Protokoll der Sitzung vom 05.04.2017

Eigentlich aber ist es handwerklich – ja, ich weiß nicht – tatsächlich schwach. Die rot-grüne Landesregierung und auch die Fraktionen hatten sieben Jahre Zeit, sich stärker mit dem Ehrenamt zu befassen. Am Ende kommt nun so etwas dabei heraus. Das hätte meiner Meinung nach tatsächlich stärker ausfallen können. Das ist es leider nicht. Wir werden damit leben müssen.

Wir Piraten werden beiden Anträgen zustimmen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke, Herr Kollege Lamla. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Walter-Borjans das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es könnte so einfach sein. Eigentlich haben wir alle hier gemeinsam noch einmal unterstrichen, dass eine Gesellschaft wie die unsere nicht funktionieren würde, wenn es ein solches ehrenamtliches Engagement nicht gäbe, wie wir es in den vielschichtigsten Bereichen haben. Wir sollten uns immer wieder gemeinsam nicht nur über einen, sondern über viele Punkte Gedanken machen, wie man die Menschen, die sich dafür engagieren, unterstützen kann.

Warum sollte man dann aber so viele Worte über einen Antrag verlieren, der eigentlich nur eines macht, nämlich im Bereich dieser steuerlichen Freigrenze in etwa die Lebenskostensteigerung zu berücksichtigen und von 35.000 auf 40.000 € anzuheben? Das ist ziemlich genau das, was der Index in Bezug auf die zehn Jahre hergeben würde, in denen nicht angepasst worden ist. Wir reden darüber in so vielen anderen Bereichen. Da kann das doch kein Problem sein.

Ich würde als Erstes einmal einfach sagen: Natürlich kann man diese Forderung an den Bund herantragen. Man kann auch tun, was man dazu noch flankierend machen möchte. Es ist ja niemand daran gehindert, in den nächsten Monaten und Jahren weitere Gedanken darauf zu verschwenden, wie wir zu einer besseren Unterstützung von ehrenamtlichem Engagement kommen können.

Wenn ich aber einen solchen Antrag wie den sehe, den die CDU jetzt hier vorlegt, dann habe ich ein bisschen den Eindruck, dass vielleicht das passieren wird, was bei einer ganzen Reihe von Initiativen geschah, die die Landesregierung – mit dem Adressaten Bundesfinanzminister – auf die Bundesebene gebracht hat: dass es nämlich dort nicht weitergeht. Und dass man deswegen zur Absicherung lieber erst einmal das Ganze verwässert bzw. zur Seite schiebt, damit man sagen kann: Wir nehmen uns insgesamt ein größeres Paket vor.

Ich kann nur sagen: Wir sollten an der Stelle noch einmal die Nagelprobe in Bezug darauf machen, wie denn das, was alle sagen, in der Umsetzung aussehen wird, nachdem dieser Antrag an den Bund herangetragen worden ist. Alles Weitere kann man darüber hinaus besprechen. Ich finde deshalb an dieser Stelle, man sollte die Freigrenze einfach auf die Größe bringen, die sie, was die realen Preise anbelangt, in etwa damals hatte, als die 35.000 € beschlossen worden sind. Das ist ein guter Anfang. Über alles Weitere kann man dann reden. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Würden Sie noch eine in letzter Sekunde hereingereichte Frage von Herrn Kollegen Krückel zulassen?

Ja.

Ich dachte es mir. – Bitte, Herr Kollege.

Vielen Dank, Herr Minister. – Stimmen Sie mir denn in der Einschätzung zu, dass

wir, wenn wir die Umsatzsteuer in die Betrachtung einbeziehen würden – Schlagwort „Kleinunternehmerregelung“ –, für die Vereine viel mehr tun und viel mehr für sie erreichen würden, als wenn wir nur die Freigrenze für die Ertragssteuer heraufsetzen?

Es gibt mit Sicherheit noch eine ganze Reihe von weiteren Dingen, die man einbeziehen kann. Ich bin ja nicht dazu da, jetzt einen Fraktionsantrag zu verändern. Sie hätten durchaus noch weitere Punkte bringen können.

