Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

„die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und für den Staat erheblich günstiger ist, Arbeitsplätze zu erhalten statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.“

Sie hat der damaligen Landesregierung vorgeworfen, dass sie kein Geld für Opel in die Hand nimmt. – Deshalb ist es gut, dass Sie diese Klarstellung gemacht haben. Das ist etwas anderes als das, was Frau Kraft 2009 in diesem Landtag verkündet hat. Insofern haben wir auch da wieder einen Konsens.

(Beifall von der CDU)

Kommen wir zurück zu den Punkten, in denen es Konsens gibt. Das Unternehmen hat eine Strategie verfolgt, die volkswirtschaftlich wirklich einzigartig ist. Man hat ein gutes Produkt, ein gutes Werk, gute Fachkräfte und gute Anbindung und verbietet dem Werk, auf den boomenden Märkten der Welt in Asien sein Produkt zu verkaufen. Das ist gegen alle marktwirtschaftliche Logik. Daran kann man auch

als Landtag von Nordrhein-Westfalen Kritik üben. Das ist kein Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die qualitative Arbeit leisten.

(Beifall von der CDU)

Da sind wir ganz nah bei Ihnen.

Wir sind auch nah bei Ihnen, wenn Sie sagen: Wir wollen Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften, Kommunen und Hochschulen in vielfältigster Form jetzt zusammenführen, um zu sehen, welche industrielle Produktion wir erhalten können. Da sind wir auch bei Ihnen.

Vonseiten der FDP fiel eben die Bemerkung, dass das ein breiterer Blick ist und man nicht dauernd neue gesetzliche Verschärfungen vornehmen darf, wenn man in diesem scharfen Wettbewerb ein Industrieland bleiben will. Auch in diesem Punkt wären wir bei Ihnen, wenn Sie den Kampf mit Ihrem grünen Umweltminister aufnehmen. Dann haben Sie die Unterstützung der CDU-Fraktion und eine breite Mehrheit in diesem Landtag, um Industriearbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen zu erhalten.

(Beifall von der CDU)

Deshalb sollten wir es uns angewöhnen, darüber Konsens zu haben und den auch zu pflegen. Wir sollten das an diesem Standort gemeinsam tun. Eine Opposition wird sich aber auch in Zukunft das Recht nehmen, die Reden von Frau Kraft von vor zwei Jahren nachzulesen. Es ist keine Majestätsbeleidigung, auch kritische Fragen zu stellen und zu fragen: Wann waren Sie in Detroit? Wann waren Sie in Bochum? Und wann haben Sie mit den Leuten geredet? – Diese Fragen werden wir weiterhin stellen, so wie Sie es von einer Opposition in diesem Landtag erwarten können. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Laschet. – Die Ministerpräsidentin hat um das Wort gebeten.

Ich mache selten von der Möglichkeit Gebrauch, dass die Landesregierung jederzeit reden kann. Ich würde gern erläutern, warum ich das tue. Ich habe gleich zusammen mit der Landtagspräsidentin einen presseöffentlichen Termin zum Parlamentsinformationsrecht. Deshalb kann ich der Debatte nicht länger folgen, möchte aber in aller Sachlichkeit zu den von Ihnen genannten Punkten kurz Stellung beziehen.

Zur Koordinierung der vier Ministerpräsidenten: Das habe ich in der Tat getan. – Wie Sie versuchen, die Standorte gegeneinander auszuspielen, ist der Sache unwürdig, lieber Herr Kollege Laschet.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN – Zurufe von der CDU)

Eine Reise in die USA war nicht notwendig, weil die Vertreter von GM nach Frankfurt gekommen sind und wir uns in Frankfurt mit ihnen zusammengesetzt haben. So weit dazu.

(Zurufe)

Wenn Sie den Eindruck vermitteln, ich hätte zu Opel jemals den Eindruck erweckt, wir könnten das von landespolitischer Seite lösen, bitte ich Sie, mir dazu irgendein Zitat von mir vorzulegen. Ich war bei den Belegschaftsversammlungen und habe dort sehr deutlich gesagt, wo die Grenzen politischen Handelns liegen.

