Protokoll der Sitzung vom 14.12.2016

Da sind wir, wie bei allen anderen Maßnahmen, auf einem guten Weg und fordern die Aufgabenträger auf, ihre Ziele zu verwirklichen und ihren Aufgaben entsprechend nachzukommen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Beu. – Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Rasche das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zum Kollegen Rehbaum, der uns hier eben die halbe Technik der Deutschen Bahn AG in Nordrhein-Westfalen gezeigt hat. Lieber Herr Rehbaum, ich will heute Abend noch mit dem Zug nach Hause fahren. Ich hoffe, die Dinger

sind dann wieder in Duisburg im Stellwerk, sodass ich an Duisburg vorbeikomme.

Kommen wir zum eigentlichen Thema, liebe Kolleginnen und Kollegen. Anlass für die Novellierung des ÖPNV-Gesetzes ist zum einen die Befristung – deswegen müssen wir handeln –, und zum anderen – die Kollegen von der SPD haben es bereits gesagt – stehen mehr Mittel aus dem Regionalisierungsgesetz des Bundes für unseren ÖPNV/SPNV zur Verfügung. Damit hat Nordrhein-Westfalen bei Weitem noch nicht den Anteil erreicht, der uns zusteht. Den werden wir erst im Jahr 2030 erreichen. Aber, lieber Herr Minister Groschek, wir sind schon auf dem richtigen Weg, und das ist doch auch schon etwas.

Mit dieser Gesetzesänderung wären Chancen verbunden gewesen, zu wesentlichen Verbesserungen im ÖPNV zu kommen. Die wurden bei der Einbringung des Gesetzentwurfs leider noch nicht genutzt. Ich möchte im Folgenden auf vier Positionen eingehen.

Zunächst zur pauschalierten Investitionsförderung. Im Jahr 2013 hatte die Koalition von SPD und Grünen diesen Betrag von 150 Millionen € auf 120 Millionen € reduziert. Dieser Fehler aus dem Jahr 2013 wird jetzt korrigiert, und wir landen in Zukunft wieder bei 150 Millionen € für Erneuerungs-, Neu- und Ausbaumaßnahmen. Das ist gut so; der Fehler im Jahr 2013 war überflüssig.

Ein wesentlicher Kritikpunkt der letzten Monate – und wir befassen uns schon seit Monaten mit diesem Gesetz – war die vorgesehene Befristung. Die Opposition, die Experten, die Verkehrsunternehmen und auch die vielen Sachverständigen in der Anhörung haben diese beklagt und gefordert: Wir brauchen Planungssicherheit. Warum diese Koalition so viele Monate gebraucht hat, um dieser Logik nachzugeben, ist uns unverständlich. Wir müssen aber immerhin anerkennen, dass die Koalition nach vielen Monaten nachgegeben hat. Auch hierbei liegen wir jetzt richtig.

Bei der landesweiten einheitlichen Fahrzeugförderung haben Sie Ihre Fehler zumindest teilweise, aber nicht, wie bei dem Punkt davor, in Gänze korrigiert. Herr Kollege Rehbaum hat die Schnellbusse angesprochen. Diese werden bei der SPNV-Pauschale finanziell nicht berücksichtigt. Das ist insbesondere mit Blick auf den ländlichen Raum ein Fehler; denn dort spielen die Schnellbusse, zum Beispiel im Hochsauerlandkreis, eine wesentliche Rolle. Wir müssten das Gesetz eigentlich noch korrigieren.

Das waren die vier Punkte zum Gesetz. Wir behandeln mit diesem Gesetz aber auch noch einen weiteren Antrag von SPD und Grünen. Diesen muss man in Verbindung mit einem weiteren Änderungsantrag zum Gesetz sehen, der das Thema „Ausbildungsverkehrspauschale“ betrifft.

Unter dem Strich geht es darum, wie wir den Wettbewerb in diesem Bereich definieren, und zwar einen Wettbewerb mit öffentlichen, kommunalen Unternehmen auf der einen und privaten Omnibusunternehmen auf der anderen Seite.

