Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

Dementsprechend wird ein teilweise völlig überzogenes und falsches Bild von den Folgekosten der Braunkohle gezeichnet. Es geht einzig darum, die Kohle zu diskreditieren. Das zeigt deutlich, worum es den Piraten mit ihrem Antrag wirklich geht: um den politisch motivierten Braunkohleausstieg. Die Faktenlage ist Ihnen vollkommen egal. Dass Ihre Forderungen nicht gerechtfertigt sind, wurde in der Anhörung überdeutlich.

Die Anhörung hat gezeigt, dass für die Beauftragung eines Gutachtens durch die Landesregierung kein Anlass besteht. Klargestellt wurde, dass der Vergleich mit der Atomkraft völlig falsch ist. Es gibt keine Ewigkeitslasten bei der Braunkohle. Die Kosten, die für die Wiedernutzbarmachung anfallen werden, sind erstens zeitlich begrenzt, und zweitens sind diese Kosten bekannt. Sie werden von den Bergbehörden ermittelt und gegebenenfalls neu bewertet, wenn es einen entsprechenden Anlass gibt.

(Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

Hierbei greifen alle Beteiligten auf jahrzehntelange Erfahrungen zurück. Risiken und Probleme, die es zum Beispiel in Ostdeutschland aufgrund der Geologie oder der Aufgabe von Tagebauen über Nacht gab, gibt es in Nordrhein-Westfalen nicht. Diese Negativbeispiele anzuführen – ob im Gutachten oder seitens Ihrer Fraktion –, ist, ehrlich gesagt, schlicht unseriös.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Unseriös ist das, was Sie hier sagen!)

Meine Damen und Herren, richtig ist, dass in Bezug auf die Grundwasserverhältnisse in der Erft-Aue noch nicht alle Einzelheiten geklärt sind. Aber hierzu

werden erstens bereits Untersuchungen angestellt, und zweitens gibt es die Unklarheiten nur deshalb, weil in den gesümpften Bereichen Wohngebiete entstanden sind. Und hier gibt es – neben der Verantwortung des Unternehmens – mindestens auch eine Mitverantwortung der Politik.

Meine Damen und Herren, dem Braunkohleabbau all dies vor die Füße zu kippen, wäre unredlich. Deshalb sagen wir auch klar Nein zu Ihrem Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Brockes. – Für die Piratenfraktion spricht jetzt Herr Schmalenbach.

Vielen Dank, Herr Präsident. Zunächst mal: Wir reden über das hier.

(Der Redner hebt ein Stück Braunkohle hoch.)

Das ist ein Stück Braunkohle. Um dieses Stück Braunkohle machen wir hier schon seit einer geraumen Zeit einen ziemlichen Eiertanz. Da werden Dinge behauptet bzw. in den Raum gestellt, die so einfach nicht wahr sind.

Ich muss meine Rede an der Stelle einfach verwerfen, denn es war einfach zu viel Unsinn bei dem, was vonseiten der SPD, der CDU und der FDP kam.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Da sind wir dank- bar dafür, dass Sie das jetzt richtigstellen!)

Ja, darauf können Sie hoffen. Tatsächlich!

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Die Hoffnung habe ich eigentlich lange aufgegeben!)

Herr Hovenjürgen, wenn Sie nicht in der Lage sind, zuzuhören, dann ist das nicht mein Problem. Entschuldigung!

Es wird hier immer wieder behauptet, es gäbe keine Ewigkeitslasten bei der Braunkohle. Das wird immer wieder in den Raum gestellt. Auch in der Anhörung wurde das tatsächlich gesagt. Aber niemand weiß das. Niemand hat Erfahrungen mit einem Braunkohleabbau in der Größenordnung, wie wir ihn in Garzweiler vorfinden. Niemand hat Erfahrungen mit einem Restsee, wie er da geplant ist. Also ist alles andere Bullshit, was Sie hier erzählen.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Thiel, RWE haftet mit Konzernvermögen. Ja, das ist toll, es ist super, dass RWE mit seinem Konzernvermögen haftet. Der Punkt ist aber: Wir alle hier im Haus wissen erstens, dass es der Braunkohle nicht mehr gut geht. Zweitens wissen wir: Momentan ist das ein rollierendes System. Das heißt, vorne wer

