Protokoll der Sitzung vom 05.04.2017

Kollege Bischoff hat es deutlich gemacht: Sie wollen organisieren und sich in die unterschiedlichsten Bereiche einbringen, sei es beim Training von Fußballmannschaften, sei es in Kulturvereinen, in Musikvereinen, in der Flüchtlingshilfe usw. Was Sie nicht wollen, ist natürlich, sich über Gebühr mit dem Ausfüllen von Formularen beschäftigen zu müssen. Ein gewisses Maß am Ausfüllen von Formularen ist sicherlich notwendig, denn schließlich muss nachgehalten werden, in welcher Art und Weise in diesen Initiativen bestimmte Mittel verwendet werden.

Wir sagen aber, dass es an der Zeit ist, die Grenze von 35.000 € auf 40.000 € anzuheben. Es geht ja dabei nicht darum, dass große Summen bewegt werden, sondern es geht einfach um die Erhaltung bestimmter kultureller Feste. Da werden Bratwürste oder Tickets verkauft – alles nichts Weltbewegendes. Wenn man aber deswegen anschließend eine Steuererklärung abgeben muss, belastet das durchaus das Ehrenamt.

Deshalb sagen wir als eine konkrete Maßnahme, die man unserer Meinung nach auch schnell umsetzen kann: Wir möchten, dass auf Bundesebene dafür gesorgt wird, dass diese Grenze angehoben wird.

Und nun lese ich im Entschließungsantrag der CDU:

„Eine Anhebung der Freigrenze nach § 64 Abs. 3 der Abgabenordnung um 5.000 € auf 40.000 € wird begrüßt.“

Dann sehe ich dem ja nichts mehr im Wege stehen; denn da Sie Teil der Bundesregierung sind, werden Sie also zusammen mit der SPD und Ihrem Finanzminister auf der Bundesebene ganz schnell dafür sorgen, dass das umgesetzt wird. Ich gehe davon aus, dass Sie dementsprechend auch unserem Antrag zustimmen werden. Das finde ich begrüßenswert, denn anders kann ich diese Formulierung in Ihrem Antrag nicht lesen.

Sie führen weiter aus – darauf hat Kollege Bischoff schon hingewiesen –, dass es allerlei Dinge braucht, um das Ehrenamt weiter zu unterstützen und zu würdigen. Dem würde ich mich prinzipiell auch anschließen. Selbstverständlich geht es nicht um die Anhebung einer konkreten Freibetragsgrenze. Immerhin ist das aber eine konkrete Maßnahme. Und das un

terscheidet diesen Antrag von Ihrem Antrag. Wir benennen einen konkreten Punkt, an dem wir die Vereine und die ehrenamtlich Tätigen entlasten wollen.

Sie benennen jedoch ein ganzes Fragenbündel, das Sie irgendwann einmal behandelt haben wollen. Ich nehme Sie beim Wort, dass die Landesregierung das machen soll. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung nach dem 14. Mai immer noch aus Rot und Grün besteht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dementsprechend werden wir uns gerne diesen von Ihnen aufgeworfenen Fragen annehmen. Es wäre zeitgemäß und sinnvoll, dass wir ab dem 15. Mai dann gemeinsam in die Diskussion um eine Engagementstrategie für Nordrhein-Westfalen einsteigen. Ich bin auf Ihre konkreten Vorschläge gespannt, denn bislang ist das alles eher eine Loseblattsammlung.

Ich gehe aber erst mal davon aus, dass Sie dem konkreten Vorschlag, den wir hier auf den Tisch gelegt haben und den Sie für sinnvoll erachten, wie Sie in Ihrem Entschließungsantrag schreiben, zustimmen werden und dass Sie das möglichst schnell gemeinsam mit der SPD und vor allem Ihrem Finanzminister auf der Bundesebene umsetzen, wo Sie die Verantwortung tragen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön, Frau Paul. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Krückel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bischoff, ich kann Ihren Ausführungen und Ihrem Antrag nicht entnehmen, dass Sie konkreter unterwegs sind als wir. Das werden Sie zum Ende meiner Ausführungen noch erleben.

Wir schreiben in unserem Entschließungsantrag, dass es unumstritten ist, welche große Bedeutung das Ehrenamt in unserer Gesellschaft einnimmt – da kann ich meinen beiden Vorrednern Herrn Bischoff und Frau Paul nur zustimmen. Die Vielfalt des bürgerlichen Engagements in Nordrhein-Westfalen trägt entscheidend zur Attraktivität und Lebensqualität in unserem Land bei. Sie stärkt Bürgersinn, schafft Entfaltungsmöglichkeiten, fördert gesellschaftlichen Zusammenhalt und wirkt identitätsstiftend.

Ohne das freiwillige Engagement so vieler Bürgerinnen und Bürger würde vieles in unserem Land nicht oder nur eingeschränkt funktionieren. Es ist somit nicht nur eine tragende Säule unserer Gesellschaft, sondern entlastet die organisatorischen und finanziellen Ressourcen des Staats erheblich.

