Stefan Kämmerling

Sitzungen

16/8 16/11 16/14 16/17 16/31 16/40 16/42 16/43 16/57 16/58 16/60 16/62 16/73 16/97 16/120 16/123 16/129 16/130 16/134 16/136

Letzte Beiträge

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alleinerziehende Elternteile leisten in unserem Land Großes. Alleinerziehende Elternteile leisten Größeres, als irgendwer hier in diesem Saal in der Lage wäre, in einem kurzen Wortbeitrag auch nur annähernd angemessen zu würdigen.
Wegen eben dieser Leistung Alleinerziehender bin ich Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig so dankbar dafür, dass sie jetzt Ungerechtigkeiten beseitigt, die längst hätten beseitigt werden müssen.
Die bisherige und gegriffene Höchstbezugsdauer für Unterhaltsvorschuss von 72 Monaten wird endlich aufgehoben.
Die Höchstaltersgrenze für den Bezug wird von zwölf Jahren auf 18 Jahre heraufgesetzt. Für alle Kinder bis zwölf Jahre spielt die Bezugsdauergrenze von 72
Monaten nun keine Rolle mehr. Allein hierdurch werden 46.000 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren im UVG-Bezug bleiben können.
Kinder, die nicht auf SGB-II-Bezug angewiesen sind oder deren alleinerziehender Elternteil in SGB-IIBezug ein eigenes Einkommen von mindestens 600 € brutto erzielt, haben im Alter von zwölf Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ebenfalls einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Hierdurch werden 75.000 Kinder erreicht; auch für die gibt es keine Höchstbezugsdauer mehr.
Die Jobcenter müssen zwar trotzdem eine Einkommensprüfung vornehmen, aber durch die grundsätzliche Herausnahme der SBG-II-Bezieher entfallen in großem Umfang Doppelprüfungen auf kommunaler Seite.
Gut ist auch, dass die Reform nicht, wie zunächst befürchtet, am 1. Januar 2017, sondern erst am 1. Juli 2017 in Kraft tritt. Denn klar ist: Auch die allerbeste Reform will gut vorbereitet sein. Das ist Politik den umsetzenden Stellen schon aus Respekt vor ihrer wichtigen Arbeit schuldig.
Zum Antrag der FDP: Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, bekommen es hin, auf anderthalb DIN-A4Seiten die Ausgangslage zu beschreiben und mit nicht einem Wort zu erwähnen, welche Entlastung diese Initiative von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig für Zigtausend Kinder ist.
Bei der CDU sieht es nicht viel besser aus. Auf ebenfalls anderthalb Seiten Sachverhaltsbeschreibungen schafft auch sie es, mit keinem Wort die segensreichen Auswirkungen dieser Reform zu erwähnen.
Ob man das in einem Antrag als Ausgangslage oder als Sachverhalt bezeichnet, spielt keine Rolle. Wenn ich mir vorstelle, dass sowohl bei der FDP als auch der CDU die Familienpolitiker in diese Anträge eingebunden waren, kann ich ableiten, welche Rolle in Ihren beiden Fraktionen Kinder in beschwerten Lebenssituationen drei Monate vor der Landtagswahl spielen, meine Damen und Herren.
Wir werden gleich alle gemeinsam die vorliegenden Anträge in die Fachausschüsse überweisen. Ich nehme mal vorweg, es wird dabei bleiben, dass wir die Ausweitung der finanziellen Beteiligung des Bundes an den Mehrkosten alle gemeinsam begrüßen.
Trotzdem bleibt die Frage offen, welche konkreten Mehrbelastungen auf unser Bundesland und unsere Kommunen zukommen – eine Frage, die auch FDP und CDU in ihren Anträgen aufwerfen, obschon sie ganz genau wissen, dass die erste Lesung des Gesetzes im Deutschen Bundestag am 16. Februar
2017, also erst morgen, erfolgt. Danach kommen die zweite und die dritte Lesung. Hiernach muss das Gesetz nochmals durch den Bundesrat. Diese Beratungen sind seriöserweise abzuwarten, bis das Land sich gegenüber den Kommunen verhalten kann.
Heute stehen noch keine Zahlen fest, die konkrete Rückschlüsse für Land und Kommunen zuließen. Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere nicht nur gern Noten kniffelt, sondern vielleicht auch UVGZahlen. Wir aber, meine Damen und Herren, haben in diesem Land Verantwortung und machen uns deshalb ein solches Vorgehen auch bei UVG-Zahlen nicht zu eigen.
Der Überweisung der Anträge auf sinnvolle Termine und die passenden Fachausschüsse, wie vorgeschlagen, stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einmal ist keinmal, zweimal ist Tradition und dreimal ist Brauchtum. Träfe dieser rheinische Ausspruch auf die Wohnimmobilienkreditrichtlinie zu, hätten CDU und FDP in diesem Haus die Richtlinie heute in den Stand des Brauchtums erhoben.
Warum ist das so? In der Plenarsitzung vom 5. Oktober 2016 forderte die FDP Änderungen an der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, ohne dass von den Banken- und/oder Sparkassenverbänden auch nur irgendwelche Zahlen über veränderte Kreditvergaben vorgelegen hätten.
SPD und Grüne heilten diesen Schnellschuss und beschlossen einen Entschließungsantrag, in dem die Landesregierung aufgefordert wurde – ich zitiere –:
„Sich gegenüber der Bundesregierung … einzusetzen und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Wohnimmobilienkreditvergabe gänzlich im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher auszugestalten.“
Aber einmal ist keinmal, dachte sich die CDU und beantragte, in der Plenarsitzung vom 1. Dezember 2016 die Richtlinie erneut zu diskutieren. Auch der CDU lagen am 1. Dezember 2016 weder von Sparkassen noch von Banken Zahlen vor. Aber egal – Hauptsache, beschließen, war auch hier das Motto. Dass der Bundesminister der Justiz da schon längst versichert hatte, das Thema erneut anzupacken, spielte keine Rolle. Egal – Hauptsache, schon einmal im Landtag beschließen. Dass die Justizminister der Bundesländer das Thema da schon längst auf die Tagesordnung der Ministerarbeitssitzung gesetzt hatten, war auch egal – Hauptsache, noch einen Antrag schreiben.
Jetzt sind wir einen Monat weiter, und – meine Damen und Herren, Sie ahnen es – CDU und FDP thematisieren die Sache zum dritten Mal.
Im Oktober noch hatten sich die CDU zum FDPAntrag und die FDP zum CDU-Antrag enthalten. Im Dezember – da stellte nur die CDU einen Antrag – enthielt sich die FDP wieder. Im heutigen Antrag beider Fraktionen steht eigentlich nichts anderes als in allen Anträgen aus Oktober und Dezember, zu denen sich CDU und FDP wechselseitig enthalten hatten.
Aber, meine Damen und Herren – Hauptsache, noch ein Antrag, und diesmal zusammen.
Wir haben jetzt verteilt über drei Plenarsitzungen hier alle festgestellt, dass die Wohnimmobilienkreditrichtlinie den Zweck hat, Verbraucher zu schützen, jedoch erneut angepackt werden muss, da sie Defizite hat – Defizite insofern, als Verunsicherung bei Kreditinstituten besteht. Diese Verunsicherung ist aber nicht proportional verteilt. Einige Institute wenden die Richtlinie sehr konservativ interpretiert an; andere Institute sehen das lockerer. Von diesen Interpretationen müssen wir weg und müssen hin zu Klarheit. So weit besteht Einigkeit.
