Britta Altenkamp-Nowicki
Sitzungen
16/5
16/13
16/37
16/44
16/51
16/54
16/60
16/74
16/94
16/103
16/106
16/107
16/111
16/118
16/120
16/124
16/133
16/136
16/140
16/142
Letzte Beiträge
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute wieder mit einer in den düsternsten Farben geschilderten Zustandsbeschreibung der Opposition zu tun. Sie überbieten sich ja förmlich in extremen Formulierungen. Man hat den Eindruck, hier sei in den letzten Jahren in der Kitalandschaft nichts passiert. Sie wissen sehr genau, dass das nicht so ist.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz erfüllt. – Wir haben 770 mehr Kitas in Nordrhein-Westfalen als bei der Regierungsübernahme im Jahre 2010.
Wir haben die Anzahl der U3-Plätze verdoppelt. – Dabei ist vielleicht zu bemerken: Wenn wir in dem Ausbautempo geblieben wären, wie Sie es geplant haben, wären wir – die Kommunen – nicht ansatzweise da, wo wir heute sind.
Immerhin stehen für das Gros der Eltern U3-Plätze für ihre Kinder zur Verfügung, und in weiten Teilen des Landes bzw. überall im Land können die angemeldeten Bedarfe auch tatsächlich beantwortet werden.
Wir haben die Förderung nach sozialen Kriterien eingeführt.
Wir haben endlich aus dem sogenannten Kinderbildungsgesetz ein Gesetz gemacht – mit vereinbarten Regularien für die frühkindliche Bildung.
Wir haben die Elternmitwirkung gesetzlich verankert.
Wir haben die Sprachförderung, ein wichtiges Thema, endlich vom Kopf auf die Füße gestellt und endlich kindgerecht gestaltet.
Wir haben die Herdprämie in die Kitas fließen lassen, und wir haben gemeinsam mit den Kommunen die Dynamisierung, die jährliche Anpassung, von 1,5 % auf 3 % verdoppelt.
Wir haben das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt und damit die Familien in Nordrhein-Westfalen mit 170 Millionen € pro Jahr entlastet.
Und wir haben rund 2,5 Milliarden € in die frühkindliche Bildung in Nordrhein-Westfalen gesteckt und damit die Mittel mehr als verdoppelt, die Sie uns übergeben haben.
Klar ist, niemand wird sagen, die Kitalandschaft ist wunderbar. Das wissen wir alle. Das, was wir brauchen, sind eben mehr Chancen und Teilhabe für alle Kinder.
Lieber Kollege Bernhard Tenhumberg, du hast dir ja noch ein bisschen Zeit gelassen und wirst wahrscheinlich gleich ohne Ende Gummi geben, und wir werden vielleicht die Vorschläge der CDU erfahren. Obwohl ich mir die Mühe gemacht habe, das Programm nachzulesen, habe ich sie dort ein wenig vermisst.
Zu den Punkten, die notwendig sind, um tatsächlich allen Kindern Chancen und Teilhabe zu bieten – gerade in der frühkindlichen Bildung –, haben wir bei Ihnen nichts gefunden. Auch heute haben wir wieder keine Ansätze gehört.
Das, was wir tatsächlich brauchen, ist eine Steigerung in der Qualität.
Ich sage Ihnen ganz offen, das kann mit diesem Gesetz, so wie es jetzt ist, nicht gelingen. Das, was wir wollen, ist eine grundständig andere Finanzierung, um vor allen Dingen einen besseren Personal-KindSchlüssel und mehr Qualität in der Kita sicherzustellen und
vor allen Dingen zwei Dinge zu verändern, die Sie mit verursacht haben: erstens Ihre Lüge, die sogenannte KiBiz-Lüge, und zweitens die KiBiz-Lücke, die dazu geführt hat, dass es in Nordrhein-Westfalen beinahe keinen anderen Bereich gibt, in dem die Beschäftigungsverhältnisse so unsicher sind wie im Erziehungsbereich. Das hat etwas damit zu tun, das Sie unterfinanziert in dieses Gesetz gegangen sind.
Da muss ich Ihnen sagen: Das werden wir grundständig ändern.
Ja. – Und dazu haben wir in unserem Parteiprogramm konkrete Vorschläge gemacht.
Ich will Ihnen auch noch mal sagen, was wir dafür tun werden. Wir werden ein völlig anderes Finanzierungssystem aufstellen. Das werden wir machen, und das wird auch notwendig sein.
Denn mit einer Anhebung der Kindpauschale, wie Kollege Tenhumberg zur Verbesserung das gerne vorschlägt, passiert überhaupt nichts.
Jetzt will ich Ihnen noch etwas sagen: Ja, Beitragsfreiheit ist für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ein wichtiges Anliegen. Ich will Ihnen auch sagen warum.
Es geht nämlich nicht um Gleichmacherei, sondern darum, dass Familien hier in Nordrhein-Westfalen, die wenig Steuern zahlen, aber eine ganz hohe Abgabenlast haben. Das hat übrigens auch etwas mit Ihrer Politik auf Bundesebene zu tun hat.
Das, was wir daran ändern werden, ist: Wir werden die Eltern in Kernzeiten beitragsfrei stellen. Wissen Sie auch warum? – Das verbessert die Chancengerechtigkeit und die Zugänge für Kinder zur Bildung im Land.
Diese Eltern, die gar nicht so viel Steuern zahlen, aber möglicherweise eine hohe Abgabenlast haben, zahlen im Moment in Nordrhein-Westfalen in manchen Kommunen 7.000 bis 8.000 € Jahresbeitrag.
Das ist für diese Familien kein Pappenstiel und nicht einfach wegzuschieben.
Herr Präsident, ich habe es schon angekündigt: Da ich die Kolleginnen und Kollegen in der Debatte das letzte Mal erleben werden, will ich mich von zwei Kollegen verabschieden – trotz aller Härte, die wir der Debatte immer hatten:
Zum einen von Bernhard Tenhumberg. Mensch Bernhard, was haben wir uns die letzten zehn Jahre gekloppt, mein lieber Scholli! Hat aber Spaß gemacht, muss ich ganz ehrlich sagen. Du bist ein Zanklappen, ich bin es auch. Wir beide können nicht nachgeben. Obwohl ich finde, in deiner späten Phase bis du manchmal ein bisschen kleinkrämerisch geworden –
trotzdem macht es Spaß, sich mit dir auseinanderzusetzen. Deshalb, Bernhard, für das, was du vorhast: Ich weiß, dass du so bestimmt und westfälisch hart, wie du hier manchmal auftrittst, gar nicht bist. Du hast einen sehr, sehr weichen Kern und das Herz am
rechten Fleck. Ich weiß, dass das, was du dir in der Zukunft vornimmst, auch wieder ganz viel mit Gefühl zu tun hat. Deshalb wünsche ich dir für deine Zukunft und für dein halbes Privatier-Dasein, was sowieso nicht passieren wird, alles Gute!
Dann will ich mich – damit die Bürgerinnen und Bürger nicht das Gefühl haben, dass wir uns hier nur anschreien und ansonsten nichts passiert – auch von der Kollegin Andrea Asch verabschieden. Andrea, wir beide sind unfreiwillig zu Expertinnen eines Gesetzes geworden, das wir vom ersten Tag an, als es überhaupt in die Welt gebracht worden ist, abgelehnt haben.
Wir haben mit mehreren Revisionsschritten versucht, es zu heilen. Dass es dir und mir in dieser Legislaturperiode nicht gelungen ist, den wirklich großen Schritt zu machen, ein neues Gesetz zu machen, das bedaure ich. Ich weiß, dass du es auch bedauerst. Wir haben viel dafür getan, dass die Situation für die Kitas in Nordrhein-Westfalen trotzdem in der Überbrückungsphase, in der wir jetzt stecken, erträglich ist. Andrea, ich habe heute Grün angezogen, extra für dich, ganz ehrlich.
