Protokoll der Sitzung vom 25.01.2017

Darüber hinaus ist es uns wichtig, dass wir eine breite Akzeptanz all derer finden, die mit uns gemeinsam dieses Gesetz in Zukunft in der Praxis ausführen werden. Hier sage ich Ihnen in aller Offenheit: Für uns sind Gründlichkeit und ein tragfähiges Ergebnis an dieser Stelle viel wichtiger als übereilter Aktionismus. Wir sind im Gespräch mit allen wichtigen Akteuren. Wenn Sie mir jetzt sagen wollen, dass wir diese Zeit nicht mehr haben, dann sage ich Ihnen:

(Zuruf von der FDP: Sieben Jahre!)

Natürlich ist auch das ein Punkt, über den wir reden und bei dem wir das Ohr ganz dicht an den Trägern und Kommunen haben. Alles andere wäre gar nicht in unserem Sinne.

In unserem Sinne ist aber, dass wir gut und intensiv mit denen zusammenarbeiten, die tatsächlich und tagtäglich Kindertagesbetreuung organisieren und gestalten, und dass wir dabei in eine gemeinsame Richtung gehen, dass wir gemeinsam an einer weiteren finanziellen Entlastung von Familien arbeiten.

Wenn Sie in Ihrem Antrag von einem „Wünsch-dirwas-Katalog“ sprechen und Beitragsfreiheit und Qualität gegeneinander ausspielen, dann sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Wenn Sie sich nicht zutrauen, gleichzeitig in Elternbeitragsfreiheit und in Qualität zu investieren, dann ist das Ihre Sache. Wir

wollen an beidem arbeiten: an einer finanziellen Entlastung der Eltern und an einer Verbesserung der Qualität.

(Beifall von der SPD)

Bis dahin lassen wir uns unsere Kitas nicht von einer Fraktion schlechtreden, die nicht verstanden hat, welche herausragende Arbeit Erzieherinnen und Erzieher heute leisten.

Ich sage Ihnen: Gehen Sie in die Kitas, sprechen Sie mit den Eltern! Unser Familienbericht hat gezeigt, dass der Großteil der Eltern die Qualität in den Kitas mit sehr gut und mit gut bewertet. Damit das auch so bleibt, werden wir gemeinsam mit Trägern, mit Gewerkschaften und mit vielen anderen investieren und für gute Arbeitsbedingungen von Erzieherinnen und Erziehern eintreten.

Wenn ich zum Schluss Ihren Antrag Revue passieren lasse, dann lese ich da etwas von Finanzierung, von erweiterten Öffnungszeiten, von Elternbeiträgen und von Mehrbelastungen. Ich habe mich gefragt: Wo geht es bei Ihnen eigentlich um die Kinder selbst? Ist das vielleicht der Unterschied zwischen Ihren Forderungen und unseren Vorstellungen? Für uns steht das Wohl des Kindes bei allen Überlegungen, die wir haben, immer an erster Stelle.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Bei Ihnen sucht man vergeblich danach. Aber dazu bedürfte es vermutlich auch eigener Ideen und eigener Lösungen. Das erfordert, meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Herr Hafke, eben mehr als die ständige Kritik an einem Gesetz, das man selbst beschlossen hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Bleiben Sie bitte am Rednerpult, weil sich Herr Kollege Tenhumberg zu einer Kurzintervention gemeldet hat.

Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Die Diskussion – Ihr Gesetz, mein Gesetz, unser Gesetz – lassen wir dahingestellt sein. Zwei Jahre haben wir die Verantwortung gehabt, knapp sieben Jahre sind Sie in der Verantwortung. Das Ursprungsgesetz hatte eine Evaluation 2011 fest verankert, die Sie nicht durchgeführt haben. Spätestens ab diesem Zeitpunkt muss jeder Zuhörer verstehen, dass diese Gesetzesinitiative, die Umsetzung und auch die Zustände in Ihrer Verantwortung sind.

Ich stelle zweitens fest, dass Sie auf keine einzige der Fragen, die die FDP-Fraktion in ihrem Antrag gestellt hat, eine Antwort gegeben haben, sondern nur allgemein wieder alles erzählt und geschönt haben.