Diese Klarheit zu schaffen, hat – und da wiederhole ich mich jetzt einmal – der Bundesminister der Justiz längst zugesagt. Er ist das Thema längst angegangen.
Warum CDU und FDP heute erneut Bezug auf den längst überholten Länderantrag aus Baden-Württemberg, Hessen und Bayern nehmen, bleibt offen. Herr Kollege Wedel, Sie haben gerade auch schon überrascht; denn als Richter wissen Sie ja, dass man, bevor man über eine Sache urteilt, eine gute Faktenlage haben muss. Auf einer solchen basierte dieser Länderantrag eben nicht.
Der nun vorgelegte Regierungsentwurf tut das aber sehr wohl. Insbesondere berücksichtigt er zwei Klarstellungen. Erstens wird klargemacht, dass eine Wertsteigerung durch Baumaßnahmen oder Renovierung sehr wohl bei der Kreditwürdigkeitsprüfung berücksichtigt werden darf. Zweitens wird klargestellt, dass restriktive Bonitätsbeurteilungen bei sogenannten Immobilienverzehrkrediten eben keine Anwendung finden sollen.
Sie sehen also: Der Entschließungsantrag von SPD und Grünen hier im Haus vom Oktober 2016, das positive und seriöse Wirken des nordrhein-westfälischen Justizministeriums sowie schlussendlich das nunmehr erfolgte Handeln des Bundesministers der Justiz haben längst gewirkt. Die Bundesregierung löst das Problem nun also mittels Rechtsverordnung.
Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, sollten, bevor es allzu peinlich wird, auch Ihr Problem lösen und den hier eingebrachten Antrag zurückziehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema ist jetzt ein bisschen einfacher. Vielleicht wäre das etwas für Herrn Laschet gewesen, weil die Nummer eins offensichtlich nicht seine Kragenweite war.
Bundesweit schlummern 2 Milliarden € nach der Einschätzung des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums auf Bankkonten, deren Inhaber entweder verstorben sind oder aus einem anderen Grund keine Kenntnisse mehr von ihren Einlagen haben. Etwa 300 Millionen € von diesen 2 Milliarden €, so schätzt jedenfalls das Finanzministerium NRW, entfallen auf den Wirkungsbereich unseres Bundeslandes.
Bei den Konten, die unter die gerade von mir vorgetragene Einschätzung fallen, handelt es sich um solche, die über einen längeren Zeitraum umsatzlos sind. Gelingt es dem Kreditinstitut dann nicht mehr, den Kontakt zu ihrem Kunden aufzunehmen, spricht man von nachrichtenlosen Konten.
Wie kommt es überhaupt erst zu diesem Phänomen? Das hat unterschiedliche Gründe. Menschen geraten aus gesundheitlichen Gründen in Situationen, die ihnen nicht mehr erlauben, zu rekonstruieren, bei welcher Bank sie einst welches Konto unterhielten. Sind dann keine ordentlichen Bankunterlagen zu finden, haben Betreuer oder Verwandte es oftmals extrem schwer, Konten und dazugehörige Banken ausfindig zu machen.
Meine Damen und Herren, Menschen versterben und haben – so ist nun einmal das echte Leben – nicht zeitlebens alles perfekt und buchhalterisch organisiert und vorbereitet. In diesem Falle haben es Erben schwer, ein Vermögen des Erblassers zu ermitteln. Banken tun von sich aus das Ihre, die Inhaber nachrichtenloser Konten ausfindig zu machen und Gelder den rechtmäßigen Inhabern wieder zugänglich zu machen. Aber so wie Banken manchmal daran scheitern, den Kontakt zu ihren Kunden zu finden, so scheitern Betreuer und Erben ebenso oft.
Die bisherigen Regelungen zu nachrichtenlosen Konten empfinde ich als unzureichend und uneinheitlich und sie schaffen auch keine Transparenz. Guthaben in Höhe von bundesweit – wie bereits erwähnt – 2 Milliarden € werden dem Wirtschaftskreislauf entzogen, Wertschöpfung wird damit verhindert und Gerechtigkeit beschädigt.
Das wollen wir ändern, meine Damen und Herren. Wir wollen die Einführung einer klaren zeitlichen Definition, ab wann ein Konto als nachrichtenlos gilt. Wir wollen eine niedrigschwellige Abfragemöglichkeit für Kundenbetreuer und Erben schaffen. Diese muss das Bankgeheimnis wahren und eine gewinnwirtschaftliche Auswertung von Daten ausschließen.
Können Kreditinstitute auch nach vertretbarem Aufwand Kunden nicht ermitteln, soll eine Meldung an die Nachlassgerichte erfolgen. Da ist wichtig: Diese Meldung soll nicht erst erfolgen, wenn die Bank den Tod festgestellt hat, sondern das Problem ist ja, dass wir über viele Jahre umsatzlose Konten haben und der Kontakt abgerissen ist. Das heißt, wir brauchen eine Regelung, die sicherstellt, dass dann, wenn die Bank merkt, dass da irgendetwas nicht mehr in Ordnung ist, der Kunde sich nicht meldet, eine Meldung erfolgt und nicht – wie bereits gesetzlich vorgeschrieben – erst dann, wenn der Tod festgestellt wird, an das Nachlassgericht bzw. über den Schritt davor an das Standesamt zu melden ist.
Wir wollen außerdem, meine Damen und Herren, nach Schweizer Vorbild ein zentrales Register, in
welches Banken Daten zu nachrichtenlosen Konten einpflegen müssen.
Auf dem Weg zu diesen Zielen wollen wir die Banken und Sparkassenverbände ausdrücklich mitnehmen.
Dieser Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann das Land ein Stückchen gerechter machen. Deswegen bitte ich Sie herzlich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Warum besteht beim Unterhaltsvorschussgesetz eigentlich ein Änderungsbedarf? In der Bundesrepublik gibt es 1,9 Millionen alleinerziehende Eltern mit etwa 2,3 Millionen Kindern. 90 % der Alleinerziehenden sind Mütter. Die Leistung von Alleinerziehenden für ihre Kinder und für unsere Gesellschaft ist enorm. Sie verdient unseren Respekt und unser Gehör.
Obschon oftmals gut ausgebildet und erwerbstätig, liegt ihr Armutsrisiko und das ihrer Kinder weit über dem von Paarfamilien. Ganz oft arbeiten diese Elternteile in Teilzeit, um ihre Kinderbetreuung und den Broterwerb unter einen Hut zu bringen. Die Situation verschärft sich, wenn ein Elternteil keinen Unterhalt zahlt. In Deutschland gilt das für sage und schreibe rund 50 % der Fälle.
Bis heute ist es so, dass Kinder nur bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres einen Anspruch auf
Unterhaltsvorschuss haben. Dieser Unterhaltsvorschuss ist auf maximal 72 Monate begrenzt. Beide Grenzen sind willkürlich, und ich sage ganz klar: Sie gehören abgeschafft, meine Damen und Herren!
Genau hier setzt der Gesetzentwurf von Frau Ministerin Schwesig an, zu dem ich zusammengefasst sagen will: Danke für eine Initiative, die das Potenzial hat, die Chancen von Alleinerziehenden und deren Kindern endlich ein Stückchen gerechter zu gestalten. Die Einführung zum 1. Januar 2017 – das haben unsere Gespräche mit Vertretern der kommunalen Familie und der Spitzenverbände gezeigt – ist jedoch überambitioniert. Weder angepasste Verwaltungsabläufe noch ein notwendiger Personalaufwuchs lassen sich in der verbleibenden Zeit darstellen.
