Stefan Berger

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt ist es so weit – der letzte Tagesordnungspunkt dieser Wahlperiode im Wissenschaftsbereich ist aufgerufen worden. SPD und Grüne legen einen Antrag vor, mit dem das System der Akkreditierung auf eine sichere Rechtsgrundlage gestellt werden soll.
Der Antrag greift viele Punkte zu Recht auf. Bologna benötigt gemeinsame Standards; das sieht auch die CDU so. Der Akkreditierungsprozess, den wir in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in NordrheinWestfalen durchweg beobachten können, wird teilweise kritisch gesehen. Er verursacht einen hohen Kostenaufwand und wird teilweise unterschiedlich durchgeführt.
Die KMK hat nun den Entwurf für einen Staatsvertrag vorgelegt. Und genauso, wie Sie das tun, begrüßt auch die CDU, dass sich die Länder auf ein gemeinsames Konzept geeinigt haben und dass eine sichere Grundlage im Hinblick auf die Frage geschaffen werden soll, wie denn Akkreditierung hier bei uns in Nordrhein-Westfalen zukünftig vonstatten gehen soll.
Ich finde es gut, dass der Antrag den Vorrang zur Systemakkreditierung einräumt und daneben auch noch Programmakkreditierung existieren lässt. Auch finde ich gut, dass er das Thema „Flexibilität“ aufgreift.
Alles in allem geht der Antrag grundsätzlich in die richtige Richtung. Deswegen wollen wir von der CDU dem Antrag den Weg freimachen für die jetzige Abstimmung und spätere Debatten. Deshalb werden wir uns der Stimme enthalten.
An dieser Stelle möchte ich mich auch noch bei allen Kollegen für die intensiven Debatten bedanken, die wir in den letzten Jahren im Wissenschaftsausschuss hatten. Ich glaube, wir haben immer um die Sache gerungen, manchmal auf unterschiedlichen Niveaustufen.
Wir haben aber immer das Ziel im Auge gehabt, die Situation des größten Wissenschafts- und Forschungsraums in Europa zu stärken.
Ich bedanke mich also bei meinen Kollegen, auch bei denen von Rot-Grün, und auch für die vielen Steilvorlagen, die Sie mir gegeben haben. Aber ich bedanke mich außerdem für das nette menschliche Miteinander in diesem Ausschuss. Ich wünsche Ihnen alles Gute. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Rot-Grün hat diesen Antrag heute mit dem einzigen Ziel der Klärung der Position zum Thema „Studiengebühren“ in dieses Haus eingebracht.
Vorweg, damit in Nordrhein-Westfalen kein Missverständnis besteht, sage ich es Ihnen ganz klar: Die CDU lehnt Studiengebühren ab.
Wir lehnen sie vor dem Studium, während des Studiums und nach dem Studium ab.
Das geht auch aus unserem Entschließungsantrag Drucksache 16/14508 hervor.
Ja, bitte schön.
Frau Lüders, der entscheidende Punkt ist: Heute wird dieses Thema geklärt. Sie wollen heute eine Beantwortung, warum irgendwelche Menschen für die CDU irgendwo was erklären. Das kann ich nicht überblicken.
Sie wollen ja eine Aussage der CDU
Landtagsfraktion in diesem Haus. Ich spreche hier für die CDU-Landtagsfraktion und sage es Ihnen noch einmal klar: Wir schließen Studiengebühren aus – vor dem Studium, während des Studiums und nach dem Studium.
Vielleicht noch ein Wort zu Ihren Argumentationen. Sie argumentieren ja immer mit Bildungsgerechtigkeit. Aber wenn man sich Nordrhein-Westfalen ansieht, haben wir im Hochschulbereich nach sieben Jahren Rot-Grün die unfairste und ungerechteste Situation in der gesamten Bundesrepublik.
Nordrhein-Westfalen liegt bei den Ausgaben pro Studierendem im Ländervergleich bei den FHs auf Platz 14, bei den Universitäten auf dem letzten Platz. Das ist unfair und ungerecht.
Nordrhein-Westfalen gibt ca. 5.300 € pro Studierendem aus, Baden-Württemberg 8.400 €, Thüringen 9.000 €. Der Bundesdurchschnitt liegt bei fast 7.000 €. Wir liegen weit unter dem Bundesdurchschnitt. Das ist unfair und ungerecht.
Laut Statistischem Bundesamt hat Nordrhein-Westfalen mit 25,8 die bundesweit schlechteste Betreuungsquote. Das ist unfair und ungerecht.
Und bei uns brechen immer noch viel zu viele Studierende ihr Studium ab:
fast ein Drittel, wie Untersuchungen zeigen. Das ist unfair und ungerecht.
Wir sind also in vielen Hochschulbereichen Schlusslicht. Rot-Grün hat seit 2010 keine eigenen positiven Akzente im Hochschulbereich setzen können.
Im Gegenteil: Alle messbaren Eckdaten haben sich verschlechtert.
Dabei gibt der Bund so viel Geld wie noch nie nach Nordrhein-Westfalen. 2010, im letzten Jahr der schwarz-gelben Regierung und im letzten Jahr des großen Wissenschaftsministers Pinkwart,
sind 50 Millionen € aus Berlin nach Düsseldorf überwiesen worden. 2017 werden es fast 700 Millionen sein, und trotzdem landen Sie mit diesem System überall auf den letzten Plätzen.
Also, meine Damen und Herren, nach der Regierungsübernahme werden wir neue Rahmenbedingungen setzen, die die Hochschulen stärken werden.
Wir werden die Hochschulen besser finanzieren, und wir werden dazu keine Studiengebühren benötigen.
Herr Bell, ich darf Sie einladen, sich unsere Broschüre, die im Eingang unserer Fraktion liegt, noch mal zu Gemüte zu führen. Für Sie hat sie auch viele Bilder.
In diesem Sinne ist die Debatte jetzt geklärt. Sie wissen Bescheid. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über manche Anträge von RotGrün kann man sich nur wundern.
Sie legen heute einen Antrag vor, in dem Sie die Wissenschaftsfreiheit global diskutieren wollen, und dazu greifen Sie in Ihrem Antrag drei Länder heraus: die Türkei, die USA und Großbritannien. Und nach Lektüre Ihres Antrags muss dem Leser wohl die Idee kommen, dass Sie die Auswahl gerade dieser Länder nach stundenlangem Zusammensitzen an irgendeinem rot-grünen Stammtisch getroffen haben müssen.
