Sie reden vom notwendigen Netzausbau. Herr Fehring sagt, der Netzausbau sei glücklicherweise allgemein akzeptiert. Ich muss leider widersprechen, Herr Fehring. Wir akzeptieren ihn so nicht. Wir sind nicht der Meinung, dass wir die großen Netze bauen sollten. Wir sind im Gegenteil der Meinung, dass wir große Netze eben nicht bauen, sondern auf kleiner Ebene ausbauen sollten. Eine Energiewende, die gelingen soll, ist immer noch dezentral. Sie ist nicht zentral. Sie sorgt nicht für die Konzentration von Energie und Verbrauchern an unterschiedlichen Orten. Am besten wäre es eigentlich, die Energie würde da produziert, wo sie verbraucht wird.
Herr Brockes, Sie sagen, der Strom wird nicht abgenommen. Welcher Strom wird denn nicht abgenommen? Der Windstrom? Ist es nicht eher so, dass die aktuellen Kraftwerke zu unflexibel sind, um auf den Windstrom zu reagieren? Das heißt, wir bekommen den Windstrom verkauft, aber wir bekommen den Braunkohlestrom nicht verkauft. Das ist das Problem.
Es tut mir leid, das ist wirklich wunderschön: Eine Partei, die den ganzen Tag lang nur von Arbeitsplätzen und Wirtschaftswachstum faselt, die nichts anderes im Auge hat als Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum, erzählt uns etwas von Ideologie. Das ist wirklich wunderbar. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Schmalenbach. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Remmel das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe noch mal im Duden nachgeschaut. Nach der Definition des Dudens ist Populismus in der Politik eine von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Bevölkerung zu gewinnen.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, ist der vorliegende Antrag, wie ich finde, Populismus in Reinkultur – ja,
Sehr geehrter Herr Brockes, Sie sagen einfach nicht die Wahrheit, nicht das, was Sie wirklich wollen. Sie verstecken sich hinter einer Scheindebatte über die Windenergie, die tatsächlich vor Ort teilweise in einer schwierigen Situation geführt wird. Aber politisch wollen Sie etwas ganz anderes. Das ist das Unehrliche an Ihrem Antrag. Sie hätten den Antrag am Schluss noch ergänzen müssen, dass Sie der Meinung sind, die Entscheidung, die mit großer Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat gefällt worden ist, aus der Atomenergie auszusteigen, war falsch. Das ist Ihre eigentliche Auffassung.
Im Übrigen hat das Ihr Vorsitzender hier im Landtag auch erwähnt. Er hat gesagt: Die FDP hält den Atomausstieg für einen Fehler. Nur, das schreiben Sie nicht in den Antrag, weil Sie gerade in dieser Situation ein öffentliches Problem hätten zu sagen: Der Atomausstieg ist ein Fehler.
Sie lassen uns und die Bevölkerung im Unklaren darüber, welche Haltung Sie zur Energiewende und zum Atomausstieg haben. Das ist hier im Landtag erklärt worden. Und wenn Sie Verantwortung übernehmen wollen, müssen Sie auf diese Frage eine Antwort geben.
Auch einen zweiten Punkt will ich an dieser Stelle nennen. Ich bin der festen Überzeugung – so, wie ich Ihre Debatten bisher wahrgenommen habe –, dass Sie auch die Ziele des Klimaschutzes für Humbug halten. Sagen Sie das doch dann bitte auch hier! Wie wollen wir denn sonst in Deutschland, in Europa die Klimaziele erreichen, wenn wir nicht massiv in erneuerbare Energien investieren? Erklären Sie es mir an den Zahlen!
das muss dem Publikum doch erklärt werden –, das heute noch Mitglied Ihrer Fraktion ist, das den Klimawandel für eine Erfindung, eine Fiktion hält: In der Erdgeschichte hat es immer mal wieder eine Zu- oder Abnahme von Temperaturen gegeben. – So haben Sie die ganze Zeit argumentiert. Klimawandel ist von Ihrer Seite nicht von Menschen gemacht, sondern eine erdgeschichtliche Erscheinung. So gehen Sie mit dem Menschheitsthema, mit der Herausforderung, die wir zu bewältigen haben, um.
Dann lassen Sie uns doch über Zahlen diskutieren und ganz klar benennen, wo wir in Nordrhein-Westfalen stehen!
Wir sind ja beim Ausbau der erneuerbaren Energien nicht vorne, sondern wir holen auf. Wir müssen aufholen, weil es in der Tat mal eine Regierung gegeben hat, die erneuerbare Energien in diesem Lande kaputtmachen wollte. Das ist Ihre Bilanz von fünf Jahren Regierungsbeteiligung.
