Protokoll der Sitzung vom 02.12.2016

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Daher haben wir auch einen eigenen Antrag zu dem Thema eingereicht. Wir haben versucht, die Intention des Antrages nicht zu verändern, haben quasi Ihren Job gemacht und bieten zumindest allen anwesenden Mitgliedern des Landtages nun die Möglichkeit,

hier im Hohen Hause einem Antrag zuzustimmen, der volkswirtschaftlich korrekt ist, die gesetzliche Lage klar herausarbeitet und trotzdem die Landesregierung auffordert, in unserem gemeinsamen Sinne tätig zu werden.

Dabei bin ich mir auch darüber im Klaren, dass auch unserer Antrag nicht der Weisheit letzter Schluss ist

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das war bisher der beste Teil der Rede!)

und das nur der Anfang einer Diskussion sein kann – dafür hatte Herr Witzel auch schon die richtigen Worte gefunden. Die Belange der Allgemeinheit müssen sorgfältig mit datenschutzrechtlichen Aspekten und dem Bankgeheimnis abgewogen werden.

Sie helfen hier mit einem Ja zum rot-grünen Antrag aber nicht dem Finanzminister. Im Gegenteil: Man wird Sie wohl eher als postfaktisch abstempeln – auch Sie, Herr Hübner.

(Zuruf von Gudrun Zentis [GRÜNE])

Das schadet einer richtigen Debatte. Hier geht es nicht darum, jemanden zu verteufeln, sondern dem Recht zu seiner Durchsetzung zu verhelfen und Maßnahmen zu ergreifen, um an entsprechender Stelle korrigierend eingreifen zu können.

Ich werbe bei allen Fraktionen dringlich darum, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. Sollten Sie tatsächlich diesen rot-grünen Antrag verabschieden, haben Sie jeden Anspruch verspielt, das Thema hier noch einmal postfaktisch oder mit Fake News anzusprechen.

Mit der direkten Abstimmung bringen Sie außerdem eine vollkommen unnötige Eile in das Verfahren. Die Fristen belaufen sich, wie in unserem Antrag benannt, auf 30 Jahre. Eine Ausschussüberweisung wäre daher noch möglich gewesen. So bleibt allen klar denkenden Menschen nur die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kern. – Nun spricht der fraktionslose Abgeordnete, Herr Schulz.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, ein doller Antrag, dolle Anträge. – Na ja, sagen wir einmal so: Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten, von Rot-Grün, Sie leisten sich hier offenbar einen Wettlauf um den unsinnigsten Antrag der Woche.

(Heiterkeit bei der CDU – Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von den PIRATEN)

Ginge es Ihnen um die Sache, hätten Sie eine Überweisung in die Ausschüsse beantragt. Ihnen geht es um pseudopopulistisches Getöse und eine Schelte gegenüber Banken und Sparkassenverbänden, gerade auch jener Sparkassenverbände NordrheinWestfalens – ich konnte es leider nur überfliegen, weil es mir nicht zugestellt wurde, sondern offenbar nur den Fraktionsvorsitzenden –, die diesen Antrag von Rot-Grün dem Finanzminister rechts und links um die Ohren gehauen haben, weil der Antrag von vorne bis hinten

(Zuruf von Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanz- minister)

kennen Sie das Schreiben noch nicht? –

(Zuruf von Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanz- minister: Doch!)

tatsächlich und rechtlich falsch ist.

Herr Kollege, würden sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kern zulassen?

Ja, selbstverständlich, gerne, da es nicht auf meine Zeit angerechnet wird.

Nein, es wird nicht angerechnet.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Vielen Dank, Kollege Schulz, lieber Dietmar, dass du die Frage zulässt. Bist du bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es mir leider nicht möglich ist, diesen Antrag in den Ausschuss zu bringen, weil unser Antrag an den Antrag der regierungstragenden Fraktionen gebunden ist, wir da sozusagen mit dranhängen und es an den regierungstragenden Fraktionen wäre, hier die Beratung in den Ausschüssen zu ermöglichen, was wir natürlich ausdrücklich begrüßen würden?

Bitte schön.

Vielen lieben Dank, lieber Kollege Nico Kern. Ich nehme das nicht nur zur Kenntnis, sondern ich pflichte dem bei. So ist eben der Lauf der Dinge. Unabhängig davon hätte ich, ganz ehrlich gesagt, einen solchen Entschließungsantrag gar nicht gestellt, weil dieser Antrag, also der Hauptantrag, so grottenschlecht ist. Bei direkter Abstimmung ist er eben aus diesem Haus ganz schnell weg. Auch damit kann man leben.

Man muss allerdings berücksichtigen – jetzt setze ich meine Rede fort –, dass die SPD in der Bundesregierung sitzt. Das ist eine Bundesangelegenheit. Klären Sie das doch da einmal!

(Beifall von Nicolaus Kern [PIRATEN])

Warum müssen wir hier den Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen auffordern, im Bund tätig zu werden, wenn die Frau Ministerpräsidentin als stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD den direkten Draht in den Bundestag hat? Also, ganz ehrlich, das verstehe ich nicht.

Politik der ausgestreckten Hand – na ja, sagen wir einmal so: Eigentlich hätte der Antrag auch von der künftigen Fraktion der Linken mitunterschrieben werden können. Möglicherweise ist das schon ein Fingerzeig auf Rot-Rot-Grün in NRW. Wer weiß das alles? Fakt ist jedenfalls: Sie wissen, dass eine fundierte sachliche Auseinandersetzung in einem Ausschuss nur dazu hätte führen können, dass dieser Antrag in der Luft zerrissen wird. Dann nämlich würde Ihnen um die Ohren fliegen, dass Sie offenbar Nachlassgerichte belasten wollen. Bürokratie ohne Ende geht aus diesem Antrag hervor.

