Die Experten sagen: Unterbringung und Gesundheit sind das Fundament für Integration. Nur in Sicherheit und mit gewissem Wohlbefinden sind Lernen, Arbeit und Freundschaft überhaupt möglich. Massenunterkünfte machen krank: keine Privatsphäre, keine Ruhe und keine Chance, Selbstachtung wieder aufzubauen. Kinder können keine Klassenkameraden einladen, was Verhinderung von Integration und gesellschaftlicher Teilhabe bedeutet.
Das muss doch heißen, dass wir im Integrationsplan dezentrale und private Unterbringung deutlich in den Vordergrund stellen müssen. Da müssen natürlich auch endlich Standards her. Da reicht es nicht, im viertletzten Nebensatz irgendwo die dezentrale Unterbringung zu platzieren. Das muss ganz zentral positioniert sein, das muss nach vorne.
Wir brauchen keine Aufteilung in gute und schlechte Flüchtlinge. Wir brauchen diskriminierungsfreie Teilhabe, gesetzlich garantiert und organisiert. Ein Integrationsplan darf nicht drohen, hinter Teilhabe und Integrationsgesetz zurückzufallen. Sie sind ja im TimeWarp, Sie machen ja Schritte nach hinten statt nach vorne.
Wir verstehen, dass Sie der Opposition nicht zuhören wollen; das hat ja auch Herr Stamp erfahren. Aber hören Sie wenigstens auf die Experten, die kennen sich nämlich besser aus als Sie, ansonsten können wir die ganze Sache mit den Anhörungen ja auch direkt vergessen.
Apropos: der Opposition zuhören. Wo könnten wir heute schon sein, wenn Sie ab und zu mal das täten, was die Oppositionsfraktionen fordern! Denn wir Piraten haben seit Jahren ein gelingendes und klares Bild von Integration. Die konsequente Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung, die nachhaltige Förderung von Begegnungsmöglichkeiten, der Aus
bau von Freifunk und die damit verbundene Bereitstellung von freiem Internetzugang in allen Flüchtlingseinrichtungen – als wir das in den Jahren 2013/2014 gefordert haben, was sind wir hier im Plenum abgewatscht worden! – Ha, ha, auch noch Internet für Flüchtlinge! Ja, was denn noch alles?
Jetzt ist das für Sie eine Selbstverständlichkeit? Jetzt geht das auf einmal? – Unser Antrag ist abgelehnt worden, Sie müssen sich gar nicht so aufregen, Herr Bolte.
Wir finden es gut, dass Teile unserer Forderungen jetzt endlich von Ihnen aufgenommen worden sind. Aber wir müssen hier ein Bild von der Zukunft malen und keines von vor zwei oder drei Jahren, sonst laufen wir nämlich wieder nur Dingen hinterher, anstatt endlich einmal proaktiv zu handeln.
Ich würde mich jetzt nicht selbst als Picasso der Integrationspolitik bezeichnen. Aber im Vergleich mit den anderen Fraktionen spielen wir mit unserem Integrationsbild seit vier Jahren in der integrationspolitischen Champions League, während man sich bei Ihnen fragen muss, ob Sie den Aufstieg ins Profigeschäft jemals schaffen werden.
Wir haben nicht nur im März, sondern eigentlich schon immer drei Säulen von gelingender Integrationspolitik aufgezeichnet:
Erstens fordern wir ein eigenständiges Ministerium für Integration, Flucht und Einwanderung sowie die Gründung einer interministeriellen Arbeitsgruppe mit dem Thema „sozialer Wohnungsbau“.
Die Aufgaben des neuen Ministeriums sollten unter anderem lauten: Suche nach und Bereitstellung von menschenwürdigen Unterkünften, Etablierung von Mindeststandards in diesen Unterkünften in ganz NRW, Sicherstellung der sozialen, rechtlichen, medizinischen und psychologischen Betreuung in den Unterbringungseinrichtungen, Unterstützung der Kommunen bei der Vermittlung von Schul- und Kitaplätzen, Einführung von Deutschkursen als Standard und Unterstützung bei der Vermittlung in Arbeit und Ausbildung. Dabei soll das Ministerium natürlich eng mit den Trägern der Flüchtlingshilfe zusammenarbeiten.
