Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Schneider, ich habe bei Ihrem Antrag, den Sie hier im Landtag gestellt haben, ein Déjà-vu-Erlebnis gehabt; denn einen gleichlautenden Antrag haben Sie schon im Juni des letzten Jahres gestellt. Er war damals fasch, und er bleibt auch in diesem Jahr falsch.
Sie beschreiben Probleme, bieten aber in Ihrem Antrag keinerlei Lösungsvorschläge an. Ich glaube, wir können das unter der Rubrik „Wahlkampfgetöse/Wahlkampfgeplänkel“ abtun.
Wir haben zu Recht einen Entschließungsantrag dazu mit eingebracht. Ich denke, dass Sie einen Sachverhalt nicht so ganz verstehen. Unser gesamtes Sozialversicherungssystem – das gilt auch für das Gesundheitssystem – fußt auf Solidarität. Aber wenn im Sozialversicherungssystem keine Solidarität mehr gegeben ist, dann kommt es zu einer finanziellen Schieflage, wenn für diejenigen, die gesund, jung und leistungsfähig sind und über der Beitragsbemessungsgrenze liegen, die Beitragsbemessungsgrenze nicht mehr gelten soll.
Es ist ja nicht so, dass ich 40 Jahre in die Krankenversicherung einzahle und sage: So, jetzt habe ich 40 Jahre eingezahlt, aber nie etwas von der Krankenversicherung bekommen; dafür möchte ich jetzt mal einen ordentlichen Schlaganfall haben.
Dieses System funktioniert deshalb, weil viele junge Leute, die leistungsfähig sind, in ein Solidarsystem einzahlen, von dem viele Ältere und Kranke profitieren. Wir können diesen Solidaritätsgedanken nicht einfach kappen, indem wir sagen: Es gibt die Beitragsbemessungsgrenze, und all diejenigen, die da
runter liegen, unterliegen der Sozialversicherungspflicht, und diejenigen, die darüber liegen, entlassen wir in die Private Krankenversicherung.
Reden Sie doch auch mal mit denjenigen, die in der Privaten Versicherung sind und im letzten Jahr eine Beitragssteigerung in Höhe von 11 % verkraften mussten. Dann reden Sie mal mit denjenigen, die über eine kostenlose Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung abgesichert sind. Reden Sie mit den Menschen, die sich im Alter aufgrund der vielen Risiken, die sie mitbringen, keine Private Krankenversicherung mehr leisten können.
Sie sagen doch selbst, dass Sie die Partei der kleinen und mittleren Betriebe, der Handwerker sind. Was ist denn mit den 80.000 Menschen, die sich die Beiträge nicht mehr leisten konnten und inzwischen keine Krankenversicherung mehr haben? Bei ganz vielen handelt es sich dabei übrigens um kleine Handwerksunternehmen, die sich diese Krankenversicherung nicht mehr leisten können.
Sie machen hier einen Popanz auf und behaupten, die Grünen zerstörten Arbeitsplätze und sonst was. Das ist dummes Zeug; das wissen Sie selbst. Schon als Sie es ausgesprochen haben, wussten Sie, dass das nicht richtig war, was Sie hier behauptet haben.
Was Sie verstehen müssen, ist Folgendes: Unser Krankenversicherungssystem, unser Sozialversicherungssystem fußt auf Solidarität. Unsere Sozialversicherungssysteme funktioniert nur, wenn die Starken und Leistungsfähigen für diejenigen da sind, die schwach sind und sich das nicht leisten können.
An diesem System der Gegenseitigkeit und der Solidarität, das beinhaltet, dass die Starken für die Schwächeren da sind, werden wir weiter arbeiten. Unser Konzept dabei ist die Bürgerversicherung, um die Zahl derjenigen, die in die Sozialsysteme einzahlen, zu vergrößern, und um so eine breitere Solidarität zu erwirken.
Gerade im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt, gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel brauchen wir eine andere Finanzierungsbasis, wenn Gesundheit nicht vom Portemonnaie abhängen soll. Dafür steht Rot-Grün. Dafür war die Bundesratsinitiative genau richtig.
