Protokoll der Sitzung vom 08.07.2016

Eine zeitlich befristete Mietpreisbremse ist dann gerechtfertigt, wenn sie so ausgestaltet wird, dass sie die Anreize für den Wohnungsbau nicht beschneidet. Genau diesem Aspekt wurde mit der Einführung der Mietpreisbremse Rechnung getragen. Der Neubau und die umfassende Modernisierung wurden extra ausgenommen, um Investitionsanreize im Wohnungsbau zu erhalten.

Seit Jahren sind die privaten Investoren mit einem Drittel, Herr Kollege Ellerbrock, die stärkste Investorengruppe im geförderten Wohnungsbau. Ihre Behauptung, dass Investitionen von privaten Investoren für den geförderten Wohnungsbau unerschlossen blieben, ist nicht zutreffend.

Für uns ist es eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, ob sich jede Frau und jeder Mann eine Wohnung in den Ballungszentren von Köln, Münster oder Düsseldorf leisten kann.

(Zuruf von Karlheinz Busen [FDP])

Bis zur Schaffung von ausreichendem Wohnungsbau ist die Mietbegrenzungsverordnung ein notwendiges Instrument. Dieses Ziel ist noch lange nicht erreicht. Daher müssen wir die Diskussion um die Wirksamkeit der Instrumente weiter führen.

Ein Außerkraftsetzen, wie es die FDP nun fordert, wird aber für keinen Investitionsschub sorgen, sondern lediglich zu weniger Schutz für Mieterinnen und Mietern führen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vor dem Hintergrund, dass die Baupreise in Nordrhein-Westfalen im Bundesvergleich niedrig sind – darauf hebt ja auch der von der FDP vorgelegte Antrag ab –, macht es keinen Sinn, zu behaupten, Nordrhein-Westfalen sei ein Hochsteuerland. Der geltende Grunderwerbsteuersatz in Nordrhein-Westfalen muss mit dem Baupreisindex in Zusammenhang gesetzt werden. Der Baupreisindex ist niedriger als im Durchschnitt der Bundesländer. Zudem kompensieren die extrem niedrigen Kapitalmarktzinsen die gestiegenen Steuern um ein Vielfaches.

Die Anreize, die durch das Wohnungsraumförderprogramm des Landes gesetzt werden, muss ich hier nicht noch einmal darlegen. Das ist schon oft genug im Ausschuss und hier im Plenum diskutiert worden.

Zum Schluss will ich noch einmal auf die Anspielung eingehen, die dieser Antrag bezüglich der anstehenden Novelle der Landesbauordnung enthält. Die Zuspitzung auf rollstuhlgerechte Wohnungen ist für mich eindimensional. Das haben Sie sicherlich etwas zu einseitig gesehen.

Merken Sie sich bitte: Barrierefrei ist nicht gleich rollstuhlgerecht. Auch Mütter und Väter mit Kinderwagen oder ältere Menschen mit Gehhilfen sind auf barrierefreien Wohnraum angewiesen. Ich denke schon, dass gerade bei der älter werdenden Bevölkerung diesem Aspekt auch im Wohnungsbau Rechnung zu tragen ist.

Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Ellerbrock zulassen?

Ich möchte zu Ende kommen.

Also nicht.

Wir werden uns mit der vorgeschlagenen Regelung sicherlich differenzierter auseinandersetzen, um auch hier zu guten Lösungen zu kommen. Wir werden die Baukosten im Blick haben – auch in der Auseinandersetzung mit Ihnen.

Inhaltlich ist der hier vorliegende Antrag aber abzulehnen. Ich bin allerdings auf die Diskussion im Ausschuss gespannt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Frau Kollegin, bitte seien Sie so nett, noch einen Augenblick hier vorne zu bleiben; denn die FDP-Fraktion hat gerade eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Ellerbrock angemeldet, der jetzt für 90 Sekunden das Wort bekommt.

Frau Kollegin, damit eines völlig klar ist: Ich glaube, keiner in diesem Hause möchte behinderten oder mobilitätseingeschränkten Menschen angemessenen Wohnraum versagen. Das wollen wir einmal festhalten. Umgekehrt gesagt: Wir wollen alle, dass das möglich ist.

