Protokoll der Sitzung vom 15.02.2017

Da ist es natürlich erfreulich, dass die Bereitschaft des Bundes vorhanden ist, seinen Finanzierungsanteil von einem Drittel auf 40 % anzuheben – völlig klar. Wenn aber die Landesregierung das Gesetz zur Ausführung des Unterhaltsvorschussgesetzes nicht umgehend ändert, hat das zur Folge, dass die nordrhein-westfälischen Kommunen 48 % und das Land lediglich 12 % der Gesamtaufwendungen zu tragen haben. Das ist auch mit Blick auf die Finanzkraft ein Ungleichgewicht, das wir nicht hinnehmen möchten.

(Vereinzelt Beifall von der FDP und der CDU)

Wenn Väter und Mütter ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen, dann ist das kein kommunales Problem, dann ist das kein reines Vor-Ort-Problem, sondern dann ist das ein gesamtgesellschaftliches Problem, ein Problem, das auch im Interesse der gesamten Gesellschaft zu lösen ist.

Vollmundig fordern die Fraktionen von SPD und Grünen in einer morgigen Debatte die Einhaltung des Konnexitätsprinzips. Wenn der Landkreistag in etwa von einer Verdoppelung der Zahlen ausgeht, wäre es nur folgerichtig, dass das Land den Anteil, den die Kommunen zu tragen haben, halbiert. Das wäre ein Signal, dass es auch die regierungstragenden Fraktionen ernst meinen mit der Konnexität und mit dem Antrag, den sie in die morgige Plenarsitzung einbringen.

(Vereinzelt Beifall von der FDP)

Ebenfalls hat es die Landesregierung in der Debatte versäumt, mit dem Bund, mit den anderen Ländern auf die Anerkennung des Vorrangs der Leistungen nach dem SGB II vor anderen Sozialleistungen zu drängen. Durch die neuen Differenzierungen, die jetzt bei den Altersgrenzen eingezogen werden sollen, wird es zu neuen Schwierigkeiten kommen. Das belastet zusätzlich die Kommunalverwaltung durch neue Prüfvorgänge gerade im Zusammenhang mit den sogenannten Aufstockern. Auch haben weiterhin die Betroffenen mehrere Verwaltungsvorgänge, Ansprechpartner und Behörden vor der Brust.

Es wäre besser, einheitliche Regelungen über die gesamte Lebensspanne bis zum 18. Lebensjahr zu vollziehen.

(Beifall von der FDP und Torsten Sommer [PIRATEN])

Ich hatte es gerade schon angesprochen: Der Landkreistag verweist in seinem Rundschreiben Nr. 56 aus dem Jahr 2017 aktuell noch einmal darauf, ergänzt und unterstreicht das, was wir schon in den letzten Debatten zum Unterhaltsvorschuss haben erkennen können. Der Landkreistag prognostiziert – ich zitiere –,

„dass die geplanten Änderungen auf Bundesebene auch bei den angedachten Modifikationen bei voller Jahreswirkung zu einer potenziellen

Verdoppelung der kommunalen Nettobelastungen führen werden. Auch der Personalaufwand wird sich … entsprechend entwickeln.“

Ich sage es noch einmal: Genau wegen dieser drohenden Verdoppelung wäre es richtig, wenn der kommunale Anteil hier in Nordrhein-Westfalen in einem ersten Schritt von 80 auf 40 % gesenkt wird. Dann hätten wir eine Chance, es für die Kommunen kostenneutral zu gestalten.

(Beifall von der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, um festzustellen, dass eine Doppelbürokratie vorliegt – darauf weisen Sie in Ihrem Antrag hin –, bedarf es unserer Meinung nach nicht einer neuen Kommission. Da reicht ein Blick in den Bericht des Bundesrechnungshofes aus dem Jahre 2012.

Positiv bewerten wir – das möchte ich an dieser Stelle noch sagen – die Forderung nach einer zentralen Zuständigkeit für die Geltendmachung der übergegangenen Ansprüche. Dadurch erhoffen wir uns auch eine höhere Quote zugunsten der Kommunen.