Zum Stichwort Bürgschaft: Bitte halten Sie das für diejenigen auseinander, die solche Debatten nicht immer im Detail verfolgen können! Was Sie tun, ist unredlich. Die Bürgschaft war damals für einen neuen Investor – Magna – im Gespräch. Eine neue Perspektive mit einer solchen Bürgschaft zu entwickeln, halte ich heute immer noch für richtig. – Schönen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin. – Wir sind jetzt wieder im normalen Ablauf. – Herr Kollege Bischoff hat für die SPD das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen in Bochum! Ich hatte mir von der Debatte heute Morgen erhofft – in der zweiten Runde macht es ja Sinn, auch einmal auf die Debatte einzugehen –, konstruktive Vorschläge zu bekommen, Herr Laschet, meinetwegen auch kritische Fragen zu hören, aber dass wir hier ein Bild der Solidarität für die Kolleginnen und Kollegen in Bochum, für ihre Familien, für die Region und für die Stadt bieten könnten.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Armin La- schet [CDU])

Ihr Zwischenruf zeigt, dass das nicht gelingt. – Herr Brockes hatte die Hürde fast geschafft. Er meinte aber, am Schluss noch die sich in Vorbereitung befindende Klimaschutzgesetzgebung in Nordrhein-Westfalen für die Schließung in Bochum verantwortlich machen zu müssen. Da ist er noch einmal ins parteipolitische Gezänk zurückgefallen. Aber eigentlich soll es ein Lob sein: Sie hatten die Hürde fast geschafft. Ich hatte mir schon notiert: Schafft die Hürde!

(Zuruf von der FDP: Sie haben nicht zuge- hört!)

Doch, ich habe genau zugehört. – Bei der CDU hatte ich das Gefühl, sie wollte die Hürde gar nicht nehmen. Herr Haardt ist in meinen Augen hier par

teipolitisch kleinkariert aufgetreten und meinte offensichtlich, hier eine Bochumer Auseinandersetzung führen zu müssen.

(Unruhe bei der CDU)

Es gibt in der Psychologie eine Selffulfilling Prophecy. Sie bestätigen mit Ihrer Schreierei gerade das, was ich sage.

Und Herr Laschet – die Ministerpräsidentin hat ja sachliche Punkte schon klargestellt –

(Armin Laschet [CDU]: Gar nichts hat sie klargestellt!)

steht hier und verkündet, er sei für das Abrüsten in der Wortwahl, trägt das aber im Stil eines Rumpelstilzchens, eines Giftzwerges vor.

(Beifall von der SPD)

Das führt nicht dazu, dass wir in Bochum ein geschlossenes Bild abgeben und dass die Kolleginnen und Kollegen in Bochum das Gefühl haben können, wir stünden geschlossen an ihrer Seite. Dieses Gefühl benötigen sie aber.

Besonders misslich ist mir aufgefallen – verzeihen Sie mir das als Gewerkschafter –, Herr Haardt, wie Sie mit der Frage der Solidarität umgegangen sind. Das betrifft zwei Bemerkungen, und zwar einmal die mit Ironie versehene „die herzerwärmenden Solidaritätsbekundungen“, zum anderen die Bemerkung „die warmen Worte der Solidarität“, die sie gar nicht hören wollen.

Da bin ich empfindlich, und zwar nicht nur als Gewerkschafter, sondern auch als Rheinhauser. Ich habe Samstag in der Kälte gestanden, als wir 25 Jahre Arbeitskampf in Rheinhausen gedachten. Seinerzeit hat es dort eine beispiellose Solidarität gegeben, übrigens auch des Landes NordrheinWestfalen. Diese Solidarität war die Grundlage dafür, dass in Folge der Schließung des Kruppwerkes eine ganze Menge bewegt werden konnte. Bei dieser Veranstaltung waren übrigens auch CDUKollegen. Bei denen sollten Sie einmal anrufen, Herr Haardt. Sie könnten etwa Frau Vogt fragen. Sie ist Duisburger Abgeordnete. Sie war zwar nicht selber dabei, aber Rheinhauser CDU-Mitglieder.

Insofern kann ich das überhaupt nicht verstehen. Die Solidarität ist die Grundlage dafür, konstruktiv arbeiten zu können. Dieses Bild geben Sie aber, was mehr als bedauerlich ist, nicht ab. Das war aber unser Ziel. Herr Wirtschaftsminister Duin hat es angesprochen. Ich will das noch einmal betonen.