Ich bedauere es sehr, dass du dem nächsten Landtag nicht mehr angehören wirst. Ich weiß, wir beiden Kita-Tanten haben in der Opposition wie in der Regierungsphase trotz allem viel erreicht, wenn wir manchmal auch ein bisschen hart in der Auseinandersetzung waren. Es ist am Ende, glaube ich, so, dass man auch bei dir sagen kann: In der Achtung und in der Beachtung der Belange von Kindern gibt es kaum jemanden, der dich übertreffen kann. Du bist immer in der Sache sehr engagiert – ich weiß –, manchmal dann auch hart in der Auseinandersetzung. Du hast es auch manchmal richtig abgekriegt an einer Stelle, wo ich es vielleicht verdient hätte. Deshalb, Andrea, für deinen Lebensweg alles Gute. Ich hoffe – nein, ich weiß –, du bleibst dem Bereich verbunden. Das lässt man nicht einfach in den Kleidern. Alles Gute für dich!
Herzlichen Dank für die Zusammenarbeit!
Herr Kollege Hafke, meine Frage ist ganz einfach: Können Sie vielleicht Ihre Position zum Thema Kindergrundsicherung darstellen?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen komme ich mir in dieser Diskussion schon komisch vor. Seit 17 Jahren führe ich diese Diskussion mit.
Ich denke, ich gehöre zu denjenigen, die immer vorsichtig darauf hingewiesen haben, dass die Abhängigkeit der DİTİB von Diyanet in den letzten Jahren eher gewachsen ist, als dass sie deutlich zurückgegangen wäre und dass deshalb alle Fragen hinsichtlich der Anerkennung als Religionsgemeinschaft mit sehr vorsichtigen Schritten angegangen werden sollten.
Gerade heute erlebe ich die Kolleginnen und Kollegen, die mir und uns Sozialdemokraten vorwerfen, obwohl wir in dieser Diskussion wirklich immer zur Vorsicht gemahnt haben, auf die Bremse zu treten und zu versuchen, die Dinge, die doch auf einem guten Weg sind, zu verhindern.
Herr Dr. Stamp, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie geschildert haben, man könne mit DİTİB leichten Herzens Veranstaltungen machen. Aber das konnte doch nie darüber hinwegtäuschen, dass man sich gerade seit der Zeit von Ministerpräsident Erdogan darüber im Klaren sein musste, dass es ein klares Durchregieren aus der Türkei über die Diyanet, über die Religionsattachés bis hin zu den Imamen und Hodschas in Deutschland gegeben hat. Insofern muss ich ganz deutlich sagen: Das Kind, das da unterwegs war, ist jetzt in den Brunnen gefallen. Dies scheint bei einigen zu einer 180-Grad-Wende zu führen, was – das wissen Sie doch alle – in der Integrationspolitik das Falscheste ist, was man tun kann.
Denn tatsächlich stellt hier niemand – davon gehe ich aus – die Muslime insgesamt – bei dem, was bei DİTİB offensichtlich passiert ist – unter Generalverdacht.
Aber eines ist doch auch klar: Sie haben uns noch vor wenigen Wochen kritisiert, als wir beim „Forum Statusfragen“ den Blick auf DİTİB gerichtet und gemeinsam mit der Landesregierung erklärt haben: Ja, es muss noch ein neues Gutachten her, weil die Verfasstheit, in der DİTİB im Augenblick ist, nicht zu dem Verfahren passt, das wir haben, um Religionsgemeinschaften anzuerkennen.
Warum, meine Damen und Herren, ist es so wichtig, DİTİB als Religionsgemeinschaft anerkennen zu können? Weil daran auch die Frage hängt, ob es wirklich eine nachhaltige, inhaltliche Beteiligung von DİTİB gibt. DİTİB vertritt eben die größte Gruppe der Muslime, nämlich die türkischstämmigen; jedenfalls nehmen sie das für sich in Anspruch.
Das Angebot von konfessionellem Religionsunterricht in einer ordentlichen religiösen Verfasstheit muss unter Beteiligung von Religionsgemeinschaften laufen. Ich gehöre zu denjenigen, die immer gesagt haben: DİTİB ist nicht eine Religionsgemeinschaft im klassischen Sinne, sondern es ist auch eine politische Organisation
Das gilt umso mehr, als die Diyanet seit der Amtsübernahme von Tayyip Erdogan direkt beim Ministerpräsidenten angesiedelt ist. Insofern bin ich, ehrlich gesagt, schon ein wenig überrascht.
Mich verwundert auch, wie leicht hier rechtsstaatliche Prinzipien, die wir in Deutschland haben, mal eben schnell beiseitegeschoben werden.
Wir können doch nur auf der Basis von Fakten vorgehen und sagen, was zu tun ist und was nicht, nachdem, wie der Minister gesagt hat, die Gespräche ausgesetzt worden sind. Wir sollten uns doch nicht selber in eine Situation bringen, in der wir faktenfrei
entscheiden: Das muss jetzt weg! – Solch eine symbolhafte Politik wünsche ich mir absolut nicht.
Es kann aber sein, dass wir hier einen leichten Vorgeschmack von Auseinandersetzungen in integrationspolitischen Fragen im Wahlkampf bekommen.
Man muss noch einmal fragen: Wie ist DİTİB überhaupt entstanden? Wir haben dazu schon einige Punkte gehört. Sicherlich zeigt sich an der Stelle, dass es ein großer Fehler war, sich keine Gedanken darüber zu machen, dass da nicht nur Arbeiter kommen, sondern eben Menschen, die eine andere Kultur und Religion haben. Der richtige Hype in Bezug auf DİTİB hat aber erst nach dem 11. September stattgefunden; denn erst da ist deutlich geworden, dass auch die Türken von der deutschen Mehrheitsgesellschaft als Muslime angesehen und als solche identifiziert wurden. Das hat zu einem hohen Grad an Selbstethnisierung geführt, bei der DİTİB für viele Muslime ein Teil, ein ganz wichtiger Baustein war.
Wenn wir die Probleme, die im Augenblick mit DİTİB bestehen, nüchtern betrachten, dann können wir doch nur der Landesregierung folgen und sagen: Ja, angesichts rechtsstaatlicher Prinzipien müssen jetzt sowohl die Zusammenarbeit auf allen Ebenen als auch die Ziele der Vereinbarung ruhen.
Wir dürfen aber die Kommunikation nicht einstellen; das ist uns doch allen klar. Wir müssen zusehen, dass es eine Kommunikation gibt, die wiederum, da gebe ich dem Minister absolut recht, nicht vor Kameras stattfinden darf und symbolhaft mit harten Forderungen aufgeladen wird. Ich meine vielmehr, dass man eine Kommunikation in geschlossenen Räumen führen muss, um deutlich zu machen, dass es so, wie sich DİTİB im Augenblick darstellt, nicht bleiben kann. Die Frage ist: Was ist passiert, und wie kann es weitergehen?
Ich teile die dringende Aufforderung der Landesregierung: DİTİB muss erkennbar unabhängig von der Türkei und den Institutionen der Türkei werden. Der Landesverband in Nordrhein-Westfalen hat es in der Hand, da entschlossen vorzugehen. Das wird nicht ohne Folgen für DİTİB insgesamt in Deutschland bleiben. Erst dann können wir doch darüber reden, wie eine Religionsgemeinschaft DİTİB anerkannt werden kann; denn unsere verfassungsrechtlichen Fragestellungen sind doch sehr streng. DİTİB passt da in der jetzigen Verfasstheit nicht hinein.
Das eine ist, das, was jetzt faktisch passiert, von dieser Frage zu trennen, zu warten, was die Ermittlungen bringen. Das andere ist, deutlich zu machen: Wenn sich DİTİB nicht erkennbar von der Türkei loslöst – das wird ein Prozess sein, das wird nicht sofort passieren –, dann können die Gespräche hinsichtlich
Statusfragen und anderer Dinge nicht mehr aufgenommen werden. Das wird in der Form nicht funktionieren.
Dass die Landesregierung die Kommunikation nicht einstellt, finden wir Sozialdemokraten absolut richtig. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP hat sich heute mit einem Antrag zum Thema „Kinderbildungsgesetz“ und mit der Bitte um Vorlegen von Eckpunkten an die Landesregierung gewandt.
