Protokoll der Sitzung vom 01.12.2016

15 Viertes Gesetz zur Änderung des Polizeigeset

zes des Landes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/12361

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses Drucksache 16/13556

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/13634

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die SPDFraktion dem Kollegen Stotko das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts dieser breiten Vertretung der Oppositionsfraktionen zu so später Stunde der Beratung dieses wichtigen Vierten Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes geht entgegen Ihrer Behauptungen – aber hier ist ja auch keiner mehr von Ihnen, der das behaupten will – das polizeiliche Abendland nicht unter.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Da Ihnen Ihre Kritik an unserem Polizeigesetz ja so sehr am Herzen liegt und Sie in so großer Zahl hier sind, will ich es auch kurz machen. Was regeln wir nämlich in diesem Gesetz? – Genau zwei Punkte.

Erstens. Mit der Kennzeichnungspflicht erfassen wir 5 % der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die nun eine anonyme Nummer tragen, während 95 % der Polizei entweder ein Namensschild oder einen Dienstausweis zeigen. Mal ganz ehrlich: Warum ist denn das Weniger einer anonymen Kennzeichnung für Sie so viel schlimmer als das Zeigen eines Dienstausweises oder das Tragen eines Namensschildes? Diese Überhöhung durch Sie können wir nicht verstehen. Deshalb ist es der richtige Weg, unseren Koalitionsvertrag in Bezug auf die Kennzeichnungspflicht hier und heute endgültig umzusetzen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Mit dem zweiten Punkt schaffen wir 200 Bodycams in Nordrhein-Westfalen an. Da ist ja eigentlich, wenn Sie mit mehreren anwesend sind, Ihre große Kritik, wir würden jetzt endlich das machen, was Sie schon längst gefordert hätten. Da will ich Ihnen deutlich sagen: Das ist nicht so. Denn in der Regelung, wie wir sie jetzt hier im Polizeigesetz haben, machen wir es

mit Tonaufnahme, mit Videobild, mit wissenschaftlicher Begleitung und – das ist der ganz große Unterschied zu Ihren bisherigen Forderungen – unter Ausnutzung der Bodycams auch in privaten Wohnräumen. Das war noch nie Ihre Forderung. Noch nie! Deshalb ist es richtig so, dass wir Ihre Forderungen abgelehnt haben. Wir glauben fest daran, dass uns das nicht nur von anderen Ländern unterscheidet,

(Zuruf: Die machen es verfassungswidrig!)

sondern auch für die Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei der richtige Weg ist.

Wir haben die Anhörung ernst genommen. Wir werden sehen, ob sich jemand dazu entscheidet, dagegen zu klagen. Das kann man gerne tun. Wir glauben, dass wir unter Berücksichtigung unseres Änderungsantrages nunmehr einen ordnungsgemäßen Schutz des Art. 13 bekommen.

Schade, dass dieser wichtige Gesetzentwurf zu so später Stunde in so geringer Begleitung diskutiert wird. Aber ich will deutlich sagen: Weil er so gut ist, können ja alle ganz schnell zustimmen. Dann können auch alle ganz schnell nach Hause. – Besten Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Sieveke.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Stotko, wenn das Gesetz so gut wäre, würden zu dieser späten Stunde vielleicht auch noch mehr Leute zuhören.

(Zurufe von der SPD)

Ich werde Ihnen das gleich erklären. Wenn Sie es so gut gemacht hätten, dann würden wir uns ja nicht auf diesen einen Punkt beziehen.

(Thomas Stotko [SPD]: Sind die Bodycams so schlecht?)

Es ist vielleicht interessant, noch einmal zuzuhören.

Nach dem Regierungswechsel 2010 hatten SPD und Grüne nichts Eiligeres zu tun, als das Landespersonalvertretungsgesetz zu ändern.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

In einer Pressemitteilung der nordrhein-westfälischen SPD vom 14. Dezember – es ist gut, wenn Sie applaudieren, aber dann setzen Sie das auch um und schreiben es nicht nur einfach rein – heißt es – ich zitiere Sie –:

„… es wird ernst gemacht mit der Stärkung der Mitbestimmungsrechte im öffentlichen Dienst.

