Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

Daran zeigt sich auch das Missverständnis; denn ein Bericht bezieht sich auf das, was man in der Vergangenheit getan hat, während ein Plan die zukünftigen Vorhaben und die zukünftigen Schwerpunkte, auf die ich gleich noch eingehen werde, beschreibt. Und warum es trotzdem passt, dass wir auch das Jahr 2016 einbeziehen, werde ich Ihnen gleich noch erläutern.

Erst einmal möchte ich sagen, dass wir mit diesem Kulturförderplan wirklich einen neuen Meilenstein in der Kulturpolitik des Landes präsentieren. Der Prozess wurde schon beschrieben. Er war offen, er war partizipativ angelegt, er war transparent. Ich möchte mich heute auch bei den vielen Kulturschaffenden, aber auch bei den kommunalen Spitzenverbänden dafür bedanken, dass sie mit uns diesen Prozess gegangen sind. Das zeigt, dass diese Landesregierung die Menschen in diesem Land, die unsere Politik betrifft, mitnimmt und sie ganz konkret einbezieht, um am Ende die besseren Ergebnisse vorzulegen.

Auf die Schwerpunkte wurde gerade schon eingegangen. Ich möchte sie noch einmal näher erläutern. Der erste Schwerpunkt ist die individuelle Künstlerförderung. Wir sagen ganz klar: Wir möchten einen Beitrag dazu leisten, dass die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstlerinnen und Künstlern in Nordrhein-Westfalen verbessert werden. – Dieses Programm haben wir bereits im September dieses Jahres zunächst im Ruhrgebiet gestartet. Die Schwerpunkte dieses Kulturförderplans sind also bereits angelaufen, und deshalb passt es, dass wir diesen auch für das Jahr 2016 angelegt haben.

Der zweite Schwerpunkt ist die kulturelle Bildung – wie viele von Ihnen wissen, schon lange ein Schwerpunkt dieser Landesregierung. Wir haben gute, sehr erfolgreiche Programme. Wir haben das Programm „JeKits – Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“,

wir haben den Kulturrucksack für die 10- bis 14-Jährigen, und wir haben das Programm „Kultur und Schule“. Sie haben eben behauptet, es fehle offensichtlich an einer finanziellen Hinterlegung dieses Plans. Das ist mitnichten der Fall. Wir geben für die kulturelle Bildung 20 Millionen € aus. Das ist uns wichtig.

Ich möchte noch einmal betonen, dass wir diese Programme auch interkulturell geöffnet haben, weil es uns wichtig ist, auch geflüchtete Kinder und Jugendliche einzubeziehen und ihnen eine kulturelle Auseinandersetzung mit den Themen „Migration“ und „Fremdheit“ zu ermöglichen. Deshalb sind die Finanzen an dieser Stelle auch noch einmal aufgestockt worden.

Zum dritten Schwerpunkt – Herr Lamla, ich habe es Ihnen auch schon im Ausschuss gesagt –: Es ist mitnichten so, dass wir beim Thema „Kultur und Digitalisierung“ ideenlos sind. Wir haben auch an dieser Stelle ganz klare Schwerpunkte gesetzt. Sie beziehen sich zum einen auf den Erhalt des kulturellen Erbes, sie beziehen sich zum anderen auf die Bibliotheken. Diese möchten wir neu aufstellen. Sie beziehen sich auch auf die digitalen Möglichkeiten in der Kunst, die ganz neu sind, und mit denen viele Künstlerinnen und Künstler schon tolles Neues erschaffen haben. Und sie beziehen sich auf das Thema „Vermittlung und Teilhabe“ in der digitalen Welt; denn auch da gibt es ganz neue Potenziale. Diese sollen in Zukunft auch genutzt werden.

Insgesamt kann man sagen, dass wir mit diesem Kulturförderplan neue Akzente in der Kulturpolitik setzen. Wir wollen Kulturpolitik gestalten und haben damit einen wichtigen Beitrag geleistet. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen, die daran mitgearbeitet haben, ganz herzlich für die Zusammenarbeit bedanken.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Kampmann. – Meine Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, erstens über den Kulturförderplan. Der Ausschuss für Kultur und Medien empfiehlt in Drucksache 16/13712, das Einvernehmen zum Entwurf zum ersten Kulturförderplan gemäß § 22, § 23 und § 33 des Gesetzes zur Förderung und Entwicklung der Kultur, der Kunst und der kulturellen Bildung in Nordrhein-Westfalen zu erteilen. Wer dieser Empfehlung seine Zustimmung geben möchte, den darf ich um das Handzeichen bitten. – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen und der fraktionslose Kollege Stüttgen, der gerade ins Plenum zurückkommt. Wer stimmt gegen diese Beschlussempfehlung? – Das ist die CDU-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? –

Das sind FDP und die Piratenfraktion. Damit stelle ich fest, dass die Beschlussempfehlung Drucksache 16/13712 angenommen und das Einvernehmen zu dem Entwurf zum ersten Kulturförderplan gemäß dem Gesetz zur Förderung und Entwicklung der Kultur, der Kunst und der kulturellen Bildung in Nordrhein-Westfalen erteilt ist.