90 MW Windenergieausbau 2010, jetzt eine Versechsfachung; aber auch das ist klar, wir haben noch gut 25.000 MW an fossiler Leistung installiert. Nur um die Dimension deutlich zu machen: 580 MW Ausbau pro Jahr bei Wind und noch 25.000 MW fossile Leistung. Wenn wir so weitermachen, um unsere Energieversorgung komplett auf Erneuerbare umzustellen, können Sie sich ausrechnen, wir bräuchten noch mindestens 50 Jahre. Wir sind also nicht irgendwie vorne, sondern hintendran, und wir müssen noch mehr an Tempo zulegen – gar keine Frage.
Jetzt etwas zu der Konfliktlage, damit die Menschen Klarheit darüber haben, dass wir in einer schwierigen Situation sind. Ich will die Konflikte gar nicht leugnen. Wir kommen in Standorte rein, die tatsächlich konfliktbeladen sind, weil die guten Standorte über die Zeit mittlerweile besetzt sind. Insofern wäre Ihre politische Unterstützung vonnöten zu erklären …
Dann müssen Sie den Menschen erklären: Nein, wir setzen auf andere Energien: Wir setzen auf fossile Energien; wir setzen auf nukleare Energien. Dann ist die Debatte ehrlich. Aber so ist die Debatte unehrlich.
Man muss den Menschen klar sagen: Das ist die gemeinsame Entscheidung. Natürlich ist nicht jedes Windrad vor Ort ein gutes Windrad. Ein Windrad ist auch eine Industrieanlage – gar keine Frage. Natürlich ist es eine Veränderung auch des Landschaftsbildes, wenn an Stellen Windenergieanlagen entstehen, wo vorher keine waren.
Das ist auch eine Frage der Diskussion mit den Menschen, eine Frage des Dialogs, den wir anbieten. Es ist gar keine Frage, dass das eine schwierige Durchsetzungssituation ist, in der der Dialog gesucht werden muss. Aber man muss den Menschen auch erklären, dass wir noch ein großes Ziel vor uns haben und gerade erst am Anfang einer notwendigen Ausbausituation stehen.
Es ist auch fahrlässig, generell von Wald zu sprechen. Wir haben eine klare Unterscheidung, wo im Wald Windenergieanlagen gebaut werden können und wo nicht. Sie müssen schon ökologisch erklären, warum ein Monofichtenbestand ökologisch wertvoller sein soll als so manche Monofläche im Freiland, im Offenland. Da ist ökologisch durchaus eine Abwägung zu treffen.
Am Ende des Tages ist aber irritierend – das ist schon mehrfach angesprochen worden –, warum heute am gleichen Tag morgens von Ihnen eine Debatte mit Fingerzeig auf Umweltinteressen, die angeblich wirtschaftliche Entwicklungen behindern, geführt wird und am Nachmittag auf einmal über 18.000 Arbeitsplätze in diesem Land geredet wird: in einer Branche, die stetig wächst und in der in NordrheinWestfalen ein Cluster entstanden ist. Neben Norddeutschland sind wir hier ein Zentrum der Windenergie, insbesondere bei den Zulieferern. Viele, die ehemals Getriebe für den Bergbau hergestellt haben, produzieren heute für die Windenergie. Das ist eine Zukunftsperspektive unseres Industriestandortes. Warum das plötzlich schlechte Arbeitsplätze sein sollen, will mir jedenfalls nicht in den Kopf.
Auch von meiner Seite zum Abschluss: Sehr geehrter Hubertus Fehring, lieber Hubertus, ich weiß nicht, wie wir heute Morgen dazu gekommen sind, aber wir haben wohl gemeinsam in den Kleiderschrank geguckt. Das, was dabei herausgekommen ist, ist ähnlich. So ist es nicht nur der Schlips, der manchmal der gleiche ist, sondern ab und an haben wir auch das Gleiche im Kopf oder tragen wir das Gleiche vor.
Jetzt kann ich es ja sagen: Du bist sozusagen der Grünste in der schwarzen Fraktion. Ich schade dir ja nicht mehr. Insofern war das Zusammenarbeiten mit dir immer sehr gut und hilfreich. Wir haben uns auch auf der Fachebene regional das eine oder andere Mal gut ausgetauscht. Und mit dir wäre auch eine ganz große Koalition möglich, aber nur mit dir.
Wir streiten weiter für die gemeinsame Sache, nicht nur hier im Parlament, sondern auch außerhalb, und wir werden uns über den Weg laufen. – Herzlichen Dank.