Bei meinen Vorrednern habe ich festgestellt, dass die steuerlichen Überlegungen im Antrag von Rot

Grün in ihren Reden nur sehr unterschwellig zum Vorschein kamen und vielmehr ein Vorwurf in Richtung unseres Entschließungsantrags gerichtet

wurde. Die Würdigung des Ehrenamts und der Vereine nehme ich für die CDU-Fraktion ausdrücklich vor.

Ich möchte aber differenzierter auf die steuerliche Thematik eingehen, als Sie das getan haben, Herr Bischoff.

Der Antrag von Rot-Grün fordert zum einen für die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe gemeinnütziger Vereine, die kein Zweckbetrieb sind, eine Erhöhung der Freigrenze für Einnahmen bei den Ertragssteuern von 35.000 € auf 40.000 €. Diese Forderung unterstützt die CDU ausdrücklich.

Zum andern fordert der rot-grüne Antrag lediglich die Prüfung, ob es weiteren Optimierungsbedarf gibt, um die Ehrenamtler in den gemeinnützigen Vereinen im steuerlichen Bereich von Aufgaben zu entlasten. Hieran erkennt man, dass Sie im Antrag das Thema „Steuern“ nicht wirklich ernst nehmen.

Wir gehen in unserem Entschließungsantrag weiter. Ich möchte in meinen Ausführungen ausdrücklich auf die Problematik von Lohnsteuer und Umsatzsteuer eingehen. Bedienen sich Sportvereine oder musizierende Vereine professioneller Unterstützung durch bezahlte Trainer oder Übungsleiter, kommt es zu abhängigen Beschäftigungsverhältnissen mit der

Folge, dass Lohnsteuer und Sozialabgaben entstehen.

Ohne die entsprechende Fachkenntnis sind viele Laien in den Vereinen überfordert. Während die Ertragssteuern bei den Freigrenzen der Einnahmen bei derzeit 35.000 € liegen, beträgt die Kleinunternehmergrenze im Rahmen der Umsatzsteuer nur 17.500 € und ist somit nur halb so hoch. Überschreiten die Vereine diese Einnahmen- oder, konkreter ausgedrückt, Umsatzgrenze, werden sie umsatzsteuerpflichtig.

Um die Lage dann noch zu verkomplizieren, gibt es bei der Vermögensverwaltung und im Zweckbetrieb der Vereine einen ermäßigten Steuersatz von 7 % und bei wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb den Regelsteuersatz von 19 %. Dies ist für umsatzsteuerliche Laien kaum zu verstehen und zu bewältigen.

Wenn eine Kleinunternehmergrenze bei der Umsatzsteuer für gemeinnützige Vereine in gleicher Höhe wie bei den Ertragssteuern liegen würde, nämlich bei derzeit 35.000 € oder den geforderten 40.000 €, würden viele Vereine von der Umsatzsteuer verschont.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass sich die CDU-Fraktion differenziert und tiefgreifend mit dem Thema beschäftigt hat. Wir werden uns beim Antrag von Rot-Grün enthalten und hoffen – anders, als Sie es ausgeführt haben – auf Unterstützung unseres Initiativ- bzw. Entschließungsantrags.

Da ich beabsichtige, dem neuen Landtag wieder anzugehören, ist dies hoffentlich nicht meine letzte Rede. Ich freue mich auf Diskussionen in der neuen Plenarrunde in der neuen Legislaturperiode. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Krückel. – Für die FDP spricht Herr Dr. Kerbein.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine finanzielle Entlastung für unsere Vereine beispielsweise im Sport oder in der Kultur ist wohltuend. Der rot-grüne Antrag fordert eine steuerliche Entlastung für die organisatorische Seite des ehrenamtlichen Engagements in gemeinnützigen Vereinen, genauer gesagt, nur für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Lediglich als schwammiger Prüfauftrag wird eine weitere Aufgabenentlastung in Betracht gezogen.

Mit der einseitigen Forderung der Aufgabenentlastung im Steuerbereich greift der Antrag aus unserer Sicht deutlich zu kurz. Vielmehr braucht es ein Gesamtkonzept zum Abbau überflüssiger Bürokratie. Neben einer steuerlichen Entlastung ist gerade eine Entlastung von bürokratischen Verwaltungsarbeiten hilfreich für alle Vereinstypen – sowohl für die kleinen als auch für die größeren Vereine mit einem breitgefächerten Leistungsangebot.

Wir müssen für unsere rund 350.000 engagierten Ehrenamtler ein motivierendes Umfeld schaffen. Andernfalls verstärken sich künftig die ohnehin schon vorhandenen Probleme bei der Gewinnung von bürgerschaftlich engagierten Menschen. Das wäre für uns hier in Nordrhein-Westfalen wirklich ein Desaster, meine Damen und Herren.

Deshalb sind wir Freien Demokraten der Ansicht, dass nicht nur die steuerliche Belastung, sondern auch weitere bürokratische Hemmnisse, zum Beispiel in der Zuwendungspraxis, auf den Prüfstand gehören.

