Protokoll der Sitzung vom 16.09.2016

In der Vorlage steht auf Seite 4 ein bemerkenswerter Satz, vielleicht stand er schon sehr oft in Vorlagen und ist mir durch die Lappen gegangen. Ich will ihn gerne mal vorlesen:

„Kurzfristig wird eine flächendeckende Breitbandversorgung mit einer Downloadgeschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s bis 2018 angestrebt.

Erste Ausschüttung 7 Prozent, zweite Ausschüttung 2,8 Prozent.“

Wie wollen Sie dieses Versprechen einhalten, bis 2018 mindestens 50 Mbit/s Versorgung flächendeckend herzustellen? Darüber würde ich gerne mal etwas hören.

(Beifall von der CDU und der FDP)

„Mindestens“ finde ich auch deshalb spannend, weil so ziemlich jeder von uns, der Kunde eines Vertrages

auf Kupferkabelbasis ist, weiß, dass in diesen Verträgen immer steht: bis zu 50 Mbit/s. Dafür bezahlen wir 30, 40 oder 50 € im Monat. Bis zu 50 Mbit/s! Entweder hat man hier noch ein paar ganz tolle Tricks auf Lager, oder man hat sich in der politischen Propaganda deutlich von den wahren Begebenheiten, der Realität und den technischen Möglichkeiten entfernt. Dazu würde ich gleich auch gerne etwas hören.

Zweiter Punkt: Kritik von „unternehmer nrw“ gab es nicht nur an der Breitbandversorgung, sondern etwas breiter. Die Ministerpräsidentin hat gesagt: Na ja, das ist einer der Wahlprüfsteine. – Ich lese das Papier auf 57 Seiten anders, verehrte Frau Ministerpräsidentin. Es ist eine Blaupause dafür, wie man aus diesem Land einen Gewinner der Digitalisierung eines traditionellen Industriestandorts macht, der jetzt, ob wir wollen oder nicht, in eine Transformation kommt. Es hat in diesem Land – das wissen ältere als ich viel besser – Situationen gegeben, da wussten wir, was wir verlieren in diesem Land. Jetzt wissen wir auch, was wir gewinnen könnten.

Die Digitalisierung kommt mit Macht. Das kann man wollen, das kann man nicht wollen – aber sie kommt. Und es ist doch schön, wenn man weiß, was Neues kommt, und wenn man weiß, welches Potenzial …

Die Redezeit.

Seit einer Sekunde, Frau Präsidentin!

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Ja, trotzdem.

Wenn man weiß, dass da neue Chancen kommen, wenn einem jemand auf 57 Seiten aufschreibt, wie man diese Chancen nutzt, dann sollte man es, Frau Ministerpräsidentin, nicht als „Wahlprüfstein“ abtun, sondern man sollte Danke sagen, man sollte Kritik annehmen – dazu sind Sie selbstbewusst genug – und sagen: Wir wollen uns das einmal angucken und daraus das Beste machen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wüst. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Vogt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wüst hat jetzt Ähnliches versucht wie Herr La

schet oder Herr Lindner es gestern in unterschiedlicher Qualität versucht haben: alles, was NordrheinWestfalen betrifft, negativ darzustellen.

Schauen wir aber einmal auf die Realität! Wo stehen wir beim Breitbandausbau in Nordrhein-Westfalen?

NRW ist Breitbandland Nummer eins. NRW ist mit einer Ausbauquote von fast 80 % schnellem Internet an der Spitze aller Flächenländer, Herr Wüst, vor Bayern, vor Hessen. Die bringen Sie ja sonst immer als Beispiele, haben Sie mittlerweile aber eingemottet, weil Nordrhein-Westfalen schon seit Monaten an der Spitze steht. Mecklenburg-Vorpommern – hatten Sie gerade erwähnt – liegt bei rund 53 % Ausbauquote.

