Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

Aushängeschilder, wenn es um Spitzenforschung in Nordrhein-Westfalen geht. An 14 Fraunhofer-Instituten, drei Fraunhofer-Anwendungszentren, zwölf Max-Planck-Instituten, elf Instituten der Leibniz-Gemeinschaft, drei Helmholtz-Zentren, einem Helmholtz-Institut, dem Center of Advanced European Studies und Research, caesar, und 15 JohannesRau-Forschungsinstituten entstehen Innovationen, die unser Leben verbessern und die Wirtschaft unseres Landes stärken. Seit 2010 ist deren Zahl von 52 auf mittlerweile 60 Einrichtungen gewachsen. Fast 2 Milliarden € Landesgeld haben wir hier investiert.

Ganz besonders freuen wir uns natürlich über den jüngsten Neuzugang. Seit Anfang des Jahres ist das Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik in Paderborn offiziell zum 14. Institut der FraunhoferGesellschaft in Nordrhein-Westfalen geworden. Mit dem Status ist das IEM seit über 20 Jahren das erste neue Fraunhofer-Institut in NRW.

Über 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten am Fraunhofer IEM in dem Bereich Industrie 4.0. Sie widmen sich der Kommunikation zwischen Menschen, Maschinen und Produkten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung intelligenter Produkte, Produktionssysteme und Dienstleistungen in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie. Das ist ein weiteres sichtbares Zeichen für die Stärke der Region, die bereits mit dem Spitzencluster „it’s OWL“ die bundesweit vielleicht bedeutendste Adresse im Bereich von Industrie 4.0 geworden ist.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, „Starke Forschung, starkes Land – Forschungsland NRW“, das ist die Überschrift, unter der die heutige Unterrichtung steht. Dass das eine, die starke Forschung, mit dem anderen, dem starken Land, unmittelbar zusammenhängt, liegt auf der Hand. Ganz konkret lässt sich das an vier Aspekten ablesen:

Erstens – das ist ganz simpel und nicht zu unterschätzen –: Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler prägen das Bild unseres Landes nach außen, und sie tragen natürlich zum Renommee bei, auch als sichtbare Beispiele. Wir haben 80 Leibniz

Preisträgerinnen und -Preisträger und sind damit auf Platz eins in ganz Deutschland.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Zahlreiche Forscherinnen und Forscher aus Nordrhein-Westfalen sind mit Advanced Grants der Europäischen Union ausgezeichnet worden. Mit zehn Auszeichnungen belegen wir nach Baden-Württemberg bundesweit den zweiten Platz.

Im Rahmen unseres Rückkehrprogramms erleben wir, wie begehrt Nordrhein-Westfalen als Forschungsstandort bei international angesehenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist.

Den Erfolg der Hochschulen in der Exzellenzinitiative, bei der Einwerbung von Sonderforschungsbereichen sowie Graduiertenkollegs habe ich schon genannt.

Der zweite Aspekt ist damit eng verknüpft. Die Forschungsstärke unseres Landes zahlt sich im Wettbewerb um Drittmittel in Europa aus. Nordrhein-Westfalen belegt Platz eins beim Einwerben von EUFördermitteln.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Rund 550 Millionen € sind im Rahmen von „Horizon 2020“ bisher nach NRW geflossen. Kein anderes Land hat im Verhältnis zur Anzahl der Beschäftigten in Wissenschaft und Forschung mehr Geld von der EU erhalten als Nordrhein-Westfalen, und kein anderes Bundesland hat mehr Beteiligung an Projekten vorzuweisen als wir.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Beim letzten Forschungsrahmenprogramm standen wir am Ende bei deutlich über 1 Milliarde €. Da wollen wir auch wieder hin. Wir sind optimistisch, dass uns das auch gelingt.

Der dritte Aspekt, warum die starke Forschung und das starke Land unmittelbar zusammenhängen, ist die Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft. Auch hier investieren wir. Es gibt mehr als 60 Technologie- und Gründerzentren sowie 30 Transferstellen, die Anlaufstelle für Unternehmen sind oder bei der Umsetzung von Ideen und Patenten unterstützen. Mit dem Förderprogramm „HochschulStart-up.NRW“ unterstützen wir gezielt den Weg von der Idee in der Wissenschaft bis hin zur marktreifen Umsetzung. Bis 2020 investieren wir über 70 Millionen €, um Wissenstransfer, Unternehmensgründungen und Patentierungen weiter zu intensivieren und zu beschleunigen.

