Protokoll der Sitzung vom 27.02.2013

Die kommen allerdings nicht von denen, die die großen Einkommen und die großen Vermögen haben, sondern von den Eltern und den Studierenden, die dann bezahlen sollen. Sie machen das über den Wink, dass Sie sagen, es seien unter anderem auch gut verdienende Eltern dabei. Sie können ja einmal Herrn Seehofer fragen, was der im Interview mit der „Rheinischen Post“ gesagt hat, als man ihn genau darauf angesprochen hat. Er hat deutlich gemacht, dann könne man hinsichtlich des kostenlosen Abiturs genauso argumentieren, dass am Ende die Krankenschwester das Abitur der Reichen bezahlt.

(Christian Möbius [CDU]: Bayern kann es sich aber leisten!)

Es ist ja auch so schön, dass Sie hier immer die Gelegenheit haben, wenn wir über Einzelplan 12 und Einzelplan 20 reden, alles, was Sie schon immer sagen wollten, zum Besten zu geben. Dazu gehört dieser wunderschöne Antrag mit den sieben Ländern, die uns vormachen, wie man einen Haushalt ausgleicht.

Fangen wir einmal mit den Bayern an: Die Bayern haben in der Tat einen ausgeglichenen Haushalt. Man muss aber prüfen: Machen die das, indem sie für wichtige Dinge des Landes nichts mehr ausgeben? Oder haben sie nicht sogar verhältnismäßig hohe Ausgaben pro Kopf der Bevölkerung? Das Glück für Bayern ist, dass es nie diesen riesigen Umbau, den unser Land zu bewältigen hatte, hat bewerkstelligen müssen. Jeder, der an seinem eigenen Haus schon etwas machen musste, weiß, dass Neubau immer einfacher ist als Umbau. Der Neubau ist auch noch von unserem Land mit dem Länderfinanzausgleich mitbezahlt worden,

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

und davon profitiert Bayern bis heute.

Es hat ja nicht nur damals Finanzflüsse gegeben. Heute gehen sehr viele Bundesprogramme, Forschungsprogramme in den Süden. Wenn man sich dann fragt, wo denn die Zentren der Wirtschaftskraft von Bayern liegen, dann ist das zum Beispiel München mit einem erfolgreichen sozialdemokratischen Oberbürgermeister.

(Beifall von der SPD – Heiterkeit von der FDP)

Wenn man dann noch ein Stück weiter guckt, stellt man fest, dass der ländliche Raum von erheblichen

Mitteln aus der europäischen Förderung profitiert. Es ist ja schön, wenn man Durchschnitte bildet, wenn man Zahlen anführt und sich überlegt, wie man diese am besten für sich interpretieren kann. Winston Churchill, der immer gesagt hat: „Ich fälsche mir meine Statistiken selber“, hätte seine wahre Freude an Ihnen.

Jetzt schauen wir uns das zweite schöne Beispiel von Ihren Ländern an: Sie bringen es fertig, sieben Länder aufzuführen. Das zweite ist das Land Berlin.

(Ralf Witzel [FDP]: Wir haben von sechs Flä- chenländern gesprochen!)

Sie, Herr Witzel, haben nur von sechs Ländern gesprochen und haben den Stadtstaat weggelassen. Sie haben das geschickt gemacht und gesagt: sechs Flächenländer.

In dem Antrag der CDU ist von sieben Ländern die Rede, dazu gehört Berlin. Jetzt fragen Sie doch einmal Herrn Söder und Herrn Seehofer, wie die das finden, dass Sie die sieben hier als Länder mit ausgeglichenem Haushalt darstellen. Wir stehen zu dem noch geltenden Recht bis 2020, aber da ist ein erheblicher Anteil, es sind Milliarden darin enthalten, mit denen der Haushalt ausgeglichen wird, die von den Geberländern, unter anderem vom Land Nordrhein-Westfalen, stammen.

