Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

(Frank Sundermann [SPD]: Oh, jetzt wird es knapp!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit knapp 12 Jahren bin ich nun Mitglied dieses Hauses. Ich habe mich in dieser Zeit mit Ihnen, mit euch hier wohlgefühlt und danke allen für die angenehme Zusammenarbeit und manchen schönen Abend. Alles hat seine Zeit, und meine Zeit hier endet am 31. Mai.

Ich bin der FDP, lieber Dietmar, fast ein wenig dankbar für diesen Tagesordnungspunkt, habe ich doch so die Chance, noch einmal dazu sprechen zu dürfen.

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP] und ver- einzelt von der SPD – Heiterkeit von Frank Sundermann [SPD] und Michael Hübner [SPD])

An meinem gewachsenen Verständnis für die Windkraft ist natürlich der liebe Kollege Reiner Priggen nicht unschuldig. Sein Sachverstand war und ist immer wieder hilfreich. Ich freue mich als Windkraftbefürworter auch darüber, dass in meiner Fraktion mit Josef Hovenjürgen und Rainer Deppe das Thema nicht verloren geht.

Ihnen allen weiterhin eine gute Zeit!

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Herr Kollege Fehring, für die Rede, gleichzeitig aber auch für Ihre fast zwölfjährige Tätigkeit hier. Ich möchte

mich gern im Namen des Hohen Hauses so äußern: Wir alle sind heute der FDP sehr dankbar, dass es diesen Antrag gibt, sodass wir noch einmal Ihre überaus charmante Art genießen konnten, auch fundamentale Kritik so zu formulieren, dass man miteinander gut streiten, aber auch lächeln kann. Dafür herzlichen Dank! Ihnen persönlich alles Gute, und kommen Sie immer wieder einmal vorbei! Es lohnt sich, das wissen Sie. Alles Gute!

(Allgemeiner Beifall)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Brems.

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe FDP, ehrlich gesagt fällt mir bei Ihrem Antrag nur ein Wort ein: „Hohn“. Ihr Antrag ist wirklich blanker Hohn.

Sie überschreiben Ihren Antrag mit „Keine Energiewende zulasten von Mensch und Natur“

(Dietmar Brockes [FDP]: Genau richtig!)

und verhöhnen damit aber Mensch und Natur. Die Natur ist Ihnen vollkommen egal, wenn es zum Beispiel um einen Nationalpark Senne geht. Die Menschen sind Ihnen vollkommen egal, wenn Sie sich für ein Kraftwerk einsetzen, das mit all seinen Emissionen, sei es Quecksilber oder Feinstaub, näher an eine Siedlung gebaut wird, als es ein Windrad jemals dürfte. Ihr Herz für Natur- und Artenschutz ist an dieser Stelle einfach nur Show, weil Sie glauben, Sie können damit punkten. Ich finde das einfach nur verhöhnend.

(Beifall von den GRÜNEN – Norwich Rüße [GRÜNE]: Die haben gar kein Herz!)

Gleichzeitig provozieren Sie mit Ihrem Antrag Sorgen und schüren unbegründete Ängste. Recht und Gesetze geben ganz klare Vorgaben zum Schutz von Mensch und Natur, und Sie suggerieren mit Ihrem Antrag, dass dem nicht so wäre.

(Dietmar Brockes [FDP]: Das ist jetzt Hohn und Spott!)

Bei allen politischen Unterschieden zwischen uns sollten wir an dieser Stelle wirklich ehrlich bleiben. Ganz klar, jede Energieform stellt einen Eingriff in die Natur dar. Sie greifen sich jetzt aber eine Energieform heraus, die Sie nicht leiden können – das hat Herr Fehring gerade schon gesagt –, die sogar noch die geringsten Auswirkungen auf uns Menschen und die Natur hat, und stellen die Probleme dar. Was aber auf der anderen Seite dazugehört und wo wirklich die Probleme liegen, das sind Tausende von Umsiedlungen und unwiderrufliche Umweltzerstörung im Braunkohlerevier, die Sie nur als notwendiges Übel darstellen. Das alles mag in Ihre Ideologie pas

sen, aber es ist unehrlich und verhöhnt die betroffenen Menschen. Wo ist da Ihre Liebe für Mensch und Natur?

