Vielen Dank, Herr Beu. Sie sagten gerade, Sie würden bezweifeln, dass dies rechtlich zulässig wäre. Ist es aber nicht so, dass wir im Landtag die Gesetze auch ändern könnten und dass genau die Gesetze, die geändert werden müssten, damit die Kommunen das erheben können, im
Nein, es geht hier tatsächlich um Grundsätze, um Grundrechte, die eigentlich im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland manifestiert sind. Ich komme aber nachher in Bezug auf den Punkt „soziale Gleichbehandlung“ noch einmal genau dazu.
Noch einmal: Beim Fernsehen ist es so, dass jeder Bürger, jede Bürgerin in ganz NRW, egal ob sie in Köln oder in der kleinsten Gemeinde in der Eifel wohnt, dasselbe Fernsehprogramm bekommen kann.
Herr Kollege Beu, bevor Sie in Ihrem Redebeitrag fortfahren, würde Ihnen Herr Kollege Klocke gerne eine Zwischenfrage stellen.
Danke, Herr Kollege Beu. Vielleicht machen Sie es im zweiten Teil Ihrer Rede. Mich würde interessieren, ob Sie eine Antwort darauf haben. Kollege Bayer hat ja eben den Grünen vorgehalten, der selbstfinanzierte 2-€-Ticketvorschlag für alle Nutzer wäre unsozial, und im Gegensatz dazu wäre das Flatticket, das die Piraten anbieten, das aber nicht jeder nutzen kann, aber alle Steuerzahler zu finanzieren haben, sozial. Mich würde interessieren, ob Sie eine Idee haben, warum der Kollege Bayer meint, der Vorschlag der Grünen wäre unsozial. Das habe ich nicht verstanden. Möglicherweise haben Sie es verstanden, ich glaube es aber auch nicht.
Ich hatte ja gerade versucht, darzustellen, verehrter Kollege Klocke, dass gerade das Zwangsticket dazu führen wird, dass jeder Bürger, jede Bürgerin in Wuppertal, im Kreis Recklinghausen und zum dritten in, ich glaube, es ist Bad Sal
zuflen das Ticket erwerben muss und keine Wahlmöglichkeit hat – ganz egal, ob die Bürgerin, der Bürger zu den Bestverdienenden des Landes gehört oder unter Umständen eine Heimbewohner in einer Altenpflegeeinrichtung ist; denn ansonsten wäre es kein Bürgerticket für alle. Deswegen ist dieses Modell der Piraten für uns im höchsten Maße unsozial. Das grüne Modell ist dagegen praktisch eine freiwillige Möglichkeit.
Mit Ihrer Frage haben Sie die nächsten Teile meines Redemanuskripts auch schon abgearbeitet, denn selbst das Angebot in Recklinghausen – das haben wir uns angeguckt; dort kenne ich mich etwas weniger aus als im Köln-Bonner Raum – wird weitaus besser sein als das Angebot in Haltern am See oder – das habe ich mir vorher aufschreiben lassen – in Heiligenkamp im Becklemer Busch.
Und es ist auch nicht ökologisch, zu sagen: Es muss überall – landesweit – dasselbe Angebot geben. Denn auch in Räumen, die weitaus weniger dicht besiedelt sind, im Halbstundentakt einen Bus oder eine Bahn fahren zu lassen, ist nicht nur ökonomisch, sondern unter Umständen auch ökologisch nicht vertretbar.
Wir haben also bei dem Modell „Zwangsabgabe der Piraten“ eine Gerechtigkeitslücke. Wenn alle zahlen, müssen auch alle das gleiche Angebot nutzen können, ganz egal, wo sie wohnen. Das ist nicht der Fall. Auch ist es weder sinnvoll noch möglich, einen identisch dichten Takt in der größten Stadt des Landes wie in der kleinsten Gemeinde anzubieten.
Das sage ich meinem persönlichen Wunsch zum Trotz, dass möglichst viele Menschen den ÖPNV nutzen sollen. Daher lehnen wir Grüne den Zwangsbeitrag der Piraten und den entsprechenden Antrag ab. Wir werden weiterhin für das grüne Modell werben im Sinne von jederzeit, überall, einfach, aber auch sozial gerecht. – Vielen Dank.
Herr Kollege Beu, Entschuldigung. Sie müssen bitte hier bleiben. Herr Kollege Bayer wird auch noch eine Kurzintervention vornehmen, was Sie nicht überraschen wird.
Herzlichen Dank. – Ich möchte nur noch mal ergänzen. Das Beispiel, was Sie genannt haben, kommt von uns. Aber Beispiel Recklinghausen: In Recklinghausen ist das Angebot besser als im Umland. Der Vorwurf ist, die aus dem Umland zahlen dann für den guten ÖPNV in Recklinghausen. Dabei ist es interessanterweise genau umgekehrt. Im Umland muss der ÖPNV besser werden. Das heißt, dort haben wir die Probleme, dass sich der ÖPNV kostenmäßig zumindest momentan nicht lohnt, weil die Fahrgäste fehlen, und genau dort wird investiert. Deshalb ist es fast umgekehrt. Die Leute in Recklinghausen würden sozusagen für den ÖPNV im Umland zahlen.
