Es war also wesentlich die Politik des Mutterkonzerns GM, die dazu geführt hat, dass der Standort seit Jahren um sein Überleben kämpfen musste. Es war nicht die verfehlte Produktpolitik vor Ort. Übrigens ist das Werk bis heute noch gut ausgelastet.
GM hat Opel keine Chance zur Selbstständigkeit gegeben, hat stattdessen 2009 einen Verkauf in letzter Minute verhindert. Das hätte eine Lösung auch für die Opel-Produktion in Deutschland sein können, ist aber verhindert worden. GM hat gleichzeitig auch noch die asiatischen Absatzmärkte dicht gemacht und die Marke auf den europäischen Markt beschränkt.
Das, meine Damen und Herren, ist verantwortungslose Politik gegenüber den Menschen in der Bundesrepublik, in Europa, insbesondere in Bochum.
Wenn es jetzt so kommen sollte, wie von GM angekündigt, dann muss man auch sehen, dass die Menschen im Ruhrgebiet viel Erfahrung haben mit Strukturbrüchen, mit den Schwierigkeiten des Strukturwandels, mit Rückschlägen, aber auch mit dem Aufstehen und mit dem Neuanfang und mit dem Weitermachen. Das gilt für die Menschen in Bochum – Nokia war ein Beispiel dafür, wie die Stadt mit diesem herben Rückschlag umgegangen ist –, das gilt für die Menschen im Ruhrgebiet insgesamt. Es gibt ein Motto, das sich die Ruhrgebietskommunen zusammen gegeben haben: Wandel als Chance. – Das ist das Motto, mit dem die Region sich selbst verbinden will.
Darum ist es natürlich auch gut, dass die Landesregierung schon sehr frühzeitig den Dialog aufgenommen hat mit dem mittleren Ruhrgebiet, mit Opel und mit GM, um auszuloten, welche Entwicklungsmöglichkeiten es in die Zukunft hinein gibt für die Flächen – aber natürlich auch für das, was GM angekündigt hat, nämlich: Wir bleiben da, wir bleiben mit einer Komponentenfertigung da. – Das ist übrigens eine etwas merkwürdige Geschichte. Auch da weiß man nicht, ob man GM Glauben schenken darf; denn gleichzeitig lassen sie ja die Getriebefertigung 2014 auslaufen. Aber sie haben gesagt: Wir bleiben mit einer Komponentenfertigung da. – Dann muss GM das jetzt auch zeigen, Butter bei die Fische geben und deutlich machen, dass das diesmal wirklich eine ernstgemeinte Ankündigung ist und keine Ankündigung von der Sorte, wie es sie in der Vergangenheit gab.
GM muss dafür geradestehen, dass die Produktion bis 2016 weiterlaufen kann und das Fenster zumindest ein Stück weit offen bleibt. GM muss auch dafür sorgen, dass bei der Entwicklung und Verwertung von Flächen eine Kooperation mit der Stadt in verlässlicher Weise stattfindet, damit Infrastrukturfragen geklärt werden können und damit geklärt werden kann, wie sich GM auch finanziell an einem Nachfolgekonzept beteiligt.
So viel Verantwortung, sehr geehrte Damen und Herren, muss für diesen Standort schon sein. Das ist unsere Forderung an GM. Wir fordern Verlässlichkeit. Wir fordern stabile Zusagen von einem Konzern, der sich selbst gerettet hat auf Kosten der Opelaner und Opelanerinnen. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schneckenburger. – Für die Fraktion der CDU hat Herr Kollege Haardt das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landtag beschäftigt sich heute – ich sage das ausdrücklich – leider nicht zum ersten Mal mit dem Thema „Opel“ bzw. mit Bochum als Standort der Automobilindustrie. Die Entscheidung, die Automobilproduktion am Standort Bochum einzustellen, kommt zwar nicht gänzlich unerwartet, sie ist aber trotzdem ein harter Schlag für Bochum und für die ganze Region.
Unsere Solidarität gilt den betroffenen Mitarbeitern und ihren Familien bei Opel selbst und bei den von der Schließung indirekt betroffenen Unternehmen.
Warme Worte der Solidaritätsbekundung sind zwar wichtig, allerdings meines Erachtens nicht ausreichend. Sie mögen zwar das Herz erwärmen, machen aber niemanden satt. Stattdessen, meine Damen und Herren, ist hier praktische Hilfe erforderlich.
Praktische Hilfe bedeutet dabei zunächst, alle Möglichkeiten der Einflussnahme auszuschöpfen, um zu versuchen, Bochum auch als Standort für die Automobilindustrie, genauer: für die Automobilproduktion, zu erhalten.
Hier, Herr Kollege Eiskirch, haben Sie ein klares Bekenntnis vermissen lassen. Eine Teileproduktion jedenfalls würde uns als Forderung zunächst einmal nicht ausreichen.