Dann betrachten wir einmal die anderen Länder. Da mache ich jetzt gar keinen Unterschied, aber der wunderschönste Wunderknabe ist ja Sachsen. Da wissen wir, dass sie zwischen vier und fünf Millionen Einwohner haben und jedes Jahr 6 Milliarden € in ihren Haushalt bekommen und sich hinstellen und sagen: Guckt euch das einmal an; wir gleichen unseren Haushalt aus! – Wenn wir das hochrechnen und als Nordrhein-Westfalen nicht 2 Milliarden € zahlen, sondern bei 17 Millionen Einwohnern vier Mal so viel wie die Sachsen bekommen würden, dann würden wir in fünf Jahren unsere Schulden abtragen, nicht nur den Haushalt ausgleichen.

(Beifall von der SPD und Mehrdad Mostofi- zadeh [GRÜNE])

Aber ich mache da überhaupt keine Ausnahme: Das gilt genauso für die schwarz-rot oder rotschwarz regierten anderen Länder im Osten.

Wir haben ein Thema zu bewältigen – das muss man ganz deutlich sagen –: Nordrhein-Westfalen hat mit einer starken Wirtschaft in diesem Land die Stärken der Starken. Wir können bei allen Vergleichswerten mithalten. Deswegen zahlen wir ja auch so viel Umsatzsteuer im Umsatzsteuerausgleich. Aber wir haben aufgrund des Strukturwandels auch Schwächen wie die Schwachen. Der Unterschied ist, dass wir bei den Stärken der Starken daran teilzunehmen haben, dass wir in den gemeinsamen Topf zahlen müssen. Aber bei den Schwächen der Schwachen wird ein Unterschied zwischen

den Schwächen im Osten Deutschlands und den Schwächen im Westen Deutschlands gemacht.

Deswegen sage ich ganz klar: Wir haben mit Sicherheit einiges zu korrigieren. Ich würde noch weiter gehen und sagen: Wir haben sogar einiges zu beklagen. Nur wir klagen nicht. Denn eine Klage vor dem Verfassungsgericht ist nicht die Lösung. Vielmehr muss man jetzt die Zeit nutzen, wie die Vergangenheit zeigt: 1999 ist auf Betreiben von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergangen, das dann zu einem Vertragswerk geführt hat, das ab 2005 galt, also erst sechs Jahre später. Das heißt, wir müssen jetzt alles tun, um auf dem Verhandlungsweg eine gute Anschlusslösung zu erreichen.

Wenn wir uns dem Jahr 2020 näherten, dann ist mir nicht bange, dass Nordrhein-Westfalen einen Ausgleich hinbekäme, wenn es denn mit seinen Stärken für seine Schwächen sorgen dürfte. Aber das sieht in Ihren Beispielländern ganz, ganz anders aus. Ich wüsste gerne, was Sie dann hier für Anträge stellen würden.

Aber wir warten ja nicht darauf, sondern haben einen Plan; etwas, was Sie nicht haben, wenn man sich anguckt, was Sie hier vorschlagen bzw. was Sie über lange Zeit überhaupt nicht vorgeschlagen haben. Bei unserem Plan mussten wir mit den 6,6 Milliarden € neue Schulden anfangen, die ich von meinem Vorgänger Linssen übernommen habe. Für das Jahr 2020 steht in unserem Plan eine Null, die wir mit einem klaren Plan zum Abbau der Neuverschuldung erreichen wollen. Für drei Jahre können wir diesen ambitionierten Planwerten schon Istwerte gegenüberstellen, die allesamt deutlich besser ausgefallen als die Planwerte, die schon zur Null führen. Sie sind immer zu mehr als der Hälfte durch weniger Ausgaben und zu weniger als der Hälfte durch Mehreinnahmen erreicht worden.

Wenn wir es ernst damit nehmen, dass für uns der Ausgleich des Haushaltes nicht gleichbedeutend ist mit einem Austrocknen mit dem Erfolg, dass die Schäden alle in der Zukunft auftauchten, wenn wir wirklich eine nachhaltige Konsolidierung betreiben wollen, dann gucken Sie sich dieses Planwerk doch einfach einmal an. Aber geben Sie nicht nur all das, was Sie immer schon einmal sagen wollten, hier zum Besten.

