Es macht für die Kostenstruktur einer Gemeinde schon einen deutlichen Unterschied, ob ich eine altersmäßig breit durchmischte Bevölkerung habe oder ob meine Bevölkerung immer schneller immer älter wird. Auf der Kostenseite merken das diese Gemeinden bei dem riesigen Thema demografischer Wandel. Im GFG – bei den Einnahmen – findet man diese Komponente allerdings leider gar nicht wieder.
Der Bürgermeister der Stadt Bergneustadt, Wilfried Holberg – Herr Minister, das war der, der hier mit vielen Bürgern aus seiner Stadt demonstriert hat, den Sie, ich sage es einmal vorsichtig, abgewatscht haben –, bringt es auf den Punkt. Er sagt – Zitat –:
„Ohne eine konsequente Reform der Kommunalfinanzierung ist mit einem weiteren Ausbluten der ländlichen Kommunen zu rechnen.“
Wir wollen darum, dass wir nicht nur bei der Einwohnerveredelung nach Größenklassen der Gemeinden differenzieren. Es wäre auch sachgerecht, zum Beispiel bei den fiktiven Hebesätzen nach der Größe der Kommunen zu differenzieren. Denn im jetzigen System ist es so, dass kleinere Kommunen künstlich reicher gerechnet werden und dass größere Kommunen künstlich ärmer gerechnet werden. Diese Ungleichbehandlung gehört unserer Meinung nach beendet.
Darüber hinaus ist auch bekannt, dass sich die Verbundquote – wer hat die eigentlich gesenkt? – nicht am realen Finanzbedarf der Kommunen orientiert, sondern sie ist politisch festgelegt, um nicht zu sagen willkürlich.
Wie sich dies auf die Verbundquote auswirkt, zeigt sich zum Beispiel bei der Grunderwerbsteuer, die nur zu vier Siebteln in die Verbundmasse einfließt und nicht voll. Darum müssen wir, glaube ich, auch insgesamt über die Verbundquote bzw. im ersten Schritt vor allem über den reellen Finanzbedarf der Kommunen sprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle haben das Verfahren und das Urteil zum Kommunalsoli vor dem Verfassungsgerichtshof aufmerksam verfolgt. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich glaube nicht, dass es ein echter Erfolg der Landesregierung war oder ist, vor Gericht zu bestehen. Nicht, dass Sie sich da nicht haben durchsetzen können. Ich glaube einfach, dass wir einen anderen Maßstab anlegen müssen.
Ein echter Erfolg wäre es doch für uns alle, wenn sich die Kommunen und das Land gar nicht erst vor Gericht treffen müssten. Dass es eine Spaltung in dieser Frage nicht nur hier im Hause, sondern auch quer durch die kommunale Familie gibt, ist völlig klar. Ich stelle damit nicht den kompletten Stärkungspakt infrage. Sie wissen, dass die Freien Demokraten gewisse Teile auch mitgetragen haben, und das würden wir auch wieder tun. Ich bleibe auch dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, dass Sie im Rückblick lieber den Stärkungspakt mitgetragen hätten als den Schulkonsens. Aber das können wir vielleicht in der heißen Phase des Wahlkampfes noch näher ausdiskutieren.
So wie der Stärkungspakt im Moment ausgestaltet ist – das sage ich noch einmal –, treibt er einen Keil in die kommunale Familie, und solange das der Fall ist, kann es keine echten Erfolge geben, auch wenn der eine oder andere möglicherweise einen Etappensieg vor Gericht für sich verbuchen möchte.
Meine Damen und Herren, eine mutige Reform des GFG bleibt mit diesem Entwurf leider aus. Wir bleiben dabei – einige Aspekte, die wir kritisch sehen, habe ich angesprochen –: Wir bräuchten eine umfassende Analyse des kommunalen Finanzbedarfes auf Basis der aktuellen Aufgaben und Pflichten. Wir müssten uns zusammen dafür einsetzen, dass das, was der Bund vorgibt, auch wirklich bezahlt und erstattet wird, und daraus müssten wir dann die GFGZuweisungen ableiten. Es kann nicht sein, dass aus der Verbundmasse heraus eine feste Zuweisung folgt und man dann sagt, die Kommunen müssten dann damit einfach klarkommen.
Wir freuen uns auf die weiteren Beratungen im Ausschuss. Herr Kollege Dahm, das Angebot, sich zusammenzusetzen und das Gutachten, das der Minister gerade angesprochen hat, gemeinsam zu analysieren, nehmen wir sehr gerne an. Darauf freuen wir uns.