Wenn wir zurückblicken, können wir sehen, dass hier in NRW eine ganze Menge passiert ist. Zu der Zeit, als die Regierung durch Ministerpräsidentin Kraft von Ihnen übernommen wurde, hatten wir eine Ausbaurate für 50 Mbit/s von rund 57 %. Jetzt nähern wir uns 80 %.

Dass das alles noch nicht genug ist, dass wir Bereiche haben, wo noch etwas getan werden muss, erschließt sich natürlich aus diesen Zahlen.

Dass wir das bestausgebaute Flächenland in Deutschland sind, kommt aber nicht von allein. Eine Vielzahl von Maßnahmen, auch durch diese Landesregierung mit auf den Weg gebracht, hat dazu beigetragen.

Wirtschaftsminister Duin hatte damit begonnen, einen runden Tisch einzurichten. Er hatte Unternehmen, Verbände, Kommunen, Politik an einen Tisch geholt, um den Breitbandausbau zu koordinieren. Das wurde erst von Ihnen belächelt, kritisiert. Es lief aber so gut, dass Minister Dobrindt das einige Monate später auch auf Bundesebene eingeführt hat.

Wir haben BreitbandConsulting.NRW als Beratungsinstrument, das weiter ausgebaut wird. Wir haben Breitbandbeauftragte in den Kommunen, in den Kreisen gefördert – jeweils mit 150 000 €.

NRW fördert auch finanziell. Sie erwecken hier den Eindruck, Herr Wüst, als ob nur der Bund finanzielle Förderung zur Verfügung stellt. Das ist mitnichten so.

(Hendrik Wüst [CDU]: Der Bund unterstützt! Aber ohne Anträge wird das nichts!)

Die Landesregierung hat ausgesagt, dass bei der Versteigerung der Digitalen Dividende II 100 % der Summe, die nach Nordrhein-Westfalen fließt, ins schnelle Internet investiert werden. Das sind über 130 Millionen €. Das geschieht auch so; und das machen nicht alle Bundesländer. Insbesondere Gewerbegebiete – das hatten Sie angesprochen – und auch der ländliche Raum werden dabei in den Blick genommen.

Jetzt kommen wir zur Bundesförderung, die Sie gerade angesprochen haben. Die Vergabe der Bundesmittel geschieht nach einem Scoring-Modell. Nach diesem Modell werden die Bedingungen in den Bundesländern nach bestimmten Kriterien bewertet, und diese sind dann relevant für die Mittelvergabe.

Wenn wir uns diese Kriterien mal genau ansehen, können wir feststellen, dass sie für NRW denkbar ungünstig sind.

Erstes Beispiel: Die Bewerbungskriterien bevorzugen Regionen mit einer geringen Bevölkerungsdichte. Das höchste Scoring-Ergebnis gibt es bei Anträgen für Regionen mit weniger als 70 Einwohnern pro Quadratkilometer. Sie dürfen gern Ihre Geografiekenntnisse herausholen: Welcher Kreis oder welche Stadt hat die geringste Bevölkerungsdichte in NRW? – Es ist der Kreis Höxter. Und selbst der liegt bei 120 Einwohnern pro Quadratkilometer. Im Schnitt liegt die Dichte in NRW bei 500 Einwohnern pro Quadratkilometer. In Mecklenburg-Vorpommern sind es lediglich 69 Einwohner pro Quadratkilometer.

Zweites Beispiel: Ein weiteres Kriterium ist die Menge an Anschlüssen, die langsamer als 16 Mbit/s sind. Je mehr langsame Anschlüsse, umso besser. Nur, in Nordrhein-Westfalen sind 92 % der Internetanschlüsse schneller. Da bleibt nicht mehr viel übrig. In Mecklenburg-Vorpommern sind hingegen 27 % der Anschlüsse langsamer als 16 Mbit/s.

