Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

Wer ist es denn, der vor Ort Windenergie verhindert? – Es sind Ihre Parteikolleginnen und -kollegen im Sauerland, im Siegerland und auch die Kollegen der FDP. Da ist der Widerstand, und da ist das schlechte Gewissen, was Sie treibt, diese Debatte zu führen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Im Übrigen, Herr Hovenjürgen, ich finde es auch nicht angemessen: Wenn Sie das Thema, das Sie im Antrag formuliert haben, wirklich ernst nehmen, dann kann es doch nicht sein, dass Sie den Landtag sozusagen missbrauchen, um sich aus der Recklinghäuser Perspektive hier mal auszukotzen. Dafür, finde ich, ist die Debatte viel zu schade; denn wir sollten um die Zukunft unseres Landes ringen. Was sind die Zukunftsperspektiven? Wo müssen wir eigentlich hin?

In der Tat, wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, kann ich es mir natürlich einfach machen. Ich kriege es irgendwie nicht zusammen,

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das Gefühl habe ich auch!)

warum für bestimmte Fragen der Investitionsschwäche oder auch der Frage, warum die NRW-Wirtschaft im Moment kein so großes Wachstum hat,

(Christof Rasche [FDP]: Kein so großes Wachstum? Wir haben Nullwachstum!)

Gesetze verantwortlich sein sollen, die noch gar nicht beschlossen sind. Wie kann es ein, dass Gesetze, die noch diskutiert werden, schon für etwas verantwortlich gemacht werden sollen?

(Christof Rasche [FDP]: Die Fragen haben eine gewisse Weitsicht!)

Das ist die einfache Antwort darauf.

Den Bogen, den Sie von Ihrer Seite von der Weltwirtschaft bis zu den Tierschutzverbänden spannen, kann ich nun wirklich nicht verstehen. Ich kann es mir eigentlich nur erklären … Oder sagen wir es einmal so: Mir ist das Motto von Jürgen Wegmann eingefallen – ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern können –, er war ein Fußballprofi, der geniale Ideen hatte und gesagt hat: „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.“

Das können wir als Formeln für das nehmen, was Sie in Ihrem Antrag ausdrücken wollen. Erst ist da Umweltschutz und Ökologie, und dann kommen auch noch die Bürgerinnen und Bürger dazu. Das ist so etwas wie Krankheit, was man eigentlich nicht haben darf. Dann ist es mir aufgegangen: Das eigentliche Thema, was Sie haben, ist: Sie wollen zurück in die 50er- und 60er-Jahre. Ich hatte eigentlich gedacht, dass die CDU weiter sei,

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Gehofft!)

dass Sie Nachhaltigkeit, Umweltschutz mit in Ihre Programme aufnehmen, dass Sie das als Chance für unser Land sehen. Aber nein, alles, was ökonomisch nicht sofort verwertbar ist, muss offensichtlich verschwinden, damit Ökonomie stattfinden kann. Das sind Ihre wirtschaftspolitischen Vorstellungen. Recht simpel, wie ich finde, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das ist eine sehr arme Rede, die Sie da halten! – Gegenrufe von den GRÜNEN)

Nun kann ich es mir, Herr Hovenjürgen, einfach machen, indem ich auf den Papst verweise, der noch vor ein paar Tagen damit zitiert wurde, dass der Umweltschutz zu den klassischen christlichen Tugenden gehört.

(Beifall von den GRÜNEN)

Davon sollten Sie sich als christliche Partei eigentlich eine Scheibe abschneiden.

Aber ich will noch ein Stück weiter gehen, weil es mir durchaus ernst ist, in dieser Frage mit Ihnen darum zu ringen, was der beste Weg ist. Wir brauchen, und davon bin ich überzeugt, für ein erfolgreiches Unternehmertum die Annahme der Zeichen der ökologischen Herausforderung unserer Zeit. Da bin ich der festen Überzeugung, dass die Unternehmerinnen

und Unternehmer selbst weiter sind als die Debatten, die wir hier an vielen Stellen führen.

Ich möchte nur aus einer Perspektive ein paar Zitate anfügen. In den letzten Monaten hat die RAGStiftung – und das ist ja bekanntlich die RAG, die an anderer Stelle auch schon heftig in der Vergangenheit kritisiert worden ist – eine Zukunftsprojektion vorgestellt, und zwar unter dem Titel: „Das Schicksalsjahrzehnt“. Dort können Sie unter der Überschrift „Megatrends“ lesen:

„Die Schonung und intelligente Nutzung von Ressourcen wird Wesensmerkmal erfolgreicher Industrien.“

So geht es weiter: Klima- und Umweltschutz hat für die Aktivitäten eines Ballungsraums wie das Ruhrgebiet höchste Priorität. – Soll ich noch weiter vortragen?