Lassen Sie mich zunächst – mit Erlaubnis des Präsidenten – mit einem Zitat beginnen:
„Die Koalitionsfraktionen SPD und Grüne treffen mit den Kommunalen Spitzenverbänden im Hinblick auf die Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung und den Ausbau und die weitere Finanzierung der Kindertagesbetreuung folgende Vereinbarungen: …“
Dort ist im Punkt I.2 dann unter anderem vereinbart:
„Die Unterzeichnenden verständigen sich ferner, unverzüglich Gespräche für eine grundlegende
Überarbeitung des KiBiz und der ihm zugrunde liegenden Finanzierungsstrukturen aufzunehmen. Hierbei sollen alle mit der Finanzierungsstruktur zusammenhängenden Fragestellungen Berücksichtigung finden. Bis zum Ende der 16. Wahlperiode soll eine Verständigung auf Eckpunkte für ein neues Gesetz erfolgen.“
Herr Hafke, an dieser Stelle könnte ich sagen: Da Sie für Ihren Antrag die falschen Adressaten gewählt haben, könnte ich es dabei belassen. In der Tat können Sie sich nach dieser Vereinbarung an die regierungstragenden Fraktionen oder die kommunalen Spitzenverbände wenden, aber nicht an die Landesregierung; denn diese haben die Vereinbarung getroffen und unterschrieben, wie Sie auch wissen. Ich will es aber nicht dabei belassen, weil mir das am Ende doch etwas zu wenig wäre.
Man muss wirklich sagen, dass man in Ihrem Antrag – schließlich und endlich; die Kolleginnen und Kollegen aus dem Fachausschuss haben es in den letzten Jahren fast nicht mehr für möglich gehalten – eine aufsteigende Lernkurve bei Ihnen erkennen kann. Im Antrag sind Feststellungen enthalten, die Sie vor zwei bis drei Jahren in dieser Form noch nicht getätigt hätten.
Aber was soll’s! Am Ende ist entscheidend, wie glaubhaft das ist. Wer glaubt Ihnen denn, dass es Ihnen mit den von Ihnen gemachten Feststellungen und den damit verbundenen Konsequenzen tatsächlich ernst ist?
Sie richten sich an die Landesregierung. Das haben Sie gerade noch einmal wiederholt. Sie soll Ihre Fragen beantworten. Sie selber beantworten diese Fragen für sich offensichtlich nicht.
Das ist ein bisschen komplexer als die Angebote, die wir hier bekommen. Der Kollege Tenhumberg erzählt seit mehreren Monaten, …
… dass es nun endlich an der Zeit sei, …
Nein, ich will mir den Kollegen Tenhumberg erst mal ein bisschen zur Brust nehmen. Danach kann der Kollege Tenhumberg ja überlegen, ob er noch Fragen hat.
Das ist doch parlamentarischer Brauch. – Der Kollege Tenhumberg fordert seit mehreren Monaten, dass es dringend an der Zeit wäre, dass die Pauschalen angehoben würden. Das werden wir in dieser Form sicherlich nicht machen, Kollege Tenhumberg. Ich sage Ihnen ganz offen: Das wäre nämlich der falscheste Weg.
Wir erkennen im Moment bei diesem Gesetz: Wir können die Pauschalen noch mehr anheben und noch mehr Geld in das System stecken – so, wie es aufgebaut ist, wird es in den Gruppen und bei den Kindern nicht ankommen.
Der Kollege Düngel hatte schon mehrfach gefordert, einfach mehr Geld draufzusatteln, ungefähr 1 Milliarde €, dann werde alles gut. Auch das ist mit Sicherheit ein falscher Weg. Wir wollen tatsächlich zu völlig neuen Strukturen kommen. Darüber diskutieren und verhandeln wir mit den Beteiligten.
Immerhin wird eingeräumt, dass es zu Mehrbelastungen sowohl für Träger als auch für Kommunen kommen wird. Das wissen Sie auch. Deshalb ist es notwendig, dass wir mit allen Beteiligten reden. Das müssen wir. Dazu gibt es in der Zukunft auch zahlreiche Gelegenheiten.
Sie reden im Punkt 4 Ihrer Forderungen von der Erzieherinnen-Kind-Relation. Wir reden hingegen vom Fachkraft-Kind-Schüssel. Ich will Ihnen ganz offen sagen: Es ist an der Zeit, dass wir das Thema „Fachkraft“ noch einmal miteinander diskutieren und überlegen, wer in der Kita arbeitet. Wir sind uns im Ausschuss sicherlich schnell einig, dass wir multiprofessionelle Teams brauchen. Deshalb greift der Punkt „Erzieherinnen-Kind-Schlüssel“ an der Stelle zu kurz. Aber das ist vielleicht mehr oder weniger nur Semantik.
Im Punkt 7 sprechen Sie von bedarfsgerechten Öffnungszeiten. Darum kümmern Sie sich ganz dringend. Dazu sage ich Ihnen: Die SPD ist der Auffassung, dass wir nicht jede Kita von 6 Uhr bis 18 Uhr offenhalten müssen. Wir glauben aber, dass es für Eltern notwendig ist, relativ gut und schnell eine ortsnahe Kita mit langen Öffnungszeiten erreichen zu können. Über die Mindestöffnungszeiten in Kindertageseinrichtungen diskutieren wir dann in den nächsten Wochen und Monaten mit den Beteiligten.
Letzter Punkt – auf mehr Punkte kann ich jetzt nicht eingehen –: Sie reden von der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern. Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass wir in Nordrhein-Westfalen sehr, sehr gut ausgebildete Erzieherinnen haben, die ihren Job sehr, sehr gut machen.
Wenn wir über Verbesserungen der Ausbildung reden, dann ganz sicher nicht in diesem Gesetz, sondern anderer Stelle.
Denn da sind wir in der Tat in einem anderen Rechtskreis. Wir sagen aber heute schon: Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass es nicht nur um eine Diskussion von Akademisierung gehen kann. Das wird am Ende auch eine der Fragestellungen sein, über die wir uns möglicherweise kontrovers auseinandersetzen.
Zusammenfassend: falscher Adressat, aber trotzdem eine gute Gelegenheit, sich miteinander auseinanderzusetzen, worum wir in diesem System tatsächlich diskutieren und ringen.
Wenn der Kollege Tenhumberg immer noch eine Frage hat, könnte er sie jetzt stellen.
Verehrter Kollege Tenhumberg, die Frage ist ganz reizend. Das eine schließt das andere nicht aus. Der Kollege Hafke hat sich ausdrücklich auf Eckpunkte bezogen, die nun endlich nach einem Jahr vorgelegt würden. Lesen Sie bitte den Antrag noch einmal. Da gibt es ein schönes Intro, in dem er das ganz genau beschreibt.
Das ist der Bezug meiner Rede, Herr Kollege Tenhumberg. Auf Eckpunkte haben sich die kommunalen Spitzenverbände mit den regierungstragenden Fraktionen verständigt. Wenn der Kollege Hafke fordert, dass die Landesregierung diese endlich vorlegen müsste, dann ist das der falsche Adressat. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. So sehe ich jedenfalls die deutsche Sprache.
Herr Tenhumberg, natürlich prüft die Landesregierung ständig im Austausch mit Trägern und kommunalen Spitzenverbänden, an welcher Stelle eine Neujustierung des Gesetzes möglich oder notwendig ist. Das ist aber ein anderer Punkt.
Wir sind als Sozialdemokraten und auch als Grüne in den letzten Jahren hier immer vorangegangen, indem wir gesagt haben, dass nach unserer Auffassung diese Struktur, die Sie mit beschlossen und auf den Weg gebracht haben, auf Dauer nicht mehr zu reparieren ist und wir daher über eine grundständige Revision reden müssen. Und das ist genau der Punkt, der die Eckpunkte betrifft.