Sie führen diese Staaten nämlich auf, weil sie nach Ihrem Verständnis aktuell die größten politischen Sünder sind. Vielleicht hätten Sie die Liste noch um China, Russland und Nordkorea erweitern können – allerdings hätte das Ihren Antrag auch nicht verbessert.
Also greifen wir einmal die Türkei auf: Sie sagen, dass die Wissenschaftsfreiheit in der Türkei bedroht ist.
Das denke ich explizit auch. Es verwundert aber, dass Sie gerade dieses Thema heute aufwerfen. Es war die SPD – vor allen Dingen Günter Verheugen –, die den EU-Beitritt der Türkei vorbereitet hat. Ihr Bundeskanzlerkandidat hat den Prozess des EU-Beitritts der Türkei befördert. Und gestern wollten Sie noch türkische Staatsbürger ohne deutsche Staatsangehörigkeit dazu einladen, sich in Kommunalparlamente wählen zu lassen oder Bürgermeisterkandidaten zu stellen.
Wenn Sie also die Freiheit in der Türkei kritisieren, dann vermisse ich gerade von Ihnen ein entschiedenes Auftreten und wirksame politische Maßnahmen gegen Herrn Erdogan und seine Unterstützer hier in der Bundesrepublik.
Und das zweite Beispiel, das Sie heranziehen, sind die USA. Hier glauben Sie, dass es eine politische Einflussnahme auf Forschungsergebnisse geben soll.
Welche Entwicklungen sich in den USA vollziehen, ist bis heute nicht klar und noch nicht genau abzusehen.
Und von einem Exodus amerikanischer Wissenschaftler nach Nordrhein-Westfalen ist bisher nichts bekannt.
Zu Ihrem dritten Beispiel – Großbritannien: Der Brexit – das ist auch klar – wird tiefgreifende Veränderungen in der europäischen Finanzarchitektur und damit auch in der finanziellen Wissenschaftsförderung bewirken.
Diese Veränderungen durch den Brexit gilt es zu begleiten. Und allein die Tatsache, dass ein Staat nicht mehr Mitglied der EU ist, heißt noch lange nicht, dass Wissenschaftler aus diesem Staat jetzt zu uns wollen. Schließlich arbeiten wir auch mit der Schweiz zusammen, und Schweizer Wissenschaftler wollen ja jetzt auch nicht in Massen nach Deutschland kommen.
Sie fordern also in Ihrem Antrag, Nordrhein-Westfalen solle jetzt alles tun, um gerade Wissenschaftler aus diesen drei Staaten hier anzusiedeln.
Warum – das ist die nächste Frage – sollen diese Wissenschaftler eigentlich nach Nordrhein-Westfalen kommen?
Nordrhein-Westfalen liegt bei der Finanzierung von Studierenden und der Fachhochschulen auf
Platz 14, bei den Universitäten auf dem letzten Platz. Bei der Pro-Kopf-Finanzierung liegen wir mit 5.300 € unter dem Bundesdurchschnitt von 6.900 €.
Wir haben die schlechteste Betreuungsquote in der gesamten Bundesrepublik.
Ein Drittel der Studierenden bricht das Studium ab. Diese Fakten allein führen doch dazu, dass Nordrhein-Westfalen nicht die allererste Wahl für internationale Wissenschaftler ist. Das belegen leider auch
internationale Rankings. Das ist ein Ergebnis von sieben Jahren rot-grüner Wissenschaftspolitik hier in diesem Land.
Als Krönung des Ganzen hätten Sie sich ja selbst als Nordrhein-Westfalen auf diese Liste setzen können, denn in keinem anderen Land wurde die Hochschulfreiheit so stark beschnitten wie in Nordrhein-Westfalen. In keinem Bundesland hat sich die Regierung so viele Eingriffsrechte genehmigt, wie dies in Nordrhein-Westfalen der Fall ist.
In keinem anderen Bundesland ist das Drohpotenzial mit Rahmenvorgaben so groß wie in NordrheinWestfalen. In keinem anderen Bundesland gibt es eine Wissenschaftsministerin, die Wissenschaft und Forschung mit gesellschaftlichen Fragestellungen verbinden will.
Deswegen empfehle ich Ihnen: Wenn Sie Menschen aus der gesamten Welt dazu ermuntern wollen, nach Nordrhein-Westfalen zu kommen – die wir hier brauchen, um unsere Wissenschaftslandschaft positiv entwickeln zu können –, dann führen Sie die Hochschulfreiheit wieder ein. Dann kommen die Wissenschaftler, die Sie wollen, von ganz allein. Das wird am Ende auch die Strategie sein, mit der sich Nordrhein-Westfalen Schritt für Schritt wieder von den letzten Plätzen entfernt.
In diesem Sinne diskutieren wir weiter im Ausschuss. – Vielen Dank.
Ja, bitte.
Herr Bas, vielen Dank für diese Frage. Ich habe hier explizit gesagt, dass ich zustimme, dass die Freiheit in der Türkei bedroht ist. Da gibt es überhaupt keinen Dissens, auch nicht von der CDU. Wir glauben allerdings, dass es relativ einfach und zu kurz gesprungen und etwas billig ist zu sagen: Die Freiheit in der Türkei ist bedroht, und deswegen müssen wir Wissenschaftlern jetzt den Weg hierhin eröffnen.
Ich sage Ihnen: Wenn Sie die Probleme in der Türkei ernsthaft lösen wollen, dann müssen Sie das schon auf anderen Wegen tun.
Dann müssen wir uns über den Türkei-Beitritt unterhalten. Da müssen wir uns auch über die Frage unterhalten, ob wir in Kommunalparlamenten türkische Politiker haben wollen. Das ist der Umgang mit der Türkei. Wenn Sie Probleme in der Türkei lösen wollen, tun Sie das jedenfalls nicht über internationalen Wissenschaftsaustausch.
Das ist der Standpunkt zu diesem Thema.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bell, Sie waren ja durchaus freundlich zu mir.
Ich stelle fest: Wir leben unter dem gleichen Himmel, haben aber offensichtlich nicht den gleichen Horizont.
Natürlich kann man über Anträge geteilter Meinung sein. Aber dass in Nordrhein-Westfalen, egal in welchem Bereich der Verwaltung, Defizite bei der Digitalisierung bestehen, darüber besteht Einigkeit in der gesamten Bundesrepublik.
Sie können irgendeinen Bereich nehmen, etwa die Kommunen, die Schulen oder in unserem Fall die
Hochschulen. In unserem Bereich der Hochschulen fehlen Voraussetzungen für die Lehre, dass Onlinekurse besser angeboten werden können und dass Hochschulclouds existieren, wie es anderswo der Fall ist. Von digitaler Forschung und vom Austausch von Forschungsergebnissen in Nordrhein-Westfalen zu sprechen, verbietet sich fast schon.