„Die Qualität der Versorgung wird in Zukunft auf gleichem Niveau gewährleistet wie vor der Energiewende. Nur wird die Energie zunehmend grün sein.“

Lieber Herr Hovenjürgen, ist die RAG etwa durchgrünt? – Ich meine, sie ist einfach vernünftig, klarsichtig, zukunftsorientiert, so wie die Landesregierung die Zukunftsperspektiven unseres Landes beschreibt. Vielleicht schließe ich an dieser Stelle mit dem Zitat der RAG ab:

Nur eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft wird zukunftsfähig sein, nur ein Unternehmertum, das rücksichtsvoll und nachhaltig mit den natürlichen Voraussetzungen umgeht, wird auch die nächsten 20, 30 und 100 Jahre erfolgreich sein.

In diesem besten Sinne brauchen wir, meine ich, nicht weniger, sondern mehr Durchgrünung. Die Industrie 4.0 wird eine grüne Wirtschaft sein: ökonomisch erfolgreich, ökologisch sensibel und sozial gerecht.

Lieber Herr Hovenjürgen, meine sehr geehrten Damen und Herren der CDU! Es geht darum, dass Sie unser Land nicht dauernd schlechtreden. Auch das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Das drückt sich in Ihrem Antrag aus. Es geht nicht nur um unser Land, sondern auch um die Menschen in unserem Land, die Sie schlechtreden.

(Christof Rasche [FDP]: Hat das auch der Papst gesagt?)

Wir haben viele engagierte Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, die sich für das Gemeinwohl einsetzen. Ein Viertel der Menschen ist in Bürgerinitiativen oder Vereinen zivilgesellschaftlich aktiv, setzt sich für das Gemeinwohl ein. Und die werden von Ihnen, jedenfalls in Ihrem Antrag, pauschal diskreditiert. Die Bürgerinnen und Bürger setzen sich auch für gute Projekte in diesem Land ein. Nicht ohne

Stolz kann ich an dieser Stelle sagen, dass ordentliche Bürgerbeteiligungen auch dazu führen, dass wir Projekte realisieren können. Denken Sie an die TDIAnlage in Leverkusen,

(Dietmar Brockes [FDP]: Die steht in Dorma- gen!)

denken Sie daran, wie wir mit Transparenz und Bürgerbeteiligung die schwierige Situation bei Shell in den Griff bekommen haben. Denken Sie daran, wie breit der Klimaschutzplan in Bürgerbeteiligung gelaufen ist!

Das Gegenbild, das aus Ihrem Antrag herausscheint, ist die Politik eines ehemaligen Ministerpräsidenten, der mit Wasserwerfern meinte, seine Projekte durchsetzen zu können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das wollen wir in Nordrhein-Westfalen nicht, …

Herr Minister.

… sondern wir machen es andersherum, mit den Bürgerinnen und Bürgern, aber zukunftsorientiert, ökologisch, sozial und erfolgreich.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Minister, es gibt eine Zwischenfrage von Herrn Hovenjürgen. Wollen Sie die noch zulassen?

Sehr gern.

Wo wir gerade so schön dabei sind. – Bitte schön.

Herr Präsident, herzlichen Dank. – Herzlichen Dank, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Zuerst die Feststellung: Ich habe die Bürgerbeteiligungen nicht infrage gestellt, und die CDU stellt die Bürgerbeteiligungen nicht infrage.

(Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

Wir sagen, ob die Dinge, die Sie auf den Weg gebracht haben, …

(Minister Johannes Remmel: Lesen Sie doch mal den Antrag!)

Noch einmal: Über eine permanent aufgeblähte Möglichkeit von Verbänden, sich zu beteiligen, hatten wir geredet. Jetzt noch einmal an Sie die Frage: Wenn der stellvertretende Landesvorsitzende des BUND in einem Leserbrief erklärt, dass nicht die Politik im Kreis Recklinghausen darüber entscheidet, wie sich im nördlichen Kreis die Industrie entwickelt, sondern der BUND mit den ihm gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten – finden Sie, das ist das richtige Maß, das wir in diesem Land anwenden?

Herr Hovenjürgen, ich habe auch im persönlichen Gespräch gesagt – insofern ist es bedauerlich, dass das konkrete Projekt, was Sie vor Ort im Auge haben, nicht sofort realisiert wird –, dass ich Ihnen gern mit allen Möglichkeiten des Landes dabei helfen möchte. Aber es geht doch nicht an, dass Sie einen Einzelfall aus Recklinghausen mit der Entwicklung des ganzen Landes in Verbindung setzen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN– Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Im ganzen Land geht der Windenergieausbau so gut voran wie in keinem anderen Bundesland, und das seit 2010, und das mit dieser Landesregierung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)