Den Zubau der Windenergie, den Sie negativ sehen, nenne ich einen Jobmotor, einen wichtigen Wirtschaftszweig, wie es für lange Zeit die Kohle in Nordrhein-Westfalen war. Sie sind aber auf diesem wirtschaftspolitischen Auge komplett blind.

Da ist Ihnen folgender Fakt wahrscheinlich auch vollkommen egal: In der Windbranche arbeiten mittlerweile 18.000 Menschen. Das sind mehr als im Bereich der Braunkohle. Nach den für die Windenergie wirklich schwierigen Zeiten haben wir ab 2010 die Weichen für mehr Windenergie gestellt. Die Erfolge sehen wir jetzt und sahen sie vor allen Dingen im letzten Jahr. Wir konnten endlich aufschließen und sind jetzt Nummer eins unter den Binnenländer beim Ausbau der Windenergie.

Liebe FDP, sonst sagen Sie wie ein Mantra immer nur: Wachstum, Wachstum, Wachstum. – Aber auf einmal passt es Ihnen an dieser Stelle dann wieder nicht. Bei der Windenergie zählen weder Rekordinvestitionen noch Arbeitsplätze. Da ist Ihnen das vollkommen egal.

(Dietmar Brockes [FDP]: Gut subventionierte!)

Dann möchte ich noch einen kleinen Ausblick wagen; denn leider droht diese positive Entwicklung der letzten Jahre, die immer noch weiter vorangeschritten ist, nun abgewürgt zu werden. Die Ausschreibungen für Windenergie und die Hürden besonders für Bürgerwindparks erschweren den Windausbau. Dabei schaffen gerade Bürgerwindprojekte Akzeptanz – die Sie hier eigentlich auch darstellen – und zudem eine dezentrale Ausrichtung der Energiewende. Davon profitieren das Klima, die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger. Deshalb ist es eben wichtig, dass auch Bürgerwindprojekte wieder eine Chance erhalten und für sie passende Rahmenbedingungen geschaffen werden.

(Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

Gerade in Nordrhein-Westfalen haben wir positive Voraussetzungen für die Gestaltung der Energiewende; denn das aktuelle Problem sind die falschen Rahmenbedingungen für das Wachstum der für die Energiewende relevanten Zweige. Da könnten Sie schon zuhören, was Techniker sagen. Wir müssen nicht auf den Ausbau von Netzen und Speichern warten. Bei Ihnen hört es sich fast so an, als wenn man die Windenergieanlagen mit Netzen und Speichern überflüssig machen könnte. Nein, wir müssen die Erneuerbaren und gleichzeitig die Speicher und Netze ausbauen.

Wir benötigen Anreize von der Bundesregierung für Speicherforschung, Entwicklung und Lastmanagement. Die Menschen und die Wirtschaft benötigen

endlich Planungssicherheit, was den Kohleausstieg angeht.

Als Ingenieurin weiß ich, dass das alles technisch machbar ist. Als Abgeordnete dieses schönen Bundeslandes weiß ich, dass wir das Know-how und die Ideen in Nordrhein-Westfalen haben, um die Energiewende auch im Industrieland Nordrhein-Westfalen Wirklichkeit werden zu lassen. Lassen Sie uns gemeinsam die Windenergie als Wirtschaftsmotor, als Jobmotor und als Energieform der Zukunft in NRW voranbringen. Deswegen bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Entschließungsantrag zu.

Ganz zum Schluss möchte natürlich auch ich die Möglichkeit nutzen, lieber Herr Fehring, ein paar Worte an Sie zu richten. Ich kann mit Fug und Recht sagen, dass Sie ein Überzeugungstäter im Bereich der erneuerbaren Energien sind. Es war immer gut, lieber Herr Fehring, mit Ihnen auf der Sachebene einen Verbündeten für die erneuerbaren Energien zu haben. Dafür möchte ich Ihnen ganz herzlich danken, und ich wünsche Ihnen alles Gute. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Schmalenbach.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Herr Brockes, ich muss meinem eigentlichen Redebeitrag leider wieder einmal meine Notizen voranstellen, weil Sie wieder ziemlich viel Zeug erzählt haben.