Und kommen Sie, Herr Witzel, auch nicht mit dem Thema „Portigon“. – Es ist nicht meine Aufgabe, persönlich dafür zu sorgen, dass die Menschen, die dort arbeiten, beschäftigt sind. Portigon ist eine AG, und es gibt ein Management.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie tragen die politische Verantwortung für die Übernahme von 90 % des WestLB-Personals!)

Wir können lange darüber sprechen. Wenn Sie dabei allerdings immer Ihren Standardsatz, der Staat sei der schlechtere Unternehmer, einwerfen,

dann gucken wir uns doch einmal die privaten Banken und deren Beschäftigungspolitik an. Das ist doch „wunderbar“, was bei der Commerzbank, bei internationalen Banken, bei HSBC und bei anderen derzeit geschieht!

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Wir haben da durchaus etwas zu lösen. Das ist ein schweres Problem, das wir vor der Brust haben, weil es im gesamten Bankensektor, und zwar nicht ohne Zutun eben dieses Bankensektors, zu diesen Verwerfungen gekommen ist.

Wir sollten uns jetzt nicht gegenseitig mit solchen Ammenmärchen versuchen vorzuführen, sondern die Sache wirklich ernsthaft angehen. Sie tun den Menschen, die bei Portigon arbeiten, mit dieser Art, mit der Sie im Vorder- und vor allen Dingen im Hintergrund Pressearbeit betreiben, sicher keinen Gefallen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben einen Haushaltsplan vorgelegt, der ein Baustein ist in einer Konsolidierung, die von Nachhaltigkeit geprägt ist, die darauf setzt, dass dieser Staat spart, aber nicht kaputtspart, sondern wirklich in einer Weise Einnahmen und Ausgaben in Übereinstimmung bringt, dass Aufgaben des Staates so, wie die Menschen es von uns erwarten, auch erledigt werden können.

Nur noch ein Beispiel, und zwar in Bezug auf die von Herrn Stein erwähnten 900 Millionen €, die aber in den nächsten Haushalt gehören. Das ist ein schönes Beispiel dafür, dass jemand nicht versteht, wo der Unterschied zwischen strukturell und nicht-strukturell liegt. Sie sagen, um diese 900 Millionen € – sie sind zwangsläufig für die WestLB zu zahlen, weil es sich um von der Vorgängerregierung ausgesprochene Garantien handelt –, die einmalig auftreten, hätte man den Verbundsatz erhöhen können mit der Folge, dass dann 900 Millionen € jährlich zusätzlich kämen. Wer das einmal nachrechnet, der kann sich ausrechnen, wie seriös und wie tragfähig die Vorschläge sind, die ich hier heute gehört habe. – Danke schön.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesregierung ihre Redezeit um 1 Minute und 28 Sekunden überzogen hat. – Für die SPDFraktion hat Herr Kollege Hahnen das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hätte ich heute bei der Beratung des Einzelplans 12 in Verbindung mit dem Einzelplan 20 von Ihnen, Herr Dr. Optendrenk, und von Ihnen, Herr Witzel, einen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzverwaltung erwartet. Wenn ich sehe, welchen Anfein

dungen aus der Schweiz die Damen und Herren aus der Finanzverwaltung ausgesetzt waren, die in der ganzen Zeit dieser Anfeindungen von Ihnen keine Unterstützung bekommen haben, wäre es doch zumindest heute der richtige Zeitpunkt gewesen, eine Unterstützung auszusprechen.

Ich hätte eigentlich auch erwartet, dass Sie ein Lob für die Regierung und die regierungstragenden Fraktionen dafür gefunden hätten, dass es uns immerhin gelungen ist, im Bereich der Betriebsprüfung zusätzliche 200 Stellen zu schaffen, und dass es uns gelungen ist, die Ausbildungskapazitäten deutlich zu erhöhen. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum Sie da schweigen.