Bevor man jetzt aber sagen würde „Wir ziehen erst einmal alles zurück und reden noch einmal über alles“, könnte man sich doch zumindest auf den konkret vorliegenden Punkt verständigen. Und man könnte möglicherweise über Dinge – ich kann das jetzt im Einzelnen von dieser Stelle aus nicht beurteilen –, die über die Umsatzsteuer regelbar sind bzw. andere Punkte, die steuerlich relevant sind, dann ja in einem nächsten Schritt weiter nachzudenken.

Ich will jetzt nicht von vornherein sagen: Nein, das macht keinen Sinn. Man hätte dazu aber einen ergänzenden Antrag vorlegen können und im Zweifel das Paket anreichern können.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wir haben zwei davon. Erstens stimmen wir ab über den Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/14661. Die antragstellenden Koalitionsfraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. So verfahren wir dann auch. Wer ist für den Antrag der Koalitionsfraktionen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, nach einigem Zögern die Piratenfraktion und der fraktionslose Kollege Schulz. Wer stimmt dagegen? – Es gibt noch einen gewissen Klärungsprozess. Nach einigem Zögern stimmt niemand dagegen. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Damit stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 16/14661 angenommen ist.

Zweitens stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/14775. Wer ist für den Antrag der CDU-Fraktion? – Die CDUFraktion, die FDP-Fraktion, die Piratenfraktion und der fraktionslose Kollege Schulz. Wer ist dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/14775 abgelehnt.

Ich rufe auf:

8 Qualifikation und Qualität in Handwerk, Freien

Berufen und Dienstleistungen erhalten und stärken – Landesregierung muss Beratungen zum EU-Dienstleistungspaket offensiv, konstruktiv und unmittelbar begleiten

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 16/14651

Entschließungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/14759

In Verbindung mit:

Mitgliedsstaatliche Zuständigkeiten in der Berufsausbildung erhalten und erfolgreiche Qualifizierungssysteme sichern – das Handwerk und die Freien Berufe stärken

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/14662

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die CDU-Fraktion Herrn Kollegen Spiecker das Wort. Bitte, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, heute über zwei sehr gute Anträge reden zu dürfen. Vor gut drei Jahren, im Dezember 2013, hat der Landtag auf unsere Initiative hin ein klares Bekenntnis zur Bedeutung des Meisterbriefes für unser duales Ausbildungssystem und die soziale Marktwirtschaft abgegeben.

Schon damals hat uns gemeinsam die Sorge getrieben, die Europäische Kommission könnte mit ihren Forderungen nach einer Deregulierung von Berufen die Axt an den Meisterbrief und damit an die Zukunftsfähigkeit des Handwerks legen. Unserem Beispiel ist damals auch der Bundestag gefolgt. Er hat sich fraktionsübergreifend für den Erhalt des Meisters ausgesprochen.

Vor zwei Jahren, im März 2015, hat der Landtag dann auf unsere Initiative hin auch ein klares Bekenntnis zu unserem System der Freien Berufe abgegeben, die wie das Handwerk in den letzten Jahren in die Kritik der EU-Kommission geraten sind.

Sehr geehrte Damen und Herren, Handwerk und Freie Berufe sind für den nordrhein-westfälischen Landtag die tragende Säule unserer sozialen Marktwirtschaft. Deshalb bin ich dankbar, dass es uns bei allen Unterschieden in der Wirtschaftspolitik in der

Vergangenheit immer gelungen ist, uns gemeinsam vor Handwerk und Freie Berufe zu stellen.

Leider müssen wir feststellen, dass die Kommission ihre Kritik an Handwerk und Freien Berufen bislang nicht aufgegeben hat. Die Kommission übersieht nach wie vor, dass die von ihr geforderte Absenkung der Anforderungen an Berufsbefähigung sowie an Ausbildungs- und Qualitätsniveaus in Handwerk und Freien Berufen kontraproduktiv ist. Denn gerade diese tragen nicht zuletzt zum hohen deutschen Beschäftigungsstand im Vergleich zu anderen modernen Volkswirtschaften, insbesondere in der Europäischen Union, bei.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wer Wachstum und Wohlstand in allen Mitgliedstaaten fördern will, der sollte sich anschauen, wie die wirtschaftlich stärksten Länder der Gemeinschaft ihre Wirtschaft organisieren, der sollte von den Besten lernen wollen und nicht das Niveau auf die Schwächsten herunterregulieren. Wer sich die Schwächsten zum Vorbild nimmt, macht keinen stark, sondern alle schwach. Deshalb lehnen wir alle Bestrebungen aus Brüssel, die auf eine Schwächung von Handwerk und Freien Berufen zielen, kategorisch ab.