Zum Zeitplan und zur Finanzierung überhaupt. Die beiden hier heute vorgelegten Anträge von CDU und FDP bewundern zwar das Problem, lösen es aber auch nicht. Einige Aspekte der Rede von Herrn Höne, was die Verantwortung des Bundes betrifft, teile ich allerdings ganz ausdrücklich.
Wollen wir die Sache weiter gemeinsam seriös diskutieren – und ich unterstelle, dass wir alle das wollen –, dann müssen wir einen weiteren Player ins Auge fassen, nämlich den Bundesminister der Finanzen. Derzeit trägt der Bund 33,3 %, und die Länder tragen 66,6 % der Kosten. Rund 87 % der unterhaltsvorschussberechtigten Kinder leben aber in Bedarfsgemeinschaften mit SGB-II-Anspruch.
Was bedeutet das in der Praxis? Die Familie geht zum Jobcenter und beantragt SGB-II-Leistungen. Das Jobcenter kann dann gar nicht anders: Es verweist auf die Vorrangigkeit des Unterhaltsvorschusses und schickt die Familie zur Kommune. Die Kommune bewilligt Unterhaltsvorschuss, überweist den Betrag ans Jobcenter, und dieses sackt den Unterhaltsvorschuss ein, vermindert die SGB-II-Zahlung um diesen Betrag und zahlt dann an die Familie aus. Wird der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss also ausgeweitet, profitiert der Bund aufgrund der Vorrangigkeit vor den SGB-II-Leistungen, und die Länder und ihre Kommunen sind die Blöden.
Seriöse Schätzungen gehen von einer Einsparung im Bundeshaushalt von rund 700 Millionen € aus. Der Bund selber kalkuliert die Mehrkosten für die Länder auf 790 Millionen €. Einige Länder, die selber gerechnet haben, kalkulieren die Mehrkosten auf Länderseite mit 1,2 bis 1,6 Milliarden €. Für die Kommunen in NRW sind alleine im Personalbereich Mehrkosten von rund 40 Millionen € zu befürchten.
Wir können darum nur gemeinsam hoffen, dass die Position des christdemokratisch geführten Bundesministeriums für Finanzen nicht abschließend ist.
Das Land und Nordrhein-Westfalens kommunale Familie dürfen nicht Opfer des Spardiktats von Herrn Schäuble werden.
Lassen Sie uns bitte gemeinsam dafür einsetzen, dass dieser diskutierte und sinnvolle Gesetzentwurf und die Familien, für die er gemacht wurde, nicht das Opfer einer restriktiven bundespolitischen Sparpolitik von vorgestern werden! Ich setze auf die Ministerpräsidentenkonferenz am 8. Dezember 2016 und darauf, dass im Bundesfinanzministerium die Einsicht einkehrt, dass dieses so sinnvolle Vorhaben unserer Bundesfamilienministerin nicht umsonst zu haben ist. Wir alle gemeinsam sind das den Alleinerziehenden, ihren Kindern und deren Leistungen schuldig. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Minister Lersch-Mense, Sie haben gerade die Frage beantwortet, ob Mitglieder der Landesregierung Reden oder Vorträge gegen Entgelt halten, und Sie haben das verneint.
Wie ordnen Sie vor diesem Hintergrund die Tatsache ein und beurteilen sie diese, dass der Kollege Christian Lindner das anders handhabt und ausweislich der Internetpräsenz dieses Hauses im Jahr 2015 für Vorträge und Reden einen Betrag größer 64.000 € sowie im Jahr 2016 bis zum November einen Betrag von größer 78.000 € erhalten hat?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Stein, was im Vergleich zum letzten Monat, als wir das Thema bereits
auf der Tagesordnung hatten, jetzt neu sein soll, habe ich nicht ganz verstanden; aber sei es drum.
In der Plenarsitzung am 5. Oktober 2016 hatte die Fraktion der FDP einen Antrag zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie eingebracht. Die Koalitionsfraktionen und die CDU brachten in Reaktion hierauf Entschließungsanträge ein. Beschlossen wurde ein Entschließungsantrag mit folgenden Kernpunkten:
Erstens. Die Grundintention der Richtlinie ist richtig; denn Verbraucherinnen und Verbraucher sollen vor Überschuldung geschützt werden.
Zweitens. Die konkrete Umsetzung führt in verschiedenen Fällen, welche dem Verbraucherschutz nicht dienlich sind, zur Erschwerung von Kreditvergaben.
Drittens. Die Landesregierung wurde aufgefordert, den Markt zu beobachten und dem Landtag regelmäßig Bericht zu erstatten.
Viertens. Wir haben die Landesregierung aufgefordert, sich der Bundesregierung gegenüber mit Bezug auf die Richtlinie ganz im Sinne des Verbraucherschutzes einzubringen.
Den Antragstellern, also den Kollegen der CDU, will ich ausdrücklich zugestehen, dass es in der Praxis durchaus Probleme bei der Umsetzung der Richtlinie gibt. Das hat im Übrigen auch schon vor einem Monat niemand abgestritten.
Soviel ich weiß, hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz jedoch bereits im Sommer die Banken- und Sparkassenverbände um valide Zahlen zu den Auswirkungen bei Kreditvergaben gebeten. Bis heute ist, nach meiner Kenntnis, von diesen nichts dergleichen geliefert worden. Das wiederum will ich den Verbänden überhaupt nicht zum Vorwurf machen, doch es kann nicht unser Anspruch sein, auf der Basis von Hörensagen zu agieren. Wer gut entscheiden will, braucht für seine Entscheidungen auch gute Grundlagen und eine gute Datenlage. Exakt die hatten wir aber weder vor einem Monat, noch haben wir sie heute.
Herr Stein, in Ihrer Rede, die Sie gerade zu Ihrem Antrag gehalten haben, haben Sie geäußert, dass Sie Kenntnis darüber hätten, dass Kreditvergaben in der Bundesrepublik Deutschland seit der Einführung der Kreditrichtlinie – der Verbraucherschutzrichtlinie – drastisch zurückgegangen seien. Mich würde die Quelle dieses Zitates interessieren, denn die Banken- und Sparkassenverbände sind jedenfalls bis zum heutigen Tag nicht dazu in der Lage, eine solche Aussage zu treffen. Deswegen interessiert mich, wie Sie im Gegensatz zu diesen dazu in der Lage sind.
Grundsätzlich ist es natürlich immer eine gute Idee, mit Beteiligten zu sprechen. Das habe ich auch gemacht. Ich habe mal mit Sparkassen und Banken darüber gesprochen und habe mir bei denen ein Bild gemacht. Sich aber aus ein paar Erkenntnissen von
Sparkassen und Banken ein Bild zu machen, ersetzt nicht, valide statistische Zahlen für eine gute Entscheidung zu haben.
Aber sei‘s drum. Wie lauten jetzt die nächsten Schritte?
Erstens. Daten werden gesammelt, und das ist wichtig.
Zweitens. Die Justizminister der Länder haben das Thema bei ihrer nächsten Ministerarbeitssitzung auf der Agenda.
Drittens. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird das Gesetz noch mal anpacken. Das ist zwischen unserer letzten Plenarsitzung und der heutigen von diesem angekündigt worden.
