Für uns schließe ich das klar aus. Wir haben angeboten, dass wir an der Stelle zu einer Eröffnung kommen können. Das hat alles aber überhaupt nichts damit zu tun, dass, wenn man gemeinsam eine Verfassungsänderung will, man dazu etwas vorlegen kann. Es gibt doch viele Punkte bei der Verfassungsänderung, auf die wir uns verständigt haben, ohne dass Sie das Ihrerseits einseitig …
… mit Wahlrechtsfragen konditioniert hätten. Wem es um die finanzielle Konsolidierung geht, der kann das auch völlig unabhängig vom Wahlrecht tun. Wir stehen dazu bereit. – Vielen Dank.
Vielen Dank, meine Herren. Soweit Kurzintervention und Entgegnung darauf. – Nächster Redner ist für die Piratenfraktion Herr Kollege Kern.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Es wird Sie vielleicht nicht überraschen, dass ich im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen einen diametral anderen Standpunkt einnehme.
Nach meiner Auffassung ist der Beschluss zur Einführung der Schuldenbremse 2009 in Deutschland eine verhängnisvolle politische Fehlleistung gewesen. Die Entscheidung von Union, SPD, Grüne und FDP, der Finanz- und Fiskalpolitik Fesseln mit Verfassungsrang anzulegen, hat für die Bevölkerung bittere Folgen und wird sie noch haben.
Der Bund muss die Schuldenbremse schon seit 2016 einhalten. Für die Bundesländer gilt die Schuldenbremse in verschärfter Form ab 2020. Anders als der Bund dürfen sie dann aber keine Nettokreditaufnahme betreiben. Eine Schuldenbremse auf Landesebene macht so gar keinen Sinn. NRW hat praktisch keinerlei Kompetenzen, um seine Einnahmeseite zu verbessern. Außer der Grunderwerbsteuer vielleicht, die für ein Aufkommen im Verhältnis zum Landeshaushalt vernachlässigbar ist, hat NRW keinerlei steuerliche Gestaltungskompetenzen,
im Gegensatz zum Bundeshaushalt, wo ein Haushaltsdefizit auch über die Verbesserung der Einnahmeseite, zum Beispiel durch Steuereinnahmen, kompensiert werden könnte. Eine Schuldenbremse auf Landesebene ist daher eine reine Ausgabenbremse. Herr Witzel, da stimmen Sie mir doch zu.
Als Argument für die Schuldenbremse wird häufig Generationengerechtigkeit angeführt. Haben wir eben oft gehört. Aber Generationengerechtigkeit wird nicht in erster Linie beeinträchtigt durch staatliche Verschuldung, sondern vor allem durch die Unterlassung von wichtigen Zukunftsinvestitionen und Bildungsausgaben.
(Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: Jetzt wurde es doch gerade spannend! Nicolaus Kern (PIRATEN): Bitte schön.
Ich bedanke mich dafür, dass ich eine Zwischenfrage stellen kann. Die bezieht sich darauf, dass die Schuldenbremse, die im Grundgesetz angelegt ist, natürlich in vollem Umfang für das Land Nordrhein-Westfalen gilt. Ist Ihnen bewusst, dass die einzige Möglichkeit zur Gestaltung von Schuldenregeln die Übernahme in nordrheinwestfälisches Landesrecht ist?
Herr Kollege Körfges, es ist Ihre Entscheidung gewesen, diesen Fehler auf bundespolitischer Ebene zu machen, und Sie wollen ihn jetzt auf Landesebene fortsetzen. Das ist Ihre Sicht der Dinge; ich habe eine andere.
Die Einführung der Schuldenbremse ist also nichts anderes als eine fiskalpolitische Unterlassung gegenüber der jungen Generation. Wir sehen schon jetzt, dass der nordrhein-westfälische Landeshaushalt auf Kosten elementar wichtiger Zukunftsinvestitionen konsolidiert wird.
Zurzeit beträgt die Investitionsquote nur 8,8 %. 2020, im Jahr der Schuldenbremse, wird sie voraussichtlich auf 8,3 % absinken. Damit wirkt die Schuldenbremse wie eine Investitions- und Innovationsbremse.
nahmen versiegen und die historische Niedrigzinsphase irgendwann einmal endet. Dann muss der Finanzminister die Sozial-, Investitions-, Integrations- und Bildungsausgaben zusammenstreichen, um damit ein Haushaltsdefizit zu vermeiden. Dann offenbart sich endgültig der Kürzungsautomatismus der Schuldenbremse.
Im Ergebnis wird die Schuldenbremse zur Zukunfts- und Fortschrittsbremse für unsere Gesellschaft. Die Einführung der Schuldenbremse auf Bundes- und Landesebene ist nichts anderes als ein Geschenk an Großbanken, Hedgefonds und Versicherungskonzerne. Sie ist die Voraussetzung, um originär staatliche Aufgaben auszulagern und zu privatisieren.
Wenn der Staat aufgrund der Schuldenbremse dringend benötigte Investitionen nicht mehr tätigen kann, um zum Beispiel den Zerfall der Infrastruktur zu verhindern, haben die politischen Entscheider im Schulterschluss mit der Finanzlobby einen tollen Vorwand, um massenhaft die Einführung von ÖPP-Projekten zu fordern und umzusetzen. Oder anders formuliert: Der Staat beraubt sich künstlich seiner Investitionskraft und haushaltspolitischer Flexibilität, damit private Investoren richtig Kasse auf Kosten der Bürger machen können.