Ich freue mich sowohl auf die Ausschussberatung als auch auf das Gutachten, die weitere Debatte und den Sonnenschein draußen. – Vielen Dank.
Meine Damen, meine Herren! Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Herr Präsident! Ich möchte heute anders an die Frage, wie wir mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz umgehen, herangehen als in früheren Jahren.
In früheren Jahren haben wir deutlich gemacht, was wir alles Gutes getan haben, haben im Zusammenhang aufgerechnet, wie sich denn in den schwarzgelben Regierungszeiten das Land zulasten der Kommunen bereichert hat und welche Änderungen wir in diesem Zusammenhang vorgenommen haben. Das erspare ich Ihnen heute.
Aber eines, Herr Höne, will ich Ihnen deutlich sagen: Wenn Sie sagen, dass dieses Spitzenergebnis der verteilbaren Verbundmasse das Ergebnis der sprudelnden Steuereinnahmen sei, dann ist das nur eine Antwort. Es gibt aber noch eine andere Antwort, die Sie auch hätten geben können.
Wir hatten 2009 eine verteilbare Verbundmasse von 7,9 Milliarden €. Heute liegen wir bei 10,5 Milliarden € oder – anders formuliert – bei einem Plus von 2,6 Milliarden €. Etwa 2 Milliarden € davon sind den sprudelnden Steuereinnahmen zugestanden, aber mehr als 500 Millionen € legen wir als Landesgesetzgeber dazu, und zwar zum einen durch die Herausnahme der Befrachtungen in Höhe von rund 166 Millionen €, die Sie seinerzeit eingeführt haben, und zum anderen durch die Einbeziehung der Grunderwerbsteuer; das haben Sie seinerzeit nicht getan.
Des Weiteren haben Sie von fiktiven Hebesätzen gesprochen. Liebe Zuhörer, fiktiv heißt, man würfelt irgendwie. Es wird aber nicht gewürfelt, sondern es handelt sich um die mittleren Hebesätze aller NRW
Kommunen abzüglich 5 %. Warum machen wir das? Warum halten wir an fiktiven bzw. mittleren Hebesätzen abzüglich 5 % fest? Weil wir natürlich wissen, dass die Kommunen einen gewissen Gestaltungsspielraum bezogen auf die Höhe ihrer Einnahmen haben.
Folgendes sollten wir allerdings nicht tun: Wir sollten nicht in Abhängigkeit zu den jeweils genutzten Gestaltungsspielräumen entsprechend in das Gemeindefinanzierungsgesetz nachfinanzieren; denn das würde der Willkür Tür und Tor öffnen.
Frau Thönnissen, ich weiß nicht, ob Sie das Urteil des Verfassungsgerichtes Münster aus Mai richtig gelesen oder verstanden haben. Der Landesverfassungshof hat zum wiederholten Male anerkannt, dass die Art und Weise, wie wir mit der Gemeindefinanzierung umgehen, sprich die Art und Weise, wie wir die Kommunen an den Steuereinnahmen des Landes beteiligen, völlig in Ordnung ist. Wir kommen unserer Verpflichtung im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Landeshaushaltes nach, und wir können uns auch im Vergleich zu anderen Bundesländern messen lassen.
Herr Höne, Sie sind noch relativ neu im Kommunalausschuss. Ich empfehle Ihnen – das gilt auch für Sie, Frau Thönnissen –, sich einmal eine Studie des Landesrechnungshofes Mecklenburg-Vorpommern anzuschauen, die in diesem Zusammenhang die verschiedenen Ausgleichssysteme der einzelnen Bundesländer beleuchtet hat. Diese ist relativ einfach zu lesen. Da sehen Sie, welche Verbundsätze zugrunde gelegt werden, welche Verbundgrundlagen zugrunde gelegt werden und wie hoch die Kommunalisierungsgrade sind. Wenn Sie das gelesen und auch verstanden haben, dann werden Sie erkennen, dass wir uns bezogen auf die Frage der kommunalen Finanzen durchaus sehen lassen können.
Das hat etwas mit der Entwicklung der sozialen Lasten zu tun; ohne Zweifel. Bezogen auf die Sachaufwendungen betrug die Steigerungsrate in den letzten Jahren etwa 1 %.
Die Personalaufwüchse bzw. Steigerungsraten im Personalaufwand betrugen etwa 2%. Dafür haben wir einen relativ starken Anstieg der sozialen Aufwendungen, nämlich im Schnitt zwischen 4,5 und 5 %, teilweise auch über 5 %, zu verzeichnen. Das
macht auch die Entwicklung des Soziallastenansatzes aus, der in diesem GFG mit – jetzt muss ich einmal nachschauen – 17,63 festgeschrieben wird.
