„… warum sollten die Manager der Stromkonzerne, die sich seit Jahren darauf einstellen, schmutzige Kraftwerke durch weniger schädliche zu ersetzen, jetzt ihre Strategie ändern?“
So ein Zitat aus dem „Tagesspiegel“ vom 28. März. Eine solche – im Übrigen auch wirtschaftlich gefährliche – Rückwärtsgewandtheit im 21. Jahrhundert zu erleben, hätte vermutlich vor wenigen Jahren niemand für möglich gehalten.
Es ist so. Es gibt immer noch zu viele Menschen – auch hier im Hause, so habe ich manchmal den Eindruck –, die den Klimawandel in seinen Auswirkungen und in seinen Möglichkeiten leugnen oder zumindest ignorieren. Dabei wird häufig erkannt, dass es beim Klimaschutz um Fortschritt für die Welt, aber auch und gerade um Fortschritt hier bei uns geht. Wir haben gerade wieder ein Lehrbeispiel von dem Kollegen Hovenjürgen zu hören bekommen. Den Klimaschutz als Belastung zu sehen, zeigt, dass man die Situation überhaupt nicht verstanden hat oder aus ideologischen Gründen nicht verstehen will.
Die Klimafolgen kommen auch bei uns an. Wir erleben veränderte Vegetationsphasen und zunehmende Unwetter wie Starkregenereignisse. Ich erinnere nur an letztes Jahr, als im Frühsommer solch starke Niederschläge auch in meinem Wahlkreis – das ist der Kreis Wesel, genauer gesagt Hamminkeln – Felder und Keller flutete und fast einen Deich zum Bersten brachten. In anderen Teilen Deutschlands war es noch verheerender. Sie erinnern sich bestimmt noch an die Fernsehbilder aus Braunsbach in Süddeutschland, wo das Wasser sintflutartig durch den Ort floss.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es eben nicht nur um Eisbären, denen wir die Lebensgrundlage entziehen. Es geht auch nicht nur um die Malediven oder die Fidschi Inseln, die vom Untergang durch den steigenden Meeresspiegel bedroht sind, was jedes für sich genommen schon schlimm genug ist. Nein, es geht eben auch um uns hier zu Hause, um unsere Region, um das, was vor unserer eigenen Haustür geschieht. Da kann man nicht wegschauen. Das darf man nicht. Man muss sich auch an die eigene Nase fassen und sich fragen, welchen Beitrag man selbst leisten kann, um dem Problem zu begegnen.
Herr Hovenjürgen, Sie haben gesagt, Klimawandel – das war ein richtiger Satz; Sie haben nur nicht die richtigen Schlussfolgerungen daraus gezogen – muss auf allen Ebenen bekämpft werden. – Ja, genau. Er muss eben auch auf der landespolitischen Ebene bekämpft werden. Sie kennen alle diesen Spruch: Man muss global denken und lokal handeln. – Das machen wir hier in Nordrhein-Westfalen.
Wir in Nordrhein-Westfalen sind beim Thema „Klimaschutz“ auf der Höhe der Zeit. Wir haben als erste ein Klimaschutzgesetz gemacht und dabei klare Ziele benannt. Das Klimaschutzgesetz legt zu den Treibhausgasen fest, dass bis 2020 mindestens 25 % und bis 2040 mindestens 80 % CO2 gegenüber 1990 eingespart werden sollen. Nordrhein-Westfalen hat sich damit eigene Ziele gesetzt, die die besondere Situa
tion des Industrielandes Nordrhein-Westfalen berücksichtigen. Dazu haben wir das Ziel, bis 2020 einen Anteil von 15 % Windenergie bei der Stromerzeugung zu erreichen und bis 2025 mehr als 30 % des Stroms aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.
Klimaschutz ist eben auch Fortschrittsmotor. Damit stärken wir unsere Wirtschaft. Ja, wir wollen und wir werden damit auch Industrie- und Energieland Nummer eins in Deutschland bleiben.