Sie reden von einem Ausbaurekord. Ja, für NRW ist das ein Ausbaurekord. Ich kann nur sagen: Es wird auch langsam Zeit, dass wir diesen Ausbaurekord bekommen; denn eigentlich haben wir hinterher gehangen.

Sie reden davon, dass den Hindernissen für die Windenergie die Zähne gezogen würden. Ja, das ist tatsächlich so. Der Windenergieerlass hat genau das getan. Die Politik richtet sich darauf ein, die Verluste im Bereich der fossilen Energieträger zu kompensieren und endlich den Weg in die erneuerbaren Energien zu gehen. Das ist gut so, und das ist richtig so.

Den Hindernissen werden in der Politik aber allzu oft die Zähne gezogen. Allzu oft waren auch Ihre Kollegen daran beteiligt. Wenn man heute über das Dieselgate spricht, dann spricht man im Allgemeinen über einen VW-Skandal, von dem ich nach wie vor behaupte, er ist ein Politikskandal, weil die Politik den Hindernissen der Automobilindustrie die Zähne gezogen hat. Das führt zu dem Problem, vor dem wir jetzt stehen.

Sie reden von Verspargelung und erzählen von Menschen, die sich gegen die Energieparks und die Windräder richten. Sie reden von mangelnder Akzeptanz. Dabei fördern Sie genau diese. Ihr erklärtes Ziel scheint es zu sein, die Akzeptanz der Energiewende zu brechen. Ihr erklärtes Ziel scheint es zu sein, die Energiewende abzuwürgen. Aber wenn das so ist, Herr Brockes, tun Sie uns allen den Gefallen, stellen sich hierhin und sagen: …

(Dietmar Brockes [FDP] unterhält sich mit an- deren Abgeordneten)

Herr Brockes, hören Sie mir zu?

(Dietmar Brockes [FDP]: Ja!)

… Wir wollen die Energiewende nicht. – Tun Sie das. Stellen Sie sich hierhin und sagen: Wir wollen die Energiewende nicht. – Erzählen Sie uns nicht einen vom Pferd, als ob Sie jetzt die neuen Hüter der …

(Dietmar Brockes [FDP]: So wollen wir die nicht!)

(Dietmar Brockes [FDP]: So wollen wir die nicht!)

So wollen Sie die nicht.

(Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE] – Weitere Zurufe)

Aber erzählen Sie uns bitte nicht, dass Sie das tun, um die Natur zu schützen. Das wäre nicht nur peinlich, wie der Kollege Sundermann sagte, sondern das wäre erbärmlich. Das passt überhaupt nicht zur FDP.

Sie möchten mit Ihrem Antrag die Flächen in den Wäldern schützen. Sie möchten vom Abholzen bedrohte Wälder vor Windrädern schützen. Gleichzeitig haben Sie überhaupt kein Problem damit, dass der Hambacher Forst mal eben so der Braunkohle weichen muss. Das ist Bigotterie. Nichts anderes ist das.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Sie reden vom notwendigen Netzausbau. Herr Fehring sagt, der Netzausbau sei glücklicherweise allgemein akzeptiert. Ich muss leider widersprechen, Herr Fehring. Wir akzeptieren ihn so nicht. Wir sind nicht der Meinung, dass wir die großen Netze bauen sollten. Wir sind im Gegenteil der Meinung, dass wir große Netze eben nicht bauen, sondern auf kleiner Ebene ausbauen sollten. Eine Energiewende, die gelingen soll, ist immer noch dezentral. Sie ist nicht zentral. Sie sorgt nicht für die Konzentration von Energie und Verbrauchern an unterschiedlichen Orten. Am besten wäre es eigentlich, die Energie würde da produziert, wo sie verbraucht wird.