Meine Damen und Herren, wir müssen im aktuellen Haushalt schon eine sinkende Investitionsquote feststellen. Mit Eingreifen der Schuldenbremse wird sich dieser Trend noch einmal wesentlich verschärfen. Die Schuldenbremse verhindert damit Zukunftsinvestitionen. Das ist das Gegenteil der von Ihnen so betonten und hochgelobten Generationengerechtigkeit.
Die Schuldenbremse ist in Wahrheit eine Zukunftsbremse. Ich lehne daher die Einführung einer Schuldenbremse grundsätzlich ab.
Einer Überweisung in den Ausschuss stimmen wir natürlich trotzdem zu. Ich freue mich auf die Beratungen. – Vielen Dank.
Danke, Herr Kollege Kern. – Für die Landesregierung erteile ich in Vertretung von Herrn Minister Walter-Borjans Herrn Minister Kutschaty das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute in erster Lesung einen Gesetzentwurf, der die Umsetzung der grundgesetzlich geregelten Schuldenbremse in Landesrecht zum Inhalt hat.
Lassen Sie mich dazu kurz Folgendes feststellen: Natürlich gilt die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse auch ohne landesgesetzliche Regelung in Nordrhein-Westfalen. Wie es das Grundgesetz verlangt, wird die Nettoneuverschuldung im Landeshaushalt bereits jetzt schrittweise mit dem Ziel abgesenkt, eine Nettoneuverschuldung von 0 € im Jahr 2020 zu erreichen.
Das zeigt der Weg, den die Landesregierung bisher schon gegangen ist. Das zeigt vor allem auch die aktuelle mittelfristige Finanzplanung 2016 bis 2020, die für das Jahr 2019 nur noch eine Nettoneuverschuldung von rund 70 Millionen € vorsieht. Für das Jahr 2020, also das letzte Jahr in der aktuellen mittelfristigen Finanzplanung, aber das erste Jahr, in dem die neue Schuldenbremse auch für die Länder unmittelbar gilt, wird sogar ein Überschuss in Höhe von 931 Millionen € ausgewiesen und geplant.
Unabhängig davon ist und bleibt die Verankerung der Schuldenbremse in nordrhein-westfälisches Landesrecht natürlich ein ganz wichtiges Thema. Dies haben auch die intensiven Diskussionen gezeigt, die in der Verfassungskommission zur Modernisierung des dritten Teils der Landesverfassung geführt wurden.
Ich sehe den vorliegenden Gesetzentwurf daher auch in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der inzwischen abgeschlossenen Tätigkeit der Verfassungskommission des Landtags. Hier war die Etablierung der Schuldenbremse ein zentrales Element, das nicht streitig war, aber wegen der fehlenden Einigung ganz offensichtlich in anderen Punkten leider keinen Eingang in das Gesamtergebnis gefunden hat.
Mit diesem Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen, besteht nunmehr die Chance auf einen zweiten Anlauf, den alle Fraktionen nutzen könnten.
Erstens. Die Umsetzung der grundgesetzlichen Schuldenbremse in das nordrhein-westfälische Landesrecht ist unabdingbar, um Gestaltungsspielräume für das Land zu erhalten und Nachteile auch gegenüber anderen Bundesländern mit entsprechenden Regelungen zu vermeiden. Das gilt im Übrigen insbesondere auch für die grundgesetzlich zugelassenen Ausnahmetatbestände.
Zweitens. Auch unter Geltung einer Schuldenbremse muss es weiterhin möglich bleiben, dringend erforderliche Investitionen zur Stärkung des Landes sowie zum Erhalt und zur Förderung seiner Wirtschaftskraft und Infrastruktur zu tätigen.
Kurzum: Die Landesregierung bekennt sich zum Ziel des nachhaltigen Haushaltsausgleichs. Gleichzeitig darf aber die finanzpolitische Handlungsfähigkeit nicht gefährdet werden. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Kutschaty. – Für die SPD hat sich noch einmal Herr Kollege Zimkeit zu Wort gemeldet. Bitte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst eine kurze Anmerkung zu Herrn Witzel: Sich hierhin zu stellen und unabhängig von inhaltlichen Unterschieden Frauenförderung zur Klientelpolitik zu erklären, halte ich für einen politischen Skandal.
Wenn einer König der Klientelpolitik ist, sind Sie das. Der Einsatz für die Frauen ist für die Mehrheit der Bevölkerung etwas völlig anderes.
Herr Optendrenk, Ihrem durchaus freundlichen Wunsch, den Rand zu halten, kann ich jetzt leider nicht entsprechen. Ich verstehe, dass Sie sich das wünschen. Dann blieben Ihnen einige Fakten erspart, und Sie könnten weiterhin faktenfrei Politik machen, aber so kann ich das leider nicht stehenlassen.
Ich beginne zunächst damit, dass Sie den Sozialdemokraten den Willen zum Schuldenabbau abgesprochen haben. Die Zahlen sind genannt. Sie kommen von einer Neuverschuldung in Höhe von fast 7 Milliarden €. Wir machen bald erheblich weniger Schulden, unter 2 Milliarden €. Wir werden auf 0 € kommen. Die Fakten sprechen eine andere Sprache als Ihre Behauptungen.