Bedauerlich ist, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, die Chancen durch den Klimaschutz völlig verkennen. Sie wollen den Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen sogar zurückdrehen; denn in Ihrem Programm zur Landtagswahl haben Sie ausgeführt, dass Sie das Klimaschutzgesetz und den Klimaschutzplan abschaffen wollen.
Auch das ist ein kläglicher Versuch, mit rückwärtsgewandter Politik Strategien für die Zukunft zu entwickeln. Das wird so niemals gelingen. Gerade der Klimaschutzplan beinhaltet viele Vorschläge, die gemeinsam mit verschiedensten Gruppen und auch der Wirtschaft erarbeitet wurden. Da wurde ein sehr breiter Dialog mit insgesamt 2.000 Vertreterinnen und Vertretern von Unternehmen, Verbänden, Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger geführt, die alle an der Erarbeitung der Grundlagen für den Klimaschutzplan mitgewirkt haben.
Herr Hovenjürgen, auch zahlreiche Beispiele aus der Industrie zeigen, dass die Industrie und die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen klimatechnisch schon sehr gut aufgestellt sind. Im Anschluss an diesen Prozess hatten die Wirtschafts- und Umweltverbände, Kirchen und Gewerkschaften sowie andere relevante gesellschaftliche Gruppen auch die Gelegenheit, zum Entwurf des Plans Stellung zu nehmen. Sie sehen, Beteiligung haben wir in diesem Entwicklungsprozess sehr groß geschrieben.
Ihre Ablehnung dieses Prozesses bedeutet letztendlich auch, dass Sie die Vorschläge der Wirtschaft, die sich eingebracht hat, ablehnen. Ich finde das sehr bemerkenswert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen eine verantwortliche Politik, die Umwelt und Klima schützt, die wirtschaftlichen Potenziale und gute, innovative Arbeitsplätze fördert. Davon verstehen wir hier in Nordrhein-Westfalen etwas, davon versteht die SPD auch etwas. Mit der Marke „Klimaschutz in NRW“ setzen wir als Sozialdemokraten in NordrheinWestfalen das fort, was Willy Brandt seinerzeit mit dem blauen Himmel über der Ruhr begonnen hat.
Klimaschutz hat eine lange Tradition in unserem Industrieland Nordrhein-Westfalen. Er ist Bestandteil
einer Gesamtstrategie, die sich an wirtschaftlicher Stärke, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Vernunft orientiert. Diesen beschrittenen Weg werden wir fortsetzen.
Gerade die Klimakonferenz im Herbst ist eine gute Möglichkeit für unser großartiges Bundesland, sich entsprechend zu präsentieren. Dort können wir auch unsere Erfolge herausstellen. Wir können den zu erwartenden 20 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zeigen, was „Klimaschutz made in NRW“ bedeutet – und das vor dem Hintergrund, dass wir Industriestandort sind, dass wir Energieland sind, neue Wege gehen und somit unserer Verantwortung gerecht werden und auf diese Art und Weise hier in Nordrhein-Westfalen eine innovative Industriepolitik betreiben.
Diese Chancen wollen wir auch in den nächsten Jahren nutzen und unsere Arbeit für eine verantwortliche, nachhaltige Klimaschutz- und Industriepolitik in Nordrhein-Westfalen fortsetzen, denn das ist kein Gegensatz. Beides funktioniert schon längst in einer gut aufgestellten Umweltwirtschaft hier in NordrheinWestfalen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Glück auf!
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kurz nach der Einigung auf der Weltklimakonferenz in Paris hatten wir hier zu genau diesem Themenkomplex auch eine Debatte. Schon damals habe ich das Abkommen, die Einigung, die in Paris erzielt wurde, persönlich und auch für meine Fraktion begrüßt. Erstmals hat sich die Weltgemeinschaft völkerrechtlich verbindlich dazu bekannt, dass die Welt in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts treibhausgasneutral werden soll. Erstmals machen sich alle Länder dieser Welt gemeinsam auf den Weg, um die Auswirkungen menschlichen Handelns auf ein Minimum zu beschränken. Vor allem wollen und müssen wir dabei den ärmsten Ländern, den Ländern, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sind – durch Schäden, durch Verluste – helfen, das zu bewältigen.
