Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass die Mehreinnahmen zum Teil für eine länderübergreifende Werbereduzierung im TV genutzt werden. So kann die TV-Werbung reduziert und die Akzeptanz für die öffentlich-rechtlichen Sender erhöht werden. Die Menschen zahlen Beiträge für journalistische Inhalte, für Unterhaltung, für Kultur und auch für Sport, jedoch nicht, um Werbung vorgesetzt zu bekommen.

Liebe FDP, Ihr Antrag geht an den Zukunftsaufgaben vorbei und wirft zudem noch viele Fragen auf. Sie fordern – ich zitiere –, Herr Nückel, ein gerechtes, sozial ausgewogenes und unbürokratisches Finanzierungssystem für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

(Zuruf von Thomas Nückel [FDP])

Aber was meinen Sie damit? Wollen Sie ein steuerfinanziertes Modell, was vom Staat abhängig ist? Da gibt es Beispiele und Ideen in Ungarn, in Polen. Wollen Sie das alte, gerätebezogene Modell zurück? Was Sie wirklich wollen, schreiben Sie nicht, oder Sie wissen es einfach nicht. Wir können Ihren Antrag folglich nur ablehnen.

Aber nicht nur die FDP liefert derzeit unausgegorene Vorschläge, die insbesondere dem WDR schaden würden. Auch die CSU hat am vergangenen Wochenende gefordert, ARD und ZDF zusammenzulegen. Zusammenlegen klingt erst einmal nicht ganz so dramatisch. Das heißt jedoch, dass entweder die ARD oder das ZDF verschwinden wird und damit ein großes Stück Medien- und Meinungsvielfalt in Deutschland und in NRW. Alles, was die ARD negativ betrifft, betrifft auch den WDR und damit mehrere Tausend Mitarbeiter in NRW.

Wie ist hierzu eigentlich die Position der NRW-CDU? Stehen Sie zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner heutigen Form? Stehen Sie zum WDR? Sie haben hier jetzt gleich die Gelegenheit, sich von den Plänen Ihrer Schwesterpartei zu distanzieren. Herr Schick, ich denke, Sie werden uns sicherlich gleich erklären, wie Sie zu den Forderungen von Herrn Seehofer stehen.

Meine Damen und Herren, unser Ziel, das Ziel der SPD, ist klar: Wir wollen einen zukunftsfesten öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit einem starken WDR aus Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Vogt. – Wie von Herrn Kollegen Vogt schon angekündigt, spricht für die CDU-Fraktion jetzt Herr Kollege Schick.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann den Ball aufnehmen und kann ihn kurz versenken. Die Vorschläge aus Bayern werden eine sehr kurze Halbwertszeit haben; sie sind rechtlich fragwürdig. Was aber wesentlich interessanter ist: Sie schauen immer dann nach Bayern, wenn Sie daraus politischen Honig saugen können.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Sie schauen aber nicht nach Bayern, wenn Sie dem Land helfen können. Beispielsweise, was die Bildungspolitik, den Straßenbau und die innere Sicherheit angeht, da können Sie einmal nach Bayern schauen und würden dann sehen, wie erfolgreiche Politik betrieben wird!

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Regina Kopp-Herr [SPD])

Hier geht es um die Senkung des Rundfunkbeitrags so, wie sie sich die FDP-Landtagsfraktion wünscht. Sie steht damit scheinbar an der Seite der Rundfunkgebührenzahler. Kurzfristig möchte die FDP die Senkungsschraube drehen.

In den nächsten Jahren – das gehört allerdings zur Wahrheit dazu – geht es dann umso schneller in die andere Richtung. Das heißt, das Geld, was im Augenblick auf Sperrkonten liegt, das, was wir heute eingenommen haben, steht nach dem FDPVorschlag dann nicht mehr zur Verfügung, und es würde deutlich schwieriger, die Aufgaben entsprechend zu finanzieren. Es versickert ja auch kein Geld; das Geld liegt, wie gesagt, auf Sperrkonten. Deshalb meine ich, eine zukünftige Gebührenerhöhung, die deutlicher ausfällt als das, was sonst notwendig wäre, brauchen wir nicht.

Letztlich werden die Ministerpräsidenten einstimmig im Oktober entscheiden, wo die zukünftige Beitragshöhe liegen soll.

Wichtiger als diese Entscheidung ist die Entscheidung einer Kommission mit dem Titel „Auftrag und Strukturoptimierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“. Der von der KEF errechnete zukünftige Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die daraus resultierenden Rundfunkbeiträge steigern jedenfalls nicht die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ein Rundfunkbeitrag, der in der Spitze knapp 2 € höher liegen könnte als der heutige, wird die Diskussion um den öffentlichrechtlichen Rundfunk immer wieder anheizen.

