Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche, Herr Kollege Bombis. Herr Kollege Hübner würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.
Herr Kollege Bombis, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Die Zielrichtung des Gesetzes liegt darin, den Umgang mit öffentlichen Ressourcen so zu gestalten, dass wir der Verantwortung gegenüber den Bürgern gerecht werden und dass es Mindeststandards gibt, die durch die Betriebe einzuhalten sind. – Können Sie mir so weit folgen?
Und können Sie mir bestätigen, dass die Clearingstelle Mittelstand NRW in der letzten Woche im Wirtschaftsausschuss einen umfänglichen Bericht zur Zielrichtung des Gesetzes und zur Art und Weise der Entlastung für die Unternehmen gegeben hat?
Ich kann Ihnen so weit folgen, was die Ansprüche des Gesetzes angeht. Ich kann Ihnen nicht folgen, was die Effekte und was den Nutzen des Gesetzes angeht. Dieses Gesetz erreicht eben nicht die Ziele, die es sich selber gesteckt hat. Das kann es auf Landesebene gar nicht. Auf Landesebene kann es in erster Linie nur die Betriebe belasten. Deswegen ist das Gesetz auch auf Landesebene definitiv überflüssig.
Was die Clearingstelle Mittelstand NRW angeht, glaube ich nicht, dass Sie sich auf solche Dinge berufen sollten, die zwar nett formuliert sind, letztlich aber nicht darüber hinwegtäuschen können, dass es eine Mehrbelastung der Betriebe und eine Mehrbelastung der Verwaltungen in Nordrhein-Westfalen gegeben hat. Daher – das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen – ist das für mich kein Argument für den Erhalt des Gesetzes.
Damit schließe ich wieder an den Punkt an, den ich eben angesprochen habe. Auch die marginalen Verbesserungen, die Sie bei der Novellierung des Gesetzes vorgenommen haben, können dazu nichts beitragen. Ich nenne als Beispiel das Bestbieterprinzip. Drei Tage soll der beste Bieter zukünftig Zeit haben, die vom Umfang her erheblichen Unterlagen und die Erklärungen beizubringen, die notwendig
sind, um die Vorgaben des Gesetzes zu erfüllen. Kann er das nicht leisten, kommt der nächste Bieter an die Reihe, der wiederum nur drei Tage Zeit hat.
Glauben Sie denn ernsthaft, dass Sie, wenn Sie ein Angebot abgeben, das Sie ansatzweise ernst meinen, nicht bereits dafür sorgen müssen, dass Sie die Sachen in der Hinterhand haben, weil Sie das nicht alles innerhalb von drei Tagen beibringen können, wenn Sie die Ausschreibung gewinnen? Denn sonst kommt der nächste Bieter dran, der vielleicht darauf zählt, dass derjenige, der die Ausschreibung ursprünglich gewonnen hat, dann doch nicht zum Zuge kommt. Das kann nicht funktionieren. Das entlastet maximal einige auf der kommunalen Seite. Aber für die Betriebe hat das überhaupt keinen Effekt.
Auch das Wirrwarr um die parallelen Mindestlöhne hier in Nordrhein-Westfalen wollen SPD und Grüne nicht beseitigen.
Dafür müssten Sie hier nur noch einmal über die Landesgrenzen hinweg schauen. Ihre rot-grünen Kollegen in Niedersachsen waren da ein bisschen stringenter. Sie haben wenigstens gesagt – ich zitiere auch hier –:
„Für vergabespezifische landesrechtliche Löhne ist daher angesichts des Gesetzeszwecks des Mindestlohngesetzes kein Raum.“
Seien Sie doch wenigstens einmal so mutig und streichen das aus dem Gesetz heraus. Auch das tun Sie nicht. Es ist schon fast peinlich, wie Sie sich hier an diesen ideologischen Luftschlössern festhalten.
Das Tariftreue- und Vergabegesetz ist überflüssiger Ballast. Es bringt keine Verbesserung. Es bringt nur Belastung. Schaffen Sie es doch bitte endlich ab. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Wir befassen uns heute in erster Lesung mit dem neuen Entwurf für das Tariftreue- und Vergabegesetz. Wir Piraten bleiben bei der Position: Öffentliche Vergabe muss frei von Sozialdumping und menschlicher Ausbeutung sein und bleiben. Auch ökologische Standards müssen heutzutage selbstverständlich Beachtung bei Ausschreibungen finden.
Daher können wir dem ganzen Zirkus, den die Kollegen von CDU und FDP hier veranstalten, überhaupt nichts abgewinnen. Herr Wüst und Herr Bombis, ich habe Ihnen sehr genau zugehört. Ich habe dann immer den Eindruck, dass hier ein Geist von ökonomistischer Eindimensionalität durch die Hallen weht. Das ist wirklich schwer auszuhalten.
Die Landesregierung hat sich also entschlossen, das Gesetz zu novellieren, um es anwenderfreundlicher auszugestalten. Wie eben schon erwähnt wurde, geht es unter anderem um die Einführung des Bestbieterprinzips und um neue Schwellenwerte. Wir werden im Ausschuss natürlich prüfen, inwieweit nun Rechtssicherheit und Anwenderfreundlichkeit gegeben sind, aber eben auch, ob die genannten sozialen und ökologischen Ziele erreicht werden.