Ich stelle weiter fest, dass Sie keinerlei Auskunft gegeben haben über die Tatsache, dass einer Studie zufolge die AWO sagt, dass 1,5 Milliarden € fehlen. Sie sprechen von 200, 300, 400 Millionen €. Da weiß man bei Ihnen nicht genau: Meinen Sie 381 Millionen €, 371 Millionen €? Dann höre ich 250 Millionen €. Einmal meinen Sie Investitionen, einmal meinen Sie Betriebskosten. Sie schmeißen da einiges durcheinander. Die Fachhochschule Niederrhein hat Folgendes festgestellt – ich zitiere –:

„Das bestehende System von Kitafinanzierung kann die notwendige Qualität der Bildung, Erziehung und Betreuung nicht erreichen.“

Vor diesem Hintergrund, dass Sie jetzt seit 2010 die Verantwortung übernommen haben, frage ich Sie: Wie können Sie es verantworten, eine Veränderung der finanziellen Mittel und des KiBiz weiter in das Jahr 2019 herauszuschieben?

(Beifall von der CDU)

Bitte schön.

Hinsichtlich der Finanzierung sollten wir uns einmal die entsprechenden finanziellen Mittel, die zur Verfügung gestellt wurden und gerade zur Verfügung gestellt werden, vor Augen führen, Herr Tenhumberg.

Ich erinnere Sie gern daran, dass in Ihrer Regierungszeit 1,2 Milliarden € in die Kindertagesbetreuung geflossen sind. In diesem Jahr – im Jahr 2017 – sind diese Mittel mehr als verdoppelt worden. Wir sind bei 2,7 Milliarden €. Diesen Weg konnten Sie damals nicht gehen.

(Beifall von der SPD)

Was die Fragen aus dem Antrag angeht, so habe ich sie beantwortet. Ich habe gesagt: Wir sind dazu gerade in Gesprächen. Für uns geht ein gutes Ergebnis vor einem übereilten Aktionismus. Deshalb werden wir diese Gespräche weiterführen. Wir wollen alle Akteure einbeziehen. Sie können uns vertrauen, dass wir dabei auch zu guten Ergebnissen kommen werden, über die wir Sie am Ende selbstverständlich informieren werden, lieber Herr Tenhumberg.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Da das so bleibt, schließe ich an dieser Stelle die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 5.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der FDP hat direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen jetzt über den Inhalt des Antrages Drucksache 16/14009 ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der FDP, der CDU und der Piraten.

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Habe ich jemanden vergessen? – Wer stimmt dagegen? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der FDP-Antrag Drucksache 16/14009 abgelehnt.

Ich rufe auf:

6 Flächendeckend Mängelmelder für ortsbezo

gene Hinweise einrichten

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/14001

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner erhält für die Piratenfraktion Herr Kollege Bayer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Mängelmeldende! Ich vermute, dass Sie alle Mängelmelder kennen und zunächst einmal skeptisch sind. Über Webformular, Karte oder Smartphone-App sollen Bürgerinnen und Bürger wilde Müllkippen, defekte Ampeln und Laternen, kaputte Spielplätze oder unbrauchbare Verkehrswege melden können. Sie kennen das aus dem Wahlkampf der Grünen in Berlin oder kennen kommerzielle Webseiten oder Apps, die zwar versprechen, der gemeldete Mangel würde weitergeleitet und dann behoben, aber letztlich bleiben es oft unakzeptierte Servicewüsten, weil keine Gemeinde Lust hat, mehrere kommerzielle Mängelmelder in ihren Workflow zu integrieren. – Zu Recht!

Mängelmelder machen nur dann Sinn, wenn sie eine gewisse Verbindlichkeit haben und der Mangel auch behoben wird oder es eine Rückmeldung gibt, warum der Mangel eben nicht behoben werden kann. Inoffizielle Mängelmelder – egal von wem – können das nicht leisten. Offizielle Mängelmelder haben dagegen den Charme, das Leben für alle einfacher zu machen. Smartphonenutzende haben sich inzwischen an das Prinzip gewöhnt, dass sie immer und überall Dinge sofort erledigen können: wilde Müllkippe oder defekte Laterne sehen, Foto machen, kurz etwas dazu tippen und fertig. Wer will da noch in der Warteschleife der Stadtverwaltung hängen und nach sieben Anrufen feststellen, dass am anderen Ende schon wieder der falsche Ansprechpartner ist.

Die Bürgerinnen und Bürger verzweifeln auch oft an den fehlenden Rückmeldungen. Einige dieser Verzweifelten landen dann beim Petitionsausschuss des Landtags.