den die Gewinne erzielt, die hinten in die Renaturierung gesteckt werden. Und drittens wissen wir, dass die Bagger deutlich eher aufhören werden zu baggern, als wir es bisher auf dem Plan haben. Das wissen wir alle hier. Es stand sogar schon in der „Rheinischen Post“, dass die Politik intern weiß, dass es früher zu Ende gehen wird. Sie gibt es nur nicht offiziell zu.

(Beifall von den PIRATEN)

Das bedeutet im Umkehrschluss: Wir wissen gar nicht, wie RWE auf lange Sicht dastehen wird. Wir wissen überhaupt nicht, ob die noch existieren werden, wenn der Restsee da ist.

(Lachen von der FDP)

Ja, was lachen Sie? Wissen Sie das? Haben Sie das Ihre Glaskugel schon einmal gefragt? Hat die Ja gesagt? Ich weiß es nicht. Also sollten wir das klarstellen.

Ich komme zum nächsten Punkt. Ich finde es witzig, dass hier kaum jemand über diesen Antrag gesprochen. Alle haben darüber gesprochen, dass wir uns gegen die Braunkohle engagieren. Das ist richtig. Es ist absolut korrekt. Wir stehen für einen zügigen Braunkohleausstieg, für ein Braunkohleausstiegsgesetz. Herr Duin kommen unsere Forderungen schon zu den Ohren heraus. Wir haben das immer wieder gefordert. Wir fordern das natürlich auch in diesem Zusammenhang wieder. Das ist aber nicht der Kern des Antrags. Der Kern des Antrags ist schlicht und ergreifend, dass wir wissen wollen, was da auf uns zukommt.

Es wird hier aber in breitem Maße abgelehnt, diese Information zu bekommen. Eine lächerliche Information wird hier mit Worten bekämpft. Herr Brockes sprach vorhin von „politisch motiviertem Braunkohleausstieg“. Nein, das Gutachten beinhaltet nichts davon. Es ist einfach nur eine Information. Wir wollen wissen, wo die Reise hingeht, ob der Bürger damit gut dasteht oder nicht. Okay.

Ich muss auch einmal darauf eingehen, dass Herr Brockes meinte, sich über Frau Brems Verhalten echauffieren zu müssen. Frau Brems hat sich schlicht so verhalten, wie sie glaubt, dass es richtig ist. Sie hat sich zum Thema inhaltlich – und zwar korrekt – positioniert, Herr Brockes. Sie dagegen haben hier gestanden und – für was auch immer – das HBMännchen gegeben. Sie haben davon geredet, dass SPD und Grüne da auf einem total anderen Dampfer sind. – Ja, okay, in dem Fall sind sie das.

(Dietmar Brockes [FDP]: Aha!)

Aber bitte, diese Show hier abzuziehen – mein lieber Mann!

Sie haben gefragt, warum es keine Transparenz gibt. Ja, Transparenz ist ein gutes Thema. Ich hätte heute eigentlich ganz gerne aus dem Protokoll des letzten

Ausschusses zitiert. Aber leider ist es in der Vergangenheit hier so ein bisschen zum Glücksspiel geworden, ein Protokoll zu bekommen. Irgendwie bekommen wir gar keine Protokolle mehr. Ich weiß nicht, warum das so ist.

Herr Brockes, Sie sagen, dass es uns darum geht, Kohle zu diskreditieren. Nein, Herr Brockes, darum geht es uns eben nicht. Es geht uns nicht darum, Kohle zu diskreditieren, sondern es geht uns darum, zu sagen, wie die Faktenlage ist. Wir wollen darauf hinweisen, dass das Modell Braunkohle keine Zukunft hat, dass wir uns damit abfinden und diesen Ausstieg planen müssen. Das haben wir von Anfang an gefordert. Wir wollen eben nicht, dass ein plötzlicher Tod der Braunkohle dazu führt, dass auf einmal ungeplant Leute auf der Straße stehen. Das wollen wir nicht, sondern wir wollen genau wissen: Wann passiert das? Und wir wollen das geplant haben. Zur Not finanzieren wir es auch bis dahin. Aber wir wollen es geplant machen! – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Schmalenbach, nehmen Sie das Stückchen Kohle wieder mit? – Das ist wertvoll.