Meine Damen und Herren, welche Bedeutung Wissenschaft und Forschung für die Innovations- und damit auch für die Wirtschaftskraft in NordrheinWestfalen haben, lässt sich an zahlreichen Beispielen ablesen. Ich will nur wenige nennen:

Erfolgreiche Forschungspolitik zeigt sich ganz konkret bei den Unternehmen vor Ort. Fragen Sie einmal bei

den zahlreichen mittelständischen Unternehmen danach, wie wichtig die Nähe zu hervorragenden Fachhochschulen und anwendungsorientierter Forschung ist. Fragen Sie nach der Bedeutung von Absolventinnen und Absolventen aus der Region für den Nachwuchs in unseren Unternehmen.

Am Erfolg der drei Fraunhofer-Anwendungszentren in Lemgo, Hamm und Soest können Sie sehen, wie wichtig Forschungsstärke für den Erfolg von Unternehmen und damit für den wirtschaftlichen Erfolg einer Region ist.

Dass forschungsstarke Einrichtungen auch erfolgreiche Ausgründungen forcieren, können Sie in Bochum sehen. Dort hat das Horst Görtz Institut eine echte Erfolgsgeschichte geschrieben. 2002 an der Ruhr-Universität gegründet ist es heute eine der führenden Einrichtungen auf dem Gebiet der IT-Sicherheit in Europa, eines der zentralen Themen unserer Zeit. Die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit des Instituts gehört zur weltweiten Spitze.

Auch mit Blick auf die wirtschaftliche Verwertung von Ergebnissen ist das HGI stark. In den vergangenen Jahren gab es hier zahlreiche Ausgründungen. Große Unternehmen wie Google, Bosch oder Rohde & Schwarz interessieren sich für das, was in Bochum erarbeitet und gegründet wird. GDATA wurde in Bochum gegründet. Es hat dort bis heute seinen Sitz und ist im Bereich IT-Sicherheit in Deutschland und in Europa sicher ganz vorne mit dabei.

Ein ganz anderes Beispiel, das die Innovationskraft in Nordrhein-Westfalen belegt, ist die Anzahl der Patente. Jedes fünfte erteilte deutsche Patent geht nach Nordrhein-Westfalen. Im Schnitt melden Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen 7.000 Patente pro Jahr an. In der Biotechnologie sind wir europaweit mit Abstand auf Platz eins.

Eine interessante Geschichte bzw. eine interessante Zahl lässt sich bei der Fraunhofer-Gesellschaft nachlesen. Dort wurde erforscht, welche Ausgründungen es eigentlich aus Fraunhofer-Instituten im Bundesvergleich gibt. Und man sieht: Zwischen 2006 und 2015 gab es allein in Nordrhein-Westfalen 49 Ausgründungen aus Fraunhofer-Instituten. Das ist mit Abstand der Spitzenwert. An zweiter Stelle liegt übrigens Bayern mit 23 Instituten, an dritter Stelle BadenWürttemberg mit 17 Instituten. Das Klima für Ausgründungen ist in Nordrhein-Westfalen gut, und das zahlt sich aus.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Der vierte Aspekt, an dem die enge Verknüpfung von starker Forschung und starkem Land deutlich wird, betrifft die hochrelevanten Themen, an denen Forscherinnen und Forscher in Nordrhein-Westfalen ganz konkret arbeiten. Die Fortschritte, die hier ge

macht werden, kommen uns in vielfacher Weise zugute und geben Antworten auf die großen Fragen der Zeit.

Denken Sie zum Beispiel an das Thema „Energie“. Rund 2.000 Beschäftigte arbeiten in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Energieforschung. Fast 50 Studiengänge an Universitäten und über 70 Studiengänge an Fachhochschulen werden im Bereich „erneuerbare Energien“ angeboten. Das ist ein Spitzenwert in Deutschland.

Die Forschung, die beim DLR in Köln, beim Forschungszentrum in Jülich oder beim Max-PlanckInstitut für Chemische Energiekonversion in Mülheim stattfindet, genießt einen sehr guten Ruf weit über Nordrhein-Westfalen hinaus. Sie leistet entscheidende Beiträge für eine erfolgreiche Gestaltung der Energiewende.

Denken Sie an die Mobilität, zum Beispiel die E-Mobilität.

Ich möchte nur auf die Zeit aufmerksam machen.

Ja, ich komme gleich zum Ende. – Eine Grundlage dafür sind leistungsstarke Batterien, an denen auf internationalem Spitzenniveau am Helmholtz-Institut MEET in Münster geforscht wird. Zugleich bringt NRW E-Mobilität auf die Straße. Viele von Ihnen kennen den StreetScooter, eine absolute Erfolgsgeschichte.