Ich lasse zweitens abstimmen über den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/13788. Wer ist für den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen und der fraktionslose Kollege Stüttgen. Wer stimmt gegen den Entschließungsantrag? – Das ist die CDU-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind wiederum FDPFraktion und die Piratenfraktion. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/13788 angenommen.

Ich rufe auf:

5 Ein Ad-Blocker-Verbot ist keine Lösung – Aus

gediente Geschäftsmodelle nicht künstlich am Leben erhalten

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/13682 – Neudruck

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Piratenfraktion als erstem Redner Herrn Kollegen Lamla das Wort. Bitte schön.

(Lukas Lamla [PIRATEN] bleibt noch auf sei- nem Platz sitzen.)

Herr Kollege Lamla, eine herzliche Einladung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne und zu Hause! „Ad-Blocker gefährden die Medienvielfalt“, das sagt die rot-grüne Landesregierung, und das sagt auch die Große Koalition im Bund. Und wo sagen Sie das? In der sogenannten Bund-Länder-Kommission für Medienkonvergenz. Bei dieser Veranstaltung ist man sich nämlich begegnet. Dabei hat man sich dieses Ad-Blocker-Verbot von den großen Medienkonzernen und Werbenetzwerken schön einreden lassen.

Meine Damen und Herren, so einfach kann es sein, die Regierungen von Bund und Ländern zu seinem Sprachrohr zu machen. Hätte die Landesregierung, hätten die Beteiligten dort vielleicht an der Bund-Länder-Medienkompetenzkommission teilgenommen,

wüssten sie, dass sie dem so nicht zustimmen könnten. An dieser Stelle sei vielleicht noch angemerkt:

Ja, wir Piraten setzen uns für das Pflichtfach Informatik ein. Dann würden vielleicht in Zukunft solche Ausrutscher seltener passieren.

(Beifall von den PIRATEN)

Wussten Sie, dass es der fundamentalen Konzeption des Internets widerspricht, Änderungen an der Browserdarstellung von Webseiten – sprich: der Datenausgabe – zu verbieten?

Wussten Sie, dass jeder Mensch ein Recht darauf hat, selbst entscheiden zu dürfen, welche der eigenen Daten von Firmen gespeichert und gesammelt werden dürfen? – Dieses Recht nehmen Sie aber den Menschen, indem Sie durch ein Ad-Blocker-Verbot diese Daten den Werbenetzwerken und den Werbetrackern zum Fraß vorwerfen.

Wussten Sie, dass Ad-Blocker nicht nur vor unerwünschter Werbung, sondern auch vor unerwünschten Schadprogrammen wie Viren und Trojanern schützen können? – Erst letzte Woche ging ein relativ neuer Weg durch die Medien, wie Kriminelle mit Werbeeinblendungen auf ganz normalen Webseiten gezielt mit Viren und Trojaner infizieren können. Es reicht dabei aus, diese Webseite zu besuchen, sich diese Werbung anzeigen zu lassen, und schwupps sind Sie infiziert.

Wussten Sie, dass Menschen mit Sehschwäche oder Blinde darauf angewiesen sind, Werbung von Webseiten zu filtern, damit diese Webseiten in speziellen Webbrowsern vorgelesen werden können? – Diese Gehandicapten würden Sie mit dem Ad-Blocker-Verbot in die Kriminalität treiben. So kann man es sehen.

Meine Damen und Herren, wie viele von Ihnen hier im Saal würden aufschreien, wenn man ihnen verbieten würde, das kleine „Bitte keine Werbung“-Schildchen auf ihren Briefkasten zu kleben? – Da hätten wir eine riesengroße Debatte. Aber genau das passiert gerade. Sie sind gerade dabei, Menschen im digitalen Raum diese Möglichkeit zu nehmen, sich vor unerwünschter Werbung zu schützen.

Merken Sie langsam, dass Ihnen in der genannten Kommission der digitale Bär aufgebunden wurde? – Die Forderung nach Ad-Blocker-Verboten ist so unsinnig wie die Forderung nach einem Zwangsempfang und dem Lesen von kostenlos verteilten Werbeblättchen in Ihrem Briefkasten. Noch mal: Jeder Mensch, jeder Nutzer oder jede Nutzerin hat das Recht, selbst zu entscheiden, was er bzw. sie sehen will und was nicht.

All das ist auch ein Schlag ins Gesicht der Leute, der Nutzerinnen und Nutzer, die jetzt schon auf Nachrichtenseiten nach den Nachrichten suchen müssen. Denn die Webseiten sind mit Werbung, die einen förmlich anschreit, überfrachtet. Das geht so nicht. Der Anteil der Nachrichten auf diesen Webseiten ist nur ein relativ kleiner Bruchteil im Gegensatz zu der

Werbung, die einem dort begegnet, wenn man sie nicht wegfiltert.

