Protokoll der Sitzung vom 25.01.2017

(Daniel Düngel [PIRATEN]: Hat den Hammer nicht gefunden!)

Es hat gefruchtet. – Bitte, Frau Kollegin Altenkamp.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP hat sich heute mit einem Antrag zum Thema „Kinderbildungsgesetz“ und mit der Bitte um Vorlegen von Eckpunkten an die Landesregierung gewandt.

Lassen Sie mich zunächst – mit Erlaubnis des Präsidenten – mit einem Zitat beginnen:

„Die Koalitionsfraktionen SPD und Grüne treffen mit den Kommunalen Spitzenverbänden im Hinblick auf die Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung und den Ausbau und die weitere Finanzierung der Kindertagesbetreuung folgende Vereinbarungen: …“

Dort ist im Punkt I.2 dann unter anderem vereinbart:

„Die Unterzeichnenden verständigen sich ferner, unverzüglich Gespräche für eine grundlegende

Überarbeitung des KiBiz und der ihm zugrunde liegenden Finanzierungsstrukturen aufzunehmen. Hierbei sollen alle mit der Finanzierungsstruktur zusammenhängenden Fragestellungen Berücksichtigung finden. Bis zum Ende der 16. Wahlperiode soll eine Verständigung auf Eckpunkte für ein neues Gesetz erfolgen.“

Herr Hafke, an dieser Stelle könnte ich sagen: Da Sie für Ihren Antrag die falschen Adressaten gewählt haben, könnte ich es dabei belassen. In der Tat können Sie sich nach dieser Vereinbarung an die regierungstragenden Fraktionen oder die kommunalen Spitzenverbände wenden, aber nicht an die Landesregierung; denn diese haben die Vereinbarung getroffen und unterschrieben, wie Sie auch wissen. Ich will es aber nicht dabei belassen, weil mir das am Ende doch etwas zu wenig wäre.

Man muss wirklich sagen, dass man in Ihrem Antrag – schließlich und endlich; die Kolleginnen und Kollegen aus dem Fachausschuss haben es in den letzten Jahren fast nicht mehr für möglich gehalten – eine aufsteigende Lernkurve bei Ihnen erkennen kann. Im Antrag sind Feststellungen enthalten, die Sie vor zwei bis drei Jahren in dieser Form noch nicht getätigt hätten.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Ist das nicht ein bisschen oberlehrerhaft?)

Aber was soll’s! Am Ende ist entscheidend, wie glaubhaft das ist. Wer glaubt Ihnen denn, dass es Ihnen mit den von Ihnen gemachten Feststellungen und den damit verbundenen Konsequenzen tatsächlich ernst ist?

Sie richten sich an die Landesregierung. Das haben Sie gerade noch einmal wiederholt. Sie soll Ihre Fragen beantworten. Sie selber beantworten diese Fragen für sich offensichtlich nicht.

Das ist ein bisschen komplexer als die Angebote, die wir hier bekommen. Der Kollege Tenhumberg erzählt seit mehreren Monaten, …

Wo Sie ihn …

… dass es nun endlich an der Zeit sei, …

Sie erwähnen ihn. Das ist perfekt. Er hat sich gerade zu einer Zwischenfrage gemeldet.

Nein, ich will mir den Kollegen Tenhumberg erst mal ein bisschen zur Brust nehmen. Danach kann der Kollege Tenhumberg ja überlegen, ob er noch Fragen hat.

(Bernhard Tenhumberg [CDU] nickt.)

Das ist doch parlamentarischer Brauch. – Der Kollege Tenhumberg fordert seit mehreren Monaten, dass es dringend an der Zeit wäre, dass die Pauschalen angehoben würden. Das werden wir in dieser Form sicherlich nicht machen, Kollege Tenhumberg. Ich sage Ihnen ganz offen: Das wäre nämlich der falscheste Weg.

(Zuruf von der FDP: Der falscheste?)

Wir erkennen im Moment bei diesem Gesetz: Wir können die Pauschalen noch mehr anheben und noch mehr Geld in das System stecken – so, wie es aufgebaut ist, wird es in den Gruppen und bei den Kindern nicht ankommen.

Der Kollege Düngel hatte schon mehrfach gefordert, einfach mehr Geld draufzusatteln, ungefähr 1 Milliarde €, dann werde alles gut. Auch das ist mit Sicherheit ein falscher Weg. Wir wollen tatsächlich zu völlig neuen Strukturen kommen. Darüber diskutieren und verhandeln wir mit den Beteiligten.

Immerhin wird eingeräumt, dass es zu Mehrbelastungen sowohl für Träger als auch für Kommunen kommen wird. Das wissen Sie auch. Deshalb ist es notwendig, dass wir mit allen Beteiligten reden. Das müssen wir. Dazu gibt es in der Zukunft auch zahlreiche Gelegenheiten.

Sie reden im Punkt 4 Ihrer Forderungen von der Erzieherinnen-Kind-Relation. Wir reden hingegen vom Fachkraft-Kind-Schüssel. Ich will Ihnen ganz offen sagen: Es ist an der Zeit, dass wir das Thema „Fachkraft“ noch einmal miteinander diskutieren und überlegen, wer in der Kita arbeitet. Wir sind uns im Ausschuss sicherlich schnell einig, dass wir multiprofessionelle Teams brauchen. Deshalb greift der Punkt „Erzieherinnen-Kind-Schlüssel“ an der Stelle zu kurz. Aber das ist vielleicht mehr oder weniger nur Semantik.