Wir stellen fest, dass wir 30 Hochschulen haben, die überall Individuallösungen machen und die für sich Insellösungen schaffen. Wir verfügen nicht über eine vernetzte Landschaft. Das geht bis dahin, dass jede Uni unterschiedliche Karten für Mensen hat. 30 verschiedene Systeme existieren nebeneinander.
Unseren Grundsatzgedanken haben wir nicht entwickelt, weil er uns mal so eingefallen ist, sondern weil wir uns, wie im Übrigen auch die Ministerpräsidentin, bei einem Besuch in Estland über die Grundlagen von Dynamik in der Digitalisierung informiert haben.
In Estland sind die Fortschritte in der Digitalisierung deshalb so enorm, weil dort die Voraussetzungen des einheitlichen Zugangs gegeben sind. Darüber können die Individuen ihre Dinge, die sie voranbringen wollen, selber umsetzen. Man kann dort alle Verwaltungsprozesse zurückführen, weil man ein anders organisiertes System hat.
Die Grundsatzidee war, die Dynamik dieses Landes auf unser Hochschulsystem zu übertragen und – das füge ich hinzu – aus 30 Hochschulen einen großen Hochschulraum zu machen.
Herr Bell, ich weiß nicht, warum Sie sich über diese Idee, die man eigentlich nicht abwegig finden kann, so hämisch lustig gemacht haben. Das war der Sache wirklich unangemessen.
Jetzt ist es natürlich folgendermaßen: Wir hatten vier Experten in der Anhörung, die sich den Antrag angesehen haben. In der Tat – so viel will ich konzedieren – gab es Kritik. Diese Kritik bezog sich in erster Linie auf die Kosten, also darauf, dass eine Umsetzung teuer werden würde. Außerdem richtete sie sich darauf, dass die Verwaltung das nicht unbedingt brauche, weil die universitäre Verwaltung die damit beabsichtigten Ziele auch so umsetzen könne.
Dazu sage ich: Erstens. Ich kann Kritik verstehen. Zweitens. Ich habe in den Beiträgen der Experten keinen Vorschlag für einen Weg gehört, auf dem es besser gelingen kann als mit diesem Rezept. Drittens. Ein entscheidender Grund, warum diese Kritik geäußert worden ist, war die Angst vor dem Verlust der Eigenständigkeit einer Hochschule.
Auch das kann ich verstehen. Die eigene Matrikelnummer spiegelt natürlich auch die Identität der eigenen Hochschule wider.
Dass man das nicht gerne abgibt, kann ich nachvollziehen.
Ich habe die Kritik der Experten zur Kenntnis genommen. Aber – ich sage es noch einmal – ein vollwertiges Argument, wie man den beabsichtigten Zielen besser Rechnung tragen kann, habe ich nicht vernommen.
Estland zeigt uns über zentrale Zugänge, wie man Dynamik in der Digitalisierung auslösen kann. Deswegen fordere ich Sie alle auf: Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen. Der Umstieg auf eine einheitliche digitale Hochschulverwaltung in NordrheinWestfalen muss uns gelingen.
Ein Ziel erreicht man mit dem ersten Schritt. Deswegen bitte ich um wohlwollende Zustimmung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat ist die Forschungslandschaft in Nordrhein-Westfalen sehr ausgeprägt. Mit 70 Hochschulen und 50 außeruniversitären Forschungseinrichtungen besitzen wir eine vielfältige Forschungslandschaft.
Wir haben zwölf Max-Planck-Institute, 13 Fraunhofer-Institute, elf Leibnitz-Institute, drei Forschungszenten der Helmholtz-Gesellschaft und die Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft, die vor Kurzem gegründet wurde, in dessen Kuratorium auch einige Vertreter dieses Hauses sitzen.
Um es zu Beginn zu sagen: Die CDU in NordrheinWestfalen ist stolz auf unser Land und auch auf die Forschung, die hier von engagierten Wissenschaftlern geleistet wird. Beispielhaft wollen wir das Forschungszentrum Jülich erwähnen, dessen Grundsteinlegung bereits in den 50er-Jahren erfolgte.
Entscheidend für eine positive Entwicklung unserer Forschungslandschaft ist natürlich die Frage, wie Spitzenforschung politisch gesehen und perspektivisch begleitet wird. Hier kommen Sie ins Spiel, Frau Ministerin Schulze; damit will ich einmal beginnen. Im ersten Teil meiner Rede nutze ich die Gelegenheit, einen Rückblick auf Ihre siebenjährige Tätigkeit im Bereich der Forschung zu geben.
Erstens. Kurz nach Ihrem Regierungsantritt haben Sie aus dem Ministerium für Innovation, Forschung und Technologie das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung gemacht. Das heißt, Sie haben den Schwerpunkt „Technologie“ gestrichen. Die simple Streichung des Buchstabens T zeigt schon, dass Sie Innovationen nicht technisch sehen, sondern im sozialen Bereich. In Ihren sieben Regierungsjahren habe ich nicht einmal die Wörter „Technologie“ und „Hightechstrategie“ oder irgendetwas aus diesem Bereich vernommen. Hier legen Sie die falschen Schwerpunkte.
Zweitens. Sie haben ein gespaltenes Verhältnis zu autonom arbeitenden Wissenschaftszentren. Kurz nach Ihrem Amtsantritt haben Sie das größte Forschungszentrum in Nordrhein-Westfalen wegen angeblich verschwundener Atomkugeln beschimpft, was Ihnen nebenbei auch noch einen Untersuchungsausschuss eingebracht hat.
Besser wäre es gewesen, Sie hätten sich vor die Wissenschaft gestellt, anstatt mit dem Finger auf diese zu zeigen. Das war ein fatales Signal an die Forscherinnen und Forscher, und das wurde bundesweit so gesehen.
Drittens. In Zeiten des Hochschulfreiheitsgesetzes waren die Hochschulen sehr erfolgreich in der Eintreibung von Drittmitteln, überall im Land entstand mehr und mehr Exzellenz. Gegen den Widerstand von Hochschulleitungen, Senaten, Hochschulräten, Studentenwerken und der Wirtschaft haben Sie Ihr Hochschulzukunftsgesetz eingeführt, darüber haben wir schon viel geredet.
Das Gesetz, das wir jetzt haben, atmet den Geist der Bevormundung
und legt durch einen politisch festgelegten Landeshochschulentwicklungsplan Prioritäten fest. Das vermindert grundsätzlich die Attraktivität von NordrheinWestfalen für internationale Wissenschaftler, um sich hier anzusiedeln.