Meine Damen und Herren, das, was Bund und Länder gerade diskutieren, hat überhaupt nichts mit Meinungsvielfalt und Pluralität zu tun, sondern ist lediglich ein Versuch, ein Geschäftsmodell einer eigentlich schon längst veralteten und fast toten Werbebranche zu retten. Ein Ad-Blocker-Verbot ist Steinzeit-Verbotspolitik im digitalen Zeitalter und zudem noch gefährlich.

Wir Piraten wollen diese Verbotspolitik nicht, wollen diesen Weg nicht und mahnen jetzt schon davor, sich überhaupt intensiv mit diesem Weg zu beschäftigen. Wir wollen konstruktive Lösungen. Beschäftigen wir uns mit anderen Möglichkeiten, journalistische Inhalte zu unterstützen – sei es, die Kommunalen und Kleinakteure als gemeinnützig anzuerkennen oder, neue innovative Geschäftsmodell zu unterstützen. Da spielen Start-ups eine sehr wichtige Rolle, die Ideen entwickeln können, um solche Mikro-Bezahlmethoden für journalistische Inhalte

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

zu erfinden, zu kreieren.

Meine Damen und Herren, ich bin am Ende meiner Redezeit; der Präsident hüstelt hinter mir. Ich freue mich auf weitere Beratungen im Ausschuss und auf Ihre Wortbeiträge. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Vogt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lamla, Ihr Antrag beschäftigt sich mit dem Thema „Ad-Blocker“, also mit Programmen, die beispielsweise dafür sorgen, dass Werbung auf Websites nicht angezeigt wird. Sie haben über eine ganze Reihe von Vorteilen dieser Programme gesprochen, die ich gar nicht kritisieren will. Sie sind über technologische Aspekte bis hin zur Barrierefreiheit gegangen, die zwar auf einer ähnlichen Technologie beruhen, aber nicht direkt etwas mit diesen AdBlockern und der Diskussion über ein mögliches Verbot dieser Programme zu tun haben.

Herr Lamla, wir sind dabei gar nicht so weit auseinander, was den Sinn von Ad-Blockern angeht. Wenn man sich aber Ihren Antrag anguckt, haben Sie zwar auf der einen Seite die positiven Aspekte aus Verbraucherschutzgesichtspunkten aufgeführt, mir fehlt aber das Thema aus medienpolitischer Betrachtung: Wir haben wegbrechende journalistische Modelle, eine abnehmende Medienvielfalt bei realen Medien und eine abnehmende Medienvielfalt im Lokalen. Gleichzeitig kommen im Netz journalistische

Modelle auf – ob das lokale Onlineprotale oder Blogs sind –, die dazu beitragen, mehr Vielfalt zu erzeugen, und die sich zum großen Teil durch Werbung finanzieren. Dieser Aspekt und die Würdigung dieser Aktivitäten fehlten in Ihrem Antrag.

In der Antwort auf die letzte Große Anfrage zu dem Thema „Zeitungsmarkt in Nordrhein-Westfalen“ stand die Angabe, dass wir 75 lokale Onlinezeitungen in Nordrhein-Westfalen haben. – Die können nur überleben, wenn sie Werbung schalten und einblenden dürfen.

Dass viele kostenlose Inhalte erst durch Werbung zustande kommen können und dadurch finanziert werden, ist ein Punkt.

Ich zitiere einmal Punkt II.5 Ihres Antrags:

„Es ist besser, Innovationen und Neuentwicklungen zu fördern, um jenseits des Streits um alte Geschäftsmodelle neue Vertriebswege und Werbekommunikation zu ermöglichen, statt überholte Geschäftsmodelle zu schützen.“

Das kann man so sehen. Aus meiner Sicht ist das ein bisschen dünn, weil Sie gerade in Ihrer Rede von innovativen Geschäftsmodellen gesprochen haben, uns aber leider Beispiele schuldig geblieben sind.

Es gibt noch einen Punkt, bei dem Sie Ad-Blocker als das große Positive und die Werbung als das Böse darstellen, der mir gefehlt hat – sonst sind Sie auch immer sehr kritisch und betrachten viele Sachen kritisch –: Offensichtlich gibt es Ad-Blocker, die ein eigenes Geschäftsmodell entwickelt haben und ihre Praxis so anwenden, dass nicht nur Werbung herausgefiltert wird, sondern auch bestimmte Werbung durchgelassen wird, und zwar von Konzernen, die diese Ad-Blocker dafür bezahlen. Dazu hätte ich mir zumindest eine kritische Anmerkung von Ihnen gewünscht.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, es ist nicht so einfach, zu sagen: auf der einen Seite die bösen Werbetreibenden und auf der andere Seite die guten Ad-Blocker. Wir werden dieses gesamte Thema im Ausschuss aber weiter diskutieren und dort sicherlich zu einer differenzierteren Einschätzung gelangen, als sie der Antrag der Piraten wiedergibt. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)