Das kann der Minister mitnehmen.

Nein, das nehmen Sie bitte wieder mit. Sie haben es hergebracht und nehmen es auch mit. Es ist hier nicht der Stil, dass wir Sachen einfach liegen lassen. Räumen Sie einfach ab, und dann ist das erledigt.

Im Übrigen will ich, Herr Schmalenbach, noch einmal auf Folgendes hinweisen: Auch wenn Sie ein englisches Wort aussprechen, wird es fürs Parlament nicht gebräuchlicher.

(Beifall von der CDU und der SPD)

In dem Fall will ich es einmal dabei belassen. Ist das klar? Alle wissen, wovon ich rede. Ich rede von dem, was bei einem männlichen Rindvieh hinten herauskommt. Das haben Sie englisch beschrieben. Aber das wollen wir hier nicht – weder auf Englisch noch auf Deutsch.

(Beifall von der CDU und der SPD)

Es spricht als nächster Redner für die Landesregierung Herr Minister Duin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie erlauben, komme ich noch einmal auf den Antrag zurück – nicht auf eine allgemeine Debatte,

wofür oder wogegen man ist. Ich glaube, die Positionen sind hier ausreichend ausgetauscht.

In der eigentlichen Sache, die die Piraten beantragt haben, die wir im Ausschuss leider ohne Erfolg, aber sehr intensiv diskutiert haben und wo wir versucht haben, Ihnen das näherzubringen, will ich noch einmal festhalten, dass das Unternehmen für alle Verpflichtungen Rückstellungen bilden muss, die aus den Genehmigungen für den Braunkohleabbau erwachsen, die in Zukunft zu bedienen sind, und dass es unabhängige Wirtschaftsprüfer sind, die darauf achten, ob diese Rückstellungen nach Art und Höhe in der Bilanz auch vollständig und ordnungsgemäß angesetzt und angemessen bewertet sind.

Wir haben Ihnen aufgezeigt, dass natürlich auch die Vorsorge für die Wiedernutzbarmachung dazugehört und dass die Frage, ob eine Sicherheitsleistung erhoben wird, um die Erfüllung dieser Voraussetzungen zu sichern, einzig und allein die Bergbehörde nach sorgfältiger Prüfung und nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet. Bislang gibt es keinen Hinweis darauf, dass es ein Ungleichgewicht zwischen den Pflichten des Unternehmens einerseits und der künftigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens andererseits gibt. Deswegen besteht auch bislang überhaupt keine Veranlassung, eine solche Sicherheitsleistung zu erheben.

Diese Prüfung – auch das haben wir Ihnen schon erklärt – wird aber bei jeder weiteren Genehmigungsentscheidung erneut, immer wieder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die sich ändern kann, vorzunehmen sein. Wir wissen jedoch auch – darauf haben andere Redner schon hingewiesen –: Ewigkeitslasten, wie wir sie im Steinkohlenbergbau kennen, die mit den Forderungen nach Einrichtung eines Fonds begründet werden, sind im Braunkohlenbergbau nicht zu erwarten.

Dennoch besteht Untersuchungsbedarf, ob und wenn ja, in welchem Umfang es zu wasserwirtschaftlichen Folgelasten kommt. Dazu hat die Landesregierung bereits eine Untersuchung auf den Weg gebracht. Die Ergebnisse sind dann auch wieder relevant für die Entscheidung, ob zukünftig Sicherheitsleistungen zu verlangen sind oder sogar weitergehende Instrumente zur Absicherung der unternehmerischen Verpflichtungen geschaffen werden können.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Dr. Hachen?