Denn dann, wenn eine Regierung gute Arbeit leistet, müsste man eigentlich als Opposition auch einmal reagieren und deutlich machen, dass es auch gute Dinge gibt, die andere tun, und dass nicht nur 84 Anträge zählen, die man stellt, die hier ja alle schon beleuchtet worden sind. Sie sind mehr schlecht als recht und insgesamt einer schlechter als der andere. Es zählt nicht das, was man an Masse bietet, sondern das, was man an Qualität in der Arbeit bietet.

Ein zweiter Punkt: Herr Witzel, Sie stellen sich heute hier ans Rednerpult und fordern diese Regierung auf, Bürokratie abzubauen. – Nun ist die Karnevalszeit vorbei, in der Sie sich als Häuptling „Doppelte Zunge“ hätten bewerben können; das wäre ja möglich gewesen. Vielleicht überlegen Sie sich das dann schon einmal als Karnevalsgag für das nächste Jahr.

Wo ist denn bei der Diskussion um den Abbau der Doppelstrukturen der Oberfinanzdirektionen eigentlich Ihr Lob geblieben? Wo ist Ihr Lob geblieben? Herr Dr. Optendrenk hat erklärt, es gäbe keine Verbesserungen, sondern das wäre eine Schwächung der Finanzverwaltung.

Ich sage Ihnen: Dieser Minister hat in Sachen „Abbau von Doppelstrukturen“ ein Zeichen gesetzt. Und er hat hinzugefügt, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnehmen zu wollen. Er hat bei seinen Besuchen in den Oberfinanzdirektionen deutlich gemacht: Jawohl, wir wollen das im Einklang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern machen. – Ich glaube, er nimmt auch beim Bürokratieabbau eine gewisse Vorbildfunktion wahr.

ine letzte Bemerkung meinerseits, Herr Dr. Optendrenk und Herr Witzel, ist eine sehr persönliche. Ich habe mich über einen Teil Ihrer Ausführungen sehr gefreut. Sie haben gesagt, wir würden im Jahr 2020 als Regierung erleben, dass wir die Schuldenbremse nicht eingehalten haben. Sie gehen also immerhin davon aus, dass Rot-Grün 2020 noch an der Regierung ist. Das finde ich gut. Vielen Dank dafür!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahnen. – Für die CDU

Landtagsfraktion spricht Herr Dr. Optendrenk.

Lieber Kollege Hahnen, vorab der Hinweis: Ich habe nicht verstanden, warum ich den Minister wegen des vermeintlichen Abbaus von Doppelstrukturen bei den OFDen loben soll; denn die Doppelstrukturen erweisen sich bei näherem Hinsehen ja gar nicht als solche.

Nordrhein-Westfalen ist ein sehr großes Land. Keine einzige Aufgabe entfällt durch Zusammenlegung der Aufgaben; vielmehr fallen mehr Reisekosten dadurch an, dass die Leute beispielsweise von Köln nach Münster fahren und die Steuerberater ebenso wie die Steuerpflichtigen weite Strecken zurücklegen müssen. Und insbesondere können die OFDen ihre Servicefunktionen für die Finanzämter nur sehr viel schlechter wahrnehmen. Von daher sehe ich den genannten Vorteil nicht.

(Beifall von der CDU)

Herr Finanzminister, ich komme noch einmal zurück auf die Situation der anderen Länder im Vergleich zu unserem Land. Sie haben eine Aufgabe, über die Sie sich in Ihrem eigenen Nachhaltigkeitsbericht noch einmal versichern können. In Ihrer mittelfristigen Finanzplanung steht im Anhang unter A 93, dass Sie ab 2017 laut Ihrer eigenen Finanzplanung nur noch ein Ausgabenwachstum von 0,27 % haben dürften, um 2020 unter Beachtung demografischer Veränderungen die Schuldenbremse einhalten zu können.

Nun planen Sie aber in Ihrer eigenen mittelfristigen Finanzplanung – Seite 27 der Drucksache 16/1401 – mit Ausgabenzuwächsen von durchschnittlich 2,5 %. Die Eckwerte 2014 sehen sogar ein Ausgabenwachstum von 5 % vor.