Wir möchten, dass das Mängelmelden so einfach ist wie Snapchat, Instagram oder Twitter – suchen Sie es sich aus. Wir möchten, dass eine öffentliche Rückmeldung erfolgt und man sehen kann, was bereits gemeldet wurde. Wir möchten, dass man sich dafür nicht registrieren und keine persönlichen Daten an irgendwelche Datensammler liefern muss und dass das Melden der Mängel aus verschiedenen Apps und Anwendungen heraus möglich ist, weil es eine offene, standardisierte Schnittstelle gibt. Wir möchten aber auch, dass dadurch die Arbeit in den Stadtverwaltungen und in den Landesbetrieben einfacher wird, denn die bisherige Bearbeitung von Bürgeranliegen ist ineffizient und kostet Ressourcen. Mängel nicht oder zu spät zu beseitigen, kostet natürlich auch Ressourcen. Auch da helfen Mängelmelder.

Bürgerinnen und Bürger, die nie eine Rückmeldung bekommen oder keine einfache Möglichkeit des Meldens haben, sind unzufriedener; es kostet Zufriedenheit. Mängelmelder sind der sichtbare Teil eines guten Anliegenmanagements in der Kommune und im Land.

Es gibt natürlich in etlichen Städten Nordrhein-Westfalens bereits offizielle Mängelmelder. Häufig bestehen diese aber nur in einem zentralen Webformular oder maximal in einer Eingabe-App. Das ist besser als nichts, aber stark ausbaufähig. Teilweise gibt es immerhin gute Ergebnislisten mit Informationen der Stadtverwaltung darüber, was passiert ist, wie in Willich, Jüchen oder Kaarst. Gelsenkirchen, Hürth und Dormagen nutzen offiziell die Anwendung www.mängelmelder.de der „wer denkt was GmbH“, die dafür auch im Rahmen von „Land der Ideen“ ausgezeichnet wurde. Wenn man dort aber zu einer anderen Stadt in Nordrhein-Westfalen einen Mangel eingibt, kann man lange auf Reaktionen warten.

Den aus unserer Sicht besten Ansatz pflegt die Stadt Bonn, die den offenen Standard Open311 nutzt und dafür auch die ansehnliche Anwendung http://anliegen.bonn.de realisiert hat.

Wäre es nicht gut, das in ganz Nordrhein-Westfalen umzusetzen? Erstens für die Vernetzung – oft ist zum Beispiel der Landesbetrieb Straßen NRW zuständig –, zweitens zur Schonung der Ressourcen und zur Vereinheitlichung der Standards, drittens, damit Bürgerinnen und Bürger wissen, wo und wie sie in jeder Stadt den Mängelmelder finden und bedienen können und nicht mehrere Apps installieren oder mehrere Benutzerschnittstellen lernen müssen, und viertens, damit die Verbreitung und Bekanntheit auch über die Stadt hinausreicht, so wie bei den Ruf

nummern 110, 112 oder 115. Warum wurde die Rufnummer 115 eingeführt? – Aus den gleichen Gründen.

Die Städte und das Land sollten sich dabei nicht in die alleinige Abhängigkeit von Start-ups oder kommerziellen Dienstanbietern begeben. Mir fällt nämlich kein Geschäftskonzept ein, das zu einer Win-winwin-Situation führen würde, von der alle profitieren. Mängelmelder sind eine tolle Lösung und ein Beispiel, wie die Digitalisierung das Leben smarter und gerechter machen kann. Die Idee lässt sich nicht als Start-up umsetzen, sondern die öffentliche Hand bzw. das Land muss eine zentrale Anlaufstelle sein oder zumindest zentrale Schnittstellen schaffen, am besten auf Basis offener Standards. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bayer. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Dahm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Piratenfraktion beantragt, ein zentrales, landesweit und – so habe ich es verstanden – anonym nutzbares Internetportal einzurichten, über das die Bürgerinnen und Bürger landesweit Hinweise und Anregungen zu Straßen, Radwegen, öffentlichen Gebäuden oder sonstigen Mängeln einreichen können. Die Meldungen sollen dann geographisch auf einer Karte eingezeichnet sowie mit einem Foto versehen werden können und auch über mobile Endgeräte wie Smartphones möglich sein. Die Hinweise sollen an die jeweils zuständigen Stellen weitergeleitet werden.

Herr Bayer, Sie reklamieren einen flächendeckenden Bedarf. Ich sage Ihnen ganz offen: Mich haben Sie nicht überzeugt. Auch mit Ihrer flammenden Rede hier im Parlament haben Sie mich nicht vom Stuhl geholt, sodass ich Ihnen hätte Beifall klatschen können. Argumentativ konnte ich Ihnen auch nicht folgen, das sage ich ganz deutlich.

Meine Damen und Herren der Piratenfraktion, wir sehen Ihren Antrag sehr kritisch, denn wir sehen noch nicht einmal die Notwendigkeit dafür. Ich frage ganz deutlich: Was soll das?

(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])