Protokoll der Sitzung vom 07.10.2016

Das von der KMK vorgeschlagene Modell „Kompetenzen in der digitalen Welt“ halte ich für richtig. Informatik ist eben ein gesamtgesellschaftlicher Teilaspekt. Dieser Bereich darf nicht von anderen wichtigen Bereichen abgekoppelt werden. Dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und damit nicht nur die Aufgabe von Eltern und Schule ist, Jugendliche an die Grundlagen der Informatik heranzuführen, ist insoweit klar.

In der Anhörung wurde auch deutlich, dass diejenigen, die ein Pflichtfach Informatik fordern, nicht darlegen, auf Kosten welcher anderen Fächer dies geschehen soll. Ziel unserer Schulpolitik ist es, langfristig zentrale Kompetenzen aller Schülerinnen und Schüler an allen Schulformen zu stärken. Daher ist der Ansatz der fächerübergreifenden verbindlichen Medienkompetenz hin zur erweiterten informatischen Kompetenz aus unserer Sicht genau der richtige.

Aus diesem Grunde passt es auch, wenn ich noch einmal aus unserem Leitbild 2020 für Bildung in Zeiten der Digitalisierung zitiere; denn daran wird das sehr schön deutlich:

„Im Unterricht aller Bildungsgänge, Schulstufen und Fächer sollen digitale Aspekte fachlicher Kompetenzen aufgegriffen und dazu in allen künftigen Bildungs- und Lehrplänen verankert werden.“

Statt den Ansatz eines Pflichtfachs Informatik zu verfolgen, sollten wir unser Augenmerk lieber darauf legen, digitale Kompetenzen nicht von den jeweiligen Fachkompetenzen zu trennen, sondern sie eben als integralen Bestandteil zu begreifen und zu fördern, um eine bestmögliche Kontextualisierung zu ermöglichen. Auch informatische Grundkenntnisse sollen auf diese Weise in den bestehenden Fachunterricht integriert werden. Der Kompetenzrahmen des bereits erfolgreich entwickelten Medienpasses NRW dient hierbei als Orientierungsrahmen.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Sicherlich könnte man auch etwas überspitzt sagen: Wir brauchen keine Kindergartenprogrammierer, sondern junge Menschen, die mit Interesse und hoher Motivation die Welt der Informatik erkunden und erlernen.

Über das Wecken von Interesse und Neugier – auch das wurde in der Anhörung deutlich; aber das sehen wir ja auch in unserem Alltag – erreichen wir die Schülerinnen und Schüler viel besser als über die Auferlegung einer Pflicht. Zusammen mit einer kontinuierlichen Fortbildung und Sensibilisierung der Lehrkräfte ist dies für uns ein wichtiger Beitrag zum Eintritt in die digitale Welt. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Spanier-Oppermann. – Nun spricht für die CDUFraktion Frau Korte.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Informatikunterricht als Pflichtfach an unseren Schulen – das geht nicht von heute auf morgen per Mausklick.

(Zuruf von den PIRATEN: Ha, ha!)

Nach derzeitigem Stand der Dinge grenzt das eher an Utopie. Vielen Schulen fehlt schlicht die technische Ausstattung, vom Fachlehrermangel einmal ganz zu schweigen.

„Kinder werden heute früh mit PCs und Internet konfrontiert, es gibt schon für sechs Monate alte Babys Software.“

So die „Süddeutsche Zeitung“ vom 23. Juni 2014.

Im Berufsleben findet man inzwischen kaum noch Branchen, die ohne Mitarbeiter mit Kenntnissen in den Informationstechnologien auskommen können –

egal ob in der Automobilindustrie, im Maschinenbau, in der Elektrotechnik, in der Logistik, im Handel, im Finanzbereich ohnehin; selbst in der Landwirtschaft finden sich heutzutage computergesteuerte Melkmaschinen. Und das ist bei Weitem nicht alles.

Es steht außer Frage, dass unsere Schülerinnen und Schüler auf die technischen Herausforderungen vorbereitet werden müssen. Im Lehrplan der Grundschule sind im Bereich „Zeit und Kultur“ der Schwerpunkt „Medien als Informationsmittel“ vorgesehen, ebenso die Mediennutzung. Hier wird schon einiges getan. An der Hauptschule gibt es das Fach Informatik, an der Realschule wird es als Wahlpflichtfach angeboten, und in der Sekundarstufe II an den Gymnasien und Gesamtschulen ohnehin.