Auf diese Weise, meine Damen und Herren, geht man seriös mit diesem Thema um. So, wie Ihr Antrag das hier vorsieht, wäre es nicht seriös. Von daher gehe ich davon aus, dass Ihr Schnellschuss gleich mit breiter Mehrheit abgelehnt werden wird. – Vielen Dank.
Ich habe mich schon gefragt, wie ich meine Rede in fünf Minuten halten soll, aber jetzt habe ich sechs Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie wurde vom Deutschen Bundestag beschlossen, setzt EU-Recht um und ist, wenn auch nicht in jedem Detail, zu begrüßen.
Wir können das Ziel mit dem Satz zusammenfassen: Die Immobilienkreditvergabe soll nachhaltiger gestaltet, und das Niveau des Verbraucherschutzes soll erhöht werden.
Wie sieht das im Detail aus? – Die nachhaltige Bedienbarkeit eines Darlehens spielt jetzt eine wesentlich bedeutendere Rolle als zuvor. Die Bedeutung der grundbuchlichen Besicherung nimmt aber sozusagen im gleichen Maße ab. Vermittler von Wohnimmobilienkrediten müssen jetzt fundierte Sachkenntnisse nachweisen. Sogenannte Kopplungsgeschäfte werden erschwert etc. Das alles hört sich gut an und ist auch gut gemeint. Aber wie so oft im Leben kommt die Praxis dazwischen.
Bevor ich zu den Problemen mit der Richtlinie in der Praxis komme, frage ich: Wie vergeben Deutschlands Banken eigentlich bisher Immobilienfinanzierungen? Für seriöse Banker in Deutschland gelten drei unumstößliche Voraussetzungen für die Kreditvergabe. Erstens: Bedienbarkeit. Zweitens: Bedienbarkeit. Und drittens: Bedienbarkeit. Banken verdienen nämlich an Krediten nur dann, wenn sie ihr Geld auch wiedersehen. Deshalb sind sie selbstverständlich seit eh und je darum bemüht, die Bedienbarkeit von Darlehen kritisch zu prüfen. Alles andere ergibt keinen Sinn.
Ich will durchaus auch eine Lanze für das gute alte Prinzip einer ordentlichen grundbuchlichen Besicherung brechen. In Deutschland – damit befindet es sich in krassem Gegensatz zu dem, was in dem einen oder anderen Mitgliedstaat der EU gang und gäbe ist – hat man gute Erfahrungen damit gemacht, bei einer Kreditentscheidung sehr wohl auch auf den Beleihungsauslauf eines Kreditengagements abzustellen. Das ist alles andere als Teufelszeug.
Jetzt aber zu den Praxisproblemen der Richtlinie: Ich will ein erstes Beispiel anführen. Nennt ein junges Ehepaar im Kundengespräch etwa einen Kinderwunsch, ist der Berater jetzt gesetzlich verpflichtet, eine potenzielle Einkommensverringerung nach der potenziellen Niederkunft zu dokumentieren und zu berechnen. Das hört sich nicht so schlimm an, senkt aber innerhalb der Logik der Richtlinie den Scorewert für die Kreditvergabe so weit ab, dass einige junge Familien jetzt ein echtes Problem bekommen können.
Das, meine Damen und Herren, kann nicht richtig sein.
Ein zweites Beispiel: Will ein Kunde im fortgeschrittenen Lebensalter sein Objekt barrierefrei umbauen und ein vom Wert der Immobilie in allerhöchstem Maße gedecktes Darlehen aufnehmen, führt die Richtlinie ins Feld, dass die Rückführung des Darle
hens eventuell nicht mehr erlebt wird, und lässt unberücksichtigt, dass mit der Modernisierung Werte geschaffen werden.
Das ist schlicht und ergreifend Altersdiskriminierung. In der Praxis kommt es zu zahlreichen weiteren Hemmnissen, die nicht gewollt sein können.
Ich muss Ihnen sagen, dass mich verunsichert, dass Herr Witzel während meiner Rede mehrfach „So ist es“ sagt. Das bin ich nicht gewohnt. Deswegen muss ich leider jetzt meine Trumpfkarte ziehen.
Meine Damen und Herren, es gibt eine Veröffentlichung des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken sowie des Bundesverbandes deutscher Banken, die heute, wenige Minuten vor dem Beginn unserer Debatte, Herr Pörner, Geschäftsführer des Bankenverbandes NRW übersandt hat. Er stellt dar, dass die beiden gerade genannten Verbände keine Rückgänge bei ihren Kreditvergaben verzeichnen, wohingegen das der Bundesverband Öffentlicher Banken wie auch der DSGV anders sehen.
Letztere setzen sich jetzt dafür ein, dass das Gesetz geändert wird. Erstere setzen sich dafür ein, dass das Ganze mit einem Rundschreiben der BaFin erledigt wird.
Das sind, meine Damen und Herren – Herr Witzel, da werden Sie mir zustimmen müssen –, sehr unterschiedliche Herangehensweisen, das mit einem Rundschreiben zu machen oder ans Gesetz heranzugehen.
Deswegen habe ich die herzliche Bitte: Lassen Sie uns jetzt keine Schnellschüsse machen, die der Sache nicht dienlich sind. Wenn sich die vier Bankenverbände nicht einig sind, sollten wir es nicht noch besser wissen als sie.
Daher plädiere ich dafür, heute die Landesregierung aufzufordern, den Markt zu beobachten und in den Ausschüssen in den kommenden Monaten Bericht zu erstatten. Dann können wir mit den Erkenntnissen der vier eben genannten Verbände und mit dem, was uns die Landesregierung zur Kenntnis geben wird, gemeinsam beraten, um keinen Schnellschuss zu machen, sondern etwas, was der Sache wirklich dienlich ist. Dann können wir auf Basis einer seriösen Datenlage entsprechende Beschlüsse fassen.
Deswegen werbe ich in diesem Sinne für Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag. – Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren! Wenn Herr Kollege Witzel Herrn Kollegen Schulz bei einer solchen Rede Applaus spendet, droht Ungemach. Da läuten alle Alarmglocken.
Meine Damen und Herren, der Antrag der Piraten hat zum Ziel, Umgehungstatbestände bei der Grunderwerbsteuerpflicht zu verhindern. Das Ziel ist gut, und darum haben wir das, was hier heute vorgelegt wird, auch schon lange beschlossen. Allein die Umsetzung ist nicht ganz so einfach, wie Sie, lieber Herr Schulz, das hier gerade dargestellt haben. Deshalb geht das auch nicht von heute auf morgen. Ich will einmal ausführen, warum ich das so sehe.
Warum sind Share-Deals in Abgrenzung zu AssetDeals eigentlich steuerlich begünstigt? Beim ShareDeal – und das führt der vorliegende Antrag korrekt aus – werden Anteile eines Unternehmens erworben. Kauft ein Investor Anteile eines Unternehmens, zu dessen Vermögen eine Immobilie gehört, beherrscht der Unternehmenskauf das Rechtsgeschäft und nicht etwa der Immobilienkauf, der sozusagen
mit dem beherrschenden Geschäft einhergeht. Hier hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass dann keine Grunderwerbsteuer ausgelöst wird.
In der Sachverhaltsbeschreibung zum Antrag der Piraten liest sich das jetzt so, als seien Share-Deals ein Konstrukt, das ausschließlich der Vermeidung von Grunderwerbsteuer dienen würde. So einfach ist das aber nicht.
