Protokoll der Sitzung vom 06.10.2016

Gemeinsam müssen wir die digitale Arbeitswelt gestalten, um zu vermeiden, dass Insellösungen die Arbeitswelt weiter auseinandertreiben und unterschiedliche Auffassungen unversöhnlich einander gegenüber stehenbleiben. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Minister Schmeltzer. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Wir stimmen ab erstens über den Antrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/8973. Der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales empfiehlt in Drucksache 16/13045, den Antrag 16/8973 abzulehnen. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Antrag, die Drucksache 16/8973 selbst, und nicht über die Beschlussempfehlung.

Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Damit ist der Antrag Drucksache 16/8973 abgelehnt mit Zustimmung der Fraktion der Piraten und des fraktionslosen Abgeordneten Schwerd bei Ablehnung von SPD, CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der FDP-Fraktion.

Zweitens rufe ich die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Piraten Drucksache 16/13081 auf. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/13081 angenommen

mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion der Piraten und des fraktionslosen Abgeordneten Schwerd bei Ablehnung der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion.

Ich rufe auf:

7 Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die

psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (AGPsychPbG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/12365

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses Drucksache 16/13046 – Neudruck

Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Fraktion der FDP und der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/13105 – Neudruck

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die SPDFraktion Frau Kollegin Wagener das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Psychosoziale Prozessbegleitung, ich glaube, wenn ich hier fragen würde, was man darunter versteht, dann wüsste es nicht jeder. Aber es ist ein nicht ganz unwichtiges Thema, gerade für Opfer von Gewaltverletzungen und Straftaten.

Wer Opfer einer schweren Körperverletzung, eines Sexualverbrechens oder eines Raubes geworden ist, ist erheblichen psychischen Belastungen ausgesetzt, wenn er im Strafverfahren mit dem erlittenen Tatgeschehen oder auch dem Täter bzw. der Täterin konfrontiert wird. Diese Erkenntnis hat auch der Bundesgesetzgeber gewonnen und im letzten Jahr das Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren erlassen. Ziel ist es, dass Opfer von Straftaten professionell in emotionaler Hinsicht und psychologisch unterstützt werden.

Wir beraten jetzt im Plenum das Ausführungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, welches regeln wird, wie dieses Bundesgesetz vor Ort umgesetzt werden wird.

In diesem Gesetzentwurf werden die Voraussetzungen für die Anerkennung von psychosozialen Prozessbegleiterinnen und -begleitern, Ausbildungsvor

gaben und Fortbildungspflichten geregelt. Im September haben wir dazu im Rechtsausschuss eine Sachverständigenanhörung durchgeführt. Selten

habe ich eine Anhörung verfolgt, bei der so viel Lob von den Sachverständigen über einen Gesetzentwurf geäußert wurde. Ein paar Anregungen haben sie uns trotzdem mit auf den Weg gegeben. Diese Anregungen hat Rot-Grün in einen Änderungsantrag aufgenommen, dem sich jetzt aber dankenswerterweise alle anderen Fraktionen angeschlossen haben.

Die erste Änderung, die wir gerne vornehmen würden, betrifft die Fortbildungspflichten der zukünftigen Prozessbegleiter. Ihre Anerkennung kann – so steht es jetzt im Gesetzentwurf – widerrufen werden, wenn sie beharrlich einer Verpflichtung zur Fortbildung nicht nachkommen. Wir möchten gerne mehr Druck reinbringen. Unser Anliegen ist, dass es keine KannBestimmung bleibt, sondern dass daraus eine SollBestimmung wird. Das heißt, dass die Anerkennung entzogen werden soll, wenn entsprechende Fortbildungen nicht durchgeführt werden.

Eine zweite Änderung – auch gerne auf Hinweis der Sachverständigen angenommen – war, dass wir in das Gesetz eine Evaluation reinschreiben möchten, dass wir in fünf Jahren das gute Gesetz, das wir heute hoffentlich auf den Weg bringen, evaluieren und schauen können, ob es tatsächlich so gut ist, wie wir es zumindest im Moment im Kopf haben.

Weitere Änderungen, die wir vornehmen wollen, sind eher redaktioneller Art und konkretisieren den bisherigen Gesetzentwurf.

Dementsprechend kann ich mich kurz fassen. Wir haben eine sehr vorbildliche Regelung hinsichtlich der psychosozialen Prozessbegleitung gefunden. Wir bleiben bei dem Zweisäulenmodell, welches besagt, dass nicht nur freie Träger diese Prozessbegleitung anbieten dürfen und können, sondern auch der Allgemeine Soziale Dienst der Justiz. Ich bin ganz froh darüber, dass wir das auch einverständlich hinbekommen haben. Noch mal Dank an das Justizministerium für diesen Gesetzentwurf.

Nur 13 Paragrafen umfasst der Gesetzentwurf, Paragrafen, die besonders schutzbedürftigen Opfern von Straftaten helfen werden. Das ist sicherlich unser aller Anliegen. Ich hoffe, dass wir alle nie in die Situation kommen, dieses Gesetz in Anspruch nehmen zu müssen. Aber ich hoffe, dass es denjenigen helfen wird, die Opfer von Gewaltverbrechen oder Straftaten werden, die sie sehr belasten.

Ich bitte um Zustimmung zum Änderungsantrag und zum entsprechend geänderten Gesetzentwurf. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der SPD und Dagmar Hanses [GRÜNE])

Vielen Dank, Frau Kollegin Wagener. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Hendriks.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für den Opferschutz, denn mit dem Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren stärken wir nicht nur den Opferschutz, sondern auch die Opferrechte.