Es bleibt dabei: Der Großteil der Alleinerziehenden erfährt durch die verabredete Form leider keine Verbesserung.

Die Redezeit.

Das kann uns alle nicht zufriedenstellen. Wir sind darum gespannt auf die weiteren Diskussionen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Kämmerling.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alleinerziehende Elternteile leisten in unserem Land Großes. Alleinerziehende Elternteile leisten Größeres, als irgendwer hier in diesem Saal in der Lage wäre, in einem kurzen Wortbeitrag auch nur annähernd angemessen zu würdigen.

Wegen eben dieser Leistung Alleinerziehender bin ich Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig so dankbar dafür, dass sie jetzt Ungerechtigkeiten beseitigt, die längst hätten beseitigt werden müssen.

Die bisherige und gegriffene Höchstbezugsdauer für Unterhaltsvorschuss von 72 Monaten wird endlich aufgehoben.

Die Höchstaltersgrenze für den Bezug wird von zwölf Jahren auf 18 Jahre heraufgesetzt. Für alle Kinder bis zwölf Jahre spielt die Bezugsdauergrenze von 72

Monaten nun keine Rolle mehr. Allein hierdurch werden 46.000 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren im UVG-Bezug bleiben können.

Kinder, die nicht auf SGB-II-Bezug angewiesen sind oder deren alleinerziehender Elternteil in SGB-IIBezug ein eigenes Einkommen von mindestens 600 € brutto erzielt, haben im Alter von zwölf Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ebenfalls einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Hierdurch werden 75.000 Kinder erreicht; auch für die gibt es keine Höchstbezugsdauer mehr.

Die Jobcenter müssen zwar trotzdem eine Einkommensprüfung vornehmen, aber durch die grundsätzliche Herausnahme der SBG-II-Bezieher entfallen in großem Umfang Doppelprüfungen auf kommunaler Seite.

Gut ist auch, dass die Reform nicht, wie zunächst befürchtet, am 1. Januar 2017, sondern erst am 1. Juli 2017 in Kraft tritt. Denn klar ist: Auch die allerbeste Reform will gut vorbereitet sein. Das ist Politik den umsetzenden Stellen schon aus Respekt vor ihrer wichtigen Arbeit schuldig.

(Beifall von der SPD)

Zum Antrag der FDP: Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, bekommen es hin, auf anderthalb DIN-A4Seiten die Ausgangslage zu beschreiben und mit nicht einem Wort zu erwähnen, welche Entlastung diese Initiative von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig für Zigtausend Kinder ist.

(Beifall von der SPD)

Bei der CDU sieht es nicht viel besser aus. Auf ebenfalls anderthalb Seiten Sachverhaltsbeschreibungen schafft auch sie es, mit keinem Wort die segensreichen Auswirkungen dieser Reform zu erwähnen.

Ob man das in einem Antrag als Ausgangslage oder als Sachverhalt bezeichnet, spielt keine Rolle. Wenn ich mir vorstelle, dass sowohl bei der FDP als auch der CDU die Familienpolitiker in diese Anträge eingebunden waren, kann ich ableiten, welche Rolle in Ihren beiden Fraktionen Kinder in beschwerten Lebenssituationen drei Monate vor der Landtagswahl spielen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Wir werden gleich alle gemeinsam die vorliegenden Anträge in die Fachausschüsse überweisen. Ich nehme mal vorweg, es wird dabei bleiben, dass wir die Ausweitung der finanziellen Beteiligung des Bundes an den Mehrkosten alle gemeinsam begrüßen.

Trotzdem bleibt die Frage offen, welche konkreten Mehrbelastungen auf unser Bundesland und unsere Kommunen zukommen – eine Frage, die auch FDP und CDU in ihren Anträgen aufwerfen, obschon sie ganz genau wissen, dass die erste Lesung des Gesetzes im Deutschen Bundestag am 16. Februar

2017, also erst morgen, erfolgt. Danach kommen die zweite und die dritte Lesung. Hiernach muss das Gesetz nochmals durch den Bundesrat. Diese Beratungen sind seriöserweise abzuwarten, bis das Land sich gegenüber den Kommunen verhalten kann.