Insofern sind wir weit auseinander und doch ganz nah, Herr Kollege Tenhumberg.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich will vorab eine Bemerkung machen: Frau Brand, ich glaube, das grundsätzliche Missverständnis zwischen Ihnen und uns – denjenigen, die das Integrationsgesetz auf Bundesebene mit unterstützt haben – ist, dass Sie glauben, dass Zuwanderung überhaupt nicht gesteuert werden muss. Ich sage Ihnen: Da liegen wir weit auseinander.
Ich gehöre zu denjenigen in meiner Partei, die mit Blick auf ein notwendiges Zuwanderungsgesetz sagen, dass es dann auch tatsächlich notwendig sein wird, zu sagen, wo sich die Menschen niederlassen sollen und wo tatsächlich für sie schnell Integrationshilfen organisiert werden können. Das hat etwas damit zu tun, dass man eben steuern muss.
Wenn Sie sich Zuwanderungsgesellschaften wie zum Beispiel Kanada oder auch die USA anschauen, die eine lange Tradition mit Zuwanderung haben, dann sehen Sie, dass sie unter anderem über Wohnsitzauflagen steuern. Damit ist nicht die Freizügigkeit auf ewig ausgesetzt, sondern es geht darum, ob man es nicht schaffen kann, die Menschen in einer gewissen Zeit – in unserem Fall jetzt drei Jahren – dazu zu bringen, zu versuchen, Wurzeln zu schlagen, und zwar dort, wo man ihnen auch am besten Hilfe geben kann.
Ich will Ihnen ein Beispiel aus meiner Heimatstadt schildern. Wir haben seit Januar 2016 zu den nach Essen zugewiesenen gut 5.000 Personen zusätzlich 1.650 Personen in unserer Stadt, die als anerkannte Schutzsuchende aus anderen Bundesländern zugezogen sind. Die Betreuer dieser Menschen sagen, dass diese Personen zum Teil in den anderen Bundesländern bzw. Städten die Aufforderung bekommen haben, ruhig die Stadt zu verlassen. Das geschah mit folgendem Hinweis: Wenn ihr meint, dass ihr bessere Hilfen zum Beispiel in Essen finden könnt, dann geht dahin.
Jetzt ist die Frage, wie das denn in einer Stadt stattfinden kann, die kein Umland hat, die wenig Flächen hat und in der es anerkanntermaßen im Augenblick ein großes Problem mit dem Wohnungsbau gibt. Deshalb ist es gar nicht dumm, zu überlegen, ob man nicht versuchen sollte, die Menschen dahin zu bringen, wo für sie auch Leistungen und Infrastruktur vorhanden sind.
Diese 1.650 Menschen sind jetzt da. Es wird garantiert niemand aus Essen zurückgewiesen werden. Insofern kann ich Ihnen schon sagen: Das Aussetzen der Wohnsitzauflage, wie Sie es fordern, wäre an dieser Stelle überhaupt nicht das Problem. Das Problem ist, dass sich die Menschen in einer Stadt mit so wenig Fläche und im Augenblick wirklich nicht üppig vorhandenem Wohnraum in bestimmten Bereichen ansiedeln.
Da rede ich nicht von Gettobildung, sondern davon, dass sich Nachbarschaften, die sich ohnehin schon eine ganze Zeit lang in täglicher Integration geübt haben, ein Stück weit überfordert fühlen können. Das muss ich anerkennen, Frau Brand, ob ich diese Einschätzung nun teile oder nicht. Ich muss erst einmal anerkennen, dass es so ist, und dann versuchen, den Menschen deutlich zu machen, wie wir vor Ort gemeinsam die 1.650 Personen, die zum Teil schon
ihre Kinder in der Schule haben, die schon Sprachkurse besuchen und die in viel zu kleinen und teilweise nicht wirklich guten Wohnungen leben, schnell in die Stadtgesellschaft integrieren können.
Ich akzeptiere aber nicht, dass in anderen Bundesländern gesagt wird: Wir werden keine Härtefallregelung machen. Wir machen keine Wohnsitzauflage. Wir lassen die Leute dahin ziehen, wohin sie wollen. – Das ist meist in den Bundesländern der Fall, in denen es tatsächlich keinen Zuzug in der Art und Weise gibt, wie wir ihn beispielsweise im Ruhrgebiet und in unseren Ballungsräumen oder großen Städten erleben.
Frau Brand, das ist der Hintergrund, warum wir sagen: Eine Wohnsitzauflage in der Form, wie sie die Landesregierung jetzt durch ihren Erlass hinzubekommen versucht, ist eine durchaus sinnvolle Sache.
Ich kann Folgendes nachvollziehen; das Problem sehe ich ganz genauso: Man sollte auf der Bundesebene – wir haben das schon sehr oft gehabt; das ist eine Kritik, die ich auch in Richtung meiner eigenen Parteifreunde auf der Bundesebene geäußert habe – nicht solche Gesetze machen und dann einfach eine Rückwirkung herstellen, ohne dass wirklich klar ist, wer sie eigentlich aushalten muss. Hier müssen es die Kommunen vor Ort dann machen. Es gibt diesbezüglich leider auf der bundesgesetzlichen Ebene überhaupt keine konkreten Hinweise, wie denn die Ausländerbehörden das tun sollen – bis auf den Hinweis, dass nach dem konkreten Erlass die Länder zuständig sind.
An dieser Stelle gibt es eine Rückwirkung, die mit dem Rückstau bei der Registrierung zusammenkommt. Das kann im Einzelfall tatsächlich für den Einzelnen zu ungünstigen Konstellationen führen.
Ich bin aber zuversichtlich, dass sich die Ausländerbehörden nach dem Erlass auch tatsächlich in die Lage versetzt sehen, im Sinne der Menschen und auch ziemlich einhellig zu reagieren.
Ich möchte aber noch einen Punkt loswerden, bei dem ich die Landesregierung lobe. Wie manche hier wissen, tue ich das nicht oft. Ich finde eine Sache wirklich richtig. Bei der Zuweisung von anerkannt Schutzsuchenden wird die Landesregierung in Zukunft schauen, welche anderen Zuwanderungsbewegungen es in den letzten Jahren gegeben hat. Das spricht insbesondere die Kommunen an, die eine Zuwanderung aus Südosteuropa haben. Das ist in meiner Heimatstadt ein Problem, aber ein eher kleineres. Ich weiß allerdings, dass es in den Nachbarstädten Duisburg oder Gelsenkirchen sehr wichtig ist.
An dieser Stelle geht es darum, anzuerkennen, dass auch Menschen aus Südosteuropa tatsächlich eine Menge an Integrationsleistungen und auch eine Menge an Integrationshilfen brauchen, um Fuß zu
fassen und in unserer Gesellschaft Wurzeln zu schlagen. Denn das ist ja das, was wir wollen. Dass die Landesregierung erklärt, darin seien die Kommunen zu unterstützen, indem man Besonderheiten, die in den einzelnen Kommunen bei der Zuwanderung tatsächlich feststellbar sind, berücksichtige, halte ich für ausgesprochen richtig. Das finden wir von unserer Seite durchaus vernünftig.
Es bleibt am Ende so – das löst Ihren Kummer auf, glaube ich –, dass die Ausländerbehörden zuständig sind. Das führt in der Kombination mit der von mir schon angesprochenen Rückwirkung im Augenblick sicherlich zu einer Vielzahl von Problemen und auch zu einer Menge Verdruss bei denjenigen, die Geflüchtete unterstützen wollen und ihnen helfen wollen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass sich das in den nächsten Wochen und Monaten im Sinne der Menschen wird auflösen können, so wie wir es in Nordrhein-Westfalen immer getan haben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure außerordentlich, dass das so ist, aber der Kollege Laschet hat ja dargestellt, woran es vermutlich liegt. Wir befinden uns acht Monate vor der Landtagswahl. Vermutlich war es einfach auch zu ambitioniert, zu glauben, dass wir da einen breiten Konsens – insbesondere in Bezug auf Details – hinsichtlich der Integration von Geflüchteten hier in Nordrhein-Westfalen hinbekommen können.