Die interministerielle Arbeitsgruppe unter Federführung des neuen Ministeriums sorgt darüber hinaus dafür, dass ab 2017 keine Unterbringung in Zelten und Turnhallen mehr stattfindet, dass über die vorhandenen Förderprogramme hinaus weitere Sozialwohnungen geschaffen werden und dass Grundstücke erschlossen werden, die sich für den Bau von
Zweitens trägt unser Bild von Integration die Überschrift: Deutschland ist ein Aufnahmeland. „Deutschland ist ein Aufnahmeland“ – um diesen Satz zu leben, müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst werden. Wir benötigen eine rechtliche und tatsächliche Gleichstellung aller Migranten, um echte Integration überhaupt zu ermöglichen.
Ich weiß, das kennen Sie, das ist das Kühn-Memorandum, aber irgendwie ist das bei Ihnen immer noch nicht angekommen. Denn der Zugang zur gesundheitlichen Versorgung, zum Berufs- und Ausbildungsmarkt, zur sozialen Berufsförderung und Familienleistungen sowie zu vielen anderen Teilhabemöglichkeiten ist leider auch mit dem Integrationsplan vom Aufenthaltsstatus, von der Aufenthaltsdauer und vom Herkunftsland abhängig. Damit gibt es unzählige Flüchtlinge bzw. Menschen zweiter Klasse.
Wir brauchen den vollständigen Zugang zu Integrationskursen. Das geht mit den unterschiedlichen Bleibeperspektiven nicht. Wir wollen diesen Menschen den Familiennachzug ermöglichen. Wir fordern uneingeschränkten Zugang zum Gesundheitswesen. Und wir möchten, dass diese Menschen selbst entscheiden können, wo sie leben.
Drittens. In unserem Bild stellen wir Harmonie zwischen Alt- und Neubürgern her. Eine starke Zivilgesellschaft und ein konsequentes Vorgehen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit …
… sind die Voraussetzung für ein integrationsfreundliches Klima. Das heißt: politische Bildung für alle. Wir müssen um jeden kämpfen, der Gefahr läuft, in die rechte Ecke abzurutschen.
Zum Schluss: Ihre nichtssagende Resolution ist eine Luftnummer, die natürlich abzulehnen ist. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte zu Beginn daran erinnern, dass vor wenigen Tagen hier in Düsseldorf mit mehreren hunderttausend Gästen der 70. Ge
burtstag unseres Bundeslandes Nordrhein-Westfalen gefeiert wurde, und viele von Ihnen werden sicherlich dabei gewesen sein.
Genauso lange, nämlich 70 Jahre, ist unser Bundesland Nordrhein-Westfalen auch Einwanderungs- und Integrationsland. Seit annähernd 1946 hat es kein Jahr gegeben, in dem unser Land nicht durch Migration, in welcher konkreten Form auch immer, geprägt worden ist. Ich erinnere daran, dass derzeit in unserem Land Nordrhein-Westfalen rund 4,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund unter uns und mit uns leben. Auch andere Länder in Deutschland sind seit Langem Einwanderungsländer. Das verbindet uns mit ihnen.
Was uns aber in Nordrhein-Westfalen von anderen immer abgehoben hat und bis heute abhebt, ist, dass wir stolz darauf sind, Einwanderungs- und Integrationsland zu sein, dass wir stolz darauf sind, eine lebendige, eine multikulturelle Gesellschaft zu haben.
Wir bekennen uns offensiv dazu, gerne in einem Land zu leben, in dem Menschen aus anderen Ländern, die sich zu unserer Werteordnung bekennen und die mit uns anpacken wollen, NRW nach vorn zu bringen, als Mitbürgerinnen und Mitbürger herzlich willkommen sind.
Dass Nordrhein-Westfalen Integration jetzt schon gut hinbekommt, das hat vor Kurzem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bestätigt, die ich in diesem Fall besonders gern zitiere. Sie sagte aus Anlass des Landesjubiläums – ich zitiere sinngemäß –:
Nordrhein-Westfalen ist gewohnt, Menschen, die in das Land kommen, zu integrieren – auch da hat es Großartiges geleistet. Das hat eine Tradition, die sehr viel länger ist als die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Es sind sehr viele polnische Menschen gekommen, auch Menschen aus den damaligen östlichen Teilen Preußens, als die große Zeit der Kohle und des Stahls war.