Nun gilt es, diejenigen einzubeziehen, die die Arbeit vor Ort machen: örtliche Personalräte, Kreisgruppenvorsitzende, Gewerkschafter, Kolleginnen und Kollegen. … Wir freuen uns auf den Dialog mit Ihnen, um gemeinsam NRW wieder zu dem zu machen, was es über viele Jahrzehnte war: Mitbestimmungsland Nr. 1.“

Das hört sich gut an. Aber von diesem Anspruch verabschieden Sie sich jetzt absolut. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Wahr ist: Ja, als regierungstragende Fraktionen haben Sie bereits 2012 in Ihrem Koalitionsvertrag die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für die Polizei angekündigt.

Wahr ist aber auch: Diese Ankündigung hat postwendend zu massivem Ärger bei der Polizei geführt. Für die gewerkschaftliche Seite produzierten Sie mit der Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte, solange Polizisten im Dienst immer häufiger von Gewalttätern angegriffen werden, ein Zerrbild

Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, …

(Zurufe von den GRÜNEN)

Polizeigewerkschaften sind für Sie also nicht mehr wichtig? Das ist ja in Ordnung.

… fasste Ihre Kennzeichnungspflicht für die Polizei in der „Rheinischen Post“ vom 23. Juni 2012 …

(Zurufe von der SPD)

Sie lehnen also die „Rheinische Post“ ab, Sie lehnen Rainer Wendt ab; okay. Sein Zitat zu dem Gesetz bleibt aber weiterhin richtig: „Das ist linker Blödsinn.“

Daraufhin haben Sie als Koalition …

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Frau Beer, Sie können noch so viel reinschreien. Wer die Bürgermeister im Kreis Paderborn als irre bezeichnet, der braucht gar nichts mehr zu sagen, der hat sich heute Morgen schon selbst ins Aus geschossen.

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

Vielleicht sollten Sie mir besser zuhören!

(Weitere Zurufe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf doch bitten, dem Redner etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Dann sind wir auch zügiger durch. Ich bitte alle, sich etwas zu disziplinieren. – Herr Kollege.

Vielen Dank. – Auf jeden Fall haben Sie die Kritik der Gewerkschaften zunächst

ernst genommen; denn Sie haben das Thema nicht weiterverfolgt.

Im letzten Jahr hat die Landesregierung ein Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes entworfen, das die Einführung einer entsprechenden Kennzeichnungspflicht vorsah. Dieser Gesetzentwurf ist Ende 2015, wie nicht anders zu erwarten war, sowohl im Hauptpersonalrat der Polizei als auch von der später einberufenen Einigungsstelle im Innenministerium abgelehnt worden. Damit war die erneute Einbringung des betreffenden Gesetzentwurfes durch die Landesregierung nicht mehr zulässig.

Daraufhin hat Rot-Grün kurzerhand den Absender des Gesetzentwurfs geändert. Aus dem Gesetzentwurf der Landesregierung wurde ein Gesetzentwurf von SPD und Grünen. Warum? Weil Gesetzesinitiativen der Fraktionen nicht vorab vom Hauptpersonalrat gebilligt werden müssen. So wurde dieser Gesetzentwurf anschließend in den Landtag eingebracht, und er soll heute in zweiter Lesung verabschiedet werden.

Vielleicht gefällt Ihnen dieser Landesvorsitzende einer Gewerkschaft besser. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, hat dieses Vorgehen in der März-Ausgabe des „Polizeispiegels“ zu Recht scharf kritisiert. Darin erklärte Herr Rettinghaus – ich zitiere –:

„Nun will die Regierung, angetrieben von den Grünen, die durch das Vorhaben unbedingt ihre Klientel zufriedenstellen müssen, mit der Brechstange ran und missachtet die Entscheidung der Einigungsstelle, welche sich gemäß den Beteiligungsrechten des Landespersonalvertretungsgesetzes ablehnend positioniert hat. Das ist schon ein ganz schlechter Stil. Personalvertretungsrechte werden so mit Füßen getreten.“