Die Position der FDP ist klar: Wir wollen einen fairen Wettbewerb zwischen beiden Beteiligten, und wir wollen das Gesetz und auch die Anträge so gestalten, dass beide Seiten faire Chancen bekommen. Da gehen Opposition und Koalition offensichtlich weit auseinander; denn Sie ziehen um die kommunalen Unternehmen, die auch wertvolle Arbeit leisten, einen großen Schutzzaun und lassen den privaten Unternehmen kaum noch Chancen, in diesem Wettbewerb zu gewinnen.

Das ist jedoch nicht allein die Position der FDP, sondern auch der VDV hat geschrieben, dass das Gleichgewicht zwischen öffentlicher und privater Einbringung von Verkehrsleistungen empfindlich gestört wird. Der NWO, der Verband Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen, spricht von fatalen Folgen, die diese Politik von SPD und Grünen nach sich ziehe. Der VRR, auch eine wichtige Stimme in Nordrhein-Westfalen, sieht Klageverfahren auf uns zukommen, bei denen wir schlechte Chancen hätten. Außerdem sieht er die privaten Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, in ihrer Existenz bedroht. Das schreibt der VRR, der übrigens auch auf einen funktionierenden Wettbewerb angewiesen ist.

Damit mir der Minister gleich nichts Falsches in den Mund legt, möchte ich noch einmal hervorheben: Wir sind für fairen Wettbewerb. Der Wettbewerb, den Sie hier anstoßen, ist aus unserer Sicht unfair. Er benachteiligt die Arbeitnehmer – und die Arbeitnehmer sind vielleicht auch Ihre Wählerinnen und Wähler – in diesen privaten Omnibusunternehmen. Wenn man die Mitarbeiter in diesen Unternehmen benachteiligt und deren Wünsche einfach beiseiteschiebt, dann ist man auch ein Stück weit unsozial, und das sollte die SPD in Nordrhein-Westfalen nicht sein. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP – Carsten Löcker [SPD]: Das ist doch dummes Zeug! Das ist doch Stuss!)

Danke schön, Herr Rasche. – Als nächster Redner spricht für die Piratenfraktion Herr Bayer. Sie haben das Wort, Herr Kollege Bayer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Fahrgäste am Stream! Lieber Herr Minister Groschek, es freut mich, dass Sie mit dem Gesetzentwurf schon etliche Punkte aufgreifen und umsetzen wollen, die wir in der Enquetekommission zur Zukunft

des Öffentlichen Personenverkehrs entwickelt haben, wie auch in CDU- und FDP-Pressemitteilungen zu lesen war. Es handelt sich zwar nur um ganz wenige Handlungsempfehlungen, immerhin geht es aber um notwendige Konzepte, Organisation, Ausbau, Elektromobilität und regionale Schnellbusverkehre.

Gerade bei den regionalen Schnellbusverkehren haben Sie jedoch etwas Entscheidendes vergessen. Es wird nämlich gar nicht definiert, was das genau ist. Außerdem wird das Ganze ohne einen direkten Haushaltsposten für regionale Schnellbusverkehre nicht funktionieren, jedenfalls nicht so schön. Deshalb haben wir diesbezüglich auch einen Haushaltsänderungsantrag gestellt, der aber leider abgelehnt wurde. Aus diesem Grund musste ich meine Rede etwas korrigieren; sonst hätte ich nämlich gelobt.

Wenn wir jetzt Regionalschnellbusverkehre mit Regionalisierungsmitteln bezahlen, dann nehmen wir das Geld dort weg, wo es dringend benötigt wird, nämlich bei den Regional- und S-Bahnen, die deutlich höhere Akzeptanzvorteile haben und eben nicht ersetzt, sondern ergänzt werden sollen.

Der Bund hat die Mittel gerade geringfügig erhöht, und zwar deshalb, weil die Bundesländer glaubhaft vermitteln konnten, dass sie die SPNV-Mittel dringend benötigen, und zwar zu Recht. Diese Glaubwürdigkeit zerstören Sie, wenn Sie an keiner Stelle bereit sind, eigene Mittel einzusetzen.