Den vorliegenden Antrag werden wir ablehnen, genauso wie Ihren Antrag im letzten Jahr; denn er bietet keinerlei Lösung an und stellt nur Popanz und Wahlkampfgeplänkel dar. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sich zum Geburtstag oder anderen Anlässen alles Gute und vor allem Gesundheit zu wünschen, ist nicht nur eine Floskel, sondern bringt zum Ausdruck, wie wichtig den Menschen Gesundheit ist.
Unser Gesundheitssystem ist wohl das beste der Welt. Es ermöglicht allen Menschen den Zugang zu einer bestmöglichen medizinischen Versorgung. Wir werden alles tun, um diese Errungenschaft, die auf einem breiten Konsens der Akteure einschließlich der Patienten beruht, zu erhalten.
Das duale System aus gesetzlicher Krankenversicherung und privater Krankenversicherung hat sich doch bewährt. Es gewährleistet nicht nur die bestmögliche medizinische Versorgung, sondern schafft auch Innovationen, mit dem Ziel, die Versorgung zukunftsfest und qualitativ ständig den neuen Herausforderungen an Medizin und Versorgung anzupassen und zu verbessern. Allein der Wettbewerb der Systeme führt zu besseren Leistungen und geringen Kosten.
grundlegend verändern. Sie können, Herr Kollege Yüksel, mit Ihrem Entschließungsantrag, der sich vordergründig nur mit Finanzierungsfragen befasst, insbesondere mit der Frage der paritätischen Beitragsfinanzierung, die Ihre Bundesregierung im Jahr 2005 abgeschafft hat, nicht darüber hinwegtäuschen, was Sie wirklich wollen.
Sie wollen die Systeme von PKV und GKV weitgehend angleichen. Sie wollen das Vergütungssystem der Ärzte vereinheitlichen. Die Folgen sind fatal: Wegfall des innovativen Wettbewerbs und der Wahlfreiheit, höhere finanzielle Belastungen für Krankenkassen, Versicherte und Arbeitgeber, Förderung der Zweiklassenmedizin.
Sie sagen zwar, dass Sie genau diese durch eine Einheitsversicherung abschaffen wollen – genau das Gegenteil wird aber eintreten. Denn das duale Versicherungssystem ist am ehesten geeignet, eine Zweiklassenmedizin zu verhindern.
Der nächste Punkt ist der hohe bürokratische Aufwand. Die Umstellung des bisherigen dualen Systems auf eine Bürgerversicherung würde Jahrzehnte dauern – was Sie in Ihrem Entschließungsantrag sogar selbst andeuten – und mit einem unvertretbar hohen bürokratischen Aufwand und Kosten verbunden
sein, was nicht ohne Wirkung auf die Leistungen für die und die Beiträge der Versicherten sein wird und auch nicht sein kann.
Die negativen Auswirkungen auf die Arbeitsplätze bei der Privaten Krankenversicherung sind eben schon von meiner Vorrednerin genannt worden.
Und vor allem: Aufgrund der dann notwendigen Absenkung des Leistungskatalog droht lediglich eine Minimalversorgung der Bevölkerung. Sie wollen doch eine Grundversorgung neu definieren. Der Patient soll sich weitgehend über Zuschläge zusätzliche Leistungen erkaufen können, und für den einzelnen Patienten führt genau das letztendlich zu einer Verteuerung der Gesundheitskosten.
Sie führen zwar ins Feld – das würde ich an Ihrer Stelle auch tun –, dass Sie das Maß des Leistungskataloges über das Maß hinaus, das schon heute Standard ist, ausweiten wollen, lassen aber ungeklärt, welche Auswirkungen dies auf die Gebührenordnung der Ärzte haben wird, und somit lassen Sie diese – das haben wir mehrfach auf Podiumsdiskussionen erlebt – im Unklaren.
Wenn diese Leistungen aus dem dann neu zu gestaltenden Leistungskatalog von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, hat das zur Folge, dass es für die Kassen teurer wird und es gleichzeitig zu einer Reduzierung der Einnahmesituation der Ärzteschaft kommt.
