Protokoll der Sitzung vom 06.07.2016

(Eva Voigt-Küppers [SPD]: Das ist schon im Gesetz vorhanden!)

Und zweifellos müssen wir an den Grundschulen auf vielen Feldern dringend Verbesserungen herbeifüh

ren. Aus Sicht der FDP, der Freien Demokraten, dürfen wir den Schulen aber nicht alles auf einmal und sofort versprechen. Schwer einzuhaltende Versprechen führen nämlich am Ende des Tages leicht zu noch mehr Verdruss.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, über manche Ihrer Forderungen sollten wir – werden wir ja sicherlich auch – im Ausschuss noch intensiver diskutieren. Zum Beispiel ist gerade bei kleinen Grundschulen mit wenigen Lehrkräften eine anteilige Verrechnung gemeinsam mit Stellen für Schulverwaltungsassistenz nur schwerlich möglich.

Mit dem Ihnen ebenfalls vorliegenden FDP-Antrag haben wir uns zunächst auf die Leitungssituation an Grundschulen und den Bürokratieabbau konzentriert. Schulleitungen sind zentral für eine qualitative Weiterentwicklung aller Schulen, nicht nur der Grundschulen. Wenn bei nicht ganz 3.000 Grundschulen hier in Nordrhein-Westfalen fast 900 Schulleitungspositionen und Stellvertreterstellen unbesetzt sind, dann ist diese Situation tatsächlich dramatisch.

Seit fast einem Jahr liegt der Bericht einer Projektgruppe vor, worin viele Vorschläge unterbreitet werden, um Leitungspositionen leichter zu besetzen. Nur – Rot-Grün handelt nicht.

Es ist offensichtlich, dass gerade an Grundschulen die Fülle der Aufgaben in einem ungesunden Verhältnis zur finanziellen Vergütung steht. Wenige Hundert Euro mehr als Gegenleistung für einen enormen Zeitaufwand befördern nicht gerade den Enthusiasmus zur Übernahme einer solchen Position.

Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung und von Rot-Grün, sind durch den Bund bei den BAföG-Mitteln in Höhe von 279 Millionen € entlastet worden. Sie haben diese 279 Millionen € überwiegend für bereits bestehende Maßnahmen verplant. Eine finanzielle Stärkung der Leitungspositionen an Grundschulen wäre aber genau eine solche zusätzliche Aufwendung, wie sie eigentlich verabredet war.

Ich möchte Sie noch einmal auffordern, endlich einen Zeitplan vorzulegen, dem eine bessere Besoldung von Schulleitungen und auch ihrer Stellvertretungen an Grundschulen zugrunde liegt. In diesen Zeitplan gehört auch unverzichtbar die Frage, ab wann für kleinere Grundschulen weitere Stellvertreterpositionen eingerichtet werden sollen. Fast 900 Grundschulen hier in Nordrhein-Westfalen haben derzeit kein Anrecht auf eine solche Stellvertreterposition, und viel zu viele Lehrkräfte schreckt es ab, vor Ort als Einzelkämpfer wirken zu müssen.

Der Projektbericht spricht völlig zu Recht die Frauenförderung an, um so mehr Positionen zu besetzen. Aber ich sage auch: Gestrichen gehört die bürokratische Vorgabe im Landesgleichstellungsgesetz, wonach eine Stelle grundsätzlich noch einmal ausge

schrieben werden muss, wenn sich keine Frau beworben hat. Eine solche Regelung entspricht dem verknöcherten Geist des Feminismus der 80er-Jahre und gehört entsprechend abgeschafft; denn – auch das sage ich – Sie stellen damit Frauen als weniger befähigt dar als Männer und verzögern somit dringend benötigte Stellenbesetzungen.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht! Das ist doch nun wirklich falsch!)

Frühzeitige Ansprache, Mentoring, Jobsharing – das sind meines Erachtens die entscheidenden Schlüsselworte für eine moderne Frauenförderung.

