Protokoll der Sitzung vom 10.11.2016

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Rasche.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es nochmals klarzustellen – ich habe es eben schon gesagt –: Den Mitarbeitern von Straßen.NRW oder auch den beteiligten Ingenieurbüros kann man null Vorwurf machen. Die machen eine ordentliche Arbeit; das haben sie am vergangenen Donnerstag im Verkehrsausschuss bewiesen.

Das ist auch nicht unsere Baustelle. Wir sind für die politischen Baustellen, die es hier so gibt, zuständig. Diese zu benennen, ist richtig. Das ist kein Wahlkampf und kein Schwarzer-Peter-Spiel, sondern das ist der Grund, weshalb wir hier sitzen.

(Jochen Ott [SPD]: Die Aktuelle Stunde ist es!)

Ich wollte eigentlich auf die in Leverkusen immer wieder diskutierte Tunnellösung eingehen, gehe aber lieber gleich auf die Bemerkung von Minister Groschek ein. Tatsache ist: Viele Leute in Leverkusen sind stinksauer. Im Bundesverkehrswegeplan sieht die Große Koalition Tunnellösungen im Wahlkreis

von Alexander Dobrindt vor – Größenordnung: ungefähr 600 Millionen € –, in Leverkusen hat man aber den Eindruck, dass diesbezüglich mit zweierlei Maß gemessen wird. Wo gibt es denn – mit A1, A3 und der Nord-Süd-Schienenstrecke – eine größere Verkehrsbelastung als mitten in Leverkusen? Ich kann gut verstehen, dass sich die Leute dort massiv aufregen.

Herr Minister Groschek hat vorhin am Rednerpult vier Bemerkungen gemacht, die ich kurz aufgreifen will, wenn ich es denn schaffe.

Erstens. Der Planungsauftrag des Bundes ist am 5. Dezember 2012 erfolgt. Die Sperrung war am 30. November 2012, also wenige Tage vorher. Das ist so, das ist Fakt. Dann ging das offizielle Verfahren los. Aber handeln wir in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland denn erst dann, wenn die Brücke gesperrt ist? Muss man nicht schon anfangen zu handeln, wenn man feststellt, dass eine Sperrung droht?

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das geht jetzt schon über fünf, zehn, 15 Jahre. Diese Grundregel müsste Maßgabe für uns alle sein, und nicht nur rückblickend bei der Leverkusener Brücke, sondern vorausschauend bei allen anderen maroden Brücken.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Man muss Geld in den Neubau stecken!)

Zweitens: Alternativen. Die erste Alternative war die Beschilderung, damit keine Lkws mehr über die Brücke fahren. Die Regierung ist dem Irrtum unterlegen, dass das funktionieren würde. Viele Lkws fuhren trotzdem über die Brücke. Die zweite Alternative war die Schranke. Natürlich hätte es auch noch eine dritte Alternative – mit welchem Personal auch immer – gegeben. Wäre das viel schneller passiert, hätten wir einige Schäden verhindern können. Die Aussage, dass es keine Alternative gibt, ist jedenfalls falsch.

Drittens: „Die Öffentlichkeitsarbeit wird verbessert“, so das Zitat. – Das ist gut.

Viertens. Dieser Punkt hat mich als Politiker, der sich schon seit 15 Jahren im Bereich der Verkehrspolitik bewegt, aufgeregt. Da bin ich fast unter die Decke gegangen. Der Minister hat ganz lapidar, wie man es nur auf irgendwelchen Veranstaltungen machen kann, wo Leute sitzen, die keine Ahnung haben, gesagt: Es müssen mehr Güter vom Lkw auf die Schiene.

Herr Minister, Ihnen liegen zahlreiche Gutachten vor, Ihnen liegen Stellungnahmen von Sachverständigen vor, die Ihnen glaubhaft und unbestritten versichern, dass es unglaublich schwer ist, allein von dem wachsenden Güterverkehr, der auf uns zurollt, den Modal Split auf der Schiene zu halten. Das ist nahezu unmöglich, weil es so ungeheurer Investitionen in die Schienenverkehrswege bedarf.