Das war und ist ein historischer Wendepunkt. Die Verpflichtungen, die Deutschland im Rahmen des Pariser Abkommens eingegangen ist, sind auch für uns Freie Demokraten verbindliche Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Klimaschutzpolitik.
In der damaligen Debatte haben sich zwar alle Fraktionen über diese Einigung gefreut, waren aber unsicher, wie schnell es wohl geht mit der Ratifizierung
und ob am Ende wirklich alle Länder mitmachen. 141 Staaten haben dieses Abkommen mittlerweile ratifiziert, eben auch die USA und China, zwei der größten Emittenten – ein großer Erfolg.
Meine Vorredner haben es schon angesprochen: Wo Licht ist, ist auch Schatten. Es war in den vergangenen Wochen immer wieder zu lesen, dass USPräsident Trump einen Rückzug aus dem Abkommen erwägt. Das wäre sicherlich ein herber Rückschlag für die weltweiten Bemühungen im Bereich des Klimaschutzes. Ich bin gespannt: Ende Mai will Donald Trump wohl vor dem G7-Gipfel eine Entscheidung dazu mitteilen. Die erste Aktion von ihm, der Erlass zum Clean Power Plan in den USA, treibt mir aber eher Sorgenfalten auf die Stirn. – Erfreulich ist hingegen, dass der chinesische Präsident Xi bei der letzten UN-Versammlung in Genf die große Bedeutung des Klimaschutzabkommens herausstellte und zur erfolgreichen Implementierung entsprechender Maßnahmen aufrief. Wenn ich mir diese kleine Klammer erlauben darf: Wer hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass die KP China und ihre Führer auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos für Freihandel und in Genf für den Klimaschutz werben und sich damit von den USA abgrenzen?
Das Pariser Abkommen stellt zweifelsohne einen Meilenstein in der Geschichte des Klimaschutzes dar, aber das Abkommen allein wird die Welt nicht verbessern können, weil eben noch konkrete Maßnahmen und Instrumente fehlen. Und da kommt die Klimakonferenz in Bonn ins Spiel. Dort gilt es, auch aufbauend auf den Ergebnissen von Marrakesch zu klären, wie die Reduktionsziele für Treibhausgase zu verwirklichen sind, und zwar konkret und verbindlich.
Bei aller Freude über das Pariser Abkommen müssen wir allerdings festhalten, dass noch viel zu tun ist, weil das Abkommen in seiner jetzigen Form in Teilen hinter dem Kyoto-Protokoll zurückbleibt, weil nämlich keine wirksamen Mechanismen zum Beispiel zur Kontrolle der Einhaltung der Klimaziele vorhanden sind. Einzelne Länder haben ja auch schon Ziele ausgegeben, die nach dem heutigen Stand der Technik schon lange erreicht worden sind – Russland gehört zum Beispiel dazu. Sicherlich kann man immer über die Höhe der Latte, die man sich selbst anlegt, sprechen, aber sie sollte nicht auf dem Boden liegen, das ist vollkommen klar.
Wichtig ist – das ist auch ein Ziel der Konferenz –, ein Level-Playing-Field zu schaffen, wie es dort auf Englisch heißt – also faire Rahmenbedingungen, wie wir eigentlich auf der ganzen Welt fair die Wettbewerbsfähigkeit vor Ort erhalten und gleichzeitig das Klima schützen können. Das ist für die europäische Wirtschaft eine besondere Herausforderung. Es ist auch für Deutschland eine besondere Herausforderung – übrigens eine, die über ein pures Eigeninteresse an
Wertschöpfung und an Arbeitsplätzen hinausgeht. Wie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir denn von Schwellenländern und Entwicklungsländern erwarten, dass sie uns folgen, wenn sie hier von außen betrachtet schwere Umbrüche in der Wirtschaftsstruktur oder immense Kosten sehen? Das sind Dinge, die solche Länder abschrecken. Umso wichtiger ist es, dass wir klug und bedacht vorgehen, nicht überstürzt und ideologisch.