Meine Damen und Herren, dass wir dies gemeinsam, überfraktionell machen, ist ein gutes Zeichen, denn dieses Thema eignet sich nicht zur parteipolitischen Auseinandersetzung.

Es eignet sich aber sehr wohl für die Diskussion über den richtigen Weg. Diese Diskussion haben wir in mehreren Ausschüssen geführt. Wir haben auf Antrag der CDU-Fraktion eine Sachverständigenanhörung durchgeführt, die sehr gut war, weil uns die Fachleute den einen oder anderen Hinweis gegeben haben, an welcher Stelle wir vielleicht noch Feinjustierungen vornehmen sollen. Denn es geht insbesondere darum, wie Opfern von Gewalt- und Sexualstraftaten in Zukunft geholfen werden kann, Strafverfahren insgesamt besser zu bewältigen.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat von Anfang an sehr viel Wert darauf gelegt, dass insbesondere die Qualifikation der Betreuerinnen und Betreuer einen hohen Stellenwert hat. Wir haben geregelt – mittlerweile ist das gemeinschaftlich geregelt –, welche Fortbildungsmaßnahmen besucht werden müssen. Wir haben auch geregelt – das halte ich persönlich für sehr klug –, dass einer Person, die regelmäßige Fortbildung verweigert – so will ich es formulieren –, das Mandat entzogen werden kann.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Denn diejenigen, die diese Prozessbegleitung vornehmen, müssen nicht nur Empathie für die Opfer mitbringen, sondern sie brauchen auch eine psychologische und vielleicht auch pädagogische sowie juristische Grundbildung, um eine hohe Qualität im Rahmen der Betreuung gewährleisten zu können.

Somit möchte ich schließen. Wir haben unsere Hausaufgaben und noch etwas mehr gemacht. Wir haben die Möglichkeit genutzt, die Leitbilder und Standards des Bundesgesetzes zu konkretisieren.

Deswegen schließe ich mit dem Beginn meiner Rede: Dies ist ein guter Tag für die Opferrechte – auch hier in NRW. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hendriks. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Hanses.

Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur psychosozialen Prozessbegleitung beschreiten wir einen wichtigen Weg, um den Opferschutz sowie den Schutz von Zeuginnen und Zeugen im Strafverfahren voranzubringen.

Damit stellt sich NRW an die Spitze in Deutschland. Denn Sie wissen alle – Herr Kollege Hendricks, ich bin froh, dass Sie den Konsens loben –: Die Anhörung, die die CDU beantragt hat, hatte nur den CDUAntrag aus dem letzten Jahr zum Thema. Dieser forderte viel zu spät ein Modellprojekt wie in BadenWürttemberg. Deshalb konnten wir da nicht folgen.

Der Gesetzentwurf liegt nun vor und wurde intensiv beraten. Es gab einen Vorlauf in einer Bund-LänderArbeitsgruppe und einen Vorlauf im Ministerium. Gerade dieser wurde von den Sachverständigen sehr gelobt. Die von den Sachverständigen geforderte Koordinierungsstelle ist beim Ministerium längst eingerichtet. Sie bleibt weiterhin bestehen.

Ich möchte die Sachverständige Frau Beermann von Zornröschen zitieren. Sie sagt:

„Damit steht Nordrhein-Westfalen am 1.1.2017, wenn das Gesetz in Kraft tritt, bei den zertifizierten Prozessbegleiterinnen und -begleitern ziemlich gut da.“

Ich möchte Frau Schulte von der Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt/Landesverband autonomer Frauen-Notrufe NRW zitieren. Sie möchte dem Ministerium danken:

„Es ist ein sehr gutes Gesetz. Wir sind in NRW im Vergleich mit den anderen Bundesländern in dieser Hinsicht sehr weit. Ich möchte mich vor allem für die Einrichtung einer interdisziplinären Landeskoordinierungsstelle bedanken, und auch dafür, dass die Informationen über die psychosoziale Prozessbegleitung im Land schon weit gediehen sind.“

Sie sehen: Das trifft auf breiten Zuspruch. Ich möchte mich bei allen Fraktionen bedanken, dass wir den gemeinsamen Änderungsantrag in wenigen Tagen hinbekommen haben.

(Sven Wolf [SPD]: Gern geschehen! – Zuruf von der CDU: So sind wir!)

Die Rechtspolitik ist manchmal ganz fix, auch wenn der letzte Neudruck erst heute vorlag. Dass wirklich alle Fraktionen dabei sind, finde ich klasse.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass ich von Anfang an froh war, dass das Ministerium den

Weg der zwei Säulen geht, den wir in vielen Bereichen haben. Wir bilden eigene Kräfte der Justiz als psychosoziale Prozessbegleiterinnen und psychosoziale Prozessbegleiter aus. Aber wir bauen auch auf die Fachkompetenz der freien Träger, die selbstverständlich mit spezialisierten Täterinnen- und Tätergruppen sowie mit spezialisierten Opfergruppen Erfahrung haben und diese Expertise in die Arbeit einbringen. Auf diese Arbeit können wir bauen, damit es im Strafverfahren nicht zu einer erneuten Viktimisierung der Opfer kommt. Damit ist allen geholfen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich über den breiten Zuspruch zum Gesetzentwurf. Vielen Dank.