Viertens. Sie haben die Einführung von Zivilklauseln begünstigt. Diese Zivilklauseln sollen einen Großteil von möglichen Forschungsvorhaben politisch diskreditieren. Internet und Teflon-Pfanne wären mit Ihrer Politik in Nordrhein-Westfalen schon grundsätzlich nicht möglich gewesen.
Fünftens. Sie haben ein Programm „Fortschritt NRW“ aufgelegt, das Sie eben erwähnt haben. Dieses Programm hat – und wen wundert es – in erster Linie soziale Innovationen im Blick und nicht technologische. Diese Schwerpunkte des Programms „Fortschritt NRW“ sind auch noch Maßstab der Forderung. Im Klartext heißt das: Jedes EFRE-Projekt muss durch Ihren rot-grünen Filter laufen, und erst dann kann eine Förderung gewährt werden. Das ist das Gegenteil von Freiheit.
Sechstens. Sie unternehmen viel zu wenig im Zukunftsbereich Digitalisierung. In Nordrhein-Westfalen fehlt es an Voraussetzungen für das digitale Lernen, den digitalen Wissensaustausch und eine digitale Forschungsstrategie. Wir brauchen mehr Vernetzung von IT-Kompetenzen, digitalen Plattformen, Hochschulclouds, Blended-Learning-Formaten. Es heißt ja auch die Digitalisierung, Digitalisierung ist ja weiblich, das liegt Ihnen so am Herzen. Es bleibt also die Frage im Raum stehen, warum Sie ausgerechnet an dieser Stelle das weibliche Element nicht fördern.
Siebtens. Die beschämendste Zahl – und jetzt komme ich wieder auf einen etwas ernsteren Punkt zurück –, die wir in diesem Haus in Nordrhein-Westfalen im Bereich Forschung hinnehmen müssen,
sind die Investitionen für Forschung und Entwicklung gemessen am Bruttoinlandsprodukt.
Baden-Württemberg gibt 5 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aus, Bayern 3,17 %, Berlin 3,64 %, Niedersachsen 2,96 %, Sachsen 2,66 %, Hessen 2,88 %, Deutschland im Schnitt 2,88 % des BIPs. Die Bundesregierung hätte gerne im Schnitt 3 %. Und wie sieht es in Nordrhein-Westfalen aus? – Nach sieben Jahren Svenja Schulze wendet Nordrhein-Westfalen lediglich 1,98 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung auf.
Damit liegen wir wieder einmal deutlich unter dem Schnitt. Wir sind Viertletzter im Bundesranking. Mit dieser Zahl versündigen Sie sich hier im größten Land der Republik an der Zukunft.
Wir werden immer wieder Zeiten mit Nullwachstum hinnehmen müssen.
Alle diese sieben Punkte zeigen in aller Klarheit und Eindeutigkeit, dass Sie, Frau Ministerin Schulze, keine Antenne für das Thema Forschung haben und dass Sie das Thema Technologie nur nachrangig behandeln.
In Ihrer siebenjährigen Tätigkeit haben wir in diesem Haus so gut nie über das Thema Forschung gesprochen, und es gab auch keine nennenswerten Initiativen aus den Reihen der regierungstragenden rotgrünen Fraktionen. Sie hätten ja auch einmal zu dem Thema etwas sagen können. Das haben Sie so gut wie nicht getan.
Deswegen nenne ich Ihnen jetzt einmal einige Punkte und Leitlinien, die dazu beitragen werden, dass Nordrhein-Westfalen wieder einen innovatorischen Impuls erhält.
Meine Damen und Herren, da machen wir uns nichts vor: Die Herausforderungen sind gewaltig. Durch Digitalisierung entstehen fast täglich innovative Technologien und Geschäftsmodelle. Neue Anbieter erobern in kürzester Zeit den Markt und stellen etablierte Positionen infrage. Neue Wettbewerber kommen derzeit vor allem aus den USA. Und beispielsweise bei Cloudcomputing und Big Data haben deutsche Unternehmen oftmals das Nachsehen.
Ein erster grundlegender Ansatz durch internationale Vergleiche belegt: Hochschulen sind in Forschung und Lehre besonders erfolgreich, wenn sie über ihre
Angelegenheiten weitgehend frei entscheiden können.
Ich empfehle Ihnen daher eine weitreichende Hochschulautonomie, starke Hochschulpräsidien und flache Führungshierarchien. Das ist auch christdemokratischer Ausdruck unserer Überzeugung von der Eigenverantwortlichkeit der Wissenschaft.
Neue Freiheiten, die wir einführen werden, müssen durch neue Anstrengungen in der Digitalisierung ergänzt werden. Wir brauchen eine Stärkung der digitalen Lehre durch neue digitale Lernformate wie Simulationsmodelle, interaktive Videos oder neue Lernwelten wie Serious Games.
Für einen besseren Informationsfluss benötigen wir mehr Anstrengungen im Bereich Open Access. Dr. Paul hat im Ausschuss immer wieder auf diesen Punkt hingewiesen, ein für mich essentieller Punkt des weltweiten Austausches auch von Ergebnissen.
Letztlich brauchen wir, Frau Ministerin, eine leistungsfähige Forschungsinfrastruktur, die mit Wissenschaftsorganisationen, Universitäten, Forschungseinrichtungen auch digital vernetzt ist und die Vorhaben bewältigen könnte wie Bestandsanalysen zum Forschungsdatenmanagement, Aufbau einer Forschungsdateninfrastruktur oder aber, wenn Sie weiterdenken, vielleicht auch die Digitalisierung unseres kulturellen Erbes.
Aber alle diese Aktivitäten finden nicht statt. Sie werden von Ihnen in keinem Plan erfasst, der irgendwo aufgeschrieben wird. Alles das findet nicht statt, aber davon bräuchten wir hier mehr.
Will man Spitzenforschung weiter fördern, dann gilt es, die besten und innovativsten Köpfe nach Nordrhein-Westfalen zu holen. Grundsätzlich richtig ist dabei der Weg des Tenure-Track-Programms, um planbare Karrierewege für exzellente junge Wissenschaftler zu schaffen.
Aber wir benötigen gleichzeitig auch mehr unbefristete Stellen im Hochschulsystem, damit sich diese jungen Wissenschaftler auch entfalten können. Außerdem benötigen wir ein förderliches Klima, was disruptive Innovationen begünstigt. Wenn man da die besten Köpfe gewinnen will, kann man zum Beispiel Förderpreise wie den Sofja-Kovalevskaja-Preis in Nordrhein-Westfalen ähnlich etablieren, um diese Leute anzuziehen. Ein Hochtechnologiestandort lebt von seinen exzellenten Köpfen.
