Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Sagen Sie doch mal, wie viele Schulden es 2010 waren!)

Wie wollen Sie denn mit einer steigenden Linie der Neuverschuldung jemals die Schuldenbremse einhalten? Wie wollen Sie mit einer steigenden Linie der Neuverschuldung die Interessen der jungen Generation wahren?

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Die Zahlen in Ihrem Haushaltsentwurf beruhen auf Hoffnungswerten. Immerhin weisen Sie 160 Millionen € globale Mehreinnahmen und 800 Millionen € globale Minderausgaben aus. Das heißt: Bei einer Milliarde, die in diesem Haushalt steckt, kann man dem Haushalt nicht entnehmen, woher sie kommen soll oder wo sie eingespart werden soll.

Was das für das Parlament und für die Seriosität der Haushaltsberatungen heißt, darüber will ich jetzt gar nicht reden. Wenn Sie einen Haushaltsplan vorlegen, in dem eine Milliarde steht, von der man nicht weiß, wo sie eingespart werden soll oder woher sie kommt, sage ich: Das kann kein solider Haushalt sein. Und wenn es diese Milliarde nicht gäbe, hätten Sie eine Neuverschuldung von 4,5 Milliarden € in diesem Haushaltsentwurf stehen!

(Beifall von der CDU und der FDP – Martin Börschel [SPD]: „Hätte“, „wäre“, „wenn“ und „aber“! – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Ich will Ihnen auch sagen, warum Sie das gemacht haben: Die Investitionsgrenze dieses Haushalts liegt bei 4,3 Milliarden €. Damit liegt auch die Verfassungsgrenze bei 4,3 Milliarden €. Das heißt: Sie halten die Verfassungsgrenze unseres Landes nur, weil Sie letztlich mit globalen Mehreinnahmen und globalen Minderausgaben tricksen.

(Beifall von der CDU)

Wenn das weitsichtige Politik und die Weitsicht, Frau Kraft, Ihres Kabinetts ist, dann waren, würde ich sagen, die Menschen im Tal der Ahnungslosen sehr weitsichtige Menschen.

Ein Vorteil, den unsere föderale Grundordnung hat, besteht darin, dass man im Föderalismus Vergleiche machen kann. In diesem Jahr schreiben sechs Länder bei den gleichen bundespolitischen Bedingungen eine schwarze Null:

(Vereinzelt Beifall von der CDU – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen,

Mecklenburg-Vorpommern

(Zuruf von den GRÜNEN: Wie viel bekom- men die denn von uns?)

und Baden-Württemberg. Und auch andere Länder haben einen konkreten Plan und abfallende Schuldenlinien, um das Ziel 2020 zu erreichen. Nur bei uns in Nordrhein-Westfalen gibt es eine steigende Schuldenlinie. Vor wenigen Tagen fand ich auf einem Kalender einen schönen Spruch, der heißt:

„Der Willige sucht Wege, um das Unmögliche zu erreichen. Der Unwillige sucht Gründe, um das Mögliche zu verhindern.“

SPD und Grüne können sich aussuchen, zu wem sie gehören.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Trotz der vielen Schulden und höchster Steuereinnahmen werden im kommenden Jahr gerade unsere Kinder und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen zu Tausenden im Stich gelassen.

Nach dem, was wir heute wissen – Sie wissen es genauso gut wie ich –, fehlen für den doppelten Abiturjahrgang rund 18.000 Studienplätze. Um ein Beispiel zu nennen: alleine in Köln 1.000. Es fehlen gute Rahmenbedingungen für diesen doppelten Abiturjahrgang und für ein gutes Studium. Ich sage nur: Wenn Sie die Studienbeiträge nicht abgeschafft hätten, hätten die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen rund 50 Millionen € mehr zur Verfügung.

(Beifall von der CDU und der FDP – Hans- Willi Körfges [SPD]: Röttgen!)

Ich möchte einen weiteren Punkt nennen. Mit Stand heute fehlen uns in Nordrhein-Westfalen mindestens 27.000 U3-Plätze, um im August die 32 % zu erreichen. Sie wissen ganz genau, dass der Bedarf vielerorts höher liegt. Es ist doch schon jetzt klar, dass unter Ihnen der weitere Ausbau und das Ziel nur zu erreichen sind, wenn Sie schlicht und ergreifend die Gruppen vergrößern und damit die Qualität vermindern.