Buchgeld, Kontengeld ist im Übrigen nicht dem Wirtschaftskreislauf entzogen. Es befindet sich möglicherweise gar nicht im Wirtschaftskreislauf. Darüber ist aber noch gar nicht gesprochen worden, und darüber wird auch nicht gesprochen werden können.

Ihr geplantes Bürokratiemonster geriert sich, wenn man liest, dass Sie von den Banken jährlich Briefe an irgendwen verschicken lassen wollen, wie ein Konjunkturprogramm für die Deutsche Post. Überall, wo man nur hinguckt, Kostensteigerungen in Ihrem Antrag. Überall, wo man nur hinguckt, Bürokratiesteigerung in Ihrem Antrag. Wer soll denn das alles bitte personalmäßig erfassen?

Sie würden bei einer Überweisung in den Ausschuss auch lernen, dass es sich bei Kontoguthaben nicht um Eigenkapital der Banken handelt, wie es in Ihrem Antrag dargestellt ist. Vom Kernkapital der Banken haben Sie wohl noch nichts gehört, und Kontenguthaben sind nun einmal kein Eigenkapital. Richtig ist allerdings das, was Frau Kollegin Zentis ausgeführt hat, nämlich dass es Einfluss auf die Bilanzsumme hat.

Was den Verband der Erbenermittler angeht, so ist das ja der größte Witz. Es ist ja interessant, dass sich ausgerechnet Rot-Grün zum Lobbyvertreter für neue Firmen aufschwingt, die nichts anderes zu tun haben, als hier ein Geschäftsmodell zu kreieren. Da muss ich Ihnen einfach unterstellen, dass Sie offenbar dieses Geschäftsmodell unterstützen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Genau das Gegenteil!)

Ob es hier im Landtag scheitern wird, spielt keine Rolle, aber im Bund wird es einfach scheitern.

Mit anderen Worten – auch wenn der Antrag leider Gottes angenommen werden wird –: Vergessen wir diesen Antrag lieber ganz schnell und stimmen ihn ganz schnell weg. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Walter-Borjans.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin den Regierungsfraktionen außerordentlich dankbar dafür, dass sie ein Thema aufgegriffen haben, das nicht erst in den letzten Monaten und Jahren ein Problem geworden ist – ein Problem, bei dem bisher stillschweigend hingenommen worden ist, dass Konten von Menschen, die rechnerisch 110, 120 oder 130 Jahre alt sein müssten, mit einer riesigen Gesamtsumme quasi vergessen worden sind und dass es Erben gibt, die Ansprüche hätten, die diese Ansprüche jedoch niemals geltend machen können. Ich finde es richtig, dass man sich ein Beispiel an anderen Ländern nimmt, die mit einem Register die Möglichkeit schaffen, dass dieses Erbe denen zugutekommt, die darauf einen Anspruch haben.

Herr Optendrenk, es ist ja schön und gut, wenn Sie sich auch hier hinstellen und zunächst sagen, wir könnten ja nicht tatsächlich wollen, dass die Erben ihren Anspruch nicht zur Geltung bringen können. Nun hängen Sie ein bisschen zwischen Baum und Borke. Sie meinen deshalb, es dann jedoch mit einer schlicht und ergreifend dahergesagten Behauptung oder Befürchtung verbrämen zu müssen, nämlich dass eigentlich ein ganz anderes Motiv hinter diesem Antrag steht – im Übrigen nicht ein Antrag des Finanzministers, sondern ein Antrag der Regierungsfraktionen.

Herr Minister, würden Sie eine Frage des Kollegen Schulz zulassen?

Nein, ich möchte das jetzt gerne erst einmal zu Ende bringen.

Wir sollten uns einfach einmal an Realitäten orientieren. Die Hochrechnung, die Sie auf der Grundlage der Vermutung der baden-württembergischen Kollegin gemacht haben, kann ich Ihnen mit Zahlen, die bereits bestätigt sind, widerlegen. Es gibt durch die Betriebsprüfungen in Deutschland die Feststellung, dass ein Betrag von 200 Millionen € schon einmal sicher ist. Es geht hier um eine Hochrechnung, die man auf der Grundlage der Banken, bei denen das ermittelt worden ist, auf die gesamte Bankenlandschaft ausgedehnt hat. Deshalb können wir gerne

vom Zehnfachen reden. Dass der Verband der Erbenermittler bis zu 9 Milliarden €, glaube ich, daraus macht, ist eine andere Sache. Wir sind sehr vorsichtig vorgegangen und haben das auf dieser Grundlage schon seit Längerem besprochen, seit Längerem auch in Arbeitsgruppen darüber beraten.

Diese Veröffentlichung der baden-württembergischen Kollegin Sitzmann ist also zu einem Zeitpunkt erfolgt, als wir die Grundlagen dazu schon lange hatten. Das ist aber auch egal. Ich finde es ja richtig, wenn wir gemeinsam in dieser Richtung vorgehen.

Falsch finde ich es jedoch, dass Sie jetzt auf der Fährte derer folgen, die eigentlich allen Grund hätten, in der gegenwärtigen Debatte dafür zu sorgen, dass sich ihr Ruf und ihre Glaubwürdigkeit endlich einmal wieder ein bisschen verbessern, und das sind die Banken.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wollen Sie die Zwischenfrage des Kollegen Schulz zulassen?

Von mir aus machen wir dann jetzt erst die Zwischenfrage des Kollegen Schulz.

Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen. – Sie hatten eben ausgeführt, dass es schlechterdings keine gute Sache sei, dass es Konten gebe, die 120 oder 130 Jahre bestünden.