Es kommt durchaus vor, dass ein Investor Anteile eines Unternehmens erwirbt, das Immobilien besitzt, und dabei nicht die Umgehung von Grunderwerbsteuer zum Ziel hat, sondern tatsächlich die eigentliche Unternehmensbeteiligung. Auch diese Investoren mit ihren völlig legitimen Investitionsentscheidungen muss man berücksichtigen. Genau das macht die Sache kompliziert und führt auch dazu, dass gut überlegt sein will, wie man derer habhaft wird, die mit Share-Deals tatsächlich nur die Grunderwerbsteuer umgehen wollen.
Es dürfte doch hier im Haus mehrheitsfähig sein, dass kleine, steuertreue Erwerber und Bauherren nicht die Dummen sein sollen, während Großinvestoren Immobilien von links nach rechts schieben und mit einer Systematik die Grunderwerbsteuer umgehen, die für sie schlicht und ergreifend nicht gedacht ist.
Ich denke – und das zeigt auch der vorliegende Antrag –, dass alle hier im Haus solche Umgehungstatbestände eliminieren wollen. Bei Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen ist das jedenfalls der Fall, und darum haben wir das im Dezember 2014 auch hier mit einem Entschließungsantrag sehr deutlich gemacht.
Im Entschließungsantrag von SPD und Grünen aus 2014 wird die Landesregierung aufgefordert, dem Bund gegenüber die Initiative zu ergreifen, damit Umgehungstatbestände bei der Grunderwerbsteuerpflicht durch Share-Deals verhindert werden. Und diese Landesregierung ist tätig geworden: Am 8. September 2016 hat die Finanzministerkonferenz die Einrichtung einer Arbeitsgruppe beschlossen. Federführend sind Hessen und Nordrhein-Westfalen.
Es gibt also zwei gute Gründe, warum es entbehrlich ist, die Landesregierung heute nochmals im Sinne des vorliegenden Antrages aufzufordern: erstens, weil die Koalition das unlängst mittels Entschließungsantrag im Dezember 2014 getan hat, und zweitens, weil die Landesregierung längst tätig geworden ist und die Arbeitsgruppe unter NRW-Beteiligung existiert und eingerichtet ist.
Jetzt will ich noch zum Entschließungsantrag der Kollegen der CDU kommen.
Von wem?
Das wäre mir eine Freude.
Ich bin wahrscheinlich mit Ihnen einer Meinung, dass Bundesratsinitiativen gut vorbereitet sein wollen. Dafür sind Arbeitsgruppen ein hervorragendes Mittel. Das gilt erst recht dann, wenn wir beide der Meinung sind, dass wir hier kein einfaches Konstrukt vor uns haben und dass man diese 95-%-Grenze nicht einfach so herabsetzen kann – zum Beispiel auf die vorgeschlagenen 75 % –, ohne sich gut vorzubereiten; denn das löst neue Konstrukte aus, die zum Beispiel vor dem Hintergrund von EU-Recht ein Problem darstellen. Wenn Sie eine bestimmte, neue Steuer einführen wollen, können Sie das als einzelner Mitgliedstaat nicht alleine tun.
Eine komplexe Situation also! Die Bundesratsinitiative werden wir vielleicht noch sehen, aber wenn sie denn kommt, will sie gut vorbereitet sein. Und dass man sich mit anderen Ländern zusammensetzt, scheint mir ein gutes Instrument zu sein.
Zum Entschließungsantrag der CDU, der heute Mittag auf den Tisch gekommen ist! Die These, die hier aufgestellt wird lautet: In NRW ist die Grunderwerbsteuer erhöht worden, und damit werden jetzt ShareDeals provoziert. – Fakt ist, es hat auch vor 2015 und vor 2011 Share-Deals gegeben. Fakt ist auch, wo es legale Möglichkeiten zur Umgehung von Steuern gibt, wird sich jemand finden, der sie nutzt. Genau deshalb müssen wir da ran.
Share-Deals gibt es aber auch in anderen Bundesländern mit geringerem Grunderwerbsteuersatz, und das zeigt, die Steuerung von Share-Deals über den Grunderwerbsteuersatz wird das Problem nicht lö
sen. Messbar runtergegangen sind Share-Deals hingegen, als die 95-%-Grenze eingeführt wurde. Der einzig denkbare Ansatz scheint daher im Moment zu sein, diese Grenze weiter abzusenken.
Sie sagen, NRW soll sich einer hessischen Initiative anschließen. Das brauchen Sie nicht zu fordern, sondern NRW und Hessen sind bereits gemeinsam federführend in der von der Finanzministerkonferenz eingesetzten Arbeitsgruppe, über die Herr Schulz und ich gerade gesprochen haben.
Sie äußern sich in Ihrem Entschließungsantrag auch nicht zur Absenkung einer Grenze, Sie stellen lediglich auf den Punkt „Grunderwerbsteuer“ ab. Ich glaube, damit ist das Problem nicht wirklich angegangen.
Kurzum: Der Beschlussteil des Antrags der Piraten ist ganz in Ordnung, hat sich aber durch das Handeln der Landesregierung wie aber auch durch unseren damaligen Antrag bereits erledigt. Und die CDU geht mit ihrem Entschließungsantrag spektakulär am Thema vorbei, sodass auch das nicht zustimmungsfähig ist. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Optendrenk, das mit dem Original und der Lightversion müssen wir hier ein bisschen aufarbeiten. Sie hatten selbstverständlich auch die Gelegenheit, mit uns gemeinsam einen Antrag zu verfassen.
Sie haben in Ihren Ausführungen die Sparkassen in den Vordergrund gestellt
und die Genossenschaftsbanken. Das finde ich grundsätzlich sehr gut und widerspricht auch Ihrem sonstigen Gebaren in diesem Haus in den vergangenen Jahren.
Wenn Sie aber die Sicherungssysteme von Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Ihrer Argumentation so in den Vordergrund stellen, hätte ich, wenn Sie Ihre Version des Antrags als Original betrachten, das auch mal in den Beschlussteil geschrieben. Wenn Sie hineinschauen, sehen Sie, dass das allenfalls in der Sachverhaltsdarstellung zu finden ist. In Ihrem Beschlussteil steht von Genossenschaftsbanken und Sparkassen kein Wort.
Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat sich schon mehrfach mit dem wichtigen Thema der Einlagensicherung in Deutschland und Europa befasst. Das war auch richtig so.
Nach meiner Wahrnehmung ist es das Ziel aller in diesem Raum vertretenen Akteure, Sparerinnen und Sparer mit ihren Einlagen zu schützen und unkontrollierbare Kettenreaktionen zu verhindern.
Auch die Europäische Kommission war nicht untätig. Sie hat im November ein Modell vorgelegt, das eine europäische Vergemeinschaftung der Einlagensicherungssysteme zum Inhalt hat. Das Modell sieht vor, bis 2024 zu einem einheitlichen
Schutzsystem für europäische Sparerinnen und Sparer aufzuwachsen. Bei Schieflage einer Bank sind zunächst die Eigentümer und dann die Gläubiger in der Haftung; erst danach haftet der Abwicklungsfonds.