Wenn Sie gesagt hätten: „Wir wollen mehr von den Gütern, die zusätzlich auf uns zurollen, auf die Schiene verlagern“, wäre ich sofort bei Ihnen. Aber den Leuten zu suggerieren, wir würden es hinbekommen, die derzeit mit Lkws transportierten Güter auf die Schiene zu bringen, ist eine Lebenslüge. Mit dieser Lebenslüge haben die Grünen seit Jahren versucht, ihre Wählerinnen und Wähler zu beeindrucken.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Alle Gutachter, alle Verbände, alle Fachleute sagen: Das ist unmöglich. – Die Ministerpräsidentin hat gestern davon gesprochen, dass wir bei den Fakten bleiben müssten. Als Herr Optendrenk hier einige Sachen auf den Tisch gelegt hat, ist sie geradezu aus sich herausgegangen. Heute wurden wieder „Fakten“ bemüht. Das Faktum, dass es bei den derzeitigen Zuwächsen gar nicht möglich ist, vom jetzigen Lkw-Güterverkehr etwas auf die Schiene zu verlagern, ist unbestritten.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE] – Norwich Rüße [GRÜNE]: Natürlich geht das, wenn man das will!)

Zu diesem Faktum, Herr Minister, sollten wir uns alle klar bekennen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Fraktion DIE GRÜNEN spricht Herr Kollege Klocke.

(Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE] – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Außerdem hat den Zusammenhang auch keiner bestrit- ten!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fünf Punkte in fünf Minuten, vielleicht geht es auch schneller:

Erster Punkt. Von dem Kollegen wurde vorhin die Arbeitsgruppe angesprochen, die es bei Minister Lienenkämper schon gegeben haben soll. Wenn es sie schon gegeben hat, ist das gut so. Das war aber vor meiner parlamentarischen Zeit. Ich habe mich eben noch einmal mit dem damaligen Staatssekretär des Verkehrsministeriums Becker in Verbindung gesetzt.

(Christian Möbius [CDU]: Das war ja ganz hilf- reich!)

Lieber Kollege Rasche, die Arbeitsgruppe ist keineswegs eingestellt worden, sondern in der Regierungszeit unter Fuchsberger weitergeführt worden. Deren Ergebnisse waren Grundlage für den Bericht, der uns vom Ministerium 2011 im Ausschuss vorgelegt worden ist. Wenn Herr Lienenkämper das in seiner Zeit als Minister eingerichtet hat, ist das gut so, und dann

nehme ich auch meine Behauptung zurück, er hätte sich darum nicht gekümmert.

Zweiter Punkt. Uns Grünen wird ja immer vorgeworfen, wir würden Planungen in die Länge ziehen. Wenn es nach uns gegangen wäre und wir die Zeit hätten, hätte man diese Brücke ganz anders planen müssen. Die Tatsache, dass kein Schienenstrang auf die Brücke kommt, dass es keinen Radweg bzw. Radschnellweg gibt und die Zuwegung immer noch auf einer Aufstelzung geplant ist – das ist nicht grüne Verkehrsplanung und Verkehrspolitik.

Dass wir dies mitgetragen und überhaupt zugestimmt haben, liegt einzig und allein daran, dass es hier einen so hohen zeitlichen Handlungsdruck gibt und eine Entlastung für die Brücke dringend benötigt wird. Ansonsten hätten wir planerisch ganz anders an die Sache herangehen müssen. Es ist mir noch einmal wichtig, das zu erwähnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dritter Punkt. Fernab jeder grünen Ideologie sage ich: Wir sorgen auch dafür, dass das Projekt schnell vorangetrieben wird, um das Problem so schnell zu lösen, wie es möglich ist.

Herr Moritz, Sie haben eben behauptet, die Rednerinnen und Redner von SPD und Grünen hätten etwas zur Giftmülldeponie gesagt. Ich habe aber einfach nur Ihren Antrag gelesen. Dort finden sich auf Seite 2 drei, vier Zeilen, die sich ausführlich mit der Frage nach der Giftmülldeponie beschäftigen. Der Kollege Becker hat es auch gesagt: Wir haben das jetzt nicht aus der Luft gegriffen. Sie als CDUAbgeordneter müssten, bevor Sie hier an das Podium gehen, vorher vielleicht mal in Ihrem eigenen Antrag nachlesen, welche Fragen Sie darin an die Landesregierung richten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vierter Punkt: der Blick nach vorne. Ein entscheidender Grund, weshalb diese Brücke derart kaputt ist, dass sie jetzt abgerissen und neu gebaut werden muss, ist die Überlastung und Überladung der heutigen Lkw, die ja ein Vielfaches der Lasten transportieren, die noch in den 60er-/70er-Jahren transportiert wurden.