Deshalb muss die Kommission, die die Ministerpräsidenten ins Leben gerufen haben, Ergebnisse bringen. Das mahnen wir ausdrücklich an.

Ganz wichtig ist – und das ist die Position der CDU –, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung hat. Wer kann es sich sonst erlauben, als oberste Ziele unter anderem den Zusammenhalt der Gesellschaft und das Funktionieren unseres Gemeinwesens zu benennen?

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Selbst kritische Kommentare in den Tageszeitungen stellen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nie infrage. Das heißt nicht, dass es keine Diskussionspunkte gibt – beispielsweise: Ab welchem Umfang machen die Onlineauftritte der öffentlichen Rund

funkanstalten den Tageszeitungen und ihren Onlineangeboten mit öffentlich-rechtlichen Geldern Konkurrenz? Was muss aufgrund des Entwicklungsauftrages toleriert werden, was eher nicht? Auch die Frage, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk besser jüngere Zielgruppen erreichen kann, muss diskutiert werden; denn wer den Zusammenhalt der Gesellschaft fördern möchte, der muss auch alle Bürger ansprechen.

Wenn Antworten auf diese Fragen gefunden werden und zukünftig größere Kostensteigerungen vermieden werden, wird – da bin ich mir sicher – der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Akzeptanz haben, die er auch braucht. Kurzfristiges Gebühren-Jo-Jo à la FDP ist da nicht die richtige Antwort.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Schick. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Kollege Keymis.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lieber Herr Nückel, wir Grüne lehnen den Antrag selbstverständlich ab, wenn er gleich zur Abstimmung steht, weil er inhaltlich schlecht und sachlich falsch ist.

Die KEF hat den Vorschlag gemacht, den Beitrag von 17,50 auf 17,20 € zu senken. Sie hat aber auch deutlich gemacht – das sieht man, wenn man den Bericht genauer liest –, dass es in den nächsten Jahren sehr viel Bedarf gibt. Dieser Bedarf hängt natürlich mit Entwicklungen zusammen, die wir in der Bestands- und Entwicklungsgarantie auch festgelegt haben.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein ganz hohes Gut, Herr Nückel. Dass die FDP das über die Jahre hinweg hier im Landtag noch nicht erkannt hat oder nicht erkennen wollte, ist uns schon öfter aufgefallen. Deshalb stellen Sie auch immer wieder Anträge solcher Art. Es nützt nur nichts. Das ist genauso unsinnig wie der Vorschlag des CSU-Chefs Seehofer, die Anstalten zusammenzulegen. Alle diese Dinge führen meiner Ansicht nach die demokratischen Überlegungen für unseren Rechtsstaat nicht weiter.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind historisch gewachsen. Sie haben einen Zusammenhang, den ich hier niemandem erklären muss und der mit Sicherheit auch für die Menschen draußen Bedeutung hat.

Es ist auch nicht alles so schlecht, wie es immer geredet wird. Nur weil in einzelnen Filterblasen im Internet der öffentlich-rechtliche Rundfunk als überflüssig betrachtet wird, ist er das doch nicht automatisch. Wir haben andersherum sehr viele Publikumsreaktionen – das wissen auch alle, die sich mit öffentlichrechtlichem Rundfunk befassen –, die ihm nach wie

vor eine hohe Glaubwürdigkeit attestieren und sagen: Das ist ein Angebot, das es sonst nirgends auf der Welt in dieser Breite gibt.

Jetzt wiederhole ich genauso wie Sie auch einmal eine Zahl. Sie haben immer von 37 Milliarden € gesprochen. Die einzelne Bürgerin, der einzelne Bürger zahlt pro Tag 58,33 Cent für öffentlich-rechtlichen Rundfunk, hat aber dafür ein breites TV-Angebot, das auch interessante Spartenkanäle von Phoenix über ARTE bis zu 3sat umfasst, ein Angebot im Internet und 67 oder 68 Radioprogramme. Es ist inzwischen hoch digital – Stichwort „HD“; die Bilder werden demnächst womöglich auch noch mit 4K-Auflösung ausgestrahlt. Das Ganze wird also dauernd technisch verbessert. Es gibt Angebote für Menschen mit Behinderung, großartige Angebote im Bereich der Integration und, und, und. Das ist natürlich personalintensiv. Die Rundfunkhäuser haben Orchester und Chöre. Alles das dient der Kultur im Land.