Es sind dann später Gastarbeiter gekommen, aus Italien, aus Spanien und dann auch aus der Türkei – in einer großen Zahl.
Nordrhein-Westfalen hat nach dem Zweiten Weltkrieg eine Million Vertriebene aufgenommen – eine großartige Leistung auch der Integration.
Und deshalb ist Nordrhein-Westfalen ein Land, das sich immer offen für die Fähigkeiten, für die Fertigkeiten von Menschen aus anderen Bereichen gezeigt hat und diese Menschen immer als Bereicherung verstanden hat, und ist damit auch ein Beispiel für viele andere Regionen in der Bundesrepublik Deutschland.
Nordrhein-Westfalen kann sie in diesen Tagen sicherlich auch gut gebrauchen, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.
Aber wir dürfen auch mit Stolz behaupten, dass Nordrhein-Westfalen zu Recht gelobt wird. Die kommunalen Integrationszentren, mit denen wir Integration eine Struktur vor Ort gegeben haben, sind nun fast flächendeckend in Nordrhein-Westfalen eingerichtet. Für diese einzigartige Integrationsinfrastruktur werden wir bundesweit beneidet. Und, Herr Kollege Stamp, sie sind nicht jetzt eingerichtet worden, sie sind bereits im Jahre 2012 eingerichtet worden. Das Personal ist in diesem Jahr schon einmal aufgestockt worden, und wie wir den Haushaltsanträgen entnehmen können, die uns vorliegen, plant der Gesetzgeber, sprich Sie, das Parlament, die Personaldecke noch einmal aufzustocken.
Oder nehmen wir die Integration Points; die hatten wir schon früh in die Fläche gebracht, weil natürlich Flüchtlinge in ganz Nordrhein-Westfalen in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Das war sehr wohl eine Idee der Bundesagentur für Arbeit, die in Nürnberg im Verwaltungsrat beschlossen hat, mit sieben Modellprojekten in sieben Städten in der Bundesrepublik Deutschland so etwas zu versuchen.
Im Oktober vergangenen Jahres haben wir hier in Nordrhein-Westfalen eine Vereinbarung unterschrieben – mit der Regionaldirektion, mit den kommunalen Spitzenverbänden und der Landesregierung –, dass wir diese Integration Points aufgrund der Tatsache, dass wir davon überzeugt sind, dass sie bei uns gut arbeiten können, schon flächendeckend im Land installieren, in allen 30 Agenturbezirken. Deswegen haben wir heute schon 83 Integration Points in Nordrhein-Westfalen. Zum Vergleich mit anderen Bundesländern: Das Bundesland Bayern hat nicht einen einzigen Integration Point, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.
Sie mögen entschuldigen, dass wir nicht unbedingt den Drang verspüren, uns ausgerechnet mit Bayern als integrationspolitisches Vorbild zu vergleichen.
Stattdessen haben wir gemeinsam mit der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung G.I.B. die Reihe „NRW. Das machen WIR!“ gestartet, in der wir in den Regionen zeigen, was dort alles zur Integration der geflüchteten Menschen passiert. Auf der Internetseite können Sie das nachlesen; es wird täglich aktualisiert. Hier sehen wir hervorragende innovative Ideen. Diesen Ideen wollen wir damit ein Gesicht geben, und wir wollen dazu anregen, dass diese Ideen natürlich auch nachgeahmt werden können, denn sie bieten sich dafür an.
Der Integrationsstaatssekretär ist zu diesem Zeitpunkt bei der Bürgermeistertagung des Städte- und Gemeindebundes NRW in Münster. Das Thema lautet: Integration von Flüchtlingen. Er informiert die rund 50 anwesenden Bürgermeister über die Integrationspolitik des Landes NRW. Dabei geht es natürlich – wie sollte es anders sein in einer Diskussionsveranstaltung mit den Bürgermeistern – vorrangig um die Integration vor Ort, nämlich in den Kommunen.