Vonseiten der Bundesregierung und des Bundesverkehrsministers ist zugesagt worden, an verschiedenen Stellen in Nordrhein-Westfalen vor den Brücken sogenannte Gewichtswaagen in die Fahrbahn einzulassen. Das ist bis heute in Nordrhein-Westfalen noch an keiner Stelle umgesetzt worden. Wenn Sie, liebe Kollegen von der CDU, eine gute Tat tun wollen, sollten Sie das in Berlin noch einmal anmahnen; aber das kann natürlich auch vonseiten unseres Verkehrsministers in Berlin getan werden.

Wir haben nur die Chance, künftigen Verschleiß, soweit es irgend geht, im Auge zu behalten und möglichst zu verhindern. Die Einführung solcher Gewichtswaagen auf nordrhein-westfälischen Autobahnen wäre da ein wichtiger Schritt, aber das muss vonseiten des Bundes, der es zugesagt hat, auch umgesetzt werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Fünfter und letzter Punkt: Alternativen zum Stau. Das war ja auch ein Anlass für Herrn Voussems Rede. Wenn es eine Landesregierung gibt, die sich in ihrer Verkehrswegeplanung intensiv um Alternativen zum Stau bemüht, dann ist es doch wohl diese.

Welche Schlachten haben wir hier schon geführt, zum Beispiel über Sanierung, Neubau und Ausbau von Radschnellwegen oder den Ausbau des RX! Diejenigen, die immer nur auf Straßenbau, also auf eine frühere Verkehrspolitik setzen, sitzen doch hier mit im Plenum.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Immer wieder haben wir Alternativen zum Stau finanziert und vorangebracht. Wenn ich mir dann aber Ihre Änderungsanträge zum Haushalt anschaue, dann stelle ich fest, dass es darin häufig darum geht, nicht mehr Gelder für Radschnellwege oder andere Alternativen einzuplanen.

Liebe Kollege Rasche, natürlich braucht es – und dafür machen wir ja solche Aktuellen Stunden – bei diesem Thema eine sachliche Argumentation und Auseinandersetzung. Herr Moritz jedoch hat in seiner Rede an vielen Stellen erwähnt, dass der 14. Mai 2017 der Schlusspunkt für diese Regierung sei. Solche Bemerkungen fielen auch gestern in unserer verkehrspolitischen Debatte von Ihnen, Herr Rasche, als Sie am Ende gesagt haben: Es wird Zeit, dass die Grünen aus der Regierung rauskommen, damit mal vernünftig geplant wird.

Wer also selber in seinen Reden ständig Wahlkampf macht und dann einfordert, dass wir eine Sachdebatte führen sollen, der zeigt mit einem Finger auf andere, während die anderen Finger auf ihn selbst zeigen. Sie müssen an dieser Stelle mal Ihren Wahlkampf einstellen!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Für die Piraten spricht der Kollege Bayer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Leverkusener am Stream!

Herr Voussem hat anfangs einige Presseartikel vorgelesen. Ich habe diese Presseartikel natürlich auch

gelesen, auch zum Thema „Luftreinheitsplan in Leverkusen“, und noch viele andere. Aber ich habe auch Artikel gelesen, in denen Herr Voussem selber vorkommt. Etwas kurios ist ja, dass die CDU einerseits die SPD-Aussagen zur durchgrünten Gesellschaft und zu verkürzten Beteiligungsverfahren abfeiert und andererseits den Umgang der Landesregierung mit der Tunnellösung für Leverkusen und deren Ignoranz im Umgang mit diesem Thema beklagt.

Die verschiedenen Brücken- und Tunnellösungen möchte ich an dieser Stelle aus meiner Sicht noch ergänzen – die verschiedenen Brücken- und Tunnellösungen.

Bereits im Januar 2013 gab es einen Antrag der Piraten, im Falle der Leverkusener Brücke auf eine Kombilösung zu setzen, die für die Berufspendelnden, die den Großteil des Verkehrs auf der Brücke ausmachen, die Wahlfreiheit der Verkehrsmittel angeboten, das Verkehrssystem insgesamt entlastet und Leverkusen an das Stadtbahnnetz Köln angebunden hätte. Das war auch der richtige Zeitpunkt für Forderungen nach Stadtbahngleisen oder Radschnellwegen über den Rhein, Herr Klocke.