Ich kann mir im Übrigen keine Vorschule vorstellen, die in ihrem Schulprogramm keine informatische Bildung festgeschrieben hätte. Wie sagte eine Grundschullehrerin an einer Brennpunktschule vor Kurzem? Wischen auf dem Tablet können sie alle, Stift und Schere halten dagegen nur wenige.

(Beifall von Ingola Schmitz [FDP])

Wieso, liebe Piratenfraktion, muss eine neue Verpflichtung her, deren Umsetzung den Schulen eine weitere Last aufbürden würde? Warum muss immer alles reglementiert und zur Pflicht gemacht werden? Wieso haben Sie nicht das Vertrauen in die Schulen, dass sie die Anforderungen unserer Zeit im Rahmen dessen, was personell und materiell möglich ist, maßvoll in den Unterricht einbauen?

In der Expertenanhörung am 1. Juni zu diesem Antrag haben wir von Frajo Ligmann vom Gymnasium Würselen gehört, dass dort mit einer sehr guten Ausstattung gearbeitet wird. Man hat ein verbindliches Medienkurrikulum erstellt.

Andererseits gibt es Gymnasien, die gerne gleichziehen würden. Ich nenne einmal Gevelsberg. Das geht aber nicht, weil es keinen flächendeckenden und leistungsfähigen Internetzugang gibt, flächendeckendes WLAN ohnehin a. D. Ich erspare mit jetzt den Hinweis auf die „Gute Schule 2020“, der sicherlich von der Ministerin nachher noch einmal kommt. Da sage ich aus gemachten Erfahrungen: Das sind Ankündigungen. Schauen wir mal, was bei der Umsetzung dabei herauskommt.

Wir dagegen betrachten den Bereich informatische Bildung als Querschnittsaufgabe. In diesem Zusammenhang sehen wir die Notwendigkeit, die MINTAnteile des Unterrichtes zu stärken, auch um deren Bedeutung zu unterstreichen. Einfach mal schnell einführen, lässt sich ein neues Fach nicht. Wir sollten endlich aufhören, immer mehr Inhalte mal eben in die Schulen zu drücken. Bevor wir über ein neues Pflichtfach reden, sollten wir uns lieber darum kümmern, bestehende Unterrichtsinhalte ohne Stundenausfall den Schülern anzubieten.

(Beifall von der CDU)

Wir brauchen insgesamt mehr Lehrer und dann auch noch mit den entsprechenden Qualifikationen. Wie sagt man so schön: Qualität vor Quantität. Grundvoraussetzung ist aus unserer Sicht mehr Mathematik, ergänzend dazu Informatik. Für uns steht nicht die Verpflichtung im Vordergrund, sondern die Qualität des entsprechenden Unterrichts.

Meine Damen und Herren Piraten, Ihre Forderung lehnen wir als CDU-Fraktion ab. – Danke.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Korte. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin SchmittPromny.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Förderung der Medienkompetenz gehört zu den wichtigsten Bildungsaufgaben. Sie ist eine Schlüsselkompetenz.

Ich möchte kurz aufzeigen, was für uns zu einer informatorischen Allgemeinbildung gehört. Medienkunde, der Zugang zu digitalen Medien und deren Nutzung ist die Grundlage. Ein Instrument, diese schon ab der Grundschule zu etablieren, ist der Medienpass NRW. Digitale Medienkompetenz aber geht darüber hinaus. Schüler und Schülerinnen sollen in unserer Informationsgesellschaft technologisch-informatorische Grundkenntnisse und Fertigkeiten erwerben.

Die Verarbeitung von Daten, die zugrunde liegenden Codes und Algorithmen, die Vernetzung der Daten gehören zu einem theoretischen und praktischen Wissen, das es ermöglicht, an der digital geprägten Welt teilzuhaben. Dazu bedarf es der Verfügbarkeit von digitalen Geräten. Deshalb ist die weitere Ausstattung der Schulen mit WLAN und Geräten bleibende Aufgabe der Schulträger. Dem trägt übrigens auch – das haben wir heute gehört – das Programm „Gute Schule 2020“ Rechnung, indem Mittel dieses Programms für die digitale Infrastruktur der Schulen genutzt werden können.