Wenn Sie, Frau Thönnissen, das Urteil richtig gelesen haben, dann werden Sie festgestellt haben, dass der Landesverfassungshof dazu – ich beziehe mich hier auf die Ziffer 105 – Folgendes ausgeführt hat:
„Die Beschwerdeführerinnen machen zu Recht systematische ‚Übernivellierungen‘ wegen der Art der Finanzierung der Soziallasten im kreisangehörigen Raum geltend. Dies wird der Gesetzgeber zukünftig zu berücksichtigen haben. Die systematischen Verzerrungen beruhen darauf, dass der Soziallastenansatz auf Gemeindeebene ‚verortet‘ wird, obwohl die Kosten für die Sozialleistungen im kreisangehörigen Raum zu einem großen Teil von den Kreisen getragen werden, und die Soziallasten der Kreise über die Kreisumlage von den kreisangehörigen Gemeinden refinanziert werden.“
Was heißt das? Das heißt, wir haben den Aufwand bei den Kreisen und die Einbeziehung dieser Aufwendungen bei den kreisangehörigen Gemeinden.
Und wenn wir entsprechende Veränderungen vornehmen – und das wird das Gutachten zeigen –, dann werden sich diese Veränderungen im kreisangehörigen Raum darstellen. Solange im kreisangehörigen Raum bzw. innerhalb eines Kreises der Aufwand im Bereich der Sozialleisten gleich hoch ist, werden die Veränderungen minimal sein. Problematisch wird es aber in den Kreisen werden, die einerseits strukturschwache Gemeinden und andererseits strukturstarke Gemeinden haben.
Ein Beispiel hierfür ist der Kreis Mettmann. Langenfeld und Monheim werden davon profitieren, Heiligenhaus und Mettmann mit Sicherheit nicht.
Eine der Möglichkeiten ist, in einem gewissen Umfang den Mehrwert, der aus einem gestiegenen Soziallastenansatz resultiert, sozusagen zulasten der jeweils betroffenen kreisangehörigen Gemeinden abzuschöpfen und in Richtung der Schlüsselzuweisungen für die Kreise zu schieben.
Eine andere Möglichkeit wäre, das Kreisumlagegesetz entsprechend zu ändern und eine Situation herzustellen, in der diese Übernivellierung abgeschöpft wird, mit der Konsequenz, dass natürlich strukturschwache Gemeinden im kreisangehörigen Raum entsprechende Nachteile hinzunehmen haben.
Das ist die Hauptaussage, die in der Urteilsbegründung getroffen ist. Darauf hat der Landesgesetzgeber zu achten, und dem werden wir auch im Rahmen der künftigen Gemeindefinanzierungsgesetze nachkommen.
Dass dies Zeit braucht, ist völlig normal. Daher erfolgt auch das Einfrieren auf Grundlage der Daten der Haupt- und Nebenansätze des Jahres 2016 für 2017, obwohl ich immer ein Verfechter davon gewesen bin, laufend zu aktualisieren. Wenn sich nämlich der Aufwand verändert, dann muss dieser im Gemeindefinanzierungsgesetz auch entsprechend dargestellt werden.
Das wird eine spannende Diskussion werden, und da bin ich mal gespannt, inwieweit denn die Beschwerdeführer, die diese Verfassungsklage angestrengt haben, mit dem abschließenden Ergebnis hinterher zufrieden sein werden.
Ich bin auch gespannt, inwieweit der Städte- und Gemeindebund, der diese Klage massiv vorangetrieben hat, hier im Sinne aller kreisangehörigen Gemeinden gut beraten war.
Aber das wird eine Angelegenheit sein, mit der sich der künftige Landtag zu beschäftigen hat. Wir wissen, wie die Vorlaufzeiten sind. Das Gutachten wird möglicherweise erst im Sommer vorliegen, und ich glaube, da werden manchen bezogen auf die Frage: „Was ist in dem Zusammenhang angestoßen worden?“ die Augen aufgehen.
Was wir nicht machen können, ist, auf Dauer den Soziallastenansatz abzusenken. In der Fragestunde gestern hat Minister Jäger dem Kollegen Schemmer noch einmal deutlich gemacht, nach welchen Kriterien das Gemeindefinanzierungsgesetz aufgebaut und ist weshalb so verfahren werden muss, wie verfahren wird. Das heißt, wir haben normierte Aufwendungen einerseits …