Und sozial ungerecht ist fahrscheinfrei natürlich gar nicht. Denn es kann ja jeder nutzen, und es profitiert auch jeder davon. Selbst die, die es nicht nutzen, profitieren – im Gegensatz zur GEZ übrigens – davon, dass es etwa weniger Staus gibt, die Pendlerinnen und Pendler mehr den ÖPNV nutzen, das Verkehrssystem entlastet wird. Über Klimaschutz reden wir gar nicht.
Andererseits ist es natürlich sozial ungerecht, wenn alle mit ihrer Steuer für ein Sonderangebotsticket zahlen müssen, was aber nur 333.000 erwerben können, die momentan meist Abokunden sind und eh den ÖPNV nutzen. Da sehe ich eher die soziale Ungerechtigkeit. Das gilt auch für das jetzige System, in dem das über Steuern finanziert wird, was man dann noch mal extra per Ticket kaufen muss und nicht jeder nutzen kann.
welche Systeme am Ende sozialer ist. Sie wissen ja auch, nicht nur aus den Erfahrungen als Vorsitzender der Enquetekommission, dass ungefähr 50 % – es gibt vermutlich eine Bandbreite von 30 bis 70 % – der gesamten Kostensituation des öffentlichen Nahverkehrs aus Ticketeinnahmen gedeckt wird. Das andere wird auch heute – Sie haben es gesagt – zum großen Teil aus Steuereinnahmen finanziert. Wir finden diese Waage im Prinzip auch richtig. Trotzdem muss das Angebot überall erhöht werden, um zu mehr Fahrgästen zu kommen.
Ich habe eben auf die Frage von Herrn Klocke eindeutig geantwortet, warum wir Ihr Modell sozial ungerecht finden. Denn völlig unabhängig vom Bedürfnis – ich habe ganz bewusst gesagt, dass es selbst Leute treffen würde, die in irgendwelchen Pflegeeinrichtungen leben – muss jeder diesen Beitrag zahlen, weil es sonst gar nicht finanzierbar wäre. Das ist kein Sozialmodell: Jeder muss zahlen, egal, ob er es kann oder will oder überhaupt Lust hat, aus seinem Haus rauszukommen. Es wird auch Leute geben, die unter
Umständen sagen: Ich will gar nicht fahren – weder mit dem Auto noch mit dem Rad noch mit Bus und Bahn.
Andererseits wollen Sie anderen Leuten, die zu den Bestverdienern zählen, ebenfalls sagen: Ihr bekommt dieses Ticket zum einheitlichen Preis. Das ist zumindest nicht nachfragegerecht, aber auch in höchstem Maße unsozial ist, weil Sie jeden Bürger über einen Kamm scheren, indem Sie sagen: Jeder muss diesen Preis zahlen, ganz egal, ob er es will oder nicht.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren unter diesem Tagesordnungspunkt die Situation des ÖPNV. Es ist klar, das ist ein wichtiges Thema in unserem Land für die Pendler, für den Wirtschaftsstandort, auch für das Klima. Und was erleben wir? – Piraten und Grüne leisten sich einen Wettbewerb um unseriöse Wahlversprechen. Nichts anderes ist das –
Kommen wir zunächst zum Ansatz der Piraten. Das Finanzierungsmodell lehnen wir ab. Wir wollen, dass jemand für Leistung bezahlt, der die Leistung nutzt. Und wir lehnen es ab, dass jemand für eine Leistung bezahlt, die er nicht nutzt oder – noch viel schlimmer – vielleicht gar nicht nutzen kann, weil er im ländlichen Raum wohnt und als Pendler auf das Auto angewiesen ist und sogar doppelt zahlt. Insofern führt dieser Antrag für uns nicht zum Ziel, um den ÖPNV in Nordrhein-Westfalen zu verbessern.
Bisher waren alle Fraktionen in diesem Hohen Haus dieser Auffassung. Kein ÖPNV auf lau, hat der Minister gesagt. Da haben alle geklatscht. Die anderen Fraktionen teilten das auch, auch die Kritik an den Piraten und deren Ansätzen. Doch plötzlich sind auch die Grünen mit im Boot, wenn es darum geht, den Menschen in Nordrhein-Westfalen Geschenke zu versprechen.
Der „Kölner Stadtanzeiger“ hat das ja in seinem Bericht auf den Punkt gebracht: „Willkommen im Pendler-Paradies“, so werden die Grünen beschrieben: „Mit 60 € im Monat kreuz und quer durchs Land fahren.“
Dieses Billigticket löst erstens keinesfalls die Verkehrsprobleme. Zweitens ist es nicht finanzierbar, weil Nordrhein-Westfalen kein Paradies ist. Und drittens profitiert nur ein Teil der Bevölkerung.
Führen kostenintensive Wahlversprechen gegenüber der Bevölkerung zum Erfolg? Die Frage müssen Sie sich selbst beantworten. Aus meiner Sicht ist die Antwort klar: Nein, denn sie sind unseriös und unehrlich. – Herzlichen Dank.