Diese Beispiele aus der Scoring-Tabelle könnte man fortführen. Sie zeigen: CSU-Minister Dobrindt hat die Kriterien so gestrickt, dass NRW schlechtere Bedingungen vorfindet, um an die Förderung zu kommen. Die Kriterien sind also von Ihrem Parteifreund, Herr Wüst, bewusst so gestaltet worden. Aber statt Ihren Minister in Berlin mit in die Pflicht zu nehmen, statt für Nordrhein-Westfalen zu streiten, stellen Sie sich hierhin, regen sich auf und verschweigen, was Dobrindt hier angerichtet hat!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die CDU verweist – Sie haben es gerade auch getan – in ihrer Begründung für diese Aktuelle Stunde auch auf das wirtschaftspolitische Papier von unternehmer nrw. Dann lassen Sie uns einmal einen genauen Blick in dieses Papier werfen.

Was finden wir im Kapitel über die Digitalisierung zum Thema „Digitale Infrastruktur“? – Wir finden in diesem Papier Folgendes: Die Wirtschaft fordert von einer guten Landespolitik erstens die Anbindung der Gewerbegebiete mit Glasfaser, zweitens eine gute Datensicherheit, drittens finanzielle Förderung durch Land, Bund und EU und den Abruf der Mittel und viertens eine Gigabit-Strategie.

Gehen wir die Punkte mal kurz durch.

Die Anbindung der Gewerbegebiete mit Glasfaser ist längst beschlossen und vorrangiges Ziel dieser Landesregierung.

Das Thema „Datensicherheit“ ist in NRW ein Schwerpunkt. Hier haben wir Forschungseinrichtungen, beispielsweise das Horst-Görtz-Institut an der Ruhr-Uni in Bochum, die ausgezeichnete Arbeit machen.

Nächster Punkt: Förderung für den Breitbandausbau durch Landes-, EU- und Bundesmittel. Dies geschieht, wie schon beschrieben, mit Hilfestellung zum Abruf. Da ist das Land auch aktiv.

Schließlich die Forderung nach einer Gigabit-Strategie – einer Strategie für die nächsten zehn Jahre. Und genau das hat Wirtschaftsminister Duin Ende letzten Monats hier vorgestellt. Wir haben einen Plan für die nächsten zehn Jahre, wie der Glasfaserausbau vorangetrieben werden soll.

Meine Damen und Herren, die Forderungen der Wirtschaft in diesen Punkten sind richtig. Viele von ihnen sind bereits bearbeitet oder sogar umgesetzt. Es bleibt also festzustellen: CSU-Minister Dobrindt strickt Förderprogramme so, dass Nordrhein-Westfalen benachteiligt wird. Die SPD-geführte Landesregierung hat seit 2010 viele Unterstützungsmaßnahmen für schnelles Internet auf den Weg gebracht, sodass NRW Breitbandland Nummer eins aller Flächenländer ist. Und NRW hat als erstes Bundesland eine Gigabit-Strategie für die Jahre bis 2026 auf den Weg gebracht.

Die Redezeit.

Das kann sich sehen lassen. Wir stehen wesentlich besser da als dieses Bild, das Sie hier zeichnen wollen, Herr Wüst. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Vogt. – Für die FDP spricht Herr Kollege Bombis.

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Dass noch nicht einmal 3 % der Mittel aus der zweiten Förderrunde im Rahmen des Breitbandprogrammes des Bundes nach Nordrhein-Westfalen fließen, ist in der Tat ein Problem. Vor diesem Fakt können wir uns doch nicht verstecken.

(Beifall von der FDP)

Dass die Landesregierung das grundsätzlich ähnlich sehen muss, zeigt sich doch schon daran, dass es ursprünglich in den festgesetzten Mitteln zur Kofinanzierung völlig anders geplant war. Daher ist es in der Tat ein Problem. Es ist natürlich auch ein Problem,

dass damit die mageren 7 % aus der ersten Förderrunde sogar noch unterboten werden.

Diese Landesregierung hat nicht nur keine eigenen Maßnahmen zum Breitbandausbau, die sie in ausreichender Weise ergreift. Sie hat es vor allen Dingen versäumt, in ausreichender Weise die Kreise und Kommunen dabei zu unterstützen, die Einwerbung von Fördermitteln wirklich realisieren zu können.