(Beifall von der CDU und Christian Lindner [FDP])

Ihr Fehler war: Baustopp nach der Regierungsübernahme. Aber Ihr Fehler war auch: Sie haben das Vorziehen der Einschulung wieder rückgängig gemacht und hierbei nicht für ausreichend Erzieherinnen und Plätze gesorgt.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Derzeit gibt es eine Debatte, die viele Menschen in unseren Schulen, viele Eltern und viele Kommunalpolitiker beunruhigt, nämlich die Debatte über die Pläne zur Inklusion. Bislang kann niemand den genauen Weg erkennen, wie die Unterstützung der besonders förderbedürftigen Kinder im Regelschulwerk verlässlich gestaltet wird.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Mit diesem Thema sollten wir alle sehr vorsichtig umgehen. Ich möchte die Inklusion. Aber sie muss auch gelingen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Deswegen rate ich, dass wir in kleineren Schritten vorangehen sollten

(Zuruf von der SPD: Wie bei G8?)

und dass wir Inklusion aufbauend begreifen sollten. Wir machen heute schon eine Menge in unseren Kindergärten. Da können wir noch mehr machen. Wir sollten es dann in den Grundschulen fortsetzen und anschließend sehen, was im Regelschulsystem geht. Aber das jetzt mit der Brechstange durchzuziehen,

(Ministerin Sylvia Löhrmann: Wer macht das denn?)

da habe ich große Bedenken. Die ganze Landschaft ist deswegen in tiefer Sorge.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wenn ich diese Situation bei unseren jungen Menschen, von den U3-Plätzen über die Studienplätze bis hin zur Inklusion, betrachte, dann finde ich, dass Rot-Grün das Gerede von präventiver Politik sein lassen sollte. Sie haben höchste Steuereinnahmen, machen die höchste Neuverschuldung und haben trotzdem für unsere jungen Leute keine optimalen Voraussetzungen in Nordrhein-Westfalen geschaffen.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Wenn ich auf unseren Haushalt blicke, dann bewegt mich eine zweite Frage sehr: Was bedeutet eigentlich die Demografie für die Entwicklung unserer Haushalte und die Fähigkeit der nachfolgenden Generation, unsere Schulden abzubezahlen und gleichzeitig ihre Gegenwart zu gestalten?

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen alle, dass die Anzahl der Menschen, die in Deutschland und Nordrhein-Westfalen leben und zwischen 50 und 60 Jahre alt sind, doppelt so groß ist wie die Anzahl unserer Kinder zwischen fünf und 15 Jahren. Das heißt, dass die Anzahl der Erwerbspersonen und damit auch die Anzahl der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abnehmen wird, denn 80 % der Menschen, die in Ruhestand gehen, erhalten ihre Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, und diese Menschen sind aufgrund der Rentenhöhe und der Besteuerung der Renten in der Regel keine Steuerzahler mehr.

Es werden mehr Menschen als heute für die Gesundheitsversorgung, für Pflegedienstleistungen

und für haushaltsnahe Dienstleistungen gebraucht. Ganz viele, auch konservative Wissenschaftler sa

gen, dass das jährliche Wachstum kleiner sein wird als in den vergangenen Jahrzehnten. Um es ganz einfach zu sagen: Die Gefahr ist groß, dass aufgrund der Demografie die nachfolgende Generation nicht mit den Wachstumsraten rechnen kann wie unsere Generation.

Das heißt doch auf der anderen Seite, dass wir die Schulden, die wir heute machen, um unsere Gegenwart zu finanzieren, und deren Zurückzahlung wir in die Zukunft verlegen, einer Generation zumuten, die vielleicht nicht einmal die Wachstumsraten unserer Generation hat. Die Wachstumsraten der nachfolgenden Generation werden wahrscheinlich nicht ausreichen, um die aufgrund dieser unsoliden Finanzpolitik gemachten Schulden zurückzuzahlen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, es tut mir leid, dass ich es so ausdrücken muss. Ich empfinde das als eine Politik mit einem gestörten Verhältnis zur Verantwortung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wenn man in Ihrer Finanzplanung liest und blättert, findet man eine interessante Passage, die ich zitieren möchte:

„Die Rückführung des Defizits bis zum Jahr 2020 lässt sich nicht nur durch Einsparungen auf der Ausgabenseite erreichen. Große Ausgabenpositionen wie die Personalausgaben, die mit rund 40 % den größten Ausgabenblock auf der Ausgabenseite darstellen, sind bereits festgelegt und stehen damit kurzfristig nicht zur Disposition.

Für eine Haushaltskonsolidierung, die ohne Lastenverschiebung auf Dritte auskommen soll, ist es daher auch notwendig, die Einnahmebasis des Landes zu stabilisieren und strukturell zu stärken.“

So weit das Zitat.

(Beifall von den GRÜNEN)