Im Punkt 7 sprechen Sie von bedarfsgerechten Öffnungszeiten. Darum kümmern Sie sich ganz dringend. Dazu sage ich Ihnen: Die SPD ist der Auffassung, dass wir nicht jede Kita von 6 Uhr bis 18 Uhr offenhalten müssen. Wir glauben aber, dass es für Eltern notwendig ist, relativ gut und schnell eine ortsnahe Kita mit langen Öffnungszeiten erreichen zu können. Über die Mindestöffnungszeiten in Kindertageseinrichtungen diskutieren wir dann in den nächsten Wochen und Monaten mit den Beteiligten.

Letzter Punkt – auf mehr Punkte kann ich jetzt nicht eingehen –: Sie reden von der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern. Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass wir in Nordrhein-Westfalen sehr, sehr gut ausgebildete Erzieherinnen haben, die ihren Job sehr, sehr gut machen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn wir über Verbesserungen der Ausbildung reden, dann ganz sicher nicht in diesem Gesetz, sondern anderer Stelle.

Die Redezeit, Frau Altenkamp.

Denn da sind wir in der Tat in einem anderen Rechtskreis. Wir sagen aber heute schon: Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass es nicht nur um eine Diskussion von Akademisierung gehen kann. Das wird am Ende auch eine der Fragestellungen sein, über die wir uns möglicherweise kontrovers auseinandersetzen.

Die Redezeit.

Zusammenfassend: falscher Adressat, aber trotzdem eine gute Gelegenheit, sich miteinander auseinanderzusetzen, worum wir in diesem System tatsächlich diskutieren und ringen.

Wenn der Kollege Tenhumberg immer noch eine Frage hat, könnte er sie jetzt stellen.

Frau Altenkamp, vielen Dank, dass Sie meine Aufgabe übernehmen.

(Heiterkeit)

Ich wollte Herrn Tenhumberg gerade einen anderen Vorschlag machen, weil durch den Wechsel in der Sitzungsleitung die Frage nicht mehr gestellt werden konnte. Ich würde Ihre Anmeldung ausnahmsweise auch für eine Kurzintervention werten wollen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Sie sind so großzü- gig, Frau Präsidentin!)

Dann machen wir das jetzt so. Damit haben Sie 90 Sekunden Zeit und müssen nicht unbedingt das Fragezeichen am Ende mitsprechen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, für den konstruktiven Vorschlag, den ich gerne annehme. – Frau Kollegin Altenkamp, Sie hatten darauf hingewiesen, an wen die Aufforderung gerichtet sei, über eine Neukonzeption des Kinderbildungsgesetzes nachzudenken und diese zu verhandeln, und dabei deutlich gemacht, dass die Landesregierung nicht in erster Linie in der Verantwortung stehe.

Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie mit Ihrer Regierungsmehrheit am 17. Juni 2014 das Kinderbildungsgesetz insofern geändert haben, dass Sie in § 28 ausdrücklich Folgendes beschlossen haben:

„Die Landesregierung überprüft in einem weiteren Schritt unter Einbeziehung der Kommunalen Spitzenverbände, der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Kirchen, der Eltern, der Beschäftigten und ihrer Verbände weitere Punkte, insbesondere die Bedarfsgerechtigkeit der Angebotsstruktur, das Finanzierungssystem, die Auskömmlichkeit der Pauschalen, den Betreuungsschlüssel und die zusätzliche Sprachförderung.“

Dieser Paragraf ist ausdrücklich mit Ihrer Mehrheit am 1. August 2014 in Kraft getreten.

Finden Sie nicht, dass diese gesetzliche Bestimmung, die dieses Hohe Haus verabschiedet hat, als eine Aufforderung an die Landesregierung dahin gehend zu interpretieren ist, dass darüber seit dem 1. August 2014 dann auch mit den entsprechenden Gremien zu debattieren ist?

Das ist der Punkt, über den wir heute sprechen – und nicht über irgendwelche Abgeordneten, die irgendwelche Gespräche mit irgendwelchen Verbänden führen, die in diesem Parlament nicht bekannt sind.

(Beifall von der CDU)

Verehrter Kollege Tenhumberg, die Frage ist ganz reizend. Das eine schließt das andere nicht aus. Der Kollege Hafke hat sich ausdrücklich auf Eckpunkte bezogen, die nun endlich nach einem Jahr vorgelegt würden. Lesen Sie bitte den Antrag noch einmal. Da gibt es ein schönes Intro, in dem er das ganz genau beschreibt.

Das ist der Bezug meiner Rede, Herr Kollege Tenhumberg. Auf Eckpunkte haben sich die kommunalen Spitzenverbände mit den regierungstragenden Fraktionen verständigt. Wenn der Kollege Hafke fordert, dass die Landesregierung diese endlich vorlegen müsste, dann ist das der falsche Adressat. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. So sehe ich jedenfalls die deutsche Sprache.

Herr Tenhumberg, natürlich prüft die Landesregierung ständig im Austausch mit Trägern und kommunalen Spitzenverbänden, an welcher Stelle eine Neujustierung des Gesetzes möglich oder notwendig ist. Das ist aber ein anderer Punkt.

Wir sind als Sozialdemokraten und auch als Grüne in den letzten Jahren hier immer vorangegangen, indem wir gesagt haben, dass nach unserer Auffassung diese Struktur, die Sie mit beschlossen und auf den Weg gebracht haben, auf Dauer nicht mehr zu reparieren ist und wir daher über eine grundständige Revision reden müssen. Und das ist genau der Punkt, der die Eckpunkte betrifft.

Insofern sind wir weit auseinander und doch ganz nah, Herr Kollege Tenhumberg.