Ich denke aber schon, dass der Fortschritt tatsächlich darin besteht, dass wir – anders als es 2001 und auch noch 2006/2007 der Fall war – uns jetzt hier im Hause jedenfalls darüber einig sind, dass Integration von Geflüchteten kein Thema ist, das sozusagen innenpolitisch dominiert wird, sondern auch eine Fragestellung darstellt, die sich sozialpolitisch und bildungspolitisch lösen lässt. Es ist also nicht mehr nur eine rein innenpolitische Fragestellung.
Das war anders, und deshalb war es auch notwendig, einen Integrationsplan für diese Zielgruppe aufzulegen. Das bedeutet aber nicht, dass die Integrationspolitik jetzt nur noch für diese Zielgruppe stattfindet. Der erweiterte Schritt liegt vielmehr darin, dass
wir diesen Konsens in konkrete politische Maßnahmen in den einzelnen Politikfeldern umzusetzen versuchen.
Lassen Sie mich zum Schluss – ich komme wieder darauf zurück, dass es vielleicht auch daran liegt, dass wir uns acht Monate vor der Landtagswahl befinden – noch etwas sagen: Es ist für mich sehr interessant, zu sehen, wie die Piraten in den letzten Jahren hier im Parlament im Grunde – ich sage das einmal so – einen Bildungserfolg erzielt haben, den man wie folgt benennen kann: Sie sind hier hereingekommen und haben gesagt, dass sie alles anders machen wollen; Sie wollten uns zeigen, dass es eine moderne Politik gibt.
Am Ende ist doch eine Ihrer Kernforderungen ein Strukturvorschlag, nämlich ein Integrationsministerium einzurichten. Daran hängen Sie alles auf. Das ist – man muss das deutlich sagen – nicht besonders innovativ und auch nicht besonders modern.
Wir dagegen glauben in Bezug auf Integrationspolitik nach wie vor an den Querschnittsansatz.
Ich komme zu einem anderen Punkt, bei dem man erkennt, warum das, wofür wir heute im Prinzip stehen, vielleicht auch wichtig ist. Das ist die Strategie der FDP. Hinter alldem, was Sie, Herr Stamp, hier im Detail dazu gesagt haben, was Sie am Integrationsplan stört, steht doch der Grundgedanke, dass Sie glauben, dass die AfD vor allen Dingen dadurch stark wird, dass hier im Parlament nicht entschlossen genug Oppositionspolitik beim Thema „Flüchtlinge“ betrieben wird. Deshalb scheuen Sie sich ganz ausdrücklich, sich diesem Konsens der Demokraten anzuschließen, den wir versucht haben, in der Resolution herzustellen. Ich bedaure diese Strategie, die Sie haben, außerordentlich.
Denn ich glaube: Weder Sie werden davon profitieren, noch wird das Ansehen des Parlaments dadurch besser werden.
Ich bin überzeugt, dass der Weg, den wir mit der Resolution vorgeschlagen haben, sich nämlich über die Grundsäulen einig zu sein und im Detail nach wie vor den demokratischen Streit zu suchen, der richtige ist und dass es auch das ist, was die Menschen …
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich sage den letzten Halbsatz noch zu Ende.
Das, was hier im Prinzip den Konsens der Demokraten bedeutet, ist auch das, was wir den Menschen nach draußen signalisieren sollten; denn ich glaube, damit werden sie wesentlich mehr anfangen können, als den Populisten auf den Leim zu gehen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Präsident hat gerade vorgelesen, worum es heute geht. Noch einmal: Was regelt das Gesetz?
In dem Gesetz regeln wir zunächst die Anhebung der Dynamisierung der Pauschalen in der frühkindlichen Bildung in den Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen, die bislang auf 1,5 % begrenzt waren. Diese Pauschalen erhöhen wir um 1,5 % auf nunmehr 3 %; die Erhöhung erfolgt aus dem Landeshaushalt.
Damit entsteht für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen die Situation, dass auch sie mehr Geld für die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen werden aufbringen müssen. Darauf komme ich später noch einmal zurück; denn ein für dieses Gesetz sehr wichtiger Aspekt ist, dass wir hinsichtlich der Fragen, was denn nun auf die Kommunen zukommt, Einigkeit erzielt haben.
Wir passen die Pauschalen bis zum Jahr 2018/19 an. Diese Anpassung finanzieren wir aus dem Betreuungsgeld. Somit bleibt in Nordrhein-Westfalen – das unterscheidet uns von anderen Bundesländern, und dafür kann man unserer Ministerin nur herzlich danken – das Betreuungsgeld komplett im System der frühkindlichen Bildung. Das ist ein sehr wichtiges Signal für die Anerkennung der frühkindlichen Bildung.
Bis 2018/19 stehen 100 Millionen € aus dem Betreuungsgeld für Investitionen insbesondere im Ü3-Bereich zur Verfügung.
Wir haben – ich sagte es schon – im Vorfeld mit den kommunalen Spitzenverbänden sowie mit den Trägern über Eckpunkte geredet, die ein neues Kitagesetz bringen soll. Und nur unter der Voraussetzung, dass wir uns mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Trägern auf Eckpunkte würden einigen können, war es möglich, dass die kommunale Seite sich bereit erklärt hat, die Anpassung der Pauschalen mitzutragen.
Damit vermeiden wir den von CDU und FDP so stark herbeigesehnten Kitakollaps in Nordrhein-Westfalen. Auch wenn Sie immer wieder den Teufel an die Wand malen: Sie werden erleben, dass das, was Sie sich so sehr herbeiwünschen, ausbleiben wird. Ich frage mich auch ganz ehrlich: Warum wünschen Sie
sich das? Das muss man sich als Fachpolitiker doch einmal fragen dürfen.
Wenn Sie sich am frühen Morgen schon aufgemacht haben, um die Kitaträger zu unterstützen, dann schauen Sie sich doch einmal die Situation zum Beispiel in Oberberg an. Ja, dort zieht sich tatsächlich ein Träger zurück. Dafür hält ein anderer Träger das, was an Finanzierung vonseiten des Landes kommt und was die Kommunen an Kofinanzierung bereitstellen, für ausreichend und steigt ein. Insofern werden wir auf der Strecke viele Plätze erhalten können. Und Sie werden es erleben: In Nordrhein-Westfalen wird es sogar noch einen weiteren Ausbau geben.
Warum wollen wir ein neues Kitagesetz? Warum wollen auch kommunale Spitzenverbände und Kitaträger ein neues Gesetz? Im Laufe der letzten fünf Jahre ist deutlich geworden, dass das KiBiz kein Gesetz ist, das den Bedarfen und Anforderungen der frühkindlichen Bildung gerecht werden kann.
KiBiz wird den Kindern nicht gerecht. KiBiz hat nur unzureichende Antworten, wenn es um die Bedarfe und Bedürfnisse von Familien geht. KiBiz bietet keine neue Steuerungsmöglichkeit für das Land. Wir agieren da doch nach der Strategie: Zahlen und fröhlich sein. – KiBiz lässt eine klare Aufgaben- und Kostenteilung zwischen Land, Trägern und Kommunen vermissen.
Das – stellen Sie sich das einmal vor, Herr Hafke – kann man auch herausbekommen, ohne eine Evaluation zu machen. Stellen Sie sich so etwas einmal vor!
Deshalb – darüber sind wir uns mit den Trägern und Erziehern, mit den kommunalen Spitzenverbänden und mit den Gewerkschaften, aber auch mit den Eltern und Familien in NRW völlig einig – werden wir ein neues Gesetz machen. Deshalb hat es bei der Anhörung auch so viele Diskussionen, Anteilnahmen und Hinweise darüber gegeben, was die Eckpunkte tatsächlich bringen sollen. Und deshalb hat es so wenige Diskussionen darüber gegeben, was Sie so gerne gehabt hätten …
Das Protokoll ist da ja Ausweis. Sie haben fröhlich versucht, Wahlkampf zu betreiben – sehr zum Befremden derjenigen, die bei der Anhörung sachdienliche Hinweise geben wollten.