In der letzten Woche durfte ich meine Fraktion auf einer Podiumsdiskussion beim Unternehmertag des Handwerks vertreten. Andreas Ehlert, Präsident von Handwerk NRW, hat bei seiner Einführungsrede deutlich gemacht, wie froh er ist, dass es in dieser Woche noch einmal Initiativen von CDU und FDP wie auch von SPD und Grünen zur EU-Dienstleistungsrichtlinie gibt. Das Handwerk wertet das wirklich zu Recht als Signal, dass wir alle zusammen an der Seite des Handwerks stehen.

Ähnlich sehen das auch Vertreter der Freien Berufe, mit denen ich in den vergangenen Tagen noch gesprochen habe. Andreas Ehlert hat beim Unternehmertag den Wunsch geäußert, zu prüfen, ob man nicht aus beiden guten Initiativen eine sehr gute gemeinsame Initiative machen kann.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Sehr geehrte Damen und Herren, je klarer und einiger wir in der Sache auftreten, umso deutlicher kommt die Botschaft in Berlin und Brüssel an. Leider waren die regierungstragenden Fraktionen heute nicht bereit, mit uns zusammen einen gemeinsamen Antrag einzubringen, was ich persönlich sehr bedauere. Trotz Wahlkampf hätte ich mir hier etwas mehr Mut gewünscht. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir heute wenigstens zu einer breiten Mehrheit für beide Anträge kommen.

Handwerk und Freiberufler haben wenig Verständnis für parteipolitische Spielchen. Lassen Sie uns gemeinsam ein starkes Signal nach Berlin und Brüssel

schicken und beiden Anträgen zustimmen! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Spiecker. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Bombis.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Erst vor wenigen Tagen haben zahlreiche Tageszeitungen über die aktuelle Rangordnung des sogenannten Statista’s Made-In-Country-Index berichtet. Demnach ist unter allen Herkunftsbezeichnungen das weltweite Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in das Siegel „Made in Germany“ am größten.

Die bei „Made in Germany“ besonders hervorstechenden Eigenschaften sind dieser Umfrage zufolge eine hohe Qualität und hohe Sicherheitsstandards. Das zeigt einmal mehr, dass diese hohen Anforderungen an Qualität und Sicherheit eine Säule des wirtschaftlichen Erfolgs und damit auch des Wohlstands in unserem Lande sind. Qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen fallen aber nicht vom Himmel. Das Rückgrat dieser Qualität sind vielmehr hervorragend qualifizierte und spezialisierte Fachkräfte.

Ob es die über eine Million Beschäftigten im nordrhein-westfälischen Handwerk sind, die sechs Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Industrie und Handel oder die über eine Viertelmillion selbstständigen Freiberufler, die mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf rund eine Million Beschäftigte in den Freien Berufen kommen: Diese Menschen stehen im Zentrum einer starken Wirtschaft.

Dabei handelt es sich nicht um anonyme Zahlen. In vier Tagen – am Sonntag – findet hier in Düsseldorf die jährliche Meisterfeier des Handwerks statt. Fast 1.000 junge Menschen, die im vergangenen Jahr die Meisterprüfung vor den Prüfungsausschüssen bei der Handwerkskammer Düsseldorf erfolgreich absolviert haben, sind die Elite unseres beruflichen Fachkräftenachwuchses. Diese Meisterinnen und Meister sind der lebendige Beweis für unser erfolgreiches duales Ausbildungssystem. Wir werden weltweit um diese Auszubildenden, um die Gesellinnen und Gesellen, um die Meisterinnen und Meister, also um unsere qualifizierten Fachkräfte, beneidet – ob es der Handwerksmeister, der Industriearbeiter oder auch, in den Freien Berufen, der Arzt oder der Architekt ist. „Made in Germany“ ist also ein Vorbild für andere, auch was die Ausbildung betrifft.

Unabhängig davon hängt auch unsere eigene Wettbewerbsfähigkeit von diesen Fachkräften ab. Das