Ich war zwar leider nicht mit in der Schweiz. Aber ich war mit dem Ausschuss in Wien. Die österreichische Wohnungswirtschaft hat im Zusammenhang mit barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen ausführlich dargelegt, dass es nicht darum geht, flächendeckend solche Wohnungen anzubieten, sondern darum, ein bedarfsgerechtes Angebot zu machen. Dem würden wir uns auch nicht verweigern.

Pauschal zu fordern, es müsse ab sechs Wohnungen eine barrierefreie oder rollstuhlgerechte Wohnung und ab 15 Wohneinheiten mindestens zwei geben, geht aber am Bedarf vorbei. Die Landesregie

rung selbst hat mehrfach gesagt: Wir kennen den Bedarf auch nicht. Das müssen wir erst einmal herausfinden. – Das landesweit pauschal festzulegen, ist der völlig falsche Weg. Ich bitte Sie, das mit in Ihre Überlegungen einzubeziehen. – Danke.

(Beifall von der FDP)

Sicherlich werden wir genau über diesen Punkt im Ausschuss diskutieren. Da gehört es ja auch hin.

In Gesprächen mit der Wohnungswirtschaft und auch durch den Besuch in der Schweiz habe ich festgestellt, dass es durchaus Sinn macht, von vornherein bereits bei der Erstellung des Rohbaus gewisse Vorkehrungen zu treffen, damit man hinterher keine teuren Arten von Umbauten hat.

Das ist aber eine fachliche Diskussion, die man dann auch mit dem Kollegen Hausmann zu führen hat. Da können wir das Ganze sachlich erörtern und werden dann gemeinsam zu einem Ergebnis kommen.

Ich bin aber sicher, dass man es von vornherein festlegen muss, weil es für mich Sinn macht, zum Beispiel Türbreiten, Zugänge usw. schon so zu bauen, dass man modular Grenzen verschieben kann.

Da gibt es sehr viele Möglichkeiten, die man vortrefflich diskutieren kann. Deshalb freue ich mich auf die Debatte mit Ihnen und den anderen Kolleginnen und Kollegen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – So weit Kurzintervention und Entgegnung darauf. – Nächster Redner ist für die Piratenfraktion Herr Kollege Bayer.

Besten Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Besucher und Stream-Zuschauer in Mietwohnungen und Eigenheimen! Wir könnten es natürlich kurz machen und auf die vielen Erörterungen zu diesem Themenkreis in den letzten drei Jahren verweisen; aber wir haben ja Zeit.

Kurz zur Mietpreisbremse: keine Horrorszenarien, keine negativen Auswirkungen zu sehen, aber auch keine positiven Effekte, jedenfalls nicht wahrnehmbar.

Ich finde auch, dass der Wohnungsmarkt eher ein schlechtes Spielfeld für FDP-Glaubensbekenntnisse ist; aber gut.

Im Übrigen verweise ich auf die Antwort auf die Kleine Anfrage von Herrn Ellerbrock und Herrn Höne vom 30. Juni 2016, die in diesem Zusammenhang

auch gut zu lesen ist. – Ich weiß nicht, ob man das vielleicht im Protokoll verlinken kann.

Die FDP hat uns jetzt noch ein paar Extraeier ins Nest gelegt. Die wollen wir dann doch noch köpfen. Wie die CDU in dem Antrag zu Mehrkindfamilien nutzt sie ein paar Blätter, um noch schnell auf die Landesbauordnung hinzuweisen und dort ein bisschen zu keilen. In dieser illustren Gesellschaft darf natürlich auch die Grunderwerbsteuer nicht fehlen. Das wundert nicht.

Natürlich darf man sich über Bürokratie und über Formulare ärgern. Es ist ja auch nicht auszuhalten, wie viel man als armer Immobilienbesitzer machen muss, um an die Staatsknete zu gelangen. Aber eine kleine Frage am Rande: Wann haben wir zuletzt einen Antrag der FDP bekommen, in dem sie die bürokratischen Hürden beklagt, die Menschen zu nehmen haben, die auf Transfereinkommen – SGB II, SGB XII, Wohngeld – angewiesen sind? Das kommt eigentlich nie. Es ist ja nicht so, dass allein der Besitzer einer Immobilie unter „Leistung muss sich wieder lohnen“ fallen würde. Da sehe ich also keinen direkten Klientelzusammenhang.