Das ganze ÖPNV-Gesetz gefällt sich leider darin, ein paar Tröpfchen auf den heißen Stein mehr zu bieten. Das Land leitet aber letztlich wieder nur Bundesmittel weiter. Ein echtes Engagement des Landes fehlt noch immer. Eine echte Verkehrswende, für die wir stehen und für die auch die Regierungskoalition immer zu stehen behauptet, braucht aber auch ein echtes Engagement.

Dabei wissen wir alle, dass der öffentliche Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen ganz dringend Investitionen braucht. Das wurde vorhin auch schon dargestellt. In den Kommunen werden derzeit die Nahverkehrspläne neu aufgestellt, und die dafür erstellten Gutachten zeigen die infrastrukturellen Defizite auf und machen deutlich, wie groß die Probleme vor Ort sind.

Herr Rehbaum hat uns nur die halbe Wahrheit gesagt. Ich glaube, der Lkw mit der Relaistechnik, der noch draußen steht, durfte nicht mit hinein. Also, es sieht teilweise wirklich schlimm aus. Besonders problematisch sind sicherlich die Stadtbahnsysteme, vor allem im Ruhrgebiet. Da ist die neue Fördermöglichkeit zwar besser als nichts, aber ich würde jetzt nicht behaupten, dass das jetzt wirklich die Lösung sei. Außerdem wissen wir noch nicht, was eigentlich mit den Entflechtungsmitteln passiert. Die Landesregierung bietet hier keine Sicherheit und gibt auch keine Antworten.

Erinnern Sie sich bitte daran, was ich hier immer erzähle, aber auch daran, was die Zukunftskommission des Ministeriums empfahl. Um die Ziele der Politik wirklich ernst nehmen zu können, brauchen wir – wie die Zukunftskommission sagt – 50 % bis 100 % mehr ÖPNV. Dafür ist dieses ÖPNV-Gesetz nicht gemacht. Es schreibt das Ist leicht aktualisiert fort und kümmert sich insofern wenig um echte Zielvorgaben oder gar um den notwendigen Paradigmenwechsel.

Dabei ist die Verkehrsfindung nur ein Faktor. Das ÖPNV-Gesetz forciert keine Entwicklung hin zu mehr Effizienz oder hin zu neuen Geschäftsmodellen, die die Fortentwicklung des ÖPNV in Zeiten autonomen Fahrens oder vernetzter Mobilität sicherstellen könnten. Die Frage ist auch, wie lange wir überhaupt noch die Verkehrsmittel so scharf trennen können, wie es das ÖPNV-Gesetz impliziert.

Fazit: Wir haben hier ein ÖPNV-Übergangsgesetz, und dafür ist es auch ganz okay. Ich empfehle jedoch eine baldige Neuauflage. Dazu haben wir heute flankierende Haushaltsänderungsanträge eingebracht, die dazu nützlich wären. Es ist wichtig, dass die Städte Alternativen zu Fahrverboten bekommen und dass das Land eine bessere Netzabdeckung erhält, gerade bei sinkenden Schüler- und Einwohnerzahlen. Dazu muss man den ÖPNV massiv ausbauen, und zwar als Gesamtkonzept mit dem ÖPNV als kommunaler Pflichtaufgabe – so sehen wir das – mit den entsprechenden Standards und Finanzierungen.

Was außerhalb der Finanzierungsfragen und strukturellen Fragen fehlt, ist ein von der Politik vorgegebenes übergeordnetes Ziel. Auch das ist wichtig. Darauf müsste ein solches ÖPNV-Gesetz erst einmal aufbauen. Solange es für die Unternehmen nur wichtig ist, die Fahrkilometer abzuspulen, solange Fahrgäste eher lästig und teuer sind und ein fahrscheinfreier Nahverkehr mit der Begründung abgelehnt wird, dass so etwas nicht möglich sei, weil dann viel mehr Menschen Bus und Bahn fahren würden – so lange ist klar, dass die Politik ihre sozialen, klimapolitischen, gesundheitspolitischen und auch verkehrspolitischen Ziele noch nicht in die Praxis übertragen konnte. Das aber muss passieren, und unser Gegenentwurf dazu heißt: Bus und Bahn fahrscheinfrei.