Das Ansinnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Einlagen zu schützen, ist grundsätzlich richtig, so richtig, wie es auch die Errichtung der Bankenunion war. Richtig ist es unter anderem auch deswegen, weil Bankgeschäfte bekanntlich nicht an Ländergrenzen haltmachen. Da das so ist, ist es sinnvoll, dass auch Instrumente der Bankenaufsicht nicht an Ländergrenzen haltmachen.
Aus deutscher und nordrhein-westfälischer Sicht gilt aber festzuhalten: Deutschland hat mit Blick auf den bereits existenten europäischen Abwicklungsmechanismus seine Hausaufgaben gemacht. Für zahlreiche weitere Mitgliedsländer – das haben Sie völlig richtig ausgeführt – der Europäischen Union gilt das nicht, obwohl die Frist für die nationale Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie bereits im Sommer verstrichen ist.
Die einheitliche Aufsicht durch die Europäische Zentralbank funktioniert. Die europäische Lösung einer Einlagensicherung funktioniert nicht. Dass die Kommission das jetzt per Verordnung heilen will, schafft kein Vertrauen und ist schon deswegen zu kritisieren, weil der Verordnungsvorschlag der Kommission das unwidersprochen leistungsfähige deutsche Dreisäulenmodell in seiner Struktur gefährdet.
Dass insbesondere die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken zusätzlich zu gesetzlichen Vorschriften auch noch hochleistungsfähige eigene Sicherungssysteme unterhalten, darf nicht bestraft werden, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern gehört doch vielmehr sogar honoriert.
Lassen Sie uns darum bitte gemeinsam dafür einsetzen, dass alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union jetzt endlich die 2013 beschlossene Einlagensicherungsrichtlinie umsetzen. Lassen Sie uns bitte gemeinsam dafür starkmachen, dass durch ei
ne europäische Lösung das bewiesen erfolgreiche Dreisäulenmodell in Deutschland nicht bestraft wird. Um es klar zu sagen: Eine verordnete Sicherungssystematik wie jetzt von der Kommission vorgelegt, auch wenn sie als Rückversicherung ausgestaltet ist, machen wir nicht mit, wenn dadurch das Risiko der Inanspruchnahme deutscher Spareinlagen
steigt.
Der Verordnungsvorschlag der Kommission findet deshalb nicht unsere Zustimmung. Jede Lösung, die die besondere Wertigkeit der funktionierenden Sicherungssysteme unserer Sparkassen und Genossenschaftsbanken außer Acht lässt, ist eine schlechte Lösung und findet nicht unsere Zustimmung.
Das, verehrte Damen und Herren, darf aber nicht auslösen, dass wir deshalb jedes europäische Einlagensicherungssystem reflexartig ablehnen. Dem trägt unser Entschließungsantrag in geeigneter Weise Rechnung. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Damit sich die Finanzmarktkrise, wie sie rund um das Jahr 2007 stattgefunden hat, die auch eine Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise auslöste, nicht wiederholt, wurde die Europäische Bankenunion vereinbart. Dergestalte Krisen sollen zukünftig vermieden und systemrelevante Banken ohne Belastung für die Steuerzahler abgewickelt werden können.
Das hört sich gut an, ist es auch. Aber wie macht man das? Man zieht Europas Banken zur Zahlung von Beiträgen heran, aus welchen ein Bankenabwicklungsfonds errichtet wird. Für die Höhe der zu entrichtenden Beiträge gibt es Regeln. In der Hauptsache ist die Größe des Institutes relevant.
Das hört sich fair an, wäre es auch, hätten denn alle Institute dasselbe Geschäftsmodell. Das haben sie aber nicht.
Besteht ein Geschäftsmodell darin, sich Kapital für Herauslagen über die Hereinnahme zum Beispiel von gedeckten Einlagen zu besorgen, dann sinkt der Beitrag an den Abwicklungsfonds. Das ist auch gut und logisch, denn die Hinterlegung mit Einlagen senkt das Risiko, in Schieflage zu geraten. Gut und logisch ist auch, dass die Bemessungsgrundlage sinkt, wenn ein Institut in einem Haftungsfonds organisiert ist, und zwar weil auch horizontale Solidarmodelle selbstverständlich Schieflagen abfedern.
Gut und logisch ist es aber nicht, wenn die EUKommission ignoriert, dass es eben nicht nur ein einziges funktionierendes und angebrachtes Geschäftsmodell und nicht nur ein einziges funktionierendes Haftungsmodell gibt.
Da bin ich bei der NRW.BANK. Sie hat schlicht nicht die Aufgabe, Einlagen zu sammeln, sondern sie erfüllt im Wettbewerb klar begrenzt einen Förderauftrag, der nun einmal nichts mit Einlagen zu tun hat. Darum: Abzugsmöglichkeiten im Rahmen eines Haftungsfonds? – Fehlanzeige.
Die NRW.BANK kann sich auch nicht anrechnen, dass sie in einem Haftungsfonds organisiert wäre. Der wäre auch gar nicht angezeigt, weil für unsere landeseigene Förderbank die Anstaltslast und die Gewährträgerhaftung gelten. Zudem gibt es weitgehende Refinanzierungsgarantien des Landes. Abzugsmöglichkeit im Rahmen des Haftungsfonds? – Wiederum Fehlanzeige.
Jetzt komme ich dazu, wer eigentlich die Schuld daran trägt, dass wir jetzt überhaupt einen Bankenabwicklungsfonds brauchen, beziehungsweise wer nicht.
Die Förderbanken tragen jedenfalls keine Schuld an der Finanzmarktkrise. Sie waren vielmehr sogar ein Anker der Stabilität in stürmischsten Zeiten. Sie haben sich bewährt, so wie sie sind. Sie erfüllen einen für unser System ausgesprochen wichtigen Förderauftrag, und sie sind durch ihre Haftungsausstattung auch in der Zukunft ein Fels in der Brandung und mit Sicherheit nicht der Auslöser eines Sturmes. Sie dafür jetzt auch noch zu bestrafen, ist schlichtweg absurd.
Kurzum: Will die EU-Kommission die NRW.BANK wie vorgesehen schröpfen, macht das pro Jahr 40 Millionen €, die für Fördermaßnahmen fehlen und die den Bürgerinnen und Bürgern in NordrheinWestfalen schlicht und ergreifend weggenommen werden.
Um einmal die Dimension zu erfassen: Der Betrag von 40 Millionen € entspricht in etwa dem Betrag, den die NRW.BANK für Zinsverbilligungen ihrer Förderkredite pro Jahr aufwendet.
Wir, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, halten diese Übervorteilung der NRW.BANK für sachlich nicht geboten und treten für eine Gleichbehandlung mit der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau ein.
Gerne.
Herzlichen Dank für die Frage. –
Ich fahre mit meinem Vortrag fort.
Mit der Gleichbehandlung mit der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau habe ich gerade geschlossen.
Für diese ist es der Bundesregierung gelungen, sie von der Regelung auszunehmen. Exakt das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wünschen wir uns auch für die Förderbank der Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens. Deswegen bitte ich Sie ganz herzlich, das mitzutragen. Wie weise dieser Antrag ist, zeigt auch schon, dass ihn vier Fraktionen einbringen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 17. Oktober 2013 haben Sie, die Fraktion der Piraten, Ihren Gesetzentwurf
eingebracht. Seitdem haben wir Ihr Anliegen im Haushalts- und Finanzausschuss und im Ausschuss für Kommunalpolitik beraten. Wir hatten zwischenzeitlich eine Anhörung und in beiden Ausschüssen die entsprechende Auswertung.