Im Fokus stehen faire Spielregeln. Dazu gehören zwingend die Erarbeitung von Sanktionsmechanismen und die Vollendung des Regelbuchs – Kollege Hovenjürgen hat es angesprochen. Dabei sollte Deutschland eine Führungsrolle einnehmen.
Um die Vereinbarung aber nicht komplett zu gefährden, um die Vereinbarung von konkreten, verbindlichen Maßnahmen überhaupt erreichen zu können, ist es aber auch von essenzieller Bedeutung, den bereits erzielten Konsens vom Abkommen von Paris nicht durch immer weiteres Hinaufschrauben von Zielen, nicht durch immer neue, noch ambitioniertere Ziele zu gefährden. Solche Forderungen haben aber genau dafür das Potenzial, gerade mit Blick auf die großen Emittenten in dieser Welt. Darum gilt es hier, vorsichtig voranzugehen.
Gäste aus aller Welt werden in der Bundesstadt Bonn, werden in Nordrhein-Westfalen zu Gast sein. Da lohnt doch auch sicherlich einmal ein Blick auf die Bemühungen der Landesregierung im Bereich Klimapolitik: Herr Minister Remmel, Sie haben ja sehr gekämpft für den Klimaschutzplan in NordrheinWestfalen. 220 Maßnahmen sind da drin, Herr Kollege Meesters. Sie sind zu einem breiten Prozess entwickelt worden. Den technischen, den ideellen Durchbruch vermisst man allerdings darin.
Neue Dinge gibt es darin nicht; da sind Selbstverständlichkeiten und ohnehin vorhandene Projekte in einer neuen Form zusammengefasst worden – nicht mehr und nicht weniger. 220 Maßnahmen also! In der jüngsten Vorlage zum Thema war dann zu lesen: Knapp 10 % sind abgeschlossen, 35 % in der Umsetzung, 30 % in der Konkretisierungsphase, und das verbleibende Viertel konnte noch nicht angegangen werden. Man könnte also westfälisch sagen: gar nicht so schlecht!
Doch der Schein trügt. Im Klimafortschrittsbericht schreiben Sie ja selbst, dass der Klimaschutzplan NRW rein angebotsorientiert sei. Es gehe um Vernetzung, um Beratung, um ein bisschen Förderung, um ein perspektivisches Radar – das alles schreiben Sie da. Das verdeutlicht noch einmal das, was ich gerade
gesagt habe: Welche neuen Impulse sind denn eigentlich vom Klimaschutzplan wirklich ausgegangen? Welche bahnbrechenden Neuerungen sind denn davon zu erwarten gewesen oder sind noch zu erwarten?
Nordrhein-Westfalen hat 2015 seine TreibhausgasEmissionen um 2,7 % senken können. Darüber freuen wir uns. Das hat aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Klimaschutzplan dieser Landesregierung herzlich wenig zu tun.
Es kommt noch etwas hinzu: Der Klimaschutzplan dieser Landesregierung sorgt eben gerade nicht für eine faire Balance, hat eben Wettbewerbsfähigkeit nicht ausreichend im Blick. Zwei Gründe will ich Ihnen dafür mitgeben.
Erstens. Ihre Forderung, Herr Minister Remmel – Sie haben sie eben wiederholt –, eines vorzeitigen Ausstiegs aus der Braunkohle würde alleine im rheinischen Revier gut 10 000 Arbeitsplätze vernichten, indirekte Effekte bei Zulieferern und Co. sind noch hinzuzuzählen. Das ist doch das Gegenteil von Planungssicherheit, das ist das Gegenteil von industriepolitischer Verantwortung!
Die Stromerzeugung aus fossilen Quellen brauchen wir auf absehbare Zeit noch für die Versorgungssicherheit, für eine wirtschaftliche Energieversorgung. Bei dieser Feststellung haben wir übrigens – ganz offensichtlich anders als Sie, Herr Minister Remmel – die Ministerpräsidentin auf unserer Seite. Im vergangenen Jahr hat Hannelore Kraft gegenüber dem „Handelsblatt“ noch gesagt, man könne – Zitat – „nicht heute beschließen, wann wir auf Kohlekraftwerke komplett verzichten können“. – Sehr, sehr richtig!