Herr Nückel, 60 Cent pro Tag und Einwohner, über den Haushaltsbeitrag finanziert, sollte den Menschen dieses breite Angebot wert sein.

(Thomas Nückel [FDP]: Trotzdem schauen es nicht alle!)

Vor diesem Hintergrund sage ich Ihnen klar: Alle diese Vorwürfe äußern Sie, um wohlfeil zu reden – auch in bestimmte politische Richtungen. Wir kennen die. Wir wissen, dass es Menschen gibt, die das alles abschaffen wollen. Wir wissen, dass es politische Strömungen in diesem Land gibt – sie strömen leider im Moment auch aufwärts –, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als „Lügenpresse“ betiteln usw. Alles das verfängt aus meiner Sicht nicht.

Meines Erachtens täten Sie gut daran, sich mit in den Reigen der Demokraten einzureihen, die ganz klar sagen – wie Herr Schick es gesagt hat, wie Kollege Vogt es gesagt hat und wie wir es sagen –: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein hohes, zu wahrendes Gut.

Wenn wir etwas verändern wollen, dann müssen Sie da mit uns stimmen, wo das auch geht, zum Beispiel, wenn wir uns für eine Werbereduzierung aussprechen und sagen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sich da – das sage ich besonders gerne – verschlanken.

(Heiterkeit von den GRÜNEN)

Er muss sich also in der mediagroup kleiner setzen. Wie gerade gemeldet worden ist, werden dort Arbeitsplätze abgebaut – sozial verträglich, wie sich das gehört. Aber natürlich finden auch dort diese Entwicklungen statt, weil wir im Landtag den wegweisenden Beschluss gefasst haben, die Werbung im Hörfunk des Westdeutschen Rundfunks sukzessive, also Stück für Stück, zu reduzieren.

Da haben Sie nicht mitgestimmt. Das heißt: Dort, wo wir durch Beschlüsse hier Reformen anstoßen, verweigern Sie sich.

(Thomas Nückel [FDP]: Weil sie unzureichend waren! Immer bei der Wahrheit bleiben!)

Regen Sie sich doch bitte nicht darüber auf. – Aber dann fordern Sie hier wohlfeil irgendwelche populistischen Senkungsbeschlüsse, von denen Sie wissen, dass Sie eh keine Mehrheit dafür bekommen. Das ist wohlfeil, und das ist das typische Prinzip: Fordern, wenn sicher ist, dass es nicht kommt. – So kann man nicht Politik machen.

Wir sind für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir wollen den Beitrag beibehalten, damit er stabil ist. Es macht nämlich überhaupt keinen Sinn – um damit abzuschließen –, den Menschen jetzt zu sagen: „Wir gehen 30 Cent herunter“, wenn wir in anderthalb Jahren wieder 50 oder 60 oder 80 Cent heraufgehen müssen. Das ist eine Politik, die nicht funktioniert.

Daher ist es sinnvoll, den Beitrag stabil zu halten. Die Landesregierung hat im Prinzip auch schon angekündigt, es so zu tun. Sie handelt damit im Sinne des Parlaments, das dies seit Jahren in einer großen, breiten Mehrheit so sieht. Das soll nach dem Wunsch der Grünen hier in Nordrhein-Westfalen auch so bleiben. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Keymis. – Für die Piraten spricht jetzt Herr Kollege Lamla.

Vielen Dank. – Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne! Täglich grüßt das Murmeltier. Diesmal hat es sich als FDP verkleidet. Daher kurz vorab: Nein, der Rundfunkbeitrag gehört auch diesmal nicht gesenkt.

Die Entlastung für die Menschen, über die wir hier reden, ist minimal. Es geht um 30 Cent. Ich wiederhole: Es geht um 30 Cent pro Monat. Deswegen stellen wir hier Anträge und debattieren über sie.

Das Argument, dass die KEF einen niedrigeren Finanzbedarf ermittelt hat, zieht an dieser Stelle einfach nicht.

Wir Piraten glauben nämlich, dass alle Mehrmittel gut und sinnvoll im Sinne der Zuschauerinnen eingesetzt werden können, zum Beispiel für eine bessere Barrierefreiheit der Angebote – Stichwort: Untertitel –, für größere Angebote in den Mediatheken, für Bestrebungen, dass Inhalte nicht wieder aus den Mediatheken herausgenommen werden, sondern immer zugänglich bleiben, für Bestrebungen, Geoblocking

aufzuheben, sodass wir uns alle auch aus dem Ausland Livestreams und Inhalte aus den Mediatheken anschauen können. Da könnte man entsprechend Geld in die Hand nehmen, um zum Beispiel auch auf EU-Ebene damit anzufangen.