Ja, wir verknüpfen mit dem heutigen Gesetzentwurf nicht mehr und nicht weniger als eine Überbrückungshilfe – mit Betonung auf „Brücke“. Denn die Tage dieses unzureichenden Gesetzes sind gezählt.
Rot-Grün hat es in der Zwischenzeit geschafft, mehr als 2 Milliarden € in das System „frühkindliche Bildung“ zu stecken. Aber es ist auch klar, dass wir uns gemeinsam mit Kommunen und Trägern darüber verständigen müssen, wie viel Geld in der Zukunft aufgebracht werden muss. Dass mehr Geld aufgebracht werden muss – das ist ja Ihr Kummer –, bestreitet heute niemand mehr.
Das andere, was auch niemand bestreitet, ist, dass Rot-Grün in den letzten sechs Jahren schon sehr viel erreicht hat. Die Anerkennung dafür war bei der Anhörung deutlich spürbar.
Herr Hafke, ich muss Ihnen jetzt eines sagen: Es kann doch sein, dass ich andere parlamentarische Verpflichtungen hatte und deshalb Ihren Wahlkampfbemühungen im Ausschuss nicht zuhören konnte.
Herr Hafke, ich würde es Ihnen als Mitglied einer kleinen Fraktion niemals vorhalten, wenn Sie Schwierigkeiten haben, an der einen oder anderen Stelle anwesend zu sein. Bitte, Herr Hafke, tun Sie das nicht.
Das ist unterstes parlamentarisches Niveau, worauf Sie sich da gerade einlassen.
Aus dieser Attacke spricht nichts anderes als der Frust darüber, dass Ihre ganzen Bemühungen, das Überbrückungsgesetz schlechtzureden, in der
Szene nicht gefruchtet hat. Und das ist Ihr Problem.
Uns ist klar, dass es Zeit wird, dass das Geld, das wir als Land für die frühkindliche Bildung aufbringen, dazu dienen muss, den Erzieher-Kind-Schlüssel in Nordrhein-Westfalen zu verbessern, und zwar insbesondere im Ü3-Bereich. Wir sind uns klar darüber, dass dieses Geld dazu dienen muss, gute Beschäftigungsverhältnisse in unseren Kitas auszubauen. Und wir sind uns darüber im Klaren, dass es darum gehen muss, ein bedarfsgerechtes Angebot für Familien zu schaffen. Das ist eben die Hauptkritik am KiBiz bis heute: Dieses Gesetz leistet das nicht.
Unsere zentralen Ziele, die ich gerade genannt habe, sind die, die wir in die Diskussion mit den anderen Beteiligten in der frühkindlichen Bildung für die Eckpunkte eines neuen Gesetzes einbringen. Wir sind nach den ersten Diskussionen, die wir geführt haben, sehr zuversichtlich, dass die Hauptzielpunkte, die wir formuliert haben, in der Szene weitestgehend mitgetragen werden. Wir werden da, glaube ich, einen sehr guten Weg finden.
Beim Thema „frühkindliche Bildung“ – da spreche ich Sie an, Herr Hafke, aber auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion – haben die Oppositionsfraktionen eben eine dunkle Vergangenheit. Wir, die regierungstragenden Fraktionen, bemühen uns, die Zukunft zu gestalten.
Das, Herr Hafke, kommt offensichtlich so gut im Land an, dass Sie in der Zwischenzeit versuchen, auszuweichen und sich auf ein anderes Spielfeld zu bringen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, Herr Hafke: Das, was Sie in den letzten Wochen und Monaten zur Veränderung im Bereich der frühkindlichen Bildung hier beigetragen haben, wird Ihnen auf der Strecke sicherlich nicht das bringen, was Sie sich davon erhoffen.
Ich habe ganz massiv den Eindruck, dass die Menschen und Familien in Nordrhein-Westfalen die Bemühungen von Rot-Grün sehr wohl anerkennen – nämlich, dass wir in der frühkindlichen Bildung vieles auf den Weg gebracht und viele Verbesserungen erreicht haben.
Die Menschen erkennen aber auch an, dass wir ihnen ehrlich gegenübertreten und sagen: Okay, es gibt noch einiges, was wir verändern müssen und was wir verändern können.
Und eines wird eben auch klar, Herr Hafke: Die Konzepte, die Sie bislang, wenn Sie überhaupt einmal irgendetwas skizziert haben, skizziert haben, beruhen ganz alleine darauf, dass Sie sagen: Ich war damals noch nicht im Parlament. Ich habe damit nichts zu tun. – Tatsache ist aber, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen, die damals im Parlament waren, den Bürgerinnen und Bürgern versprochen haben,
dass es ein besseres, ein gutes und ein bedarfsgerechtes Gesetz gibt. Das Einlösen dieses Versprechens sind Sie den Bürgerinnen und Bürgern bis heute schuldig geblieben.
Auch ein Marcel Hafke als Vertreter der FDP ist das den Menschen schuldig geblieben. Von den Kolleginnen und Kollegen der CDU, die Mitverursacher sind, wollen wir einmal lieber ganz schweigen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Einfach nur, weil nicht nur der Kollege Tenhumberg schon ein bisschen länger hier ist und offensichtlich ein längeres Haltbarkeitsdatum hat.
Die Frage ist: Was unterscheidet uns eigentlich? Uns unterscheidet Punkt 2 Ihres Forderungskatalogs. Gucken Sie sich das genau an. Da steht: Private Träger sollen eine öffentliche Förderung erhalten, auch wenn sie im Grunde nichts anderes tun, als nur für das Unternehmen zu arbeiten. – Da unterscheiden
wir uns in der Tat. Unsere Voraussetzung war immer: Sie gehen in den örtlichen kommunalen Jugendhilfeplan ein. Dann gibt es auch kein Problem mit der öffentlichen Förderung. Reineweg auf das Unternehmen bezogen geschieht das aber in Gewinnabsicht, so wie die Kollegin Asch gesagt hat.
Da unterscheiden wir uns. Das macht ja nichts.
Das macht Spaß in der Debatte im Ausschuss. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir führen heute eine wirklich wichtige Debatte. NRW hat bislang etwa 200.000 Flüchtlinge aufgenommen. Rund 13.000 davon sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. 80 % der Flüchtlinge sind unter 35 Jahre alt. NRW erfüllt damit seine Pflicht mehr als ausreichend.
Andererseits bedeuten diese Zahlen aber auch: Das ist eine Riesenchance für unser Land, aber ohne Zweifel auch eine sehr große Herausforderung. Lassen Sie mich zunächst einmal sagen, dass ich es für wichtig halte, dass wir trotz der Menge an Menschen, die im Augenblick nach Deutschland und auch nach Nordrhein-Westfalen strömen, nicht vergessen, den Blick auf den Einzelnen zu lenken. Wir sollten versuchen, in der Debatte die Flüchtlinge aus dem Objektstatus in den Subjektstatus zu bringen. Das ist wichtig, um überhaupt über Integration sprechen zu können; denn es geht immer individuelle Lebenswege, um individuelle Zugangswege.
NRW fängt bei der Integration von Zuwanderern nicht bei null an. NRW hat große Erfahrungen bei der Integration – übrigens auch und vor allen Dingen bei der gelingenden Integration.
Der Minister hat es schon gesagt: 2001 haben wir in diesem Haus fraktionsübergreifend die Integrationsoffensive beschlossen. Seitdem herrscht in diesem Haus Konsens, in welchen Feldern Integration politisch vorangebracht werden muss.
Damals wie heute sind es die gleichen fünf Felder – diese finden sich auch in unserem Antrag wieder –: Ankommen und erste Maßnahmen, Sprache und Bildung, Arbeit und Weiterbildung, Quartiere und Wohnen, gesellschaftlicher Zusammenhalt und da – das ist damals so gewesen und auch heute so – vor allen Dingen die Frage: Mit welcher Religion kommen die Menschen zu uns, und wie können wir es ermöglichen, dass die Freiheit der Religionsausübung, ein wichtiges Prinzip unseres Staates, auch für diese Menschen uneingeschränkt gilt?
