Protokoll der Sitzung vom 09.11.2012

(Anhaltender lebhafter Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von der SPD: Überle- gen Sie mal, was das kostet! – Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Im Übrigen, Frau Ministerpräsidentin, was sagen Sie eigentlich dazu, dass Herr Duin im Deutschen Bundestag dem Betreuungsgeld zugestimmt hat?

(Heiterkeit von der FDP und der CDU – Bei- fall von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Was sagen Sie dazu, dass Frau Schwall-Düren im Deutschen Bundestag dem Betreuungsgeld

2007/2008 zugestimmt hat?

(Heiterkeit und Beifall von der FDP und der CDU – Ministerin Dr. Angelica Schwall-Düren schüttelt den Kopf.)

Was sagen Sie dazu, dass die SPD

Bundestagsfraktion dem Betreuungsgeld zugestimmt hat?

In Thüringen gibt es seit 2009 eine Große Koalition.

(Britta Altenkamp [SPD]: Ja!)

In Thüringen ist der Chefberater von Peer Steinbrück Wirtschaftsminister.

(Zuruf von der FDP: So ist es!)

In Thüringen gibt es eine SPD-Familienministerin. In Thüringen gibt es ein Landesbetreuungsgeld.

(Zuruf von der CDU: Ach!)

In Thüringen gibt es keinen Antrag der SPD, das abzuschaffen.

(Heiterkeit und Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE] – Weitere Zurufe)

Im Gegenteil: Im Oktober des vergangenen Jahres hat im Zuge der Haushaltskonsolidierungsnotwendigkeiten die Fraktion der FDP beantragt,

(Zuruf von der SPD: Lüge! – Gegenruf von Lothar Hegemann [CDU])

auf das Landesbetreuungsgeld zu verzichten. Diesem Antrag, den die FDP eingebracht hat, hat die CDU nicht zugestimmt. Das war keine Überraschung. Die SPD hat diesem Antrag nicht zugestimmt. So ist das eben in Koalitionen. Aber auch die oppositionellen Grünen haben die Abschaffung des Landesbetreuungsgeldes abgelehnt.

(Große Heiterkeit und Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von der FDP: Hört, hört!)

Sie sind in dieser Frage völlig unglaubwürdig. Sie haben sich mit dieser Aktuellen Stunde keinen Gefallen getan.

(Große Heiterkeit und anhaltender lebhafter Beifall von der FDP und der CDU – Wider- spruch von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Wegner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Liebe Menschen im Stream!

(Heiterkeit von der FDP)

Ich hoffe, dass ich nach dieser Polemik wieder zu ein bisschen mehr Sachlichkeit kommen kann.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN und der SPD)

Es wurde von einem „Kuhhandel“ gesprochen. „Kuhhandel“ hat immer zwei Seiten. Ich gehe zunächst auf die positive Seite ein. Die Praxisgebühr ist abgeschafft, und das ist gut so. Nur der Preis ist nicht akzeptabel.

Ich habe bereits vorgestern zum Belastungsausgleichsgesetz erwähnt, dass die Bedürfnisse der Kinder in der Politik viel zu wenig Beachtung finden. Mehrfach habe ich in der Vergangenheit darauf hin

gewiesen, dass es in Kindertagesstätten nicht um die Unterbringung von Kindern, sondern vor allem um die Bildung geht,

(Beifall von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

um das Erlernen von sozialer Kommunikation und sozialen Kompetenzen.

Die Bundesregierung möchte mit dem Betreuungsgeld eine monatliche Prämie auszahlen unter der Bedingung – seien wir doch mal ehrlich –, dass Eltern ihren Kindern Bildung vorenthalten.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich kann auch das Argument von Herrn Kern von der CDU nicht ganz nachvollziehen, es müsse eine Wahlfreiheit geben. Denn eine Wahlfreiheit kann es erst geben, wenn Kindertagesstätten existieren. Solange sie nicht existieren, wird es keine Wahlfreiheit geben.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Aus diesem Grunde habe ich einen neuen Namen für das Betreuungsgeld. Man könnte es ganz gut „betreuungsbedingte Verdienstausfallentschädigung in zu geringer Höhe“ nennen.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN und der SPD)

Deshalb unterstützen die Piraten die Landesregierung weiterhin dabei, sich auf Bundesebene gegen das Betreuungsgeld auszusprechen, und fordern sie auf, im Bundesrat dagegen zu stimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und Arif Ünal [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Wegner. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Schäfer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lindner, wenn einem die Argumente ausgehen, dann muss man laut brüllen. Das haben Sie eben getan.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD und den PIRATEN – Lachen von der CDU und der FDP – Zurufe von der FDP: Oh!)

In der Tat konnte man in der Vergangenheit das eine oder andere zum Betreuungsgeld hören, was konträr zu dem steht, was Ihre Partei in Berlin mitgetragen hat. Das ist absolut konträr zu dem, was

Sie vorhin gesagt haben. Sie widersprechen sich in einer Tour.

(Christian Lindner [FDP]: Sie haben es ins Gesetzblatt geschrieben, Frau Schäfer!)

Herr Kern, Ihre Rede hat nicht alle in Ihrer eigenen Fraktion überzeugt. Herr Laschet hat keinen Finger gerührt, um zu applaudieren,

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

weil auch er sich in der Vergangenheit schon gelegentlich sehr, sehr kritisch zum Betreuungsgeld geäußert hat.

Aber diese Aktuelle Stunde heute ist überschrieben mit dem Stichwort „Kuhhandel“. Und wenn man einmal im Duden nachschaut, was eigentlich ein Kuhhandel ist, kann man lesen: Es ist ein übles Tauschgeschäft, ein kleinliches Aushandeln von Vorteilen. – Besser kann man das, was am Sonntagabend zu später Stunde im Kanzleramt über die Bühne gegangen ist, wirklich nicht beschreiben.

(Beifall von der SPD)