Jetzt kommen wir achteinhalb Monate nach Einbringung des Gesetzentwurfs der Piraten wieder im Plenum zusammen – und die Antragsteller wollen immer noch das bestens funktionierende Sparkassengesetz ändern. Ich will Ihnen klar sagen, meine Damen und Herren: In diesen achteinhalb Monaten ist nichts geschehen, was mir Ihr Anliegen notwendiger erscheinen ließe, als es im Oktober vergangenen Jahres bereits der Fall war. Ich will Ihnen gerne begründen, warum ich das so sehe.
Ich bin weiterhin der Meinung, dass beim vorliegenden Diskussionsgegenstand der Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“ Anwendung findet. Ausreichend diskutiert haben wir Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 Grundgesetz, demgemäß die Gesetzgebungskompetenz gegenüber Kreditinstituten dem Bundesgesetzgeber obliegt. Auch über die Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse von Bund und Ländern gemäß Art. 72 Abs. 2 Grundgesetz haben wir uns bereits auseinandergesetzt. Unstrittig ist, dass der Bund mit § 285 Nr. 9 HGB genau hiervon Gebrauch macht.
In der Tat hat ein Sachverständiger in der Anhörung keine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz gesehen. Ein anderer hat in derselben Anhörung aber die gegenteilige Auffassung vertreten. Meine Bedenken, Herr Kollege Schulz, dass wir als Landesgesetzgeber das von Ihnen Geforderte gar nicht regeln dürfen, sind jedenfalls schlicht und ergreifend nicht ausgeräumt.
Lassen Sie uns aber nicht ausschließlich betrachten, ob wir das nun regeln dürfen oder aber nicht. Wenn wir als Gesetzgeber etwas regeln sollen, haben wir nämlich auch die Pflicht, zu würdigen, ob es für eine neue Regelung überhaupt einen Bedarf gibt. Spätestens hier, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der Piraten, verliert Ihr Anliegen meine Sympathie. Als Sie Ihren Gesetzentwurf vor fast neun Monaten hier einbrachten, legten entsprechend Ihrem Ansinnen bereits 99 von 105 Sparkassen offen. Mein letzter Stand ist, dass mittlerweile nur noch ganze vier Sparkassen fehlen. Das hat auch einen Grund, nämlich § 19 Abs. 6 Sparkassengesetz NRW, in dem schon jetzt geregelt ist, dass offengelegt werden soll und dass die Gewährträger eine Hinwirkungspflicht haben.
Sie, meine Damen und Herren von den Piraten, wollen eine weitergehende Pflicht als diejenige zur Hinwirkung.
Ließen wir die Bedenken bezüglich der konkurrierenden Gesetzgebung, wie eben ausgeführt, einmal weg, könnte man eine solche Pflicht einführen.
Selbst dann würde sich mir aber nicht erschließen, warum es sinnvoll sein sollte, etwas zu regeln, was bereits ohne ein neues Gesetz so gut funktioniert.
Jetzt noch ganz kurz zur elektronischen Veröffentlichung: Den Teil verstehe ich, ehrlich gesagt, am wenigsten – besonders nach meinem eigenen Praxistest. Herr Schulz, Sie haben das eben noch mal ausgeführt, wie bereits in der Anhörung und in zwei Ausschüssen. So kompliziert ist es aber nun auch nicht. Vier einfache Schritte reichen auf dem Weg zur Erkenntnis aus: Man gibt in das Adressfeld seines Browsers „www.bundesanzeiger.de“ ein, dann die gewünschte Sparkasse, klickt auf „Suchen“ und gelangt so zu sämtlichen Jahresabschlüssen, in deren Anhang namentlich je Vorstandsmitglied die exakte Vergütung aufgelistet ist. – Ich frage mich ernsthaft: Was will man da noch mehr?
Herr Witzel, ich denke, wer hiernach auf der Suche im Internet ist, dem ist auch die Suchmaschine Google ein Begriff. Ich würde dann erläutern, wie man nicht in vier, sondern in sechs Schritten über Google zum gleichen Ergebnis kommt.
Unterm Strich funktioniert aus meiner Sicht alles, was die Piraten hier fordern, bereits jetzt, und das absolut zufriedenstellend. Dass Sie einen anderen Regelungsweg wünschen, ist legitim. Den für unsere Zustimmung notwendigen Bedarf dafür erkennen wir aber nicht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank für Ihre Kurzintervention. - Sie machen hier dasselbe wie in der Anhörung, dasselbe wie bei der Auswertung in den Ausschüssen: Sie nehmen sich einzelne Punkte heraus, die in den Stellungnahmen der Gutachter bzw. der Sachverständigen gestanden haben. Schauen wir uns doch einmal genau an, was die gesagt haben.
Der Rheinische Sparkassen- und Giroverband bezieht sich in seiner schriftlichen Stellungnahme auf das Urteil des OLG Köln vom 9. Juni 2009 und in Verbindung damit auf den Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 22. September 2009. Ich zitiere:
Ich stelle erstens fest,
„dass eine landesrechtliche Norm über die Veröffentlichung der individuellen Vorstandsbezüge … gegen die in Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG getroffene Verteilung der Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Ländern verstößt.“
(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Das sind Spar- kassen- und Girokonten!)
Zweitens. Professor Dr. Oebbecke von der Universität Münster – ich zitiere –:
„Rechtspolitisch kommt es hier m. E. vor allem darauf an, ob eine entsprechende gesetzliche Regelung erforderlich ist. Diese Frage ist m. E. zu verneinen. Trotz der wie gezeigt eher schwachen Ausgestaltung der Regelung wird sie inzwischen nach jüngsten Presseberichten von 100 der 104 Sparkassen im Lande, also mehr als 96 % umgesetzt.“
Und jetzt kommt mein Lieblingssatz aus der Stellungnahme. Da heißt es nämlich:
„Es gibt eine ganze Reihe von Feldern, wo gesetzliche Regelungen nicht umgesetzt und ge
setzgeberisches Nachbessern zur Erreichung von Regelungszielen dringender erscheint.“
Schauen wir uns die beiden anderen …
… – ich glaube, ich habe noch zehn Sekunden Zeit – auch noch an.
Prof. Helmut Siekmann sagt:
„Fraglich ist, ob die vorgeschlagenen Regelungen in die Gesetzgebungszuständigkeit des Landes fallen.“
Ich zitiere weiter:
„Die vorgeschlagene Regelung könnte in das Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Nr. 11 GG fallen.“
Wir könnten noch zu Herrn Klein von Hostettler, Kramarsch & Partner kommen, …
… denn die würden das noch mal unterstreichen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der hier zu beratende Antrag der CDU widmet sich gleich zu Beginn der Beschreibung der angespannten Finanzsituation der nordrhein-westfälischen Kommunen. Recht haben Sie: Die Finanzlage in der kommunalen Familie ist schwierig.
Sie, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, fordern ein Gesamtkonzept zur Konsolidierung. Als Ansatzpunkt hierfür sehen Sie eine Entlastung der Kommunen von kostenträchtigen Standards. Das hört sich isoliert betrachtet nicht schlecht an, man muss aber immer genau hinsehen, wer da gerade was fordert. Wenn die Kämmerer in unseren Städten nämlich hören, dass sich die CDU in unserem Land mit kommunalen Finanzen und Mitsprachemöglichkeiten beschäftigt, dann erfasst diese Kämmerer in aller Regel das kalte Grausen. Viel zu frisch sind noch die Erinnerungen an die kommunalen Raubzüge von CDU und FDP in den Jahren 2005 bis 2010.