(Beifall von der FDP)

Last but not least: Entlasten Sie die Schulen von unnötigen Dokumentationspflichten! Die Schulen ertrinken derzeit geradezu beispielsweise im Schreiben von Förderplänen. Geben Sie den Schulen die pädagogische Freiheit, die sie verdient haben! Diese Maßnahmen wären sicherlich die ersten Schritte, um die Schulen zu entlasten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Frau Gebauer. – Als nächste Rednerin spricht für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Voigt-Küppers.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, insbesondere Frau Korte und Frau Gebauer! Frau Korte, Sie haben die Situation an den Grundschulen sehr blumig beschrieben, insbesondere die Anforderungen an Grundschulen.

Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur zustimmen. Ja, die Anforderungen an die Grundschulen sind mannigfaltig, und das ist uns nicht erst seit der Studie des VBE bekannt. Schon zum Schuljahr 2013/14 hat hier in diesem Landtag ein Grundschulkonzept zur Verabschiedung vorgelegen, das übrigens gemeinsam mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, verabschiedet wurde.

Gemeinsam haben wir uns zu Beginn der Legislaturperiode dazu bekannt, dass es auf den Anfang ankommt. Unsere Grundschulen sind von zentraler Bedeutung für die Leistungsfähigkeit unserer Schullandschaft. Im Zusammenhang mit dem Grundschulkonzept haben wir verabredet, kleine Grundschulstandorte nach Möglichkeit zu erhalten. Wir wollen dem Prinzip „Kurze Beine, kurze Wege“ Rechnung tragen. Wir haben auch verabredet, die Klassengrößen auf 22,5 Schüler zu senken. Aktuell liegen wir bei einem Durchschnitt von 23,2 Kindern pro Klasse.

Wir haben die Kopfnoten abgeschafft und die Schulbezirksgrenzen als Option für die Kommunen wieder eingeführt.

Da hier immer wieder die Rede von Schulleitungen ist: Wir haben bereits im Haushalt 2011 die Leitungszeiten und Anrechnungsstunden für die Wahrnehmung besonderer Aufgaben von acht auf elf Stunden erhöht. Das bedeutet eine Anerkennung der Leistungen der Schulleiterinnen und Schulleiter und ist somit eine Stärkung der Grundschulen.

(Beifall von den GRÜNEN)

All diese Maßnahmen haben wir mit erheblichen finanziellen Mitteln unterfüttert. Allein 2015 wurden über 2.800 neue Grundschulkräfte eingestellt. In diesem Jahr verzeichnen wir bereits 1.745 Neueinstellungen an den Grundschulen und noch einmal 290 Lehrerstellen für den Bereich „Deutsch als Fremdsprache“. So viel schon einmal zu Ihrer Forderung nach der Sprachförderung.

Kommen wir zu Ihrer Forderung, ein Auge auf die Lehrerversorgung zu werfen: Wir sind das einzige Bundesland, das die Zahl der Studienplätze für das Lehramt nicht eingedampft, sondern trotz der allseits bekannten demografischen Prognosen beibehalten hat – und das, obwohl wir 140.000 Schüler weniger haben als vor zehn Jahren.

Dafür werden wir heute belohnt. Die Zahl der Studienanfänger im ersten Fachsemester für das Lehramt Grundschulen ist zwischen 2011 und 2014 von 1.816 auf 2.093 gestiegen. Das ist eine Steigerung von 15,3 %. Die Zahl der Studienplätze im Lehramt für Grundschulen ist im gleichen Zeitraum sogar um 22,7 % gestiegen.

Ebenso haben wir in den offenen Ganztag investiert. Es ist unser Verdienst, dass die Fördersätze zunächst um 14 % angehoben worden sind. Seit 2015 gibt es eine Dynamisierung, zunächst von 1,5 % und jetzt um 3 % jährlich. Die Mittel für die OGS haben wir um mehr als 140 Millionen € erhöht. Aktuell haben wir in Nordrhein-Westfalen über 305.000 Plätze, und mehr als 42 % der Schülerinnen und Schüler in der Primarstufe steht ein offenes Ganztagsangebot zur Verfügung.