Ich will das allerdings mit einer wichtigen Einschränkung verbinden. Was für uns nicht in Betracht kommt, ist, den Eigentümern von Opel in Detroit den Verbleib in Bochum jenseits der Nutzung bereits bestehender Fördermöglichkeiten mit Steuergeldern zu versüßen. Das Aufhübschen der Bilanzen von General Motors, einem Konzern, der die Schwierigkeiten bei seiner deutschen Konzerntochter zu wesentlichen Teilen selbst verschuldet hat auf Kosten des Steuerzahlers, kommt für uns definitiv nicht in Betracht.
Meine Damen und Herren, mir ist durchaus klar, dass die Möglichkeiten der Einflussnahme auf Standortentscheidungen von Unternehmen begrenzt sind. Klar ist das spätestens seit Nokia, wovon Bochum ebenfalls betroffen war. Klar ist seitdem auch, dass solche Entscheidungen nicht immer nachvollziehbar sind.
Das bedeutet allerdings nicht, dass man unter Hinweis auf eine getroffene Standortentscheidung von vornherein den Wegfall der Automobilproduktion als quasi gottgegeben hinnehmen und auf Rettungsversuche verzichten darf. Hier müsste stattdessen schnell und entschlossen gehandelt werden.
Mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist im Zusammenhang mit der Standortentscheidung die Rolle der Landesregierung – höflich formuliert – nicht ganz klar. Sie, Frau Ministerpräsidentin, haben als Abgeordnete – nachzulesen im Plenarprotokoll 14/81 vom 23. Januar 2008 – der damaligen Wirtschaftsministerin Thoben im Zusammenhang mit Nokia vorgeworfen, dass diese offensichtlich keinen wirtschaftspolitischen Seismografen habe, der Vorbeben erkennen lasse, dass Frau Thoben – so wohl der Kern des Vorwurfs – hätte erkennen müssen, dass das profitable Nokia-Werk in Bochum von der Schließung bedroht war.
Wo waren denn – das frage ich mich – die wirtschaftspolitischen Seismografen dieser Landesregierung, wenn Ihr Wirtschaftsminister in einem Interview mit „waz-online“ am 10. Dezember 2012 im Kern einräumen muss, dass die Landesregierung von der Opel-Standortentscheidung kalt erwischt worden ist?
Dass die wirtschaftspolitischen Seismografen hier versagt haben, ist allerdings erstaunlich; denn bei Opel bebt – bildlich gesprochen – die Erde spätestens seit Ende 2008 regelmäßig, und zwar so heftig, dass in der Staatskanzlei und im Wirtschaftsministerium eigentlich die Tische hüpfen müssten.
Das hat übrigens den damaligen Ministerpräsidenten Rüttgers veranlasst, im Februar 2009 nach Detroit zu reisen, von wo er zumindest mit der Zusage zurückgekommen ist, dass kurzfristig keine Standorte geschlossen werden.
Noch interessanter wäre es natürlich, wenn die wirtschaftspolitische Seismologie hier funktioniert hätte und die Landesregierung das beabsichtigte Aus der Automobilproduktion tatsächlich schon länger gekannt hätte. Dann allerdings würde dies mehr Fragen aufwerfen, als ich hier in der verbleibenden Redezeit stellen kann.
Aber lassen Sie uns zurückkommen zur aktuellen Problematik! Wie eingangs schon erwähnt, müssen zunächst alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um Bochum auch als Standort von Automobilpro
duktion zu erhalten. Gleichzeitig muss man aber auch darüber nachdenken, wie man dem Standort Bochum helfen kann, wenn dieses Maximalziel nicht erreicht werden kann.
Dazu gehört eine intensive Unterstützung der Stadt Bochum wie etwa damals in der Nokia-Krise durch Ministerpräsident Rüttgers und Wirtschaftsministerin Thoben. Ich erinnere an das Programm „Wachstum für Bochum“ aber auch an die Unterstützung der damaligen Wirtschaftsministerin bei der Ansiedlung der Firma RIM, die zumindest die hochqualifizierten Mitarbeiter von Nokia aufnehmen konnte.
Hier darf man es nicht bei wohltönenden Erklärungen und herzerwärmenden Solidaritätsbekundungen belassen. Man darf auch nicht nur auf General Motors schimpfen. Vielmehr ist hier jetzt konkretes Handeln gefordert.
Wir dürfen selbstverständlich – daran kann kein Zweifel bestehen – die Hauptverantwortlichen, also Opel und die amerikanische Konzernmutter, nicht aus der Verantwortung entlassen. Bochum hat seinerzeit rund 6 Millionen DM investiert – zuzüglich umfangreicher Infrastrukturmaßnahmen – und Opel die Fläche letztendlich für 1,2 Millionen DM, also sehr stark subventioniert, überlassen. Opel ist jetzt gefordert, der Stadt Bochum die freiwerdenden Flächen möglichst kostenlos, mindestens aber zu einem entsprechend günstigen Preis zu überlassen, um dort die Neuansiedlung von Arbeitsplätzen zu ermöglichen.