Lassen Sie mich einmal den ökologischen Aspekt herausgreifen. Es ist auch ein bisschen die Förderung des Bewusstseins von „Care-about“ für unseren Planeten auf kommunaler Ebene. Wir halten das für wichtig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber auch das beste Gesetz der Welt verfehlt seine Wirkung, wenn die Umsetzung nicht kontrolliert wird.
Im vergangenen Jahr wurde bereits bei der Evaluierung des Gesetzes ein Defizit bei den Kontrollen festgestellt. Damals war die Prüfbehörde noch nicht zu 100 % einsatzfähig. Jetzt wird die Prüfbehörde in das Landesministerium für Arbeit verlegt.
Wir fordern Sie nachdrücklich auf, eine wirkungsvolle Kontrolle der Einhaltung der sozialen und ökologischen Vorgaben sicherzustellen. Es ist im Interesse aller Beteiligten, wenn die schwarzen Schafe auffliegen. Nur so kann es einen fairen Wettbewerb um öffentliche Aufträge geben.
Das bringt mich zu einem weiteren Punkt – leider, muss ich sagen. Denn es ist immer noch ein Trauerspiel, dass die Große Koalition in Berlin noch immer kein bundesweites Korruptionsregister auf den Weg gebracht hat. Damit ist bis heute nicht sichergestellt, dass nachweislich wirtschaftskriminelle Unternehmen konsequent von der Vergabe ausgeschlossen werden. Es ist zwar zu begrüßen, dass das Korruptionsregister hier in Nordrhein-Westfalen vorhanden ist. Ein vollwertiger Ersatz ist das aber nicht.
Ich komme zum Ende. Faire und nachhaltige öffentliche Beschaffung ist keine Kür, sondern Pflicht. In diesem Sinne freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Asch.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es eben wieder einmal von der FDP-Fraktion gehört. Wenn es darum geht, die Interessen von Menschen oder die Interessen der Umwelt zu wahren, spielt das für die FDP überhaupt keine Rolle. Hier geht es nur um die vermeintlichen Interessen der Wirtschaft.
Herr Bombis, ich möchte den Fokus noch einmal auf die globalen Zusammenhänge lenken. Wir leben in einer Welt der globalen Nachbarschaft, wo wir tagtäglich erleben, welche Auswirkungen unsere Art des Wirtschaftens und unsere Art des Konsumierens auf Menschen in anderen Teilen dieser Welt und vor allen Dingen im globalen Süden haben. Dort fliehen Menschen millionenfach, weil sie kein Auskommen mehr haben. Sie wissen tagtäglich nicht, wie sie ihre Kinder ernähren sollen, und machen sich deshalb auf den Weg.
Die Frage der Vermeidung von Fluchtursachen, die von allen immer wieder in Sonntagsreden bewegt wird – im Übrigen auch von der CDU-Fraktion, die ja schon angekündigt hat, diesem Gesetz nicht zustimmen zu wollen –, …
… macht sich doch konkret daran fest, inwieweit wir auf Arbeits- und Produktionsbedingungen in den Ländern des Südens Einfluss nehmen.
Das tun wir konkret mit diesem Tariftreue- und Vergabegesetz. Deswegen: Lassen Sie Ihren Worten auch Taten folgen. Halten Sie nicht nur Sonntagsreden in Bezug auf die Vermeidung von Fluchtursachen, sondern stimmen Sie diesem Gesetz zu.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal gemeldet, weil ein Punkt noch offen geblieben ist, Herr Bombis. Ich will das ganz pragmatisch sagen. Sowohl der Minister als auch ich haben angekündigt, dass wir da schon eine Harmonisierung anstreben sollten. Ich habe das in meiner Rede ja sehr deutlich gemacht. Was den vergabespezifischen Mindestlohn
und den bundesweiten Mindestlohn angeht, ist natürlich niemand hier im Raum daran interessiert, für die 1,30 €, die Herr Wüst ausgerechnet hat, Derartiges auf den Weg zu bringen und damit Bürokratie zu schaffen.
Sie haben es gerade noch einmal hinterfragt. Ich will Ihnen das von dieser Stelle aus ganz deutlich signalisieren. Da Sie offenkundig die eine oder andere Schwierigkeit hatten, nachzuvollziehen, warum wir ein solches Gesetz machen, möchte ich Ihnen zumindest auf der ganz globalen Ebene noch einmal sagen: Bitte nehmen Sie doch zur Kenntnis, dass Sie mit dem Politikansatz „Privat vor Staat“ in der Vergangenheit gnadenlos gescheitert sind
und dass wir genau solche Lösungen brauchen, wie wir sie in diesem Tariftreue- und Vergabegesetz formuliert haben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Hübner. – Damit sind wir am Ende dieser Aussprache, die ich damit auch schließe.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/12265 an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Möchte jemand gegen die Überweisung stimmen oder sich enthalten? – Beides ist nicht der Fall. Dann haben wir ihn jetzt so überwiesen.