Protokoll der Sitzung vom 28.02.2013

Einzelplan 14 Ministerium für Wirtschaft, Energie,

Industrie, Mittelstand und Handwerk

Zunächst geht es um den

Teilbereich Wirtschaft, Industrie,

Mittelstand und Handwerk

Ich weise Sie hin auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 16/2114 zu selbigem Einzelplan und eröffne hiermit die Beratung. – Zum Teilbereich „Wirtschaft, Industrie, Mittelstand und Handwerk“ spricht für die CDU-Fraktion der Kollege Wüst.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Wir werden auch mit Blick auf den Einzelplan 14 dem Haushalt nicht zustimmen können, weil solide Haushaltsführung und

prosperierende Wirtschaft, Wirtschafswachstum

zwei Seiten einer Medaille sind.

Wir sehen das in den kriselnden Staaten der Europäischen Union, und wir sehen es auch in Nordrhein-Westfalen, wo seit vielen Jahrzehnten – mit Ausnahme von wenigen Jahren – über die Verhältnisse gelebt wird und wir seit genau gleicher Zeit dem Wirtschaftswachstum in Deutschland hinterherhängen.

(Beifall von der CDU)

Einsparungen von lediglich 150 Millionen € bei einem Haushaltsvolumen von 60 Milliarden € sind nicht der ambitionierte Angang, den wir brauchen, um unsere Probleme zu lösen.

(Beifall von der CDU)

Deswegen ist die Kritik des Präsidenten der Landesvereinigung der Unternehmensverbände, MaierHunke, an dieser fahrlässigen Verschuldungspolitik auch richtig.

In einem innovativen zustimmungsfähigen Haushalt würde im Einzelplan 14 zum Beispiel der Versuch unternommen, bei der Kofinanzierung neue Wege etwa durch Drittmittelfinanzierung zu gehen, wie es an anderer Stelle von der Vorvorgängerregierung schon gemacht worden ist.

In einem innovativen zustimmungsfähigen Haushalt würden Personalkosten reduziert statt sie auszubauen. Eine wirtschaftsfreundliche Finanzpolitik würde bei allen Sparbemühungen die heimische Wirtschaft nicht mit zusätzlichen wettbewerbsverzerrenden Abgaben belasten.

Aber das Gegenteil von dem ist bei uns in Nordrhein-Westfalen der Fall. Rot-Grün hatte schon die flächendeckende Gewerbesteuererhöhung über das GFG zu verantworten. Jetzt kommt die Erhöhung des Wasserentnahmeentgelts und eine Bundesratsinitiative des Landes zur Einführung einer Vermögensteuer.

Die Wirtschaftsverbände bescheinigen dem Minister zwar, die richtigen Worte zu finden, es jedoch an Taten vermissen zu lassen.

(Beifall von der CDU)

Von einem Wirtschaftsminister wird zu Recht mehr erwartet als kluge Reden. Sehr geehrter Herr Minister Duin, es war bemerkenswert – ich konnte jedem einzelnen Ihrer Sätze bei der Wirtschaftsvereinigung Stahl vor einigen Tagen zustimmen –: Kaum zehn Stunden nach der Abendveranstaltung auf dem Weg hier zum Landtag erreichte mich ein Anruf, in dem mir mitgeteilt wurde, dass Herr Remmel wieder einmal Sand ins Getriebe des Wirtschaftswachstums in Nordrhein-Westfalen streut und ein neues Gutachten zur CO-Pipeline in Auftrag gegeben hat.

Das ist die Realität. Sie reden gut, Sie kriegen Beifall von der Wirtschaft. Und Herr Remmel macht ge

nau das Gegenteil von dem, was Sie sagen: Er behindert die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU)

Dabei haben wir eine Situation, die nicht weniger als kritisch ist. Wir können stolz sein auf unsere Industrie in Nordrhein-Westfalen, insbesondere – das sage ich absichtlich, weil das manchmal bestritten oder klammheimlich weggelassen wird – auf den Industriebereich, der energieintensiv ist, auf Branchen wie Chemie, Glas, Keramik, Papier etc.

Genau in dem Bereich ist in den letzten Jahren, seit dem Jahre 2000 ein Rückgang zu verzeichnen, ein Rückgang, den man nicht an großen Werksschließungen oder an öffentlichkeitsaufmerksamen Streitereien erkennt, sondern den man daran ablesen kann, dass in den genannten Branchen seit dem Jahr 2000 nur 85 % der Abschreibungen reinvestiert worden sind. Es gibt also ein Klima der Desinvestition bei energieintensiven Unternehmen. Und davon sind wir in Nordrhein-Westfalen besonders stark betroffen. Das sollte uns zu denken geben, was die Politik der rot-grünen Landesregierung im Land Nordrhein-Westfalen angeht.

Herr Minister, Sie haben Ihre Chancen verstreichen lassen. Bei der Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes hätte man schon in der ersten Kabinettssitzung einschreiten müssen. Warum haben Sie das nicht getan? Sie hätten einschreiten können bei der Verordnung zum Tariftreue- und Vergabegesetz, spätestens dann, als jedem deutlich wurde, dass dieses Gesetz so nicht funktioniert.

Was ist das für ein Gesetz, das mit einer Verordnung nicht mehr zu administrieren ist, bei dem man zu der Verordnung noch zwei Handreichungen braucht, meine Damen, meine Herren?