Der Bürokratieabbau im Ehrenamt lässt sich allerdings nicht in der letzten Plenarwoche vor den Landtagswahlen wie ein Kaninchen mal eben so aus dem Hut zaubern. Das ist, für den Sport gesprochen, neben der Einführung motorischer Tests in den Grundschulen, der fortschreitenden Realisierung des Inklusionsgedankens, der Neuausrichtung des Leistungssports sowie der Sicherheit bei Großsportereignissen eine wesentliche Aufgabe für die kommende Wahlperiode. Gerade im Sport haben wir die Besonderheit, dass das bürgerschaftliche Engagement von Bürgern aus allen gesellschaftlichen Milieus vertreten wird. Der Sport ist – das wissen Sie – ein Spiegel unserer Gesellschaft.

Neben den sportorientierten Zielen trägt der Sport auch erheblich zur Bildung von sozialem Kapital in unserer Gesellschaft bei. Der Sport erfüllt also über den eigenen Bereich hinausgehende, wichtige gesellschaftliche und soziale Funktionen. Darauf haben wir Sportpolitiker immer wieder gemeinsam überfraktionell hingewiesen.

Lassen Sie mich abschließend festhalten, dass wir Freien Demokraten das Ehrenamt weiter fördern wollen – selbstverständlich. Deshalb hätten wir beim Angebot für eine gemeinsame Initiative uns proaktiv im Sinne unserer Bürger und des Gemeinwesens eingebracht. Ich bedaure sehr, dass Rot-Grün wieder einmal der Wahlkampfpolitik den Vorrang vor der Sachpolitik gegeben hat.

Der Antragsinhalt zielt in die richtige Richtung, nämlich in die der Anerkennung und der Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements.

(Zuruf von den GRÜNEN – Zuruf von der SPD)

Nur deshalb drücken wir beide Augen zu und werden uns bei Ihrem Antrag neutral verhalten.

Darüber hinaus haben wir heute kurzfristig einen Entschließungsantrag der CDU-Fraktion zu beraten. Wir wundern uns schon über die hellseherischen Fähigkeiten der Kollegen von der CDU, da kann ich nur mutmaßen. Aber wenn Sie meinen Ausführungen gewissenhaft gefolgt sind, werden Sie dafür Verständnis haben, dass wir dem Entschließungsantrag folgen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Kerbein. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Lamla.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe restlichen Zuschauer auf der Tribüne und zu Hause! Die rot-grünen Fraktionen möchten also ehrenamtliches Engagement fördern und stärken. Dazu soll ein Freibetrag von 35.000 auf 40.000 € erhöht werden.

Das kann man machen. Wenn man aber ganz ehrlich ist, muss man sich fragen: Wie viele Vereine trifft das denn? Die überwiegende Anzahl der Vereine kommt nicht an diesen Freibetrag heran. Und die größeren Vereine bzw. Großvereine, die es potenziell betrifft, liegen weit darüber. Die können sich professionelle Buchhalter leisten. Die betrifft es nicht so. Das heißt, die Anzahl der betroffenen Vereine macht nur einen Bruchteil der Vereine in NRW aus.

Das kann man also – so kurz vor knapp – machen. Die Legislaturperiode geht zu Ende. Ich glaube, die Metapher vom Kaninchen wurde eben schon gebraucht. Da macht man mal irgendetwas. Ja, das kann man, das verstehe ich. Wenn man sich aber ernsthaft damit beschäftigen würde, das ehrenamtliche Engagement zu stärken, würde man sich mit der Frage beschäftigen: Was macht jemand, der vielleicht alleinerziehend ist, 40 Stunden in der Woche arbeitet, noch einen Haushalt nebenher schmeißen muss und vielleicht noch mit der Erziehung von Kindern betraut ist?

Mal ehrlich: Der hat keine Zeit für ehrenamtliches Engagement. Das ist halt ein Problem. Es ist ein Problem, dass in der heutigen Zeit immer mehr Ehrenamtler eine gewisse „Zeit-Elite“ darstellen. Es sind Menschen, die es sich – aus welchen Gründen auch immer – leisten können, sich ehrenamtlich in Vereinen zu engagieren. Das ist halt sehr schade. Das sind doch tatsächlich die wahren Gründe, über die wir uns hier unterhalten müssen.

Insofern finde ich auch den etwas größer angesetzten Versuch der CDU-Fraktion, sich nach der Gründung eines entsprechenden Arbeitskreises einmal mit diesen Themen zu beschäftigen, eigentlich auch gut und richtig. Das heißt, man kann die Forderung beider Anträge durchaus unterstützen. Das werden wir Piraten auch tun; denn das tut nicht weh.

Eigentlich aber ist es handwerklich – ja, ich weiß nicht – tatsächlich schwach. Die rot-grüne Landesregierung und auch die Fraktionen hatten sieben Jahre Zeit, sich stärker mit dem Ehrenamt zu befassen. Am Ende kommt nun so etwas dabei heraus. Das hätte meiner Meinung nach tatsächlich stärker ausfallen können. Das ist es leider nicht. Wir werden damit leben müssen.