Es gibt keinen Grund, meine Damen und Herren, ein funktionierendes Krankenversicherungssystem abzuschaffen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Bürgerversicherung – oder auch Einheitsversicherung, wie ich sie bezeichne – nicht dazu geeignet ist, den Menschen Vorteile zu bringen. Deshalb stimmt die CDU-Fraktion dem Antrag der FDP zu. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Preuß. Zwischenzeitlich hat es einen Wechsel des Vorsitzes gegeben, Sie waren jetzt etwas erstaunt. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Kollege Ünal das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es stimmt, in Deutschland haben wir tatsächlich ein umfassendes Gesundheitssystem, das den Anspruch hat, eine qualitativ gute und medizinisch notwendige Versorgung für alle sicherzustellen – unabhängig von Einkommen und Alter.
Was die Finanzierung angeht, leisten wir uns aber im Gesundheitswesen eine Zweiklassenmedizin. Ich werde das begründen. Auf der einen Seite gilt in der gesetzlichen Krankenversicherung das Solidarprinzip. Das heißt, wer viel verdient, zahlt mehr, wer
krank ist, hat Anspruch auf medizinische Versorgung. Gesunde und Kranke, Jung und Alt, Gut- und Geringverdienende sind solidarisch füreinander da. Außerdem sind Kinder kostenlos mitversichert.
Auf der anderen Seite sind aber meist gut verdienende Angestellte, Beamte, unter anderem auch Abgeordnete sowie die meisten Selbstständigen Mitglieder einer privaten Krankenversicherung. Als Privatpatienten versichern sie nur ihr eigenes, meist unterdurchschnittliches Krankheitsrisiko. Zum Solidarausgleich tragen sie nicht bei.
In der gesetzlichen Krankenversicherung kommt die einseitige Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hinzu; denn die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist seit Längerem aufgehoben. Seit 2005 wird der Arbeitgeberanteil in einer bestimmten Höhe eingefroren; alle Ausgabensteigerungen müssen seither durch steigende Zusatzbeiträge allein von den Versicherten aufgebracht werden. Diese einseitige finanzielle Belastung der werktätigen Bevölkerung muss beendet werden.
Deshalb wollen wir zurück zur paritätischen Finanzierung, bei der die Arbeitgeber wieder in derselben Höhe ihren Anteil an der Finanzierung übernehmen.
Mit einer solidarischen Krankenversicherung für alle wollen wir auch noch eine weitere Gerechtigkeitslücke schließen: Warum sollen die Einkommen aus Arbeit zur Finanzierung der Gesundheitskosten herangezogen werden, aber nicht die, die beispielsweise durch Aktien oder andere Einkünfte erzielt werden? Das kann man überhaupt nicht begreifen! Mit einer Bürgerversicherung wollen wir nicht nur die Erwerbsarbeit, sondern auch andere Einkommen einbeziehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, es gibt auch, wie Herr Yüksel erwähnt hat, immer mehr Privatversicherte, die ebenfalls Verlierer dieser Zweiklassenmedizin sind. Nicht wenige der Selbstständigen in unteren Einkommensbereichen können die derzeitigen hohen Mindestbeiträge nicht mehr aufbringen; denn private Krankenversicherungen erheben Beiträge grundsätzlich nach dem individuellen Gesundheitsrisiko und nicht nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Sie umfassen keine Familienversicherung, und sie werden mit zunehmendem Alter, trotz Kapitalrücklagen, immer teurer. Das ist mit ein Grund, warum diese Selbstständigen gemeinsam mit einer großen Zahl von nicht zahlenden Versicherten in sogenannten Notlagentarifen landen.
Sehr geehrte Damen und Herren, schließlich haben wir es in der Bundesrepublik nicht geschafft, dass jeder versichert ist. Obwohl seit 2009 eine Krankenversicherungspflicht besteht, haben mindestens 80.000
Menschen in Deutschland keinen Krankenversicherungsschutz. Dazu muss man auch die prekären Solo-Selbstständigen zählen.
Auch wenn die CDU und die FDP vor diesen Zuständen die Augen verschließen und das bestehende Zweiklassensystem schönreden wollen: Die Veränderungen werden auch vor unserem eingefahrenen Zweiklassengesundheitssystem nicht haltmachen.
Es ist Zeit für eine solidarische Krankenversicherung für alle. Eine umfassende Lösung der genannten Probleme wird uns nur mit einer Bürgerversicherung gelingen. Im Wartezimmer darf es keine Rolle mehr spielen, wo die Patientinnen und Patienten versichert sind. Termine sollten nach der medizinischen Notwendigkeit und nicht nach dem Geldbeutel vergeben werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.