Heute stehen noch keine Zahlen fest, die konkrete Rückschlüsse für Land und Kommunen zuließen. Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere nicht nur gern Noten kniffelt, sondern vielleicht auch UVGZahlen. Wir aber, meine Damen und Herren, haben in diesem Land Verantwortung und machen uns deshalb ein solches Vorgehen auch bei UVG-Zahlen nicht zu eigen.

Der Überweisung der Anträge auf sinnvolle Termine und die passenden Fachausschüsse, wie vorgeschlagen, stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kämmerling. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Abel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn der von der Familie getrennte Vater nicht zahlt, standen bisher viele Mütter schlecht da; das gilt auch für Alleinerziehende insgesamt. Deshalb ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass es Bund und Ländern gelungen ist, sich auf einen Kompromiss zu einigen, den Streit beizulegen und sich auf eine Ersatzfinanzierung zu verständigen.

Es ist nur schwierig, am Ende herauszufinden – das muss ich auch auf meinen Vorredner beziehen –, wer die Mehrkosten zahlt, weil sich die Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes in sinnvolle Entlastungen der Großen Koalition im Sozial- und auch im Familienbereich einreiht, wobei aber nicht klar geregelt ist, wo und wie Kompensationen stattfinden. Es gibt jetzt einen Kompromiss, der, eingebettet in den Kompromiss zum Bund-Länder-Finanzgefüge, auch von uns mitgetragen und unterstützt wird. Von uns geht auch das klare Signal aus, meine Damen und Herren von CDU und FDP, dass wir die Kommunen nicht im Regen stehen lassen werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Aber ich finde, wenn Sie die Landesregierung auffordern, die Kommunen zu unterstützen und nicht alleinzulassen, gehört es zu Redlichkeit dieser Debatte, festzuhalten, dass wir seit 2010 ein GFG mit 7,6 Milliarden für die Kommunen hatten. Jetzt erhalten die Kommunen über das GFG 40 % mehr, also 10,6 Milliarden. Inzwischen geben wir im Landeshaushalt jeden dritten Euro für unsere Kommunen

aus. Das ist eine Steigerung von 70 % gegenüber 2010.

(Angela Freimuth [FDP]: Die Kommunen sind doch keine Bittsteller!)

Sie brauchen uns wirklich nicht daran zu erinnern, wie es um die Lage der Kommunen bestellt ist. Und Sie brauchen uns aufgrund der Wegstrecke, die wir mit konkreten Maßnahmen und konkreten Haushalten hinterlegt haben, auch nicht daran erinnern, dass bei Mehrbelastungen das Land gefordert ist.

(Zuruf von der CDU)

Aber die vom Bund geschätzten Mehrkosten sind anzuzweifeln. Eine Schätzung ist schwierig, weil es keine Daten gibt. Darauf haben verschiedene Vorredner hingewiesen. Selbst der Bund, der einen Gutachter beauftragt hat, um die Zahlen zu verifizieren – wie groß ist der neue Empfängerkreis, was kommt an Mehrkosten auf Länder und Kommunen zu? –, ist zu dem Ergebnis gekommen, das nicht verlässlich prognostizieren zu können. Von daher ist es für uns eine Blackbox.

Noch weniger lässt sich prognostizieren, in welchem Umfang die Kommunen auch bei Kindern ab zwölf Jahren dadurch, dass sie aus dem SGB-II-Bezug herauskommen, entlastet werden. Im Rahmen der Verhandlungen wurde eine Erhöhung des Finanzierungsanteils des Bundes erreicht. Eine Aussage zur künftigen Beteiligung, die Sie in Ihren Anträgen fordern, können wir aufgrund wegen der fehlenden Datengrundlage jetzt nicht verlässlich treffen.