Noch kurz zu den Änderungsanträgen, die Herr Becker erwähnte. Darüber haben wir im Ausschuss schon abgestimmt; das müssen wir jetzt nicht mehr tun. Der CDU-Antrag ist solide recherchiert – meinen Glückwunsch dafür. In einigen Teilen könnte ich jedoch nicht zustimmen. Ich empfehle daher die Ablehnung. Zum – ich nenne ihn mal so – „LeverkusenAntrag“ hingegen empfehle ich die Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bayer. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Groschek das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Der Verkehrsminister empfindet das heutige Hohe Haus wirklich als eine vorweihnachtliche Veranstaltung: Herr Kollege Rasche wünscht mir soziale Gewissenhaftigkeit bei der SPD, Herr Laschet kritisiert mich, weil ich CSU-Dobrindt zu wenig kritisiere, und die Grünen haben mir heute Morgen einen Bagger geschenkt. Also, mehr Adventsstimmung kann es in diesem Haus eigentlich gar nicht geben.

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

Ich möchte mich trotzdem erst einmal herzlich bei den regierungstragenden Fraktionen bedanken, weil sie ein sehr gutes ÖPNV-Gesetz noch besser gemacht haben. Dieses ÖPNV-Gesetz ist eines der Glanzstücke dieser Regierung, der Regierung Hannelore Kraft,

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Hei- terkeit bei der CDU und FDP)

und nur möglich, weil wir Milliarden Euro zusätzlich an Regionalisierungsmitteln … – Soll ich es noch einmal wiederholen? Ein Glanzstück der Regierung Kraft. Genau!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Voussem, klatschen Sie doch vorsichtshalber mit! Man weiß ja nie.

(Heiterkeit von der SPD und den GRÜNEN)

Also, wir haben Regionalisierungsmittel in Höhe von 5 Milliarden € zusätzlich reingeholt bis 2031. Wir haben das GVFG auf die Schiene gesetzt. Das wird weiterlaufen und Großvorhaben ermöglichen. Wir haben Entflechtungsmittel abgesichert, die eine Zeit lang unsicher erschienen – 260 Millionen € allein für unser Verkehrsressort innerhalb des Ministeriums. Warum das etwas länger gedauert hat, kann ich Ihnen auch erklären.

(Lachen von Dr. Joachim Paul [PIRATEN])

Unsere Landesregierung ist ein lernendes System, und der Verkehrsminister hat sich entschieden, G9 zu machen und sich nicht durch G8 hetzen zu lassen – deshalb etwas mehr Sorgfalt bei dem Wandel der Positionen.

Unser neues ÖPNVG ist jedenfalls ein großer Schritt nach vorn. Es gibt Leistungsausweisungen; Erhalt und Ausbau der Infrastruktur werden besser gefördert; Barrierefreiheit und E-Mobilität sind als eigene Fördertatbestände vorhanden. So weit, so gut.

Wir haben erreicht, dass die Pauschale nach § 12 auch über 2019 hinaus abgesichert wird. Wir haben die Schienenverkehrspauschale bis 2032 geregelt und haben den Zweckverbänden Planungssicherheit gegeben. Wir haben sie bei den Gerechtigkeits- und Verteilparametern für die Mehrmittel mitgestalten lassen. Dabei haben wir die gleichen Parameter zugrunde gelegt, wie sie auch bei den Regionalisierungsmitteln zugrunde gelegt wurden. Die Zweckverbände haben das neue transparente Verteilsystem befürwortet, das wir festgelegt haben.

Nebenbei eine Bemerkung: Ihr Herz für die Bürgerbusse schlägt ja heute besonders intensiv.

(Henning Rehbaum [CDU]: Seit Langem!)

Das freut uns, weil der Vorschlag, den Sie gemacht haben, Gegenstand unserer Verordnung sein wird. Natürlich brauchen die Bürgerbusvereine mehr Geld – aber nicht um die Ehrenamtlichkeit zu verlassen, sondern um die Ehrenamtlichkeit zu belohnen und möglich zu machen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das werden wir in der Verordnung abbilden. Das freut mich; denn es ist ein Hinweis darauf, dass wir im neuen Jahr – noch vor der Landtagswahl – eine viel größere Gemeinschaftskoalition abbilden können, als das manchmal der Fall zu sein scheint.

(Christof Rasche [FDP]: Besser als zu zweit!)