Naturwissenschaftliches Verständnis – das ist auch für mich ein ganz wichtiger Punkt – fördert Technikmündigkeit und bildet eine wesentliche Voraussetzung für die Offenheit unserer Gesellschaft für Innovation. Deshalb empfehle ich Ihnen auch, das „T“ wieder in den Namen des Ministeriums zurückzuintegrieren und einen landesweiten Pakt für die MINTFächer aufzulegen.
Wir benötigen darüber hinaus in Nordrhein-Westfalen eine eigenständige Hightechstrategie. Ausgangspunkt für eine solche Hightechstrategie könnte ein Spitzencluster sein – auch in wettbewerblicher Vergabe von Fördermitteln. Schwerpunkt einer Hightechstrategie muss die Förderung wichtiger Technologien wie zum Beispiel Mikroelektronik, Anwendungsszenarien autonomer Systeme oder Medizintechnik sein.
Wir brauchen eine Verbindung dieser neuen Themen zu den Bereichen Arbeit, Datenschutz, Privatheit und Selbstbestimmung, Mensch-Maschine-Interaktion.
Besonders interessant erscheinen die Bereiche Ressourceneffizienz in Produktion und Konsum, schnellere und vernetzte Kommunikationssysteme, autonome Robotik, Big Data, künstliche Intelligenz, Medizininformatik und dezentrale Energiewelten.
Frau Ministerin, ich finde es sehr traurig, dass Sie in sieben Jahren zu all diesen Zukunftsthemen in diesem Haus nie ein Wort gesagt haben.
Darüber hinaus haben Sie auch im Zukunftsbereich Stammzellforschung das Care-Institut von Münster nach Bayern vertrieben.
Meine Damen und Herren, wir haben ausführlich Gelegenheit gehabt, über die Gründe und Ursache zu sprechen, die unsere großartige Wissenschafts- und Forschungslandschaft behindern. Über diese Fragen haben wir bisher – das finde ich schade – viel zu wenig gesprochen. Ich hätte mir eine Aussprache über diesen Punkt eigentlich schon viel früher und intensiver hier und im Ausschuss gewünscht.
Ein Problem ist, dass die Gesprächspartner, mit denen Sie sich umgeben und mit denen sich die Landesregierung umgibt, Wirtschaftsvertreter oder Vertreter anderer Gruppen sind, die disruptiven Innovationen ablehnend gegenüberstehen.
Das führt dazu, dass in diesem Land bestehende Strukturen konserviert werden. Dieser Blickwinkel muss dringend verändert werden.
In Nordrhein-Westfalen fehlt ein gesellschaftlicher Pakt für Forschung und Innovation, wie ich ihn kurz skizziert habe.
Klar ist – damit will ich schließen –: Nordrhein-Westfalen wird unter Wert regiert.
Eine neue Haltung zu Technik, Innovation und Freiheit kann und wird neue Kräfte entfalten. Dann, meine Damen und Herren, kommt Nordrhein-Westfalen wieder. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch einige kurze Anmerkungen. Frau Ministerin, Sie haben gesagt, der Turnus wäre angemessen gewesen, in dem wir uns über diese Frage hier unterhalten. – Nein, in sieben Jahren haben wir in diesem Haus keine dreimal explizit zum Thema Forschung gesprochen,
zumindest nicht auf Ihre Initiative hin. Ich muss Ihnen ehrlich sagen. Bei diesem Thema haben Sie sich in Ihrer gesamten Regierungszeit versteckt.
Mich wundert das auch nicht. Denn, egal, wohin man schaut, ob es internationale Rankings sind – die kann man unterschiedlich bewerten –: Nordrhein-Westfalen schneidet hier nicht zufriedenstellend ab. Ob es Werte sind wie Betreuungsrelationen, ob es Werte sind wie Geld pro Kopf pro Studierenden – überall, egal welche Benchmark Sie anlegen, befindet sich dieses Bundesland auf den letzten Plätzen.
Ich sage Ihnen: Der Grund, warum das in der Wissenschaftspolitik so ist, liegt in Ihrer Sichtweise der Politik. Natürlich sind wir stolz auf das, was 30 staatliche Hochschulen, Kunst- und Musikhochschulen dazugerechnet 37 und über 70 mit den privaten hier in Nordrhein-Westfalen leisten.
Ja, die CDU in Nordrhein-Westfalen ist sehr stolz auf die Lehrenden, Lernenden und die Forscher.
Was diese Gruppe aber behindert, ist die Denkweise, die Sie in Ihrem Ministerium pflegen. Wenn Sie Themen negieren wie zum Beispiel eine Investitionsquote in Forschung und Entwicklung, mit der Sie auch wieder im bundesdeutschen Ranking hinten, nämlich auf dem viertletzten Platz liegen, dann werden Sie die nordrhein-westfälische Gesellschaft Stück für Stück weiter abhängen vom technologischen und wissenschaftlichen Wandel.
Herr Bell hat jetzt groß ausgeführt: Es ist nicht so schlimm. Nordrhein-Westfalen gibt ja nur 1,9 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aus.
Okay.
Andere Länder geben mehr aus.
Aber toll ist, dass die Quote des öffentlichen Geldes höher ist als woanders. Das wäre toll, aber der Rest nicht.
Ich stimme Ihnen sogar zu. Den Teil des nordrheinwestfälischen Steuergeldes kann man in der Tat nicht beanstanden. Insoweit stimme ich Ihnen zu.
Was man jedoch beanstanden muss, ist die Quote insgesamt. Es sind zwei Seiten, die für Forschung und Entwicklung zuständig sind, einmal die öffentlich finanzierten wie Hochschulen oder Universitäten, auf der anderen Seite – das ist genauso wichtig – die Privatwirtschaft, die Unternehmen, die innovativ arbeitenden Menschen. Von denen haben wir hier im Durchschnitt viel zu wenig. Das erklärt, warum unsere Investitionsquote in diesem Bereich so gering ist.
Der Grund, warum wir so wenig haben, warum sich die innovativen Unternehmen in Baden-Württemberg, in Bayern und überall woanders befinden, nur nicht hier, ist,
dass Sie sich mit Menschen umgeben, die neuen Entwicklungen skeptisch gegenüberstehen und entsprechende Meinungen politisch in die Hochschullandschaft drücken. Und Sie versuchen, Entscheidungen aus der Fläche zurück zu sich ins Ministerium zu verlagern. Das ist eine typisch sozialdemokratische Denkweise, die Innovationen hemmt und die Kontrolle sicherstellen will.