Unabdingbar gehört die Thematisierung der gesellschaftlichen Entwicklung in eine digitalisierte Welt dazu, die Wahrnehmung der sozialen Effekte wie auch der kritische Blick auf diese Entwicklungen.

In einer Zeit, in der wir täglich Produzentinnen und Produzenten unserer medialen Botschaften sind, ist die Reflexion der Mediennutzung geboten. Medienpädagogik muss integraler Bestandteil sein. Ziel ist, dass Schülerinnen und Schüler in einer digitalisierten Welt als souveränes Ich handlungsfähig sind.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es gilt, die umfassende Durchdringung unseres Lebens durch die digitale Entwicklung in Schule aufzuzeigen, zu vermitteln, erfahrbar zu machen. Dazu werden die Schulen perspektivisch ein Mediencurriculum für alle Fächer entwickeln.

Ich zitiere aus der schriftlichen Stellungnahme des Experten Frajo Ligmann. Er sagt:

„In diesem Mediencurriculum ist für alle Fächer verbindlich und detailliert festgelegt, welche Kompetenzerwartung zu welchem Zeitpunkt durch welches Fach gefördert werden muss.“

Für eine solche informatorische Allgemeinbildung müssen die Lehrerinnen und Lehrer gewonnen werden. Sie sind der Hebel für das Gelingen, diese in Unterricht und Schulen zu integrieren.

Wir müssen aber feststellen, dass es Lehrer und Lehrerinnen gibt, die sich mit dieser Anforderung ausgesprochen schwertun. Nun muss vielleicht nicht jede einzelne Lehrpersönlichkeit den Umgang mit digitalen Medien beherrschen, und nicht jeder Unterricht muss digitalisiert stattfinden. Die Weiterbildung ihres Lehrkörpers aber sollte Anliegen aller Schulen sind. Angebote dazu sind vorhanden, zum Beispiel über QUA-LiS oder der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen.

Für die zukünftige Lehrergeneration gehört das Thema „Digitalisierung“ zu weitgehend allen Lebens- und Arbeitsbereichen und die digitale Kompetenz der Schülerschaft zu einer Querschnittsaufgabe im Studium und in der zukünftigen Berufstätigkeit. Das neue Lehrerausbildungsgesetz trägt dem Rechnung.

Meine Damen und Herren, Bildung 4.0 ist für alle Kinder und Jugendlichen zu fordern, denn zur Chancengleichheit gehört heutzutage digitales Wissen und Handlungsfähigkeit dazu.

Wir sagen Ja zum Leitbild digitaler Kompetenz, jedoch nicht über ein Pflichtfach Informatik, sondern über einen ganzheitlichen Ansatz als Querschnittsaufgabe und in allen Fächern. Es geht um Unterrichtsentwicklung und Schulentwicklung. Hier liegt der Schlüssel.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schmitt-Promny. – Für die FDPFraktion spricht Frau Kollegin Gebauer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Grundsätzlich ist aus Sicht der FDP der Vorstoß der Piraten für mehr Informatikunterricht in allen Schulformen und Schulstufen zu begrüßen.

Informatikunterricht beschäftigt sich mit den systematischen Grundlagen für Verständnis und Umgang,

wie es die Piraten zu Recht ansprechen. Und natürlich erschöpft sich ein Fach Informatik nicht alleine in technischen Aspekten, sondern es muss sich zum Beispiel auch in gesellschaftliche Wechselwirkungen entsprechend einbetten. Technische Grundlagen und gesellschaftliche Aspekte müssen in der Tat bereits frühzeitig qualitativ und letztlich aufwachsend behandelt werden.

Ich muss auch sagen, dass wir als FDP nicht den Eindruck gewonnen haben, zumindest bisher nicht, dass die rot-grüne Landesregierung sich auf diesem Feld besonders hervortut.

(Beifall von den PIRATEN)

Daran kann bis jetzt auch das Leitbild nichts ändern, das vielfach bestehende Maßnahmen einfach zusammenträgt.