(Beifall von der CDU)

Diese Chance haben Sie ebenfalls verstreichen lassen. Das Nichtraucherschutzgesetz und das Ladenöffnungsgesetz sind im Vergleich mit den genannten vorherigen Gesetzen fast schon zu vernachlässigen. Unser Land braucht einen Wirtschaftsminister, der seinen Worten Taten folgen lässt, und es braucht regierungstragende Fraktionen, die mit dem Parlament gemeinsam an Lösungen arbeiten und dies nicht, wie ich es an einem Fall schildern möchte, der mich besonders ärgert, hinterrücks tun.

Frau Schneckenburger, ich bin froh, dass Sie da sind. Wir haben in der Wirtschaftsausschusssitzung über EFRE-Mittel diskutiert. Ich habe gefragt, ob etwas an dem dran ist, was ich aus der Enquetekommission gehört habe, dass Sie EFRE-Mittel einsetzen wollen, um im Bereich der Wohnungswirtschaft etwas zu machen. Es wurde gesagt, nein, das sei nicht so. Ich hätte keine Ahnung. Dann bin ich beschimpft und in der Ihnen üblichen Manier gemaßregelt worden.

Heute habe ich zufällig, eine Stunde vor meiner Rede, einen Brief von Herrn Horzetzky bekommen, der bestätigt: Ja, das ist möglich; das zu tun halten wir für eine gute Möglichkeit. – Das ist kein anständiger Umgang miteinander.

(Beifall von der CDU)

Wenn Sie auf der einen Seite beklagen, dass die Bundeskanzlerin nicht anständig verhandelt habe, aber auf der anderen Seite EFRE-Mittel offensichtlich aus der Wirtschaftsförderung abziehen und andere Dinge, die man für notwendig erachten könnte, umleiten wollen, ist das so nicht in Ordnung. Das ist kein redlicher Umgang miteinander und entlarvt das Wahlkampfmanöver mit den europäischen Mitteln als ziemlich plump und dämlich, um es, bei allem Respekt, zu sagen.

Meine Damen, meine Herren, Wirtschaftspolitik nach einem halben Jahr Duin ist geprägt von besseren Reden als beim Vorgänger, von fleißigeren Terminen als beim Vorgänger. Die Wirtschaft hat einen Ansprechpartner, ja, aber leider mit mangelndem Tatendrang. Deswegen können wir diese Wirtschaftspolitik auch im Haushalt nicht unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wüst. – Für die SPD-Fraktion ist Kollege Bell auf dem Weg zu uns.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war nun wieder typisch das Zerrbild, das Herr Wüst seit geraumer Zeit als Bild der nordrhein-westfälischen Wirtschaft zu vermitteln versucht. Es ist auch klar, warum er versucht, das zu tun: Wir haben mit dem Wirtschaftsminister einen Minister, der eine hohe Akzeptanz im Bereich der Wirtschaft hat, der sich hohen Respekt bei den Wirtschaftsfunktionärinnen und -funktionären erarbeitet hat.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Da scheinen Ihre Zerrbilder nur der Versuch zu sein, Bilder zu entwickeln, um damit faktisch wirtschaftspolitische Kompetenz vorzutäuschen. In Wirklichkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Wüst, suchen Sie händeringend Themen und wirtschaftspolitische Kompetenz, die Ihnen in den letzten Jahren schlichtweg abhandengekommen ist.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Christian Lindner [FDP] Meine sehr verehrten Damen und Herren, was wir in den letzten Wochen und Monaten erlebt haben, war doch nichts anderes als der Versuch, jeden An- satz einer werteorientierten Wirtschaftspolitik als Bürokratiemonster zu diskreditieren. (Norbert Meesters [SPD]: So ist es!)

Ich will das an einigen Beispielen verdeutlichen, weil ich glaube, dass diese Verfahrensweise, die Sie hier an den Tag legen, schlichtweg auf Dauer nicht verfängt.

Stichwort: Tariftreuegesetz. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mit großer Aufmerksamkeit das Interview von Josef Laumann zur Frage Mindestlohn gelesen. Ich habe auch zur Kenntnis genommen, Herr Lindner, dass sich der Womanizer Ihrer Bundestagsfraktion und Spitzenkandidat hier ebenfalls auf den Weg in Richtung Mindestlohn macht. Sie wollen dieses Thema offensichtlich im Rahmen des Bundestagswahlkampfs besetzen, weil Sie merken, dass die Menschen in diesem Land einen Mindestlohn wollen,

(Beifall von der SPD)

aber gleichzeitig fordern Sie die Abschaffung des Tariftreuegesetzes in Nordrhein-Westfalen,

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Das schlechteste Gesetz, das Sie je gemacht haben.)

mit dem wir einen vergabespezifischen Mindestlohn von 8,62 € eingeführt haben. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, wer will denn Politik bei der Frage Mindestlohn ernst nehmen, wenn noch nicht einmal in den Handlungsfeldern, die man selber hat, ein solcher Mindestlohn durchgesetzt wird?

(Beifall von der SPD)

Ich will einen zweiten Punkt nennen: das Ladenöffnungsgesetz. Ich habe das große Vergnügen, nächste Woche Freitag mit Herbert Reul in Monheim bei der Katholischen Arbeitnehmerbewegung zum Thema „Sonntagsöffnung“ zu diskutieren.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Ziehen Sie sich warm an!)

Da brauche ich mich gar nicht warm anzuziehen. Das ist die für Sie typische Rollenverteilung: zur KAB und in die Aktionsbündnisse für den freien Sonntag gehen, das christliche Weltbild loben, aber hier im Landtag seit der ersten Debatte über das Ladenöffnungsgesetz sagen: Dieses Gesetz ist das beste, das jemals im Land Nordrhein-Westfalen gemacht worden ist.

(Beifall von der SPD – Lachen von der CDU)