Immer dann, wenn Sie Gesellschaftspolitik mit Forschungspolitik verbinden, kommt Bevormundung dabei heraus.
Wenn Sie sagen, wir dürfen nur an Dingen forschen, die später nicht irgendwie militärisch genutzt werden könnten – wobei das immer im Konjunktiv steht –, dann sage ich Ihnen: Internet und Teflonpfanne wären hier nie erfunden worden. Das ist ein großes Problem.
Im Ergebnis wird dadurch aufgezeigt: Ihre Denkweise führt schlussendlich dazu, dass wir nicht in die Lage kommen, unsere Forschungs- und Entwicklungsanteile am Bruttoinlandsprodukt zu erhöhen. Ich würde mich darüber freuen, wenn Sie öfter mal die Papiere der Christlich-Demokratischen Union lesen würden.
Sie haben mehrfach unser Programm und eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zitiert. Wenn Sie das Programm der CDU aufmerksam gelesen hätten, hätten Sie erkannt, dass darin eine lange Passage zur Hochschulfreiheit enthalten ist. Internatio
nale Vergleiche zeigen, dass die Freiheit der Hochschule eine essenzielle Voraussetzung für wissenschaftliche Prosperität ist. Deswegen kann ich Ihnen die Lektüre unserer politischen Strategien, Inhalte und Denkweisen nur wärmstens ans Herz legen. Damit würde es auf jeden Fall besser in diesem Land werden. Darüber werden wir in den nächsten Wochen streiten. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Oktober dieses Jahres haben die Kultusministerkonferenz der Länder und die VG Wort einen neuen Rahmenvertrag zur Vergütung gesetzlich erlaubter Intranetnutzungen an öffentlichen Hochschulen abgeschlossen. Die Hochschulen, die diesem Rahmenvertrag beitreten, sollen nun ab dem 1. Januar 2017 einen Betrag von 0,008 € pro Seite bezahlen und die Dozenten die dazu verwendete Literatur im Ganzen melden.
Die Landeshochschulkonferenz, die Landesrektorenkonferenz und verschiedene universitäre Vereinigungen haben beschlossen, dem Rahmenvertrag nicht beizutreten. Durch diesen Nichtbeitritt droht jetzt, dass Studierende keinen Zugriff mehr auf die von der VG Wort vertriebenen digitalisierten Schriftstücke im Intranet haben. Die Folge wäre, dass wieder Kopien angefertigt werden müssten. Alle Vorredner haben darauf hingewiesen, dass diese Folge zu vermeiden ist; denn das wäre ein Rückfall in ein prädigitales Zeitalter und würde das mediale Lernen in Nordrhein-Westfalen gefährden. Ich denke, das Anliegen, dieses Problem zu lösen, teilen alle Fraktionen hier.
Was mich jetzt, Herr Bell, verwundert: Sie haben die Landesregierung gelobt, dass eine Lösung gefunden worden sei. Wenn dem so ist, worüber wir in diesem Haus – außer der vielleicht der SPD-Fraktion – noch keine Kenntnis haben, ist das einerseits zu begrüßen. Andererseits ist es natürlich auch die Aufgabe
einer Regierung, Probleme zu lösen. Ich frage mich, warum die Regierung nicht bereits früher aktiv geworden ist und es erst eines Antrags der Piraten und der FDP bedurfte, um dieses Thema in diesem Haus zu diskutieren. Das könnte man hier auch anmerken.
Die CDU in Nordrhein-Westfalen unterstützt schnelle Problemlösungen; wir dürfen unsere Studierenden nicht im Regen stehen lassen. An dieser Stelle möchte ich es dabei bewenden lassen. – Ich bin gespannt, welche Lösungen uns die Regierung nun vorstellt. Außerdem bedanke ich mich ausdrücklich bei den antragstellenden Fraktionen für das Aufgreifen und die Behandlung dieses wichtigen Themas. – Vielen Dank.
Mit dem ursprünglich geplanten neuen Rahmenvertrag zur digitalen Nutzung von Veranstaltungsunterlagen drohte an den Hochschulen – das haben jetzt auch schon mehrere Vorredner gesagt – unweigerlich der Rückfall ins analoge Zeitalter. Insbesondere hatte es bereits zahlreiche Ankündigungen gegeben, der Empfehlung der Hochschulrektorenkonferenz zu folgen und digitale Angebote wie Lernplattformen oder Online-Semesterapparate einzustellen. Das hatte dann bizarre Formen angenommen. Zum Beispiel forderte die Universität Paderborn die Studierenden auf, die relevanten Dateien noch schnell herunterzuladen; denn bis Ende des Jahres würden die Server abgeschaltet.
Tatsache ist: Alle Hochschulen in Deutschland gehören zu den Nutzerinnen von Publikationen der durch die VG Wort vertretenen Autorinnen und Autoren. Es werden zwar immer wieder alternative Nutzungen diskutiert; aber diese reichen nicht aus, um die bisherige Qualität der Lehre aufrechtzuerhalten – ein
Grund mehr, um das Thema Open Access insbesondere in der Wissenschaft noch einmal auf die Agenda zu setzen und auch langfristig zu diskutieren.
Ziel muss es sein, den Studierenden auch zukünftig alle Unterlagen für Lehrveranstaltungen digital zur Verfügung zu stellen. Das reduziert den Papierverbrauch, erspart den Studierenden Zeit und Geld und ermöglicht den Lehrenden eine breitere Literaturauswahl für ihre Seminare.
Da sich der neue Rahmenvertrag in den letzten Wochen als wirklich absolut praxisuntauglich erwiesen hat, ist es insofern richtig, dass Kultusministerkonferenz, Hochschulrektorenkonferenz und VG Wort für die Zeit ab dem 1. Januar eine Übergangslösung schaffen wollen, die die Beibehaltung der bisherigen pauschalen Vergütung vorsieht.
Es ist ebenfalls ausdrücklich zu begrüßen, dass ein neuer Rahmenvertrag, der ab Oktober 2017 gelten soll, sicherstellen wird, dass es eine unbürokratische Lösung für Hochschulen, Studierende und Lehrende geben wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für Wissenschaft, Forschung und Lehre stecken enorme Potenziale in der Digitalisierung. Um diese Chancen nutzen zu können, bedarf es endlich eines bildungs- und forschungsfreundlichen Urheberrechts. Denn bessere Forschungs- und Wissenszugänge sind wichtige Zukunftsmotoren für unsere Volkswirtschaft und auch Wissensökonomie.