Die Bereicherungen an den kommunalen Kassen von 3 Milliarden €, die Befrachtung zugunsten des damaligen Landeshaushaltes und das von Ihnen sträflich vernachlässigte Gemeindefinanzierungsgesetz sind hier als Kernpunkte Ihrer damaligen „Kommunalfreundlichkeit“ zu erwähnen.
Heute treten Sie der finanziellen Lage unserer Kommunen mit einem neuen Ansatz nahe. Mit drei Punkten im Beschlussteil Ihres Antrages wollen Sie Standards abbauen, den Dialog fördern und unnötige neue Standards verhindern. Grundsätzlich kann man nicht dagegen sein, das hört sich soweit vernünftig an, jedoch sollte man sich auch anschauen, ob man nicht etwas beschließt, was längst funktioniert.
Frau Scharrenbach, Sie sagten: „man sollte“, „man könnte“, „man müsste“. Ich will Ihnen in drei Punkten einmal sagen, wo wir in Nordrhein-Westfalen stehen, denn vieles, was man sollte, könnte und müsste, wird bereits erfolgreich gemacht.
Erstens. In Nordrhein-Westfalen erfolgt – und das erfolgreich – die Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände bereits seit Jahrzehnten. Diese Beteiligung, Frau Kollegin Scharrenbach – Sie werden nicht bestreiten, dass es sie gibt –, zu institutionalisieren, hieße nichts anders, als sie um ein zusätzliches Element zu befrachten.
Zweitens. Allen Kolleginnen und Kollegen im Raum dürfte die GGO, also die Gemeinsame Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes NordrheinWestfalen, ein Begriff sein. In dieser ist heute schon glasklar geregelt, dass die Kommunen, dass die kommunalen Spitzenverbände bereits im Vorfeld von Gesetzen beteiligt werden, sofern denn kommunale Anliegen tangiert werden.
Schon seit 2004 – das ist Punkt drei – kennen wir den Konnexitätsgrundsatz. Egal was der Gesetzgeber macht: Richtigerweise werden immer die finanziellen Folgen für untergeordnete Einheiten betrachtet. Diese Regelung hat sogar Verfassungsrang.
Das waren drei Punkte zum Status aktueller Beteiligungsmöglichkeiten. Aber damit ist die Aufzählung noch nicht einmal komplett. Und weil das so ist, müssen wir auch nicht den Punkt 1 des Beschlussteils Ihres Antrages beschließen, denn der beschriebene Sachverhalt ist selbstverständlich und längst Praxis.
Punkt 3 Ihres Antrages überzeugt aus meiner Sicht auch nicht. Auch hier gilt, dass das bereits Praxis ist.
Ein Dialogverfahren nach dem Vorbild Hessen, also Punkt 2 Ihres Antrags, haben wir in NordrheinWestfalen in der Tat nicht. Ohne es im Detail zu kennen, wollen wir es heute aber auch nicht totreden. Das sollten wir uns im Ausschuss gerne einmal genauer anschauen, wenngleich ich schon die Befürchtung habe, dass ein zusätzliches Dialogverfahren zusätzlichen Aufwand und damit zusätzliche Kosten verursacht, was dann auch nicht im Sinne Ihres Anliegens sein dürfte. Aber schauen wir uns das einmal gemeinsam an.
Ich ziehe ein Fazit, meine Damen und Herren: Wir haben gute und funktionierende Regelungen zur partnerschaftlichen Beteiligung unserer Kommunen, für welche sich das Land Nordrhein-Westfalen verantwortlich zeichnet. Diese Landesregierung lebt in vorbildlicher Weise den Dialog mit kommunalen Spitzenverbänden und Kommunen. Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir auch nicht institutionalisieren, was längst funktioniert.
Was die Kolleginnen und Kollegen in Hessen beschlossen haben, wollen wir uns gerne einmal im Ausschuss anschauen. Der Überweisung stimmen wir selbstverständlich gerne zu. Wir freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss für Kommunalpolitik. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Kollege Sommer, vielen Dank für den sympathischen und gewinnenden Vortrag. Das ist eine bemerkenswerte Vorgehensweise, wenn man Menschen für einen Antrag mit einem Anliegen gewinnen will. Hierfür herzlichen Dank!
Sicherlich sind wir – auch wenn die hier vertretenen Fraktionen unterschiedliche Wahlsystematiken prä
ferieren – alle der Meinung, dass schon das bisherige Wahlrecht geeignet ist, den Wählerwillen abzubilden.
Ich respektiere, dass die Fraktion der Piraten der Meinung ist, dass ein aus ihrer Sicht besseres System als das derzeit praktizierte anzuwenden sei.
Aktuell wird die Hälfte eines Kommunalparlaments per Mehrheitswahl und die andere Hälfte nach Listen bestimmt. Die Entscheidung für einen Wahlkreisbewerber ist derzeit auch die Entscheidung für eine Reserveliste. Diese Reserveliste ist in einem demokratischen Verfahren zuvor durch die Parteien und Wählergruppen aufzustellen.
Die Parteien und Wählergruppen können also dem Anspruch einer ausgewogenen Liste Rechnung tragen.
In meiner Partei ist ein Anspruch an eine ausgewogene Liste beispielsweise der, dass Frauen und Männer hierauf gleichermaßen vertreten sein sollen. Dass diese Berücksichtigung beider Geschlechter richtig ist, ist eine Meinung, der sich selbstverständlich nicht zwangsläufig jeder anschließen muss. Ich bin der Meinung, diese Berücksichtigung ist richtig. Die SPD ist aus ihrem Selbstverständnis heraus – wie in meinem Beispiel dargelegt –, dass Frauen und Männer gleichermaßen an politischer Willensbildung mitwirken sollten, der Meinung, dass sich dies auch in Kommunalparlamenten abbilden sollte. Das ist auch bekannt. Der Wähler weiß, welche Art der Liste er bekommt, wenn er die SPD in ein Kommunalparlament wählt. – Für die anderen demokratischen Parteien gilt dies entsprechend.
Ich sage Ihnen ganz offen: Ich möchte weiterhin ausgewogene Reservelisten. Darüber hinaus möchte ich weiterhin, dass Parteien sie definieren dürfen. Parteien sind selbstverständlich – und das schon aus Eigeninteresse – gehalten, das Verfahren und die Kriterien ihrer Listenaufstellung transparent zu machen und ihre Beweggründe offensiv zu kommunizieren.
Klar ist, dass den Parteien mit der Aufgabe der Listenzusammensetzung eine herausragende Rolle zukommt. Dass den Parteien nach Art. 21 Grundgesetz eine herausragende Rolle bei der Verwirklichung parlamentarischer Demokratie zugedacht ist, beschreiben die Antragsteller in ihrem Antrag im Übrigen auch selbst.
Ich habe ausgeführt, warum ich das bisherige System präferiere. Um dieses bewährte System zu verlassen, bedarf es sehr guter Argumente, und es bedarf Vorteilen für unsere Demokratie. Und exakt diese sind aus meiner Sicht nicht gegeben. Ich möchte das auch begründen.
Sie führen aus, dass Sie die Demokratie stärken wollen, und unterstellen, Bürgerinnen und Bürger würden kumulieren und panaschieren wollen. Und weil sie dies wollten, würden sie es tun, wenn sie es