Meine Damen und Herren, wir sind nicht – das habe ich zu Beginn schon klargemacht – am Ende der Geschichte angelangt. Der grassierende Reflex, angesichts der vielen offenen Fragen, vor denen die Menschheit steht, die Augen zu schließen, sich in den eigenen Vorgarten zurückzuziehen oder einfache Antworten auf komplexe Fragen zu suchen, mag ja menschlich noch irgendwie verständlich sein, es ist jedoch in höchstem Maße unverantwortlich und hat desaströse Folgen.

Wir in Nordrhein-Westfalen werden weiterhin auf Wissenschaft und Forschung setzen – mit einer klaren Strategie und einem Schwerpunkt im Haushalt für eine starke Forschung in einem starken Land und vor allem für die Menschen in Nordrhein-Westfalen. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Frau Ministerin hat ihre Unterrichtungsredezeit um 1:30 Minuten überzogen. Die entsprechende Redezeit bekommen alle Fraktionen zusätzlich und können sie, falls dies gewünscht wird, verwenden.

Als erster Redner in der Aussprache hat Herr Dr. Berger für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat ist die Forschungslandschaft in Nordrhein-Westfalen sehr ausgeprägt. Mit 70 Hochschulen und 50 außeruniversitären Forschungseinrichtungen besitzen wir eine vielfältige Forschungslandschaft.

Wir haben zwölf Max-Planck-Institute, 13 Fraunhofer-Institute, elf Leibnitz-Institute, drei Forschungszenten der Helmholtz-Gesellschaft und die Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft, die vor Kurzem gegründet wurde, in dessen Kuratorium auch einige Vertreter dieses Hauses sitzen.

Um es zu Beginn zu sagen: Die CDU in NordrheinWestfalen ist stolz auf unser Land und auch auf die Forschung, die hier von engagierten Wissenschaftlern geleistet wird. Beispielhaft wollen wir das Forschungszentrum Jülich erwähnen, dessen Grundsteinlegung bereits in den 50er-Jahren erfolgte.

(Beifall von der CDU)

Entscheidend für eine positive Entwicklung unserer Forschungslandschaft ist natürlich die Frage, wie Spitzenforschung politisch gesehen und perspektivisch begleitet wird. Hier kommen Sie ins Spiel, Frau Ministerin Schulze; damit will ich einmal beginnen. Im ersten Teil meiner Rede nutze ich die Gelegenheit, einen Rückblick auf Ihre siebenjährige Tätigkeit im Bereich der Forschung zu geben.

Erstens. Kurz nach Ihrem Regierungsantritt haben Sie aus dem Ministerium für Innovation, Forschung und Technologie das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung gemacht. Das heißt, Sie haben den Schwerpunkt „Technologie“ gestrichen. Die simple Streichung des Buchstabens T zeigt schon, dass Sie Innovationen nicht technisch sehen, sondern im sozialen Bereich. In Ihren sieben Regierungsjahren habe ich nicht einmal die Wörter „Technologie“ und „Hightechstrategie“ oder irgendetwas aus diesem Bereich vernommen. Hier legen Sie die falschen Schwerpunkte.

(Beifall von der CDU)

Zweitens. Sie haben ein gespaltenes Verhältnis zu autonom arbeitenden Wissenschaftszentren. Kurz nach Ihrem Amtsantritt haben Sie das größte Forschungszentrum in Nordrhein-Westfalen wegen angeblich verschwundener Atomkugeln beschimpft, was Ihnen nebenbei auch noch einen Untersuchungsausschuss eingebracht hat.

Besser wäre es gewesen, Sie hätten sich vor die Wissenschaft gestellt, anstatt mit dem Finger auf diese zu zeigen. Das war ein fatales Signal an die Forscherinnen und Forscher, und das wurde bundesweit so gesehen.

(Beifall von der CDU)

Drittens. In Zeiten des Hochschulfreiheitsgesetzes waren die Hochschulen sehr erfolgreich in der Eintreibung von Drittmitteln, überall im Land entstand mehr und mehr Exzellenz. Gegen den Widerstand von Hochschulleitungen, Senaten, Hochschulräten, Studentenwerken und der Wirtschaft haben Sie Ihr Hochschulzukunftsgesetz eingeführt, darüber haben wir schon viel geredet.

Das Gesetz, das wir jetzt haben, atmet den Geist der Bevormundung

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] – Wider- spruch von der SPD)