vielen Ländern, in viel zu vielen, ist es heute noch keine Selbstverständlichkeit, dass Mädchen zur Schule gehen. Heute werden immer noch Kinder als Arbeiter und Arbeiterinnen eingesetzt.
Deshalb ist es wichtig, festzustellen: Kinder haben überall ein Recht auf ein Leben in Freiheit und Sicherheit.
Diese Kinderrechtskonvention, dieser Meilenstein, wird erst dann wirksam, wenn die Rechte von Kindern konkretisiert sind, wenn die Konvention mit Leben gefüllt ist und wenn sie in nationales Recht gegossen wird.
Deshalb – das möchte ich hier auch betonen – ist es längst überfällig, dass die Kinderrechte in das deutsche Grundgesetz aufgenommen werden. Es gibt überhaupt keine Rechtfertigung, dass CDU/CSU das noch immer im Deutschen Bundestag verhindern.