Wenn wir heute über die Stärkung der Grundschulen sprechen, dann müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass all diese Punkte zur Wahrheit dazu gehören. Zum einen ist festzustellen, dass wir schon viel getan haben, zum anderen, dass uns noch einige Aufgaben verbleiben. Dessen sind wir uns bewusst, und deshalb werden wir an der Aufgabe „Stärkung der Grundschulen“ weiter arbeiten.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Wenn Sie hier den Eindruck erwecken wollen, dass die Herausforderungen an den Grundschulen mal

eben schnell mit einigen wenigen Beschlüssen zu erledigen seien, ist das unseriös, zumal einige Forderungen Politikfelder und Zuständigkeiten auf unzulässige Art und Weise miteinander vermischen.

Das ist zum Beispiel der Fall bei Ihrer ständigen Forderung nach Schulverwaltungsassistenten. Sie wissen ganz genau, dass Sekretariats- und Hausmeistertätigkeiten dem Bereich der äußeren Schulangelegenheiten und damit der kommunalen Ebene zufallen. Die Ministerin hat schon im Jahr 2012 darauf hingewiesen und gesagt, dass wir dieses Problem gemeinsam mit den Kommunen lösen müssen.

Ich will trotz der Kürze der Zeit noch schnell auf die Bezahlung der Grundschulleiter eingehen. Natürlich müssen wir über dieses Thema reden, und natürlich müssen dort die Leistungen gebührend anerkannt werden.

Das ist jedoch nicht ganz so einfach, wie Sie es immer darstellen; denn es ist nicht nur eine Frage der Bezahlung, warum viele Frauen diesen Job nicht machen wollen. Vielmehr ist es so, dass sie sich für Führungsaufgaben nicht genügend qualifiziert fühlen. Deshalb sind wir froh, dass wir wieder Qualis haben.

Ein weiterer Aspekt ist, dass wir auf Teilzeitarbeitsstrukturen eingehen müssen. Deshalb brauchen wir neue Arbeitsmodelle, auch in der Schule. In diesem Zusammenhang gilt es, viele Partner mitzunehmen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Es ist gut, dass wir heute erneut über Grundschulen sprechen. Es lohnt sich immer, über Grundschulen zu sprechen.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Richtig!)

Sie schultern viel im Bildungsbereich und sind Partner unserer Kleinsten. Ihnen gilt unsere Anerkennung sowie unser Respekt. Deshalb laden wir Sie zu einer konstruktiven Diskussion im Ausschuss ein und stimmen der Überweisung natürlich zu. Glück auf!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Voigt-Küppers. – Für die grüne Fraktion spricht nun Frau Kollegin Beer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nein, ich will heute keine Noten verteilen – überhaupt nicht. Aber ich möchte ein paar Dinge gegenüberstellen.

Lassen Sie mich aus den „Westfälischen Nachrichten“ zitieren. Sie haben heute sicherlich alle in der Presseschau gelesen, dass der Kollege Optendrenk im Zusammenhang damit, was der Haushalt 2017 vorsieht – zum Beispiel auch an neuen Stellen im

Schulhaushalt –, formuliert hat: Rot-Grün fährt das Land auf Verschleiß und konsumiert auf Kosten unserer Kinder.

Nein, genau das machen wir nicht! Wir investieren in Schule, wir investieren in Bildung. Falls Sie wahrgenommen haben, dass die Ministerpräsidentin heute schon sehr deutlich gesagt hat: „Rot-Grün wird 2 Milliarden € an die Kommunen für die Ausstattung von Schulen auf den Weg bringen“, dann hätte ich erwartet, dass Sie das hier ebenfalls erwähnen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Das gehört nämlich auch zur Wahrheit dazu.

Es ist unseriös, wenn Sie eine derartige Rollenverteilung vornehmen, wenn Sie die Forderung nach einem Masterplan vorlegen, der mit keiner finanziellen Dimension hinterlegt ist. Da gibt es keine Aussage dazu, wie Sie das Ganze finanzieren wollen.

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Herr Stamp, ich finde den Austausch mit Ihnen wirklich immer zielführend. Vielleicht bekommen Sie es ja hin, dass Herr Witzel hier nicht Einsparungen in Höhe von 700 Millionen € einfordert, was etwa 14.000 Stellen im Personalbereich entsprechen würde – denn wo sollen wir das Geld sonst hernehmen? –, und zwar in Schulen, bei der Justiz und bei der Polizei.

(Beifall von den GRÜNEN)