Natürlich müssen Veränderungen geschehen. In Rheinhausen, um das Beispiel noch einmal zu nehmen, hat es zehn Jahre zu lange gedauert. Wir hören ja häufig, dass Rheinhausen eine Erfolgsgeschichte ist. Ja, wir haben dort Logport, wir haben dort nach 25 Jahren arbeitsmarktpolitische Rahmenbedingungen, wir haben dort Strukturdaten genereller Art, die alle besser als in Duisburg und im

Ruhrgebiet sind. Aber es hat zehn Jahre zu lange gedauert, bis die Voraussetzungen geschaffen worden sind.

In Bochum haben wir die Chance, es schneller zu machen, früher da zu sein. Die Bochumer Perspektive 2022 ist doch von Wirtschaftsminister Duin schon Wochen vor dem Schließungsbeschluss von GM verkündet worden. Insofern geht doch Ihr Vorwurf, das Ministerium sei auf dem linken Fuß oder kalt erwischt worden, völlig an der Sache vorbei. Drei bis vier Wochen vorher hatte man bereits die Perspektiven entwickelt, indem man dieses Gremium gebildet hat. Wie können Sie dann sagen, wir hätten das gar nicht gemerkt?

Herr Haardt, es wäre ganz schön, wenn Sie mir zuhören würden. Ich habe das bei Ihnen geduldig getan. Es ist eigentlich Sitte in diesem Haus, dass man sich zuhört. Aber das passt auch zu dem, was ich anfangs gesagt habe: Sie hören gar nicht zu.

Darüber hinaus weiß natürlich jede Zeitungsleserin, jeder Zeitungsleser, dass in Bochum die Dinge auf der Kippe standen. Da kann man also überhaupt nicht kalt erwischt werden. Das weiß ich seit Jahren, da brauche ich gar nicht informiert zu sein. Ich muss eigentlich nur das Radio anmachen. Wie können Sie dann den Vorwurf erheben, das Wirtschaftsministerium sei kalt erwischt worden?

Herr Laschet verbindet das Kleinkarierte damit, dass 2009 einmal irgendwer die damalige Wirtschaftsministerin kritisiert habe. – Herr Laschet, ich habe mir bei Ihrem Beitrag aufgeschrieben: Was hilft das von Ihnen hier Vorgetragene eigentlich den Kolleginnen und Kollegen in Bochum? Diese Frage stelle ich mir auch noch einmal bei Ihren Zwischenrufen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Un- ruhe und Zurufe von der CDU)

Was hilft das? – Gar nichts hilft das!

Wir brauchen konstruktive Maßnahmen. Ich will nicht wiederholen, was der Wirtschaftsminister vorgetragen hat. Wir brauchen jetzt Opel und GM in der Verantwortung. Und natürlich werden wir eine Transfergesellschaft benötigen. Bei der gegebenen Realität, die wir sehen müssen, brauchen wir die. Wir brauchen darüber hinaus eine Anschubfinanzierung von Opel und GM in nennenswertem Umfang, um eben auch die Perspektive 2022 verwirklichen zu können. Allein mit der Transfergesellschaft ist es also nicht getan.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Natürlich ist es wichtig, dass wir solidarisch sind, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt, dass niemand, der auf dem Gelände gearbeitet hat, in die Arbeitslosigkeit fällt. Möglicherweise können wir uns darauf einigen. Wir brauchen dafür in der Tat Druck, der auf Opel ausgeübt wird, und Solidarität für die Menschen in der Region.

Lassen Sie mich damit schließen – vielleicht können wir uns darauf einigen –: Gemeinsam sind wir stark! Wenn wir das gemeinsam den Kolleginnen und Kollegen in Bochum übermitteln könnten – sprich: Wenn Sie vonseiten der CDU ihre nächsten Redebeiträge noch dahin gehend korrigieren könnten –, dann wäre ich ausgesprochen dankbar – nicht für mich persönlich, sondern für die Menschen vor Ort in Bochum, die wirklich Ängste und Sorgen haben und die unsere gemeinsame Solidarität benötigen.

Gemeinsam sind wir stark! – Das ist unsere Botschaft nach Bochum.