Doch noch immer bestehen urheberrechtliche Hindernisse, die den Zugang zu Wissenschafts- und Bildungsmaterialien erschweren. Eines dieser Hindernisse besteht darin, dass bis heute eine umfassende Bildungs- und Wissenschaftsschranke im deutschen Urheberrecht fehlt. Es wurde eben angesprochen. Wir arbeiten von hier aus gemeinsam daran, denke ich, und hoffen, dass das dann auch in Berlin umgesetzt wird. Sie würde es Lehrenden, Lernenden und Forschenden erleichtern, publizierte Werke jedweder Art für den wissenschaftlichen Gebrauch grundsätzlich genehmigungsfrei und ohne Einschränkungen zu nutzen.
Ziel muss es sein, den für Bildung und Wissenschaft notwendigen Wissenszugang unter angemessenen und für alle Seiten fairen Bedingungen zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund bitte ich um Zustimmung auch zu unserem Antrag. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Herr Minister, Sie haben eben noch eine Bewertung zu den Vorgängen 2010 abgegeben. Bei den „Vorwärts“Gesprächen handelt es sich um Sponsoring-Events, bei denen SPD-Regierungsmitglieder anwesend waren. Bei den Vorgängen, die 2010 bei der CDU in
Rede standen, handelte es sich um mögliche Messestände. Es ist aber nie ein Messestand aufgestellt worden, und es hat auch nie ein Gespräch unter dieser Kautel mit einem CDU-Regierungsmitglied gegeben.
Meine Frage ist jetzt: Halten Sie und hält die Landesregierung diese beiden Vorgänge für vergleichbar?
Herr Minister, Sie selbst waren ja einmal Bundesgeschäftsführer der SPD. Meine Frage ist: Haben Sie Kenntnis darüber, ob auch in Ihrer Zeit als Bundesgeschäftsführer solche gesponserten Gespräche stattgefunden haben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch in der Wissenschaftspolitik hebt sich nun der Vorhang zum letzten Akt
des Dramas.
Wir werden also den letzten Haushalt der Wissenschaftsministerin Schulze heute hier in diesem Haus besprechen.
Ich will aber einmal mit einer positiven Botschaft dieses Haushaltes beginnen. Es stimmt; der Haushalt ist angestiegen. Wir diskutieren heute den historisch höchsten Wissenschaftsetat des Landes NordrheinWestfalen.
Damit enden allerdings auch schon die positiven Botschaften.
Denn man muss natürlich die Entwicklung und den Aufwuchs des Haushalts in Zusammenhang mit der Steigerung der Studierendenzahlen setzen. Wir stellen fest: In den letzten Jahren sind die Studierendenzahlen um 40 % angestiegen, während beispielsweise die Grundfinanzierung nur um 21 % gestiegen ist. Das sagen nicht wir; das sagen die Hochschulrektoren.
Das schlägt sich auch in Zahlen nieder. Das haben wir ja an dieser Stelle schon mehrfach aufgezeigt. Das Land Nordrhein-Westfalen gibt im Schnitt 5.300 € pro Studierendem aus. In Thüringen sind es weit über 9.000 €. Allein diese Diskrepanz zwischen 5.300 € für einen Studierenden hier und 9.000 € für einen Studierenden woanders zeigt, dass es unfair und ungerecht zugeht, und zeigt, dass wir in Nordrhein-Westfalen leider wieder auf einem Abstiegsplatz stehen.
Das geht auch weiter. Wir haben eine Antwort auf eine Kleine Anfrage vorliegen. Diese Anfrage ist von der FDP gestellt worden, und zwar von Frau Freimuth. Nicht nur bei den Pro-Kopf-Aufwendungen sind wir auf dem letzten Platz, sondern auch bei der Betreuungsrelation. 2010 haben sich 82 Studierende einen Professor geteilt. 2014 waren es fast 100. In der gleichen Zeit ist es in Thüringen zu einer Verbesserung der Relation von 53 auf 50 gekommen. In Nordrhein-Westfalen sind es 100 Studierende pro Professor, in Thüringen 50 Studierende pro Professor.
Frau Schulze, was sagen Sie nun dazu? Ich zitiere aus der „Westdeutschen Zeitung“. Sie sagen, die
Qualität der Lehre an den Hochschulen sei gewährleistet; die Kopfzahlen seien ungeeignet und wären verzichtbar. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Frau Ministerin Schulze, Sie sagen, es sei unerheblich, ob 50 oder 100 Studierende in einem Hörsaal säßen, und es habe keine Auswirkungen auf die Qualität, wenn ein Professor 100 statt 50 Studierende betreuen solle.
Dass nicht nur das Schulministerium auf die Erhebung des Unterrichtsausfalls verzichten wollte, sondern Sie auch lieber nicht mehr nach der Betreuungsrelation gefragt werden wollen, zeigt nur zu deutlich die miserable Bilanz der Landesregierung im Bereich der Bildung und insbesondere in der Hochschulpolitik.
Steigt man noch tiefer in den Haushalt ein, dann ist festzustellen, dass die Steigerungen im Einzelplan 06 weniger auf Ihren eigenen politischen Gestaltungswillen zurückgehen, sondern viel mehr auf die Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Denn der wesentliche Teil des Aufwuchses der Mittel stammt aus den Mitteln des Hochschulpaktes. Er muss zwar zu 50 % kofinanziert werden. Aber dieser Aufwuchs ist eben nicht durch Ihre politische Kraft und nicht durch rotgrüne Willensbekenntnisse zur Hochschulpolitik erreicht worden, sondern einzig und allein der Aktivität unserer Regierung in Berlin zu verdanken.
Unter dem Strich bleibt die Erkenntnis: Bis auf die Abschaffung – übrigens die schuldenfinanzierte Abschaffung – der Studienbeiträge, die Sie darüber hinaus auch noch unzureichend kompensiert haben,
einem kleinen Hochschulkonsolidierungsprogramm und einer auf fünf Jahre befristeten Hochschulvereinbarung haben Sie keinerlei Entscheidungen getroffen und keinerlei eigene landespolitische Initiative vorgelegt.
Am Ende bleibt: Nordrhein-Westfalen ist Schlusslicht. Die Landesregierung sieht keinen Handlungsbedarf. Das ist das Urteil der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Damit ist zutreffend zusammengefasst, warum wir diesem Haushalt nicht zustimmen können. Alle Kennzahlen, die man im Wissenschaftshaushalt bilden kann, zeigen die letzten Plätze im Länderranking auf.