Hier muss von allen Seiten Druck ausgeübt und darauf geachtet werden, dass Opel und die Konzernmutter sich ihrer Verantwortung für Mitarbeiter und Standort nicht entziehen. Die Landesregierung ist gefordert, sich mit allen verfügbaren Mitteln dafür einzusetzen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist eine bittere Debatte, die wir hier heute über die Einstellung der Endmontage bei Opel in Bochum 2016 führen müssen. Aber ich glaube, dass diese Entscheidung politisch unvermeidbar ist.
Sicherlich ist der Automarkt im Moment in einer insgesamt schwierigen Situation; gerade in Europa gibt es eine Überproduktion von 20 %. Aber ich glaube, dass dies nicht die entscheidenden Argumente sind, die zu dieser Schließung geführt haben. General Motors hat viele Fehler gemacht und dem Geschäftsmodell von Opel erheblich geschadet. Sie haben mit einer regelrechten Angststrategie andere
Konzernmarken vor Opel geschützt, indem sie das Premiumsegment herausgenommen und gerade attraktive neue Märkte in den Schwellenländern geschützt und Opel diesen Markt nicht zugänglich gemacht haben.
In diese Angststrategie passt es auch, wenn man nun die 50-Jahr-Feier bei Opel absagt. Dies ist umso bitterer, als gerade die Beschäftigten von Opel einen großen Beitrag zum Erhalt des Unternehmens und ihrer Arbeitsplätze geleistet haben. Deshalb muss es jetzt darum gehen, die kommenden vier Jahre zu nutzen, um am Standort Bochum neue Unternehmen anzusiedeln und das Potenzial der gut ausgebildeten Fachkräfte dort zu nutzen. Deshalb sollten wir meines Erachtens den Blick nach vorne richten, so wie es auch Dietrich Grönemeyer, im Gegensatz zu seinem Bruder Herbert Grönemeyer, gesagt hat – ich zitiere –:
„Wir sollten uns nicht so sehr um die Vergangenheit, stattdessen mehr um die Zukunft des Reviers kümmern.“
Meine Damen und Herren, was kann die Politik tun? Ich sage Ihnen ganz klar: Staatshilfen für Großkonzerne kommen für uns, für die FDP, nicht infrage. Sie kosten nur Geld und sie bringen keine Lösungen, sondern Probleme. Ich bin sehr froh, dass der Schrei nach neuen Subventionen bisher ausgeblieben ist.
Frau Ministerpräsidentin, ich hoffe, dass Sie insofern auch die Lehren aus den Jahren 2009 und 2010 gezogen haben, als die Bundesregierung – Gott sei Dank – mit Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle klar gesagt hat,
dass für uns keine Bürgschaften infrage kommen. Da haben Sie noch öffentlich darüber diskutiert, ob Nordrhein-Westfalen dies entsprechend mit Landesbürgschaften übernehmen sollte. Am nächsten Tag hat GM, hat Opel Sie regelrecht echauffiert, als das Unternehmen sämtliche Bürgschaftsanträge zurückgezogen haben und gesagt hat, dass sie dies aus eigener Kraft machen können.
Meine Damen und Herren, daran sieht man, dass es der falsche Weg wäre, hier wieder mit Geld der Steuerzahler entsprechend einzugreifen. Nein, Aufgabe der Politik ist es, GM nicht aus der Verantwortung zu lassen. Das haben auch meine Kolleginnen und Kollegen bereits betont. Für uns ist es ganz wichtig, dass General Motors zu seinem Wort steht und es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommt und man alles dafür tut, um dem Standort Bochum eine neue, erfolgreiche Perspektive zu geben.
Es ist auch die Aufgabe der Landesregierung, dies zu unterstützen. Und da, Herr Minister Duin, bin ich enttäuscht. Wenn ich den Medien entnehmen darf, dass Sie über die Medien von der Standortschließung erfahren haben und sich nicht in einem direkten Austausch mit dem Unternehmen befunden haben, dann erwarte ich aber von Ihnen, dass Sie sich zukünftig engagierter in die Diskussion um den Standort einbringen.
Und, um dies auch zu betonen: Wir müssen in Nordrhein-Westfalen schauen, dass wir unsere Standortbedingungen insgesamt verbessern und nicht verschlechtern. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es gerade bei diesem Thema so wichtig, dass wir eben nicht den Weg, den diese Landesregierung einschlägt, weiterverfolgen und den Standort durch neue unnötige Gesetze schlechtmachen – wie mit dem Klimaschutzgesetz, dem Wasserentnahmegesetz