Um nicht falsch verstanden zu werden, aber zurück zur Mietpreisbremse: An der Mietpreisbremse gibt es in der Tat eine ganze Menge zu kritisieren. Zu offensichtlich führt sie eben nicht zur behaupteten Mäßigung in der Mietpreisentwicklung. Zu offensichtlich ist sie eher ein Instrument – auch wenn man das nicht direkt nachweisen kann – der rechtzeitigen und vorsorglichen Mieterhöhung dort, wo die Wohnungsmärkte das erlauben. Das ist angesichts der knapper werdenden lokalen und regionalen Wohnungsmärkte in Zentren durchaus denkbar.

Auch wir sind nicht glücklich über die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 % auf 5 % und dann auf 6,5 % – wohlgemerkt auch noch ohne Zweckbindung bzw. virtuelle Zweckbindung. Das wäre an dieser Stelle schön gewesen. Auch wir befürchten, dass damit ein falsches Signal an die Akteure gesendet wird. Es besteht ja durchaus die Gefahr der Durchreichung der Mehrkosten an Mieterinnen und Mieter. Die kommunale Grundsteuer trägt ihren Teil dazu bei.

Ob aber eine steuerliche Förderung des Mietwohnungsbaus, also vor allem durch die höhere Abschreibung, wirklich zum behaupteten Ergebnis führt, nämlich zu mehr Wohnungsbau und günstigeren Mieten, darf bezweifelt werden. Dieser Ansatz unterstellt nämlich von vornherein eine Gewinnabsicht als alleinigen Grund für Wohnungsbau. Das muss zwar nicht verwerflich sein, sollte aber auch nicht alleinig bedacht werden; denn wenn wir das gesamte politische Handeln allein auf diese Logik reduzieren, haben wir eben genau die Probleme, die wir haben: knappe Angebote und steigende Preise.

Klar; wenn es uns gelänge, die privaten Investoren dazu zu bringen, jetzt ganz schnell ganz viele Häuser

mit ganz vielen Wohnungen zu bauen, und zwar gerade dort, wo die Märkte heiß laufen, und dann auch noch günstig, ließe sich vielleicht Druck vom Kessel nehmen.

Aber Häuser sind eben keine Schweine, die schnell produziert werden und dann auf den Markt geworfen werden, wenn die Preise gerade hoch sind. Häuser sind langlebige Güter, die man nicht wieder vom Markt nehmen kann, wenn die Nachfrage hinter dem Angebot zurückbleibt. Zwar könnte man, wenn man viel Steuergeld in die Hand nimmt, die Abrisskosten stemmen. Da würden Sie als FDP aber auch nicht mitgehen, glaube ich.

Ich kenne übrigens unter den geltenden Bundes- und Landesgesetzen kein Gesetz, das das Bauen von Häusern verbietet. Gesetze regeln das. Das ist auch gut so, selbst wenn über das Einzelne mal zu reden ist.

In Wirklichkeit brauchen wir – ich wiederhole das kurz von gestern – neue Konzepte zum städtischen Wohnen. Wir brauchen eine Politik, die das genossenschaftliche Wohnen fördert, eine neue Gemeinnützigkeit und Konzepte für das 21. Jahrhundert, die das kostengünstige Wohnen befördern.

Zum Schluss will ich kurz auf die EnEV eingehen, weil der Minister gleich bestimmt etwas dazu sagt. Mich würde einmal die Position zur EnEV interessieren. Falls es nur darum geht, die zukünftige Verschärfung der EnEV zu verhindern, finde ich das okay. Falls es tatsächlich um ein Moratorium geht, finde ich das völlig falsch; denn damit würden die Ziele der EnEV konterkariert. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke, Herr Kollege Bayer. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Groschek das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mietpreisbremse ist Teil des Konzeptes „Fördern und Fordern“. Das Konzept „Fördern und Fordern“ prägt auch die Wohnungsbaupolitik seit Beginn dieser Wahlperiode.

Wir haben zusammen mit dem Land Bremen mit § 79 Bundesbaugesetz eine Initiative zum Schutz vor dem Missbrauch von Schrottimmobilien begonnen.

Wir haben danach die Wohnungspolizei NordrheinWestfalen geschaffen, die vorbildlich an mindestens zwölf Standorten Halunken das Handwerk gelegt hat, die strafbaren Missbrauch mit dem Ausbeuten von Mieterinnen und Mietern in unzumutbaren Wohnverhältnissen betrieben haben.