Eine Koalition, die zufrieden ist, im bundesweiten Vergleich Letzter zu sein, verdient weder die Zustimmung zu diesem Haushalt, noch sollte sie eigentlich dieses Land regieren. Über diese Frage werden wir in den kommenden Monaten ja streiten. Wir lehnen deshalb diesen Haushalt ab. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass NordrheinWestfalen in der Digitalisierung nicht bei 4.0 steht, sondern bei 0.0,
das kann man exemplarisch an diesem Vorgang erkennen.
Herr Maelzer, Sie haben gesagt, das wäre ein Bundesthema und die Landesebene habe damit überhaupt nichts zu tun. Wenn dem so ist, dann stellt sich doch die Frage, warum Ministerin Schulze am 2. August 2016 eine Pressemitteilung herausgeben hat, in der sie das neue Verfahren lobt, in dem sie sagt, das erweiterte Verfahren sei eine wesentliche Erleichterung und in dem sie sich mit diesem Verfahren selbst identifiziert. Von daher können Sie Ihre eigene Verantwortung nicht negieren.
Wenn man die Debatten im Wissenschaftsausschuss verfolgt, dann stellt man fest, dass Sie immer das Ziel haben, Arbeiterkinder zu fördern. Ich habe auch immer den Eindruck, dass das Alleinerziehenden-/Arbeiterkind Ihr Modell eines typischen Studierenden ist. Und diesem Studierenden muten Sie jetzt zu, für 50 € ein Kartenlesegerät anzuschaffen, um einen BAföG-Antrag zu stellen!
Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Das ist unlogisch, unsozial, schlecht gedacht.
Ich denke, es gibt wesentlich bessere Wege – darauf hat Herr Hafke auch hingewiesen –, als Studenten, die ohnehin über kein Einkommen verfügen, zur Anschaffung eines Gerätes mit einer sinnlosen Einmalfunktion zu zwingen.
Wir bewegen uns im Bereich der Neuen Medien und der Smartphones, aber wenn Sie einen wirklich sinnvollen Weg zur effizienten Bearbeitung und Registrierung haben wollen – den bleibt der Antrag übrigens auch schuldig –, dann verweise ich Sie auf den Vorschlag der Union, eine einheitliche Matrikelnummer einzuführen.
Dann hätten Sie all die Probleme, die damit verbunden sind, nicht mehr.
Die Registrierung wäre einfach, und wir könnten endlich eine neue Realität in der Digitalisierung 4.0 lostreten. Darauf wartet das Land. Das wäre gut für die Hochschulsituation. Darüber werden wir diskutieren.
Ja, gerne.
Herr Bell, bei solchen Fragen fällt mir immer ein: Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm, bei Bell, da ist es andersrum.
Ich kann nur sagen: Wenn auch Sie einen Zwillingsbruder hätten,
würde auch er über eine Identifikationsnummer und eine Matrikelnummer verfügen. Das Problem wäre erledigt.
Nichtsdestotrotz werden wir die Debatte um Digitalisierung im Ausschuss weiterführen. Darauf freue ich mich. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich war zu erwarten, dass wir zu Beginn dieser Debatte wieder hören würden, dass der jetzige Wissenschaftshaushalt, den wir in den Haushaltsberatungen diskutieren werden, der historisch höchste ist. Das ist er auch. Das erkenne ich auch freimütig an, denn Zahlen lügen nicht.
Der entscheidende Punkt ist aber – auch das ist immer wieder Gegenstand der Debatten im Wissenschaftsausschuss –, dass man die alleinige Höhe absolut nicht zum Maßstab der Qualität machen kann, sondern man muss sie natürlich auf mittlerweile 750.000 Studierende beziehen. Betrachten wir das Ergebnis pro Kopf, dann sehen wir: Wir stehen bei den FHs an Platz 14 von 16, und bei den Universitäten sind wir Letzter mit einem Betrag von ca. 5.300 € pro Kopf,
während Thüringen 9.000 € pro Studierenden einsetzt. Das ist ein fundamentaler Unterschied, der sich auch in der Qualität des Studierendenlebens niederschlägt.
Jetzt haben Sie in Ihrem Antrag die Hochschulvereinbarung zum Thema gemacht. An einer Stelle gehen Sie in die richtige Richtung, nämlich mit der Verstetigung von Mitteln. Sie verstetigen allerdings nur für einen kurzen Zeitraum Mittel, nämlich von 2017 bis 2021. Da stellt sich die Frage, ob die Hochschulen damit überhaupt in der Lage sind, langfristige Perspektiven zu ermöglichen.
50 Millionen im Jahr bedeuten zum Beispiel bei 37 öffentlich-rechtlichen Hochschulen in NordrheinWestfalen für die Universität Köln, die mehr als 48.000 Studierende hat, ca. 31 € pro Studierenden mehr. Dann sind Sie nicht bei 5.300 €, sondern bei 5.331 € im Gegensatz zu 9.000 € pro Studierenden in Thüringen. Quantensprünge sehen anders aus.
Ihr Antrag enthält noch zwei Forderungen. Eine dieser Forderungen lautet: Der Bund muss mehr Geld geben.
Ja, immer, wenn es schwierig wird,
weil Wissenschaftspolitik ja auch eine originäre Landesaufgabe ist, rufen Sie nach Berlin und wollen mehr Geld.
20 % Ihres Haushaltes sind bereits über den Hochschulpakt aus Berlin finanziert.
Darüber hinaus schreiben Sie in Ihrem Antrag auch noch, dass Sie ja alles täten und die Situation in Nordrhein-Westfalen finanziell dufte sei. Da frage ich mich: Was stimmt denn nun? Ist es hier ausreichend, wie es in Ihrem Antrag heißt? Oder brauchen Sie mehr Geld aus Berlin? Da müssen Sie sich schon entscheiden.
Letztendlich stellen Sie immer wieder dieselben Anträge. Wir haben aus Ihrem Bereich in den letzten zwei Jahren nur drei Anträge gehabt – zwei gleichlautende zu „Guter Arbeit“ und jetzt ein Antrag zu mehr Geld aus Berlin. Das ist ein relativ schmales Themenrepertoire, mit dem Sie den Herausforderungen der Wissenschaftspolitik nicht dauerhaft begegnen können.
Ja, selbstverständlich.
Herr Klocke, ich sehe, dass Sie eine Verletzung am Arm haben.
Deswegen habe ich Verständnis und möchte milde mit Ihrer Zwischenfrage umgehen.
Natürlich habe ich gesehen, dass Sie von Grundmitteln sprechen. Aber 31 € pro Studierendem sind 31 € pro Studierendem.
Sie verbessern mit dem, was Sie hier tun, die Situation nicht substanziell. Deshalb sage ich Ihnen: