Alle im Hohen Haus vertretenen Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, den Antrag Drucksache 16/14385 ohne Aussprache an den Ausschuss für Kultur und Medien zu überweisen mit der Maßgabe, dass die abschließende Aussprache und Abstimmung nach Vorlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses erfolgen soll. Wer dieser Empfehlung zustimmen möchte, den darf ich um das Handzeichen bitten. Diesmal dürfte das im Verfahren keine Probleme machen. – Alle sind dafür. Dementsprechend kann es keine Enthaltungen oder Neinstimmen geben. Dem ist auch so. Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.
Ich darf folgenden Hinweis geben, der Antrag der Piratenfraktion wurde gemäß § 82 Abs. 2 Buchstabe b) unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Innenausschuss mit der Maßgabe überwiesen, dass eine Aussprache und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt. Diese Beschlussempfehlung und der Bericht des Innenausschusses liegen nunmehr mit Drucksache 16/14056 vor.
Deshalb kann ich die Aussprache eröffnen und als erstem Redner für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Bialas das Wort erteilen. Er ist bereits unterwegs – wunderbar. Herr Kollege Bialas: The floor is yours.
Ich und die Fraktion der SPD haben keinerlei Verständnis dafür, wenn der Polizei, wenn den Polizistinnen und Polizisten bei ihrem steten Kampf gegen Verkehrsunfälle und deren Ursachen unterstellt wird, sie setzten falsche Prioritäten und diskriminierten damit Cannabiskonsumenten. Auf eine derartige Äußerung muss man erst mal kommen. Ich darf Ihnen sehr deutlich sagen: So eine Unverschämtheit muss einem erst mal einfallen.
Entschuldigen Sie bitte, Herr Kollege Bialas. – Meine Damen und Herren, darf ich Sie bitten, wenn Sie sich unbedingt untereinander verständigen müssen, das außerhalb des Plenums zu machen und ansonsten dem Redner die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. – Danke.
Der Polizei diskriminierendes Verhalten vorzuwerfen, wenn sie gegen Unfallursachen wie Alkohol und Drogenkonsum vorgeht, insoweit, dass der Überwachsungsdruck auf Cannabiskonsumenten scheinbar höher sei, die Polizei durch diesen Aufwand Alkoholsünder unbehelligt lassen würde und damit höhere Unfallzahlen und deren Folgen zu verantworten hätte, all das – das darf ich sagen – ist ein absolutes Tollstück aus Ihrem Antragsoeuvre. Ich darf hinzufügen: ein sehr schlechtes.
„Der niedrige Ermittlungsdruck bei Alkoholfahrten im Vergleich zu Cannabisfahrten wirkt sich direkt auf die Anzahl der Unfälle unter Alkoholeinfluss aus und gefährdet somit die Verkehrssicherheit.“
„Die Diskriminierung von Cannabiskonsumenten auf Kosten der Verkehrssicherheit ist unverantwortlich.“
Weiter fantasieren Sie über eine damit einhergehende Aushebelung von Grundrechten durch die Polizei.
Ich sage Ihnen: Das ist schlicht und ergreifend eine völlig unbegründete und unbewiesene Darstellung und darüber hinaus eine Frechheit und eine Ohrfeige für unsere Polizistinnen und Polizisten.
Polizistinnen und Polizisten kontrollieren Fahrzeuge bzw. deren Führer und hinterfragen Ausfallerscheinungen beim Fahren oder gehen Anhaltspunkten während der Kontrollen nach, wie beispielsweise Gerüche oder Eindrücke von der zu kontrollierenden Person, und stellen dann fest, ob hier eine mögliche Fahruntüchtigkeit vorliegt.
Wenn Polizistinnen und Polizisten ihrer Arbeit nachgehen, Menschen vor Tod und Verletzungen durch Unfälle zu bewahren und zu schützen, nennen Sie das ernsthaft ein Aushebeln von Grundrechten. Ich darf das wiederholen: Wenn Polizistinnen und Polizisten ihrer Arbeit nachgehen, Menschen vor Tod und Verletzungen durch Unfälle zu bewahren, nennen Sie das Aushebeln von Grundrechten.
Ich kann hier nur konstatieren, dass Sie ein recht seltsames Verhältnis zu der Grundordnung und ihren Organen zu haben scheinen. Mit ernsthafter Politik
hat das meines Erachtens definitiv nichts mehr zu tun. Ich hoffe, Sie nutzen Ihre Redezeit, um sich bei den Polizistinnen und Polizisten für ihren Antrag zu entschuldigen.
Vielen Dank, Herr Kollege Bialas. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Hegemann das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich das erste Mal den Antrag las, habe ich gedacht, es kann natürlich sein, dass der Antragsteller auch gerade reichlich geraucht hat.
Denn an und für sich ist das eine Unverschämtheit, wie es mein Vorredner gesagt hat, was Sie ins Parlament einbringen. Ich will dies begründen:
Erstens. Zu glauben, die Polizei würde Cannabiskonsumenten jagen und Alkoholsünder laufen lassen, ist eine Mär, die auch durch die angebliche Statistik, die Sie zitiert haben, nicht zu belegen ist.
Es ist allerdings interessant, dass Sie immer aufseiten von Minderheiten stehen – gegen die Polizei. Das ist beim Fußball so und in anderen Bereichen: Die Polizei macht die Fehler, und die armen Bürger werden von der Polizei gejagt.
Meine Damen und Herren, bei Cannabis ist es eine Schwierigkeit nachzuweisen, wie handlungsfähig jemand, der Cannabis konsumiert hat, noch ist. Nach der Rechtslage ist es so, dass Sie entweder, wenn Sie gerade 1 ng THC konsumiert haben, in einem Rausch sind und wenig mehr wahrnehmen können oder vielleicht nach drei Tagen mit der gleichen nachgewiesenen Menge fahrtüchtig sind. Soll das der Polizist entscheiden? – Das Zeug hat im Straßenverkehr gar nichts zu suchen.
Wir haben in der Tat Grenzwerte. Aber zu sagen, die müssen anerkannt und wissenschaftlich noch mal durchleuchtet werden, das ist ein Nachteil gegenüber den Cannabiskonsumenten, ist nicht gerechtfertigt.
Ich glaube auch nicht, dass Cannabis im Handel frei erhältlich ist. Das ist beim Alkohol so – das mögen Sie bedauern –, aber das ist bei Cannabis noch etwas anders.
Das ist erstens ein anderes Produkt, das nicht so rauschentwickelnd ist, und zweitens wird Cannabis bei großen Schmerzen verabreicht und hat deshalb genau dieselben Nebenwirkungen wie starke Arzneimittel. Ich möchte auch nicht, dass jemand am Straßenverkehr teilnimmt, der mit schmerzlindernden Mitteln komplett vollgepumpt ist. Der ist genauso reaktionsarm.
Deshalb sage ich noch einmal: Ich weiß nicht, wem Sie helfen wollen. Auch glaube ich nicht, dass das wirklich Ihr Selbstverständnis sein kann. Ich freue mich, wenn alle anderen Fraktionen auch der Meinung sind, dass man diesem Ansinnen von Ihnen nicht nachkommen kann. Dieser Antrag muss abgelehnt werden.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, die grüne Position zur Drogenpolitik – insbesondere im Bereich Cannabis – ist klar.
Wir haben im Bundestag ein Cannabis-Kontrollgesetz eingebracht. Sie sprechen mit Ihrem Antrag in der Tat Wertungswidersprüche an. Es ist richtig, dass der Nachweis von THC erst einmal keine Rückschlüsse auf die Fahrtauglichkeit zulässt. Diese Wertungswidersprüche müssen aufgelöst werden; sie müssen ausgeräumt werden. Es gibt verschiedene Ebenen, auf denen das geklärt werden muss.
Ich bedaure aber – das macht Ihr Vorhaben hier sehr durchsichtig – Folgendes sehr: Sie bringen einen Antrag ein und beantragen die Überweisung an drei Ausschüsse: federführend an den Innenausschuss, den Verkehrsausschuss und den Rechtsausschuss. Jedoch ist in keinem Ausschuss inhaltlich ernsthaft über das Thema gesprochen worden.
Das macht es aus unserer Sicht sehr durchsichtig. Ihnen ging es gar nicht um die Sache, sondern darum, hier eine Show zu veranstalten. Daran werden wir uns natürlich nicht beteiligen. Das trägt nicht dazu bei, hier eine praktikable Regelung für Konsumentinnen und Konsumenten zu finden.