Zur Umsetzung dieser Handlungsfelder brauchen wir die Kommunen. Das ist ohne Zweifel wichtig und richtig.
Zunächst will ich aber noch einmal etwas über unser Leitbild bei der Integration sagen. Integration ist für uns ein Prozess auf Gegenseitigkeit. Wir verlangen keine Assimilation, noch nicht einmal Anpassung, sondern unser Prinzip ist ein abgewogenes Konzept von Fördern und Fordern.
Wir haben aus den Fehlern der 90er-Jahre gelernt. Wir setzen so schnell und so früh wie möglich an. Kinder erhalten so schnell wie möglich Zugang zu Kita und Schule. Der Zugang zu Ausbildung und Ar
beit wurde durch das Asylpaket I erleichtert. Das Angebot an Sprachkursen wurde, was die Zahl und die Palette angeht, erhöht und erweitert. Natürlich ist da Luft nach oben. Aber Grundvoraussetzung für alles, was wir weiterhin diskutieren, ist, dass insbesondere – der Minister hatte es schon gesagt – die die Registrierung und damit den Zugang zu bedarfsgerechten Angeboten für die Menschen, die bei uns leben, verbessert und beschleunigt werden.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, für uns ist aber auch klar: Wer bei uns dauerhaft leben will, muss sich zum Grundgesetz, zu unserer Demokratie und zu unseren Werten bekennen. Wir erkennen die Leistung der Migranten in unserer Gesellschaft, ihren Platz zu finden, an. Sie haben einen individuellen Anspruch darauf, dass man ihnen Chancen bietet und dass sie in unserer Gesellschaft teilhaben können. Aber sie müssen bereit sein, ebendiese Leistung auch zu erbringen.
Klar ist: Wir sind uns sicher, dass gelingende Integration ein Gewinn für die aufnehmende Gesellschaft werden kann, aber vor allen Dingen für die Menschen, die Schutz und eine bessere Zukunft für sich und ihre Familien bei uns suchen.
Wir wissen aber auch: Integration ist eine lange Wegstrecke, auf der es immer wieder zu Problemen und auch zu Missverständnissen kommen kann und wird – auf beiden Seiten übrigens. Auch das muss klar sein. Deshalb sind gerade die Angebote, die erklären und darstellen, was unsere Grundwerte sind, was unsere kulturprägenden Angebote sind und wie unsere Gesellschaft funktioniert, so wichtig für die Menschen, die zu uns kommen.
Aber der größte Fehler wäre es, sich nicht auf diese Wegstrecke zu machen. Das ist der Anspruch, den wir an uns als Politikerinnen und Politiker stellen sollten und den wir auch an die Menschen in unserem Land stellen sollten. Den Menschen die Angst zu nehmen, dass es nicht gelingen könnte oder dass es sich nicht lohnen könnte, die Menschen, die zu uns kommen, in unsere Gesellschaft zu integrieren, ist aus meiner Sicht eine unserer wichtigen Aufgaben. Wir müssen Teilhabechancen für alle Menschen in unserem Land bieten.
„Ohne Angst und ohne Träumerei“: Dieser Ausspruch von Johannes Rau sollte das Markenzeichen für die Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen werden.
Deshalb stellen wir heute unseren Integrationsplan vor und bringen ihn in die Diskussion ein. Das Wichtigste für die Bürgerinnen und Bürger in NRW, aber auch für die nach NRW Flüchtenden ist, dass wir deutlich machen: Wir gehen planvoll vor.
Was wir heute zur Diskussion stellen, ist vielfach ohne Zweifel nicht neu. Warum auch? Wir haben in
NRW eben die Erfahrungen damit, was für gelingende Integration notwendig ist. Vieles ist schon auf den Weg gebracht worden. Der Minister hat es gesagt. Das wird auch in unserem Antrag deutlich.
Der 15-Punkte-Plan für mehr innere Sicherheit sieht vor: 20 Millionen € für die Betreuung der Kinder in Flüchtlingsfamilien, Verbesserung der Versorgung der unbegleiteten Minderjährigen, weiterer Ausbau bei U3 und Ü3, 5.700 Lehrerstellen, 1.300 Willkommensklassen, mehr Plätze in der offenen Ganztagsschule, flächendeckender Ausbau der Integration Points zur Verbesserung der Vermittlung in Arbeit, Fachberatung zur Verbesserung der im Ausland erworbenen Abschlüsse, Förderprogramme zur Schaffung von Wohnraum, Städtebausonderprogramme in Höhe von rund 72 Millionen € pro Jahr, Stärkung und Unterstützung des Ehrenamts bei der Flüchtlingshilfe und, und, und.
Wir lehnen uns nicht zurück, sondern sagen: Das ist ein Anfang. Aber es ist noch mehr nötig – nicht nur, aber eben auch monetär.
Natürlich gibt es insbesondere aus den Reihen der Oppositionsfraktionen immer wieder die Diskussion, dass alles nicht reicht und nicht schnell genug geht. Das ist in Ordnung. Es natürlich auch ein Teil Ihrer Rolle, uns anzutreiben und zu sagen, das müsse besser oder schneller werden. Aber ich bitte Sie, in der Diskussion – auch mit Blick auf die Tradition hier im Hause – nicht allzu schnell in parteipolitische Reflexe zu verfallen.
Wir laden alle Fraktionen und alle Abgeordneten ein, sich an der Entwicklung dieses Integrationsplans für NRW zu beteiligen. Dabei können wir an die Integrationsoffensive aus dem Jahr 2001 anknüpfen. Ich war damals persönlich daran beteiligt. Wir können auch an den Aktionsplan aus dem Jahr 2006 anknüpfen, an dem ich auch persönlich beteiligt war. Ich habe die Hoffnung, dass wir auch diesmal gemeinsam für die Menschen einen Schritt weiterkommen.
Es ist klar, dass wir die Kommunen als Partner für den Erfolg der Integration in Nordrhein-Westfalen brauchen. Deshalb werden wir die Kommunen auch weiterhin bei der Entwicklung der kommunalen Integrationskonzepte unterstützen. Wir sehen eine Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Land und Kommunen. Nur so kann Integration gelingen.
Herr Dr. Stamp, ich sehe in Ihrem Entschließungsantrag viele Punkte, bei denen ich glaube, dass wir sehr positiv an das anknüpfen können, was in dieser Diskussion inhaltlich auch notwendig ist. Lassen Sie uns konkret werden. Das sehe ich in Ihrem Antrag. Das hilft den Menschen und den Geflüchteten in NRW. Lassen Sie uns sagen: Wir in NRW können Integrationspolitik. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von Ihnen hier eingeforderte faire Umgang, Herr Dr. Stamp, ist genau das, was wir mit dem sehr breiten Prozess vorhaben. Es geht tatsächlich darum, die Dinge miteinander zu bereden,
Ideen zu haben und zu äußern. Es geht nicht darum, zu sagen, wer es erfunden hat. Das ist die hier geäußerte Sorge. Das sagen wir Ihnen auch zu.
Frau Güler, wenn ich Ihnen hier so zuhöre und Sie beobachte, kann ich nur eines sagen: Ich bin mir ziemlich sicher, wären Sie 2001 schon im Parlament gewesen, hätten wir keine gemeinsame Integrationsoffensive vereinbaren können; denn so, wie Sie mit Argumenten der Gegenseite umgehen, ist es sehr, sehr schwierig, überhaupt zu versuchen, Kompromisse zu finden.
Kompromisse miteinander einzugehen bedeutet nicht, immer nur darauf zu beharren, dass man der Erste war, der etwas gesagt hat. Es bedeutet, irgendwann zu erkennen, dass der wichtigere Punkt die Gemeinsamkeit ist.
Frau Güler, ich frage Sie ganz ehrlich: Sind Sie dazu bereit oder nicht? – Wenn Sie nicht dazu bereit sind, können Sie sich bei dem Kollegen Solf oder anderen erkundigen: Es hat auch schwierige Zeiten gegeben, bis wir zu dieser Integrationsoffensive 2001 gekommen sind. Es hat mit uns allen gemeinsam heftige Diskussionen darüber gegeben, wie wir uns mit dem Aktionsplan verhalten. Dennoch haben wir es geschafft. Die Frage, die ich Ihnen heute ganz persönlich stelle, lautet: Sind Sie dazu bereit, Kompromisse zu schließen? – Dieser Frage müssen Sie sich stellen, bevor Sie in diesen Prozess gehen.
Frau Güler, eines will ich Ihnen auch noch sagen. Sie können sich hier aufregen und sich über den Minister echauffieren. Das bleibt Ihnen unbenommen. Das ist Ihre Aufgabe hier im Parlament.
Aber eines bleibt auch: Der Satz, dass ohne den Bund nichts geht und der Erfolg dieses Plans ohne den Bund nicht zu machen ist, kam von Ihnen. Sie können das gleich im Protokoll noch einmal nachlesen.
Insofern kann es vielleicht sein, dass Sie bereuen, diesen Satz gesagt zu haben. Tatsache ist aber jedenfalls, dass der von Ihnen kam. Und wissen Sie was, Frau Güler? Das war fast das einzig Konstruktive und Richtige in Ihrem Wortbeitrag. Deshalb lege ich Wert darauf, dass es dabei bleibt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte jetzt einmal den Kolleginnen und Kollegen und auch den Zuhörerinnen und Zuhörern zugute, dass wir alle ein hohes Interesse daran haben Kinderarmut zu verhindern und zu bekämpfen. Darüber hinaus halte ich allen zugute, dass die Berichte und Gutachten, die in den letzten Tagen an die Öffentlichkeit gekommen sind, alle mehr oder weniger betroffen machen. Was aber sicherlich nicht in Ordnung geht, ist der Versuch, hier ein politisches Geplänkel zu betreiben, bei dem möglicherweise am Ende die Ernsthaftigkeit verloren geht.
Ich möchte ein paar Unterschiede herausarbeiten, die heute in der Debatte für mich deutlich geworden sind. Das betrifft zunächst den Armutsbegriff und die Frage, wie Armut wahrgenommen wird. Hier sind heute eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen angetreten und haben gesagt: Ja, wenn wir zum Beispiel so etwas wie die Beitragsbefreiung in der Kita machen, profitieren davon nur die Reichen, weil dies den Armen ohnehin als Transferleistungsempfänger finanziert wird.
Damit fängt das Ganze schon an. Armut ist keine Sache, die sich nur monetär messen lässt, nach dem Motto: Wenn ich im SGB-II-Bezug bin, werde ich sogleich als arm definiert. Armut lässt sich vielmehr – jedenfalls aus Sicht der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hier im Hause – vor allem an Teilhabe festmachen. Da geht es nicht nur allein um die Frage: Bin ich Transferleistungsempfänger – ja oder nein?
Ich kann Ihnen aber sagen, wie Kinderarmut tatsächlich wahrgenommen wird, nämlich vielfach an der Postleitzahl – an der Postleitzahl der Wohnorte oder der Grundschule der Kinder und Jugendlichen. Das spielt eine Rolle, wenn sie sich bewerben. Die kann ich Ihnen für meinen Wahlkreis nennen: 45127, 45128, 45143. Das sind die drei Stadteile, in denen Menschen in ganz besonders schwierigen Lebenslage leben und in denen Kinder in sehr schwierigen Lebenslagen aufwachsen.
Die Eltern dieser Kinder sind zum Teil noch nicht mal im Transferleistungsbezug, aber die Kinder wachsen in Lebensverhältnissen und Umständen auf, die ihnen Teilhabechancen schlechterdings nicht in gleichem Umfang bieten wie anderen Kindern.
Herr Hafke, mir ist heute aufgefallen, wie Sie zum Beispiel zu einem Thema wie der 24-Stunden-Kita stehen. Das ist ein sehr interessanter Aspekt gewesen. Bei den 24-Stunden-Kitas kann es doch nicht nur darum gehen, dass Menschen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen stehen, eine Rund-umdie-Uhr-Betreuung für ihre Kinder brauchen, damit sie in diesen prekären Beschäftigungsverhältnissen überhaupt ihr Geld verdienen können.
Vielmehr wird doch umgekehrt ein Schuh daraus. In Wahrheit ist es doch so, dass sich das Arbeitsleben
verändern muss, dass sich die Arbeitsverhältnisse für die Eltern verändern müssen, damit es eben nicht notwendig ist, dass Kinder über Nacht in einer Kita bleiben. Das sind die Schmerzen, die wir dabei haben.
Wir sind mit dem Projekt „Kein Kind zurücklassen!“ in diesem Land ein erhebliches Wagnis eingegangen. Das wird mir heute deutlich; denn hier im Landtag entsteht ja fast der Eindruck, dass, wenn man solch ein Projekt auflegt, bei dem 18 Modellkommunen unterstützt werden, mit dem Erscheinen des Evaluationsberichts alles vorbei und damit die Kinderarmut bekämpft wäre.
Das Gegenteil ist doch der Fall. Das Projekt ist so angelegt, dass unsere Partnerinnen und Partner, die wir zur Bekämpfung von Kinderarmut sowie zur Vorbeugung dagegen brauchen, nämlich die Kommunen, unterschiedliche Wege für sich ausprobieren können, um im sogenannten Roll-out-Verfahren zu überlegen, welche Kommune welchen Ansatz wählt.
Das Wagnis besteht darin, dass wir uns heute nicht einfach hinstellen und sagen können: „Schalter umgelegt, alles wird gut“, sondern dass wir uns eingestehen müssen: Es gibt unterschiedliche Wege und unterschiedliche Möglichkeiten, Kinderarmut zu bekämpfen. Deshalb glaube ich, dass man hier nicht so kurz springen sollte.
Herr Hafke, das ist doch sogar unter Ihrem Niveau für Sie als Fachpolitiker. Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie hier hinstellen und einfach sagen: Es ist doch nichts passiert; wir haben noch nichts erreicht. – Herr Hafke, das ist doch wirklich ein bisschen wenig. Sie wissen ganz genau, wie dieses Projekt angelegt ist. Sie haben sogar zwischendurch in einem Nebensatz gesagt, das Projekt sei eigentlich ganz gut. Und heute sagen Sie: Da wurde ja nichts erreicht, wie die Gutachten zeigen.
So armselig kann man doch wirklich nicht diskutieren – ganz im Ernst!
Projekte wie KeKiz, aber auch Mo.Ki – Monheim für Kinder, ein Projekt, das ich immer wieder nennen will – leben davon, dass sie zur Bekämpfung von Armut ganz früh ansetzen, am Ende aber zu Regelangeboten werden, und zwar für alle Kinder. Denn es kann auch nicht sein, dass wir einzelne Projekte für Kinder in Armutssituationen auflegen und damit, weil man das Gute will, die Kinder letzten Endes zusätzlich stigmatisieren.
Wir waren wir uns immer darüber im Klaren: Vorbeugende Sozialpolitik wirkt auf der Strecke. Deshalb finde ich die heutige Debatte auf der einen Seite ganz
interessant, weil sie gezeigt hat, wie unterschiedlich die Ausgangsdiskussionspunkte der einzelnen Fraktionen hier sind. Aber auf der anderen Seite bedeutet eine vorbeugende Sozialpolitik Langfristigkeit und einen langen Atem sowie das Vertrauen in die Menschen, dass sie tatsächlich gemeinsam mit der Politik an ihrer Lebenssituation etwas verändern wollen.
Ich komme zum Schluss. – Dieses haben hier bei Weitem nicht alle. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine unserer wichtigsten Aufgaben in diesem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss wird es sein, die Haltung des Parlaments hinsichtlich des Opferschutzes und hinsichtlich der Perspektive der Opfer deutlich zu machen. Deshalb, Herr Marsching – das muss ich Ihnen sagen –, ist der Beitrag, den Sie gerade geleistet haben, überaus missbräuchlich und anmaßend.
